2R147/12a – LG Feldkirch Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Ciresa und Dr. Mayrhofer als weitere Senatsmitglieder in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen *****, über den Rekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 7. Mai 2012, 12 P 89/09x-93, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss, der im Übrigen mangels Anfechtung aufrecht bleibt, in dessen Ausspruch über die Kostentragungspflicht dahin abgeändert , dass er insoweit lautet:
„Die Kosten des Beendigungsverfahrens hat der Bund zu tragen.“
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 2.9.2009 bestellte das Erstgericht Rechtsanwalt Dr. ***** B***** zum Sachwalter für ***** mit der Aufgabe der Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern, insbesondere im Verfahren 4 C 1154/08g des Bezirksgerichtes Feldkirch.
Mit Beschluss vom 23.3.2011 erweiterte das Erstgericht den Tätigkeitsbereich des Sachwalters auf die finanziellen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
Am 16.12.2011 beantragte die Betroffene die Aufhebung der Sachwalterschaft, da die Voraussetzungen hiefür weggefallen seien.
Nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und dessen Erörterung in der Verhandlung vom 2.5.2012 hob das Erstgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 2.5.2012, ON 90, die Sachwalterschaft auf, enthob Rechtsanwalt Dr. B***** von seiner Eigenschaft als Sachwalter und trug dem Sachwalter auf, binnen 8 Wochen einen Schlussbericht zu legen.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen Dr. S***** mit EUR 419,00, verfügte die Anweisung dieser Gebühren an den Sachverständigen aus Amtsgeldern und sprach schließlich aus, dass die Verpflichtung zum Ersatz der aus Amtsgeldern berichtigten Gebühr dem Grunde nach ***** treffe, da sie über ausreichend Vermögen verfüge.
Gegen den letztgenannten Spruchpunkt dieser Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der ehemals Betroffenen ***** mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass sie nicht zum Ersatz der Sachverständigengebühren von EUR 419,00 verpflichtet werde.
Die Revisorin hat auf die Erstattung einer Rekursbeantwortung verzichtet (AS 141).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Gemäß § 128 Abs 1 AußStrG sind die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters auch auf das Verfahren über die Beendigung, Einschränkung und Erweiterung der Sachwalterschaft sinngemäß anzuwenden. Das bedeutet, dass sich das Verfahren, der Beschluss und die Rechtsmittel grundsätzlich nach dem Bestellungsverfahren richten. Nach § 123 Abs 1 Z 6 AußStrG hat der Beschluss über die Bestellung des Sachwalters den Ausspruch über die Kosten zu enthalten. Daraus folgt, dass der nun angefochtene Kostenausspruch an sich bereits in den Beschluss vom 2.5.2012, ON 90, aufzunehmen gewesen wäre (Zankl/Mondl in Rechberger, AußStrG § 129 Rz 3).
Hier hat das Erstgericht, nachdem die Gebührennote des Sachverständigen betreffend die Tagsatzung vom 2.5.2012 eingelangt war, den Kostenausspruch in den Beschluss vom 7.5.2012, mit dem die Gebühren des Sachverständigen bestimmt wurden, aufgenommen. Dabei handelt es sich nicht um einen Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG, weil die Kostentragungsregel des § 129 AußStrG im Sachwalterbestellungsverfahren sowie im Verfahren über die Beendigung, Einschränkung oder Erweiterung einer Sachwalterschaft eine Sonderregelung (lex specialis) bildet (EFSlg 106.885, 109.523, 129.627, 125.951; WR 1109; 1 R 221/11z, 2 R 319/11v, beide LG Feldkirch).
Gemäß § 129 erster Satz AußStrG sind die dem Bund erwachsenen Kosten in jenen Fällen, in denen ein Sachwalter bestellt, die Sachwalterschaft erweitert oder ein Verfahren über die Genehmigung zur Sterilisation nach § 131 AußStrG durchgeführt wird, im Zuge der Beendigung des jeweiligen Verfahrens der betroffenen Person aufzuerlegen, soweit dadurch nicht ihr eigener notwendiger Unterhalt oder der ihrer Familie, für die sie zu sorgen hat, gefährdet wird. Mit dieser Regelung wird den Aspekten der Kostenwahrheit und des Verursachungsprinzipes Rechnung getragen.
§ 129 zweiter Satz AußStrG legt fest, dass in allen anderen Fällen die Kosten endgültig der Bund trägt. Dies gilt einerseits für jene beträchtliche Zahl von Sachwalterschaftsverfahren, in denen der betroffenen Person – analog zur Verfahrenshilfe – die Tragung der Verfahrenskosten ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes nicht möglich ist und andererseits für jene Fälle, in denen es zu einer Einstellung des Verfahrens, zu einer Beendigung oder Einschränkung der Sachwalterschaft oder – auch nach Vorliegen eines weiteren Sachverständigengutachtens – zu keiner Änderung im Umfang einer bereits bestehenden Sachwalterschaft kommt (EFSlg 129.627, 113.048; WR 1109; Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts 2 587; Zankl/Mondel in Rechberger, AußStrG § 129 Rz 3; Maurer, Sachwalterrecht 3 § 129 AußStrG Rz 1).
§ 129 AußStrG 2005 trat an die Stelle der Bestimmung des § 252 Abs 1 AußStrG 1854 in der Fassung BGBl 1983/136 und sollte die alte Regelung lediglich präzisieren. Schon in den erläuternden Bemerkungen zur letztgenannten Gesetzesbestimmung wurde darauf hingewiesen, dass die besondere Kostenregelung dem ausgeprägten Rechtsfürsorgecharakter des Sachwalterbestellungsverfahrens Rechnung tragen soll. Grundsätzlich soll der Bund die Kosten vorschießen. Werde das Verfahren eingestellt, der Sachwalter enthoben oder seine Vertretungsmacht eingeschränkt, so soll der Bund die Kosten endgültig tragen; diese Maßnahmen würden ja zu einer Einschränkung des Aufwandes des Gerichtes führen. Werde dem Betroffenen hingegen ein Sachwalter bestellt oder dessen Vertretungsmacht erweitert, so habe dies - zum Nutzen des Betroffenen – eine Vermehrung des Aufwandes des Gerichtes zur Folge. Das Gericht habe daher in diesen Fällen den Betroffenen – freilich nur im Rahmen der Billigkeit - zum Ersatz der Kosten zu verpflichten; dabei habe es auf seine Lebensverhältnisse, also vor allem auf das Einkommen, das Vermögen und die Sorgepflichten, Bedacht zu nehmen (2 R 81/12w LG Feldkirch; VwGH 2007/17/0169). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll immer dann, wenn durch eine Maßnahme des Gerichtes dessen Aufwand geringer wird oder überhaupt wegfällt, der Bund die Kosten des jeweiligen Verfahrens unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der betroffenen Person tragen. Auch der Hinweis auf die Enthebung des Sachwalters deutet darauf hin, dass § 129 zweiter Satz AußStrG auch dann gilt, wenn das Sachwalterschaftsverfahren nicht nur iSd § 122 AußStrG eingestellt, sondern auch dann, wenn es gemäß § 128 AußStrG beendet oder eingeschränkt wird.
Entgegen der auch schon vertretenen Auffassung (2 R 332/10d; 2 R 230/06y) kommt das Rekursgericht nach neuerlichen Prüfung der Rechtslage zum Ergebnis, dass § 129 AußStrG im Falle einer Beendigung des Verfahrens unter keinen Umständen, also ohne Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, eine Kostentragungspflicht des Betroffenen vorsieht.
Im vorliegenden Fall resultieren die im angefochtenen Beschluss bestimmten Gebühren aus dem Verfahren, das schließlich zur Beendigung der Sachwalterschaft führte, sodass keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, die Rekurswerberin zum Ersatz der Kosten zu verpflichten. Vielmehr hat der Bund diese Kosten endgültig zu tragen.
In diesem Sinne ist dem Rekurs Folge zu geben und der angefochtene Beschluss wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.