2R279/11m – LG Feldkirch Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch die Richter HR Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie Dr. Flatz und Dr. Weißenbach als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei W *****, vertreten durch den Sachwalter *****, dieser vertreten durch Dr. Hannes Grabher, Dr. Gerhard Müller, Rechtsanwälte in Lustenau, gegen die beklagte Partei p *****, vertreten durch Ullmann-Geiler Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 7.400,00 sA, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 4. Juli 2011, 4 C 284/10i-29, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben.
Text
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert , dass es lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 7.400,00 samt 4 % Zinsen seit 2.3.2010 zu bezahlen und binnen derselben Frist die mit EUR 5.006,08 (darin EUR 471,81 an USt und EUR 2.105,18 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 2.071,09 (darin EUR 118,85 an USt und EUR 986,00 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Versicherungsnehmer der beklagten Partei, mit der er zur Versicherungsnummer ***** eine Unfallversicherung abgeschlossen hat, der die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 99) sowie die Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) zugrunde liegen.
Am 1.6.2009 kam der Kläger mit seinem Fahrrad schwer zu Sturz und blieb an der Unfallstelle längere Zeit liegen. Die vom Notarzt durchgeführte Reanimation führte zur Wiederherstellung eines stabilen Kreislaufs, jedoch ist es aufgrund der langen Dauer des Herz-Kreislauf-Stillstands bis zur erfolgreichen Reanimation und des dadurch bedingten Sauerstoffmangels im Gehirn zu einer irreparablen, diffusen Zellschädigung des Gehirns gekommen. Der Kläger befindet sich seither im Koma.
Die Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) sehen zu Punkt 1.40 „Koma“ vor, dass der Versicherte, wenn er infolge eines Unfalles in ein Koma fällt, für die Zeit dieses Zustandes wöchentlich EUR 200,00 bis zu 104 Wochen beanspruchen kann.
Insoweit steht der Sachverhalt außer Streit bzw ist er (im Berufungsverfahren) nicht mehr strittig.
Mit der am 17.2.2010 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte der Kläger ein „Komageld“ für die Zeit vom 1.6.2009 bis vorläufig 14.2.2010 von EUR 7.400,00 sA.
Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen ein, dass dem Kläger die geltend gemachte Versicherungsleistung nicht gebühre, weil er nicht aufgrund eines Unfalls ins Koma gefallen sei. Vielmehr sei das Koma aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes vor dem Unfall aufgetreten und der Sturz eine Folge des Komas gewesen. Der Kläger habe nämlich bereits vor dem Unfall unter Hypertonie und Vorhofflimmern gelitten, was in weiterer Folge offensichtlich am 1.6.2009 zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand bei Kammerflimmern und in weiterer Folge zu einer hypoxischen Encephalopathie mit apallischem Syndrom geführt habe. Das Koma sei somit nicht auf den Sturz mit dem Fahrrad, bei welchem der Kläger keine relevanten Verletzungsfolgen erlitten habe, zurückzuführen. Aus diesem Grund stehe ihm die geltend gemachte Versicherungsleistung nicht zu.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 4. Juli 2007 wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab und verpflichtete die klagende Partei zum Kostenersatz.
Es legte seiner Entscheidung den auf den Seiten 3 bis 5 des Urteils wiedergegebenen Sachverhalt, auf den gemäß § 500a ZPO verwiesen wird, zugrunde. Folgende Feststellungen werden hervorgehoben:
„Es kann nicht mit 100%iger Sicherheit abschließend festgestellt werden, ob der Kläger vor dem Sturz ein Herzkammerflimmern bzw einen Herzstillstand erlitten hat bzw es durch den Sturz und den damit verbundenen Stress zu einem Herz-Stillstand bzw einem Herzkammerflimmern gekommen ist.
Fest steht lediglich, dass beim Kläger eine organische Herzerkrankung bestand. Im Juni 2008 bestand beim Kläger ein erhöhter Blutdruck und eine hypertensive Herzkrankheit und wurden bereits im Jahr 2008 Rhythmusstörungen bei einer Fahrradergometrie ausgehend von der Herzkammer festgestellt. Dem Ratschlag, dringend eine Herzkathederuntersuchung durchführen zu lassen, ist der Kläger damals nicht nachgekommen.
…
Die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 99) lauten auszugsweise:
Der Versicherungsumfang
§ 1 Was ist versichert?
…
(1.3.)
Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
…
§ 5 In welchen Fällen ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen?
Soweit nichts anderes vereinbart ist, gilt:
(5.1.) Kein Versicherungsschutz besteht für folgende Unfälle:
(5.1.1)
Unfälle der versicherten Person durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der versicherten Person ergreifen.
Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn diese Störungen oder Anfälle durch ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht waren“
Aus den Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) lässt sich Folgendes entnehmen:
„...
1. Bedingungen für die Erweiterungen der AUB 99
…
1.42 Herzinfarkt und Schlaganfall
Der unfallbedingte Herzinfarkt sowie der unfallbedingte Schlaganfall sind gemäß Z 5.1.1 AUB 99 versichert. Abweichend von Z 5.1.1 AUB 99 sind auch Unfälle infolge eines Herzinfarktes oder Schlaganfalles versichert.“
In rechtlicher Hinsicht begründete das Erstgericht die Abweisung des Begehrens damit, dass der Versicherungsnehmer in der Unfallversicherung die Beweislast für das Geschehen, das als Unfall zu werten sei, ebenso die Ursächlichkeit des Unfalles trage (7 Ob 224/07b). Dass im vorliegenden Fall nicht mit 100%iger Sicherheit erwiesen sei, dass der Kläger zuerst zu Sturz gekommen und dann einen Herzstillstand erlitten habe, gehe daher zu seinen Lasten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Klagsstattgebung, hilfsweise deren Aufhebung beantragt. Als Berufungsgründe macht er unrichtige rechtliche Beurteilung und unrichtige Tatsachenfeststellung wegen unrichtiger Beweiswürdigung geltend.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung kostenpflichtig keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist berechtigt.
Zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:
Der Berufungswerber macht im Wesentlichen geltend, dass das gegenständliche Unfallereignis schon zufolge der Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000), Punkt 1.42, vom Versicherungsschutz umfasst sei. Dies unabhängig davon, ob der Kläger vor dem Sturz ein Herzkammerflimmern bzw einen Herzstillstand erlitten hat oder ob es durch den Sturz und den damit verbundenen Stress zu einem Herzstillstand bzw Herzkammerflimmern gekommen ist. Selbst wenn man Punkt 1.42 der Sonderbedingungen zur Unfallversicherung nicht anwende, habe das Erstgericht die Beweislastfrage unrichtig gelöst. Insbesondere auch aufgrund der Unklarheitenregel des § 915 ABGB sei von einer vertraglichen Beweislastumkehr bzw vertraglichen Vermutung (zu Gunsten des Versicherten) auszugehen. Selbst dann, wenn nicht von einer vertraglichen Beweislastumkehr auszugehen sei, hätte das Erstgericht bei der Beweislastwürdigung von einer Beweismaßreduzierung durch den Anscheins- bzw Prima-Facie-Beweis ausgehen müssen.
Das Berufungsgericht hat erwogen:
1.
Vorauszuschicken ist, dass bei einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge, von der hier auszugehen ist, das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung allseitig zu überprüfen hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob alle in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte im Rechtsmittel ausgeführt werden. Nur dann, wenn ein Anspruch aus mehreren selbstständigen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet wird und sich die Rechtsrüge nur noch auf eine dieser Tatsachen bezieht, die anderen Ansprüche aber außer Betracht lässt, hat sich (auch) das Berufungsgericht auf die noch aufrecht erhaltenen Klagegründe zu beschränken (vgl Kodek in Rechberger 3 § 471 ZPO Rz 9 mwN).
2.
Das Erstgericht hat offen gelassen, ob der Kläger vor dem Sturz ein Herzkammerflimmern bzw einen Herzstillstand erlitten hat oder ob es durch den Sturz und den damit verbundenen Stress zu einem Herz-Stillstand bzw einem Herzkammerflimmern gekommen ist. In rechtlicher Sicht sei diese Unklarheit zu Lasten des Versicherungsnehmers zu werten, der die Beweislast für das Geschehen und die Ursächlichkeit des Unfalles (für die eingetretenen Unfallfolgen) trage.
Der vom Erstgericht vertretenen Rechtsauffassung zur Verteilung der Beweislast kann nicht gefolgt werden. Der Leitsatz der vom Erstgericht in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung 7 Ob 224/07b lautet: In der Unfallversicherung trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Geschehen, das als Unfall zu werten ist, ebenso die Beweislast für die Ursächlichkeit des Unfalls für die Invalidität (RIS-Justiz RS0122800). Dabei war folgender Sachverhalt zu beurteilen: Durch das (versicherte) Unfallereignis wurde eine bereits vorbestehende Arthrose im Kniegelenk aktiviert. In weiterer Folge kam es nach einer lege artis vorgenommenen Arthroskopie zu einer Kniegelenksinfektion, wobei der später bestehende Dauerschaden zum Teil auf den Vorschaden am Kniegelenk, zum Teil auf das Unfallereignis und die Arthroskopie mit anschließender Infektion zurückzuführen war. Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht gaben der Klage der Versicherungsnehmerin statt. Der Oberste Gerichtshof wies die Revision als unzulässig zurück und führte in seinem Beschluss aus, dass in der Unfallversicherung der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Geschehen, das als Unfall zu werten sei, ebenso die Beweislast für die Ursächlichkeit des Unfalls für die Invalidität trage. Auch eigenes Verhalten, das zum Unfall beigetragen und die Gesundheitsschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst habe, sei als Unfallereignis im Sinne der maßgeblichen Versicherungsbedingungen anzusehen. Die Besonderheit des zu beurteilenden Falles liege darin, dass der bestehende Dauerschaden einerseits durch den Vorschaden und andererseits auf das versicherte Unfallereignis zurückzuführen sei. Da Mitursächlichkeit bereits als ausreichend angesehen werde, sei von einem bestehenden adäquaten Kausalzusammenhang auszugehen.
Der der Entscheidung 7 Ob 224/07b zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem hier zu beurteilenden insofern, als es gerade nicht darum geht, welches von mehreren Unfallereignissen ursächlich für das Koma des Klägers ist. Es hat nur einen – grundsätzlich unter Versicherungsschutz fallenden – Unfall (am 1.6.2009) gegeben, bei dem unklar ist, ob der Kläger aufgrund einer durch den Herz-Kreislauf-Stillstand hervorgerufene Bewusstseinsstörung zu Sturz gekommen ist oder ob erst der Sturz zum Herz-Kreislauf-Stillstand geführt hat. Dabei handelt es sich aber nicht um eine mit dem Verfahren 7 Ob 224/07b vergleichbare Kausalitätsfrage, sondern darum, ob der an sich gegebene Versicherungsschutz durch ein Risiko, das nach den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen ist, verwirklicht wurde.
Mit ihrem Vorbringen, dass der Kläger nicht aufgrund des Unfalles ins Koma gefallen ist, sondern das Koma auf seine bereits vor dem Unfall bestehenden gesundheitlichen Probleme (Hypertonie und Vorhofflimmern) zurückzuführen ist, macht die beklagte Partei einen Versicherungsausschluss im Sinne des § 5 Punkt 5.1.1 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 99), konkret dass Unfallursache eine – durch einen Herz-Kreislauf-Stillstand verursachte – Geistes- oder Bewusstseinsstörung ist, geltend.
§ 5 der AUB 99 regelt Risikoausschlüsse des Versicherers, für deren Vorliegen nach einhelliger Auffassung nicht der Versicherte, sondern der Versicherer beweispflichtig ist ( RIS-Justiz RS0107031; Grubmann, VersVG 5 § 6 E 12; Knappmann in Prölls/Martin, VVG 27 2513 RN 2). Im vorliegenden Fall ist offen geblieben, ob ein Herz-Kreislauf-Stillstand zum Sturz geführt hat oder der Herz-Kreislauf-Stillstand Folge der mit dem Sturz verbundenen Stresssituation war. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der beklagten Partei, die, um leistungsfrei zu sein, beweisen hätte müssen, dass ein vertraglich ausgeschlossenes Risiko zum Unfall geführt hat. Bereits daraus folgt, dass der Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Versicherungsleistung zu Recht besteht.
3.
Die Leistungsverpflichtung der beklagten Partei ist aber auch aus einem weiteren Grund zu bejahen. Die dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) sehen in mehreren Punkten eine „Erweiterung“ des Versicherungsschutzes vor. Im hier maßgeblichen Pt. 1.42 „Herzinfarkt und Schlaganfall“ ist vorgesehen, dass abweichend von Z 5.1.1 AUB 1999 auch Unfälle infolge eines Herzinfarktes oder Schlaganfalles versichert sind. Nun ist der komatöse Zustand des Klägers auf die lange Dauer des Herz-Kreislauf-Stillstandes, der zu einer irreparablen diffusen Zellschädigung des Gehirns geführt hat, zurückzuführen. Unter dem Begriff Herz-Kreislauf-Stillstand werden Zustände zusammengefasst, bei denen das Herz kein Blut mehr in den Blutkreislauf auswirft. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich. Eine davon ist ein Herzinfarkt, bei dem ein Blutgerinnsel ein Gefäß verschließt. Nach der medizinischen Terminologie ist ein Herz-Kreislauf-Stillstand somit nicht mit einem Herzinfarkt gleichzusetzen.
Es ist nun näher zu prüfen, ob mit der in Punkt 1.42 der Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) gewählten Formulierung, dass Unfälle infolge eines Herzinfarktes (oder Schlaganfalles) abweichend von Ziffer 5.1.1 AUB 99 dem Versicherungsschutz unterstellt werden sollen, nur Unfälle infolge eines Herzinfarktes oder darüber hinaus auch Unfälle, die auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand zurückzuführen sind, gemeint sind. Generell gilt, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen sind. Es findet deshalb die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB Anwendung, wonach Unklarheiten zu Lasten der Partei gehen, von der die diesbezüglichen Formulierungen stammen. Außerdem hat sich die Auslegung auch am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren, ein Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitergehend entspricht (RIS-Justiz RS0112256, RS0050063, RS0008901). Es stellt sich im hier zu beurteilenden Fall somit die Frage, ob der in den Versicherungsbedingungen verwendete Begriff „Herzinfarkt“ von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weitere Erklärung nach streng medizinischen Kriterien beurteilt wird, oder ob durchschnittliche Versicherungsnehmer Herz-Kreislauf-Stillstände (mit schwerwiegenden Folgen) auch als „Herzinfarkt“ ansehen. Es erscheint naheliegend, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand nicht unterscheidet, ob dieser durch einen Infarkt oder eine andere Ursache ausgelöst wird. Im Vordergrund wird bei einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer das Versagen der Herzfunktion, nicht deren Ursache stehen. Diese Unklarheit geht im Sinne des § 915 ABGB zu Lasten des Versicherers, weswegen im vorliegenden Fall aufgrund der Anwendbarkeit der Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) der Versicherungsschutz für das Ereignis vom 1.6.2009 auch dann zu bejahen wäre, wenn feststünde, dass der Unfall des Klägers auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand zurückzuführen ist.
4.
Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Berufungswerbers, wonach die Regeln des Anscheinsbeweises im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangen, nicht teilt. Der Anscheinsbeweis beruht nämlich darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 324 mwN). Die wichtigsten Anwendungsgebiete sind deshalb dort, wo formelhafte typische Kausalabläufe bestehen oder wo typische Verhaltensweisen stets gleichartige und zuverlässige Schlüsse auf bestimmte innere Zustände eines Menschen zulassen, also beim Beweis des Kausalzusammenhanges oder des Verschuldens. Der Anscheinsbeweis ist aber nur zulässig, wenn eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen der tatsächlich bewiesenen Tatsache und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement besteht; er darf nicht dazu dienen, Lücken der Beweisführung durch bloße Vermutungen aufzufüllen (Fasching, Lehrbuch, Rz 894). Im vorliegenden Fall liegt kein derartiger typischer formelhafter Geschehensablauf vor, weil der Sturz des Klägers sowohl Folge als auch Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstandes sein kann.
Der Berufung ist aus den angeführten Gründen Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.
Auf die Beweisrüge muss nicht weiter eingegangen werden, weil der Berufungswerber bereits mit der Rechtsrüge erfolgreich ist.
Die Abänderung in der Hauptsache bedingt eine neue Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz. Diese beruht auf §§ 41, 54 Abs 1a ZPO.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens hat ihre Grundlage in §§ 41, 50 ZPO.
Da sich das Berufungsgericht auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes berufen kann, ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu verneinen. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.