JudikaturLG für ZRS Wien

43R488/97a – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
30. September 1997

Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien hat als Rekursgericht durch seine Richter Dr. Heinrich Stumvoll als Vorsitzenden sowie Dr. Peter Schuch und Dr. Christa Langer in der Pflegschaftssache des am 28.2.1989 geborenen mj. Marcel B*****, infolge Rekurses der Sachverständigen Dr. Angelika G***** Wien, gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 17.4.1997, 1 P 1507/97w-144, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht die Gebühren der Sachverständigen für die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 9.3.1997 mit S 347,-- bestimmt und das Mehrbegehren von 20 % USt aus diesem Betrag abgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Sachverständigen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß auch der abgewiesene Umsatzsteuerbetrag zuzusprechen ist.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die hier strittige Gutachtensergänzung ON 137 erfolgte betreffend das Gutachten ON 125. Die Ergänzung geht ebenso wie das ursprüngliche Gutachten auf die in ON 125 konkretisierte psychologische Untersuchung des Kindes zurück, weiters auf die psychische Exploration mit den Eltern. Die Rekurswerberin ist Psychologin.

Die Beurteilung des Rekurses hängt von der steuerrechtlichen Vorfrage ab, ob die im Verfahren vor dem Erstgericht erbrachten Leistungen (Ergänzungsgutachten) der Umsatzsteuer unterliegen. Diese Vorfrage ist hier vom Gericht selbst zu lösen (vgl § 191 ZPO), weil hierüber kein Steuerverfahren anhängig ist.

Das Erstgericht begründete die Abweisung des Mehrwertsteuerbetrages damit, daß die Erstellung ärztlicher Sachverständigengutachten seit 1.1.1997 steuerfrei sei, während im Rekurs argumentiert wird, psychologische Sachverständigengutachten unterlägen weiterhin der Mehrwertsteuer.

Rechtliche Beurteilung

Die Steuerbefreiungen des § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994 betreffend therapeutische Tätigkeiten gelten unter bestimmten Umständen auch für Gutachten. Dies läßt sich nicht unmittelbar dem Gesetz, aber einem Rundschreiben des BMF GZ 09 0619/19-IV/9/97 entnehmen (die "Unechtheit" dieser Steuerbefreiung betrifft nur den Vorsteuerabzug und ist hier nicht von weiterer Relevanz). Nach dem vom Rekursgericht beigeschafften Erlaß besteht weiters eine Gleichstellung der Leistungen der Ärzte mit jenen der klinischen Psychologen, und zwar insoweit, als auch die Erstellung von psychotherapeutischen Gutachten, Befunden und dergleichen steuerfrei ist, sofern sie sich auf eine konkrete Diagnostik gründen. Das genannte Rundschreiben des Bundesministeriums für Finanzen ist an alle Finanzlandesdirektionen gerichtet. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß auch alle Finanzämter in einheitlicher Weise bei der Beurteilung der hier konkret aufgeworfenen Mehrwertsteuerfrage vorgehen. Entsprechendes gilt für Psychologen (Caganek, ÖStZ 1907, 73 unter Hinweis auf die beim BMF vertretene Ansicht). Nur auf diese Weise wird auch eine einheitliche Beurteilung vergleichbarer Leistungen möglich. Da sich die Gutachtenserstellung hier auf eine konkrete Diagnostik gründet und da das Gutachten im Jahre 1997 erstellt wurde, unterliegt es der (unechten) Mehrwertsteuerbefreiung (vgl hiezu im Detail auch Caganek, Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen der Psychotherapeuten und Psychologen ab 1.1.1997, Österreichische Steuerzeitung 1997 Nr. 4 Seite 73, derselbe, Nochmals: Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistung der Psychotherapeuten ab 1.1.1997, Österreichische Steuerzeitung 1997 Nr. 14 Seite 305 sowie Umsatzsteuergesetz 1994, Orac 1997, Anmerkungen zu § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994).

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

In Kostensachen ist jeder weitere Rechtszug ausgeschlossen.

Landesgericht für ZRS Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

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