JudikaturLG Feldkirch

2R38/12x – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2012

Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Ciresa und Dr. Mayrhofer als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei A *****, vertreten durch Kosch Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Dieter S *****, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Dr. Helgar Georg Schneider, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen EUR 1.366,83 sA, über den Rekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 225,07) gegen die im Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 12. Jänner 2012, 7 C 892/11d-7, enthaltene Kostenentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert , dass Satz 2 im Spruchpunkt 3. lautet wie folgt:

„Die klagende Partei hat die Kosten ihres Schriftsatzes vom 16.1.2012 selbst zu tragen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 126,38 (darin enthalten an USt EUR 21,06) bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit der am 9.11.2011 beim Erstgericht eingelangten Mahnklage begehrte die klagende Partei vom Beklagten Telekommunikationsgebühren von EUR 1.366,83 sA und an Nebengebühren (Inkassokosten) EUR 570,89.

Gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl vom 10.11.2011 erhob der Beklagte Einspruch, indem er ua vorbrachte, die klagende Partei mache als Nebenforderung für eine angeblich abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung EUR 75,00 geltend. Der Beklagte habe aber mit der klagenden Partei keine solche Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen. Die klagende Partei versuche offenbar, sich eine diesbezügliche Nebenforderung zu erschleichen. Deshalb werde der Antrag gestellt, über die klagende Partei eine Mutwillensstrafe zu verhängen.

Mit Schriftsatz vom 9.1.2012 zog die klagende Partei die Klage unter Anspruchsverzicht zurück.

Daraufhin beantragte der Beklagte Kostenersatz von EUR 422,95 und ersuchte gleichzeitig das Erstgericht, trotz der Klagszurücknahme eine Mutwillensstrafe gegen die klagende Partei zu verhängen. Dieser Schriftsatz wurde dem Klagsvertreter gemäß § 112 ZPO direkt zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 16.1.2012 erhob die klagende Partei Einwendungen gegen die vom Beklagten begehrten Kosten mit der Begründung, der Kostenbestimmungsantrag vom 10.1.2012 sei lediglich nach TP 1 RAT zu honorieren. Weiters sprach sich die klagende Partei gegen die Verhängung einer Mutwillensstrafe aus, weil die Voraussetzungen des § 245 ZPO nicht vorliegen würden. Dem Beklagten sei lediglich über das Inkassobüro der klagenden Partei eine Ratenzahlungsvereinbarung angeboten worden. Der Beklagte habe diesem Angebot zu keiner Zeit widersprochen oder mitgeteilt, die Bezahlung der Forderungen gänzlich abzulehnen. Deshalb seien auch die Bemühungen des Inkassobüros zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und erforderlich gewesen. Für diesen Schriftsatz verzeichnete die klagende Partei Kosten nach TP 3A RAT in Höhe von EUR 225,07.

Mit dem angefochtenen Beschluss nahm das Erstgericht die Zurücknahme der Klage unter Anspruchsverzicht zur Kenntnis (Spruchpunkt 1.), verpflichtete die klagende Partei zum Prozesskostenersatz an den Beklagten in Höhe von EUR 337,99 (Spruchpunkt 2.) und wies den Antrag des Beklagten auf Verhängung einer Mutwillensstrafe ab, wobei der Beklagte gleichzeitig verpflichtet wurde, der klagenden Partei EUR 225,07 an Kosten für die Äußerung der klagenden Partei vom 16.1.2012 zu ersetzen (Spruchpunkt 3.).

Nach Ansicht des Erstgerichtes sei der Antrag des Beklagten auf Verhängung einer Mutwillensstrafe deshalb abzuweisen, weil von einer vorsätzlichen Erschleichung der geltend gemachten Nebenforderung nicht die Rede sein könne. Im Rahmen des Zwischenstreits hinsichtlich der Verhängung der beantragten Ordnungsstrafe sei die klagende Partei als obsiegend anzusehen, sodass sie Anspruch auf Ersatz der Äußerungskosten habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten insoweit, als er in Spruchpunkt 3. zum Kostenersatz an die klagende Partei verpflichtet wurde. Beantragt wird die Abänderung dahin, dass ausgesprochen werde, die beklagte (richtig wohl: klagende) Partei habe die Kosten ihrer Äußerung vom 16.1.2012 selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Auszugehen ist davon, dass die Verhängung einer Mutwillensstrafe nach § 245 Abs 1 ZPO von Amts wegen zu erfolgen hat und somit dem Prozessgegner in diesem Zusammenhang weder ein Antrags- noch ein Rechtsmittelrecht zusteht. Wegen des Pönalcharakters einer Ordnungs- oder Mutwillensstrafe kann sich gegen deren Verhängung nur der Bestrafte mittels eines Rechtsmittels wehren. Da das bezüglich einer Mutwillensstrafe abgeführte Verfahren keinen streitähnlichen Charakter hat, finden darauf auch nicht die Bestimmungen der ZPO über den Prozesskostenersatz Anwendung (WR 113). So hat auch der OGH schon ausgesprochen, dass im Rechtsmittelverfahren über die Rechtmäßigkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe ein Kostenersatz überhaupt nicht stattfindet. Der Rekurswerber habe die Kosten seines Rechtsmittels – ungeachtet der Frage nach dessen Erfolg – selbst zu tragen (RIS-Justiz RS0119128; 1 Ob 105/04d = SZ 2004/78; Konecny in Fasching/Konecny 2 II/2 § 86 ZPO Rz 21; Schragel in Fasching/Konecny 2 II/2 § 220 ZPO Rz 3). Nichts anderes kann auch für das erstinstanzliche Verfahren gelten, zumal ein „Antrag“ der beklagten Partei auf Verhängung einer Mutwillensstrafe lediglich als eine diesbezügliche „Anregung“ einzustufen ist.

Findet sohin auch in erster Instanz kein Kostenersatz statt, dann stehen hier der klagenden Partei für ihren „Rechtfertigungsschriftsatz“ vom 16.01.2012, ON 6, keine Kosten zu. Dies gilt umso mehr, als die klagende Partei vom Erstgericht gar nicht aufgefordert worden ist, sich zu äußern oder Urkunden vorzulegen (vgl Kodek in Fasching/Konecny 2 III § 245 ZPO Rz 35). Insoweit ist der vom Erstgericht honorierte Schriftsatz der klagenden Partei vom 16.1.2012, ON 6, als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung dienlich anzusehen.

Somit hat der Beklagte für die von der klagenden Partei verzeichneten Kosten für den Schriftsatz ON 6 nicht einzustehen, sodass dem Rekurs Berechtigung zukommt.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO und § 11 RATG.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

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