2R233/11x – LG Feldkirch Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Ciresa und Dr. Mayrhofer als weitere Senatsmitglieder in der Urkundenhinterlegungs- und Grundbuchssache der Antragsteller 1. P *****, 2. G *****, 3. J *****, alle vertreten durch Mag. Wolfgang Götze, öffentlicher Notar in Feldkirch, wegen Urkundenhinterlegung und Einverleibung des Eigentumsrechtes in EZ 53 Grundbuch *****, über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 18. Juli 2011, TZ 5720/11-2 und UH 6/11, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig .
Text
Begründung:
Die Zweitantragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 53 Grundbuch *****, bestehend ua aus GST-NR 1243 und 1244, auf denen das Haus L***** erbaut ist. Im Gutsbestandsblatt ist zu A2-LNR 2a ein Superädifikat auf GST-NR 1243 und 1244 (UH 1/88) ersichtlich gemacht. Unter A2-LNR 5a ist eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis einschließlich 17.2.2012 ersichtlich.
Am 21.6.2011 begehrten die Antragsteller aufgrund der Dereliktionserklärung vom 9.2.2011, des Kaufvertrages vom 9.2.2011, des Rangordnungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 18.2.2011 und der Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer vom 25.2.2011 in EZ 53 Grundbuch *****
1. die Hinterlegung der Dereliktionserklärung vom 9.2.2011 in die Sammlung der beim Bezirksgericht Feldkirch hinterlegten und eingereihten Urkunden zum Zwecke des Nachweises der Herrenlosigkeit des auf den Liegenschaften GST 1243 und 1244 errichteten Superädifikates,
2. die Löschung der Anmerkung A2-LNR 2a infolge Vereinigung von Grundeigentum und Gebäudeeigentum hinsichtlich der Liegenschaften GST 1243 und 1244 durch Zueignung im Sinne des § 381 ABGB,
3. im Range TZ 1637/11 unter Mitübertragung von im Einzelnen angeführten Reallasten und einer Dienstbarkeit die ansonsten lastenfreie Abschreibung der Liegenschaften GST 1243 und 1244 vom Gutsbestand dieser Einlage, die Eröffnung einer neuen EZ hiefür und darin die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Drittantragsteller.
In der Dereliktionserklärung vom 9.2.2011 erklärte die Erstantragstellerin als Eigentümerin des Superädifikates, das Superädifikat zu derelinquieren. Sie habe die tatsächliche Aufgabe des Besitzes am Superädifikat mit dem Willen, das Eigentum an der Sache aufzugeben, bereits vorgenommen. Gleichzeitig wurde eine Aufsandungserklärung abgegeben, wonach die Dereliktionserklärung in die Sammlung der beim Bezirksgericht Feldkirch hinterlegten und eingereihten Urkunden zum Zwecke des Nachweises der Herrenlosigkeit des auf den Liegenschaften GST 1243 und 1244, beide vorkommend in EZ 53 Grundbuch *****, errichteten Superädifikates zu hinterlegen sei.
Im Kaufvertrag vom 9.2.2011 zwischen der Zweitantragstellerin und dem Drittantragsteller bestätigte die Zweitantragstellerin als Verkäuferin, dass sie das vom vorherigen Eigentümer derelinquierte und daher herrenlose Geschäftslokal, das ursprünglich als Superädifikat errichtet worden sei, durch Zueignung im Sinne des § 381 ABGB in Besitz genommen habe. Es werde festgehalten, dass durch diesen Eigentumserwerb des Superädifikates durch die Verkäuferin die Vereinigung von Grundeigentum und Gebäudeeigentum eingetreten sei. Das Geschäftslokal sei dem Grundeigentum zugewachsen und habe seine rechtliche Selbstständigkeit verloren. Es handle sich daher bei diesem Bauwerk um kein Bauwerk auf fremdem Grund.
In der Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer vom 25.2.2011 wurde die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer für den Kauf der GST-NR 1243 und 1244 in EZ 53 Grundbuch ***** durch den Drittantragsteller als Erwerber vorgenommen. Eine weitere Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung wurden nicht vorgelegt.
Das Erstgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Urkundenhinterlegungsantrag und den Einverleibungsantrag mit der Begründung ab, nur ein unbebautes Grundstück sei derelinquierbar, da sich der Eigentümer eines Gebäudes (hier: Superädifikat) nicht der Pflicht zu dessen ordnungsgemäßer Erhaltung durch Preisgabe entziehen könne. Bei „Sprungeintragungen“ müssten für jeden einzelnen Zwischenerwerb Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorgelegt werden. Eine solche fehle bezüglich des Rechtsübergangs des Superädifikats an die Zweitantragstellerin.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der fristgerechte Rekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass die begehrten Grundbuchseintragungen bewilligt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Im Rekurs vertreten die Antragsteller die Auffassung, bei der Dereliktion werde nicht zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken unterschieden. Sowohl die Dereliktion als auch die Zueignung durch den neuen Eigentümer würden keinen Erwerbsvorgang iSd § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG darstellen, weshalb es auch keiner weiteren Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer oder einer Unbedenklichkeitsbescheinigung bedürfe. Die Zueignung durch Besitzergreifung sei im Kaufvertrag festgehalten worden.
1. Aus den Bestimmungen der §§ 297, 417 ABGB folgt, dass Gebäude (Bauwerke) grundsätzlich – unselbstständiger und daher sonderrechtsunfähiger – Bestandteil der Liegenschaft werden, auf der sie errichtet sind (RIS-Justiz RS0009946, RS0009921). Die Regel ist also die Eigentümeridentität, die Ausnahme ist die Sonderrechtsfähigkeit (SZ 67/61; SZ 67/1). Soweit es sich um grundfest errichtete Anlagen handelt, ist davon auszugehen, dass abgesehen von im Baurecht errichteten Objekten auf fremdem Grund errichtete Gebäude nur dann sonderrechtsfähig sind, wenn sie Überbauten sind (SZ 67/1; 5 Ob 278/07d = NZ 2008, 318 = JBl 2008, 779 = SZ 2008/26 = EvBl 2008/115 = Zak 2008/268).
Der Grundsatz, dass das Eigentum an dem auf fremden Grund errichteten Gebäude dem Grundeigentümer zufällt, schlägt dann nicht durch, wenn das Gebäude nicht in der Absicht aufgeführt wurde, auf dem Grund zu bleiben (Superädifikat). Entscheidend dafür, ob ein Gebäude durch seine Errichtung kraft Gesetzes zum (unselbstständigen) Bestandteil des Grundes wird, ist die Belassungsabsicht des Erbauers im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes (RIS-Justiz RS0009865, RS0009939).
2. Derjenige, der ein Bauwerk iSd § 435 ABGB errichtet, erwirbt durch dessen Errichtung originär Eigentum, ohne dass dafür die Hinterlegung einer Urkunde erforderlich ist (RIS-Justiz RS0011245; 5 Ob 278/07d; 5 Ob 106/90; Hinteregger in Schwimann 3 , § 435 ABGB Rz 8; Eccher in KBB 3, § 435 ABGB Rz 1; Spielbüchler in Rummel 3 , § 435 ABGB Rz 1). Für den originären Eigentumserwerb an einem Bauwerk besteht also das Formerfordernis der Urkundenhinterlegung nicht (5 Ob 116/91 = NZ 1992, 257). Für die Übertragung des Eigentums am Superädifikat ist dann aber grundsätzlich die Urkundenhinterlegung erforderlich (RIS-Justiz RS0010982). Die Übertragung des Eigentumsrechtes an einem Überbau kann also nur durch Urkundenhinterlegung erfolgen, nicht auch durch Zeichen oder Erklärung (RIS-Justiz RS0011244). Dies gilt auch, wenn das Eigentum am Superädifikat auf den Eigentümer des Grundes übergehen soll, auf dem der Überbau errichtet wurde (3 Ob 125/84 = RdW 1985, 368 = MietSlg 37.026, 37.030; 5 Ob 278/07d).
3.1. Nach mittlerweile gesicherter Rechtsprechung besteht die Möglichkeit der Dereliktion (Preisgabe) auch für unbewegliche Sachen. Bei verbücherten Liegenschaft muss die Preisgabe des Eigentums im öffentlichen Buch eingetragen werden. Einzutragen ist nicht die Löschung des Eigentums für den letzten Inhaber, sondern die Herrenlosigkeit des Grundstücks. Die Grundbuchseinlage ist nicht zu löschen, sondern bleibt bestehen (RIS-Justiz RS0110726, RS0110725; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht § 10 GBG Rz 5 mwN). Eine herrenlose Liegenschaft kann von jedermann erworben werden, wobei es bei mehreren Prätendenten darauf ankommt, wessen Gesuch zuerst beim Grundbuchsgericht einlangt (Spielbüchler aaO § 388 Rz 3; Rassi aaO Rz 49; 5 Ob 126/98k = NZ 1999/443 [GBSlg]).
3.2. Entgegen der Ansicht im angefochtenen Beschluss hindert die Bebauung einer Liegenschaft nicht deren Dereliktion. Wenn das Erstgericht dabei auf die Rücksichtnahme öffentlich-rechtlicher Schutzvorschriften abstellt, ist darauf hinzuweisen, dass die öffentlich-rechtlichen Pflichten den Eigentümer unabhängig von der Aufgabe des Eigentums treffen (Eccher in KBB 3 , § 387 ABGB Rz 2). Nach Hoyer (NZ 1994/195) ist es Sache des öffentlichen Rechts, seine verpflichtenden Anordnungen auch gegen Umgehungsversuche abzusichern. Denn auch für das öffentliche Recht gelte, dass persönliche und Sachhaftung grundsätzlich einer getrennten Beurteilung unterfallen würden. Die Möglichkeit der Dereliktion und die „Eintragung der Herrenlosigkeit“ würden deshalb auch für bebaute Liegenschaften gelten. Das Rekursgericht pflichtet dieser Auffassung bei, sodass die Bebauung einer Liegenschaft nicht ihre Dereliktion hindert.
3.3. Grundsätzlich sind Superädifikate iSd § 435 ABGB als bewegliche Sachen aufzufassen. Im Gewährleistungsrecht und in Bezug auf die erforderliche Urkundenhinterlegung nach dem UHG als Modus für die Übertragung gelten Superädifikate allerdings als unbewegliche Sachen (Eccher aaO § 435 ABGB Rz 3 mwN). Unabhängig von dieser Unterscheidung ist die Dereliktions- und Okkupationsmöglichkeit von Superädifikaten zu bejahen (Dengler, Dereliktion und Okkupation von Liegenschaften, NZ 1983, 182). Der Erwerb des Eigentumsrechtes durch Okkupation nach vorangegangener Dereliktion erfolgt bei Superädifikaten durch entsprechende Urkundenhinterlegung.
Im gegenständlichen Fall hat die Erstantragstellerin als Eigentümerin des Superädifikates eine Dereliktionserklärung abgegeben und die Zweitantragstellerin, die gleichzeitig Eigentümerin des Grundes ist, hat im Kaufvertrag vom 9.2.2011 bestätigt, dass sie das derelinquierte und herrenlose Superädifikat in Besitz genommen habe, wodurch die Vereinigung von Grundeigentum und Gebäudeeigentum eingetreten sei.
4.1. Für den nachfolgenden Verkauf der Liegenschaft (samt Geschäftslokal) durch die Zweitantragstellerin an den Drittantragsteller wurde eine Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer beigebracht. Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass bei „Sprungeintragungen“ für jeden Zwischenerwerb Unbedenklichkeitsbescheinigungen oder Selbstbemessungserklärungen iSd § 160 Abs 1 Satz 2 BAO notwendig sind (NZ 1996, 91; 5 Ob 295/98p = NZ 2000, 25). Hinsichtlich einer allenfalls erforderlichen Genehmigung darf der Sachverhalt nicht anders beurteilt werden, als wenn jedes einzelne Erwerbsgeschäft gesondert zur Verbücherung gelangt wäre (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 22 Rz 8).
4.2. Es stellt sich nun die entscheidungswesentliche Frage, ob die Dereliktion durch die Erstantragstellerin und die anschließende Okkupation des Superädifikats durch die Zweitantragstellerin der Grunderwerbssteuer unterliegende Rechtsvorgänge darstellen. Voranzustellen ist, dass gemäß § 2 Abs 2 Z 2 GrEStG Gebäude auf fremdem Boden ebenso wie Baurechte den Grundstücken gleichstehen.
Nach der Rechtsprechung des VwGH stellt die vereinbarte Übertragung des Gebäudes nach Aufhebung des zeitlich begrenzten Benützungstitels am Grundstück im Falle von Superädifikaten auf den Grundeigentümer einen grunderwerbssteuerpflichtigen Vorgang dar (VwGH 19.3.2003, 2002/16/0083; Takacs, Grunderwerbssteuergesetz 5 § 2 E 5.18). Durch den wegen einer einvernehmlich vorgenommenen Aufhebung des Benützungstitels bewirkten Erwerb des Eigentums am Gebäude durch den Grundeigentümer, der zuvor durch das bestandene Superädifikatsrecht auf ein sogenanntes „nudum ius“ reduziert war, erhält der Grundeigentümer wieder das Vollrecht an seinem Grundstück, vermehrt um das nun ein Bestandteil gewordene Gebäude.
4.3. Nach § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG unterliegt der Grunderwerbssteuer der Erwerb des Eigentums an einem inländischen Grundstück, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. Gemäß § 2 Abs 2 Z 2 GrEStG stehen Gebäude auf fremdem Boden (Superädifikate) den Grundstücken gleich. Nach den Erläuternden Bemerkungen zum GrEStG 1955 (556 Blg NR 7. GP) sollte durch das verwendete Wort „Erwerbung“ klargestellt werden, dass unter § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG die Rechtsvorgänge des originären Erwerbes von Grundstücken fallen, wie etwa der Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung, durch Enteignungsbeschluss oder durch Ersitzung (Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern Rz 217 zu § 1 GrEStG). Der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG ist nicht beschränkt auf bestimmte Arten des Erwerbs des Eigentums, falls kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. Besteuert wird jeder Vorgang, durch den eine Rechtsänderung in Bezug auf ein inländisches Grundstück herbeigeführt wird. Eine Rechtsänderung setzt voraus, dass Rechte über ein Grundstück von einer Person auf eine andere Person übergehen (Rechtsträgerwechsel). Wenngleich der Erwerb herrenloser Grundstücke gemäß § 387 ABGB neues Eigentum schafft, kann nicht gesagt werden, dass es an einem Veräußerer mangelt, wie dies auch schon vertreten wurde (s Czurda in Arnold/Arnold, GrEStG, § 1 Rz 7g, 110; Takacs, Grunderwerbssteuergesetz 5 § 1 8.2c; BFH 15.5.1957 II 102/56 BStBl 1957 III 238; BFH 1.4.1981 II R 87/78 BStBl 181 II 488). Nach nunmehr gesicherter Rechtsprechung wird nämlich bei einer Dereliktion eines Grundstücks die Grundbuchseinlage nicht gelöscht. Es wird lediglich die Herrenlosigkeit des Grundstücks eingetragen, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, durch die Okkupation des derelinquierten Grundstückes sei es zu keiner Rechtsänderung gekommen.
4.4. Im Übrigen darf durch Umgehungsgeschäfte die Abgabenpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. Ein solches Umgehungsgeschäft wird unter „Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts“ abgeschlossen. Ein solcher Missbrauch ist anzunehmen, wenn die rechtliche Gestaltung im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung ausschließlich oder überwiegend nur in der Absicht der Steuervermeidung stattfindet. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung bzw -vermeidung einfach unverständlich wäre (VwGH 25.1.1983, 82/14/0023; VfGH 25.11.1983, B 506/77).
Im vorliegenden Fall wurde die Dereliktionserklärung am selben Tag (9.2.2011) wie der anschließende Kaufvertrag mit der Erklärung der Zueignung abgeschlossen. Als Urkundenverfasser fungierte derselbe öffentliche Notar. Der abgeleitete Eigentumserwerb am Superädifikat durch die Zweitantragstellerin als Grundeigentümerin hätte ohne den Umweg über die Dereliktion mit anschließender Okkupation einfacher in Form eines Vertrags durchgeführt werden können. Selbst im Rekurs werden keine Gründe für den eingeschlagenen Weg dargelegt. Deshalb liegen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass mit der angeführten Vorgangsweise eine „steuerschonende“ Variante gewählt wurde. Sollte hier die Zueignung des als herrenlos erklärten Superädifikats tatsächlich nicht grunderwerbssteuerpflichtig sein, führte dies konsequenterweise zum sicherlich unvertretbaren und abzulehnenden Ergebnis, dass durch eine solche Konstruktion ganz allgemein Grundstücke grunderwerbssteuerfrei „veräußert“ bzw „erworben“ werden könnten.
4.5. Das Rekursgericht pflichtet daher der Ansicht des Erstgerichtes bei, dass für die Zueignung des derelinquierten Superädifikats eine Unbedenklichkeitsbescheinigung oder eine Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer vorzulegen gewesen wäre. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung („Null-UB“) ist auch dann erforderlich, wenn gesetzliche Bestimmungen die Befreiung von Abgaben vorsehen. Die Beurteilung der Abgabenfreiheit steht nur dem Finanzamt zu (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 94 GBG Rz 173).
5. Ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung ist im Grundbuchsrecht nur die Vormerkung gemäß § 35 GBG möglich. Ein der Vormerkung vergleichbares Institut der Urkundenhinterlegung zum bedingten Rechtserwerb nach dem UHG existiert nach der Rechtsprechung aber nicht (RIS Justiz RS0011253; 5 Ob 24/91 = SZ 64/59 = NZ 1991, 254; 5 Ob 284/01b = SZ 74/196; Bittner in Kletecka/Rechberger/Zitta, Bauten auf fremdem Grund 2 Rz 98, 103).
Daraus folgt, dass hier auch nicht die Vormerkung des Erwerbs des Superädifikats durch die Zweitantragstellerin aufgrund der Dereliktion durch die Erstantragstellerin bewilligt werden kann. Besteht ein unlösbarer Zusammenhang zwischen verschiedenen Teilen eines Begehrens, wobei ein Teil zu bewilligen, der zweite aber abzuweisen wäre, ist das Gesuch zur Gänze abzuweisen (RIS-Justiz RS0114310; 5 Ob 103/06t; 5 Ob 200/05f). Offensichtlich möchte die Zweitantragstellerin dem Drittantragsteller das Grundstück samt dem nach Dereliktion okkupierten „Superädifikat“ verkaufen. Dass der Verkauf allein des Grundes ohne des Überbaus vom Willen der Vertragspartner getragen wäre, lässt sich den Urkunden nicht entnehmen, sodass ein unlösbarer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Begehren anzunehmen ist. Davon umfasst ist auch der Antrag zu Punkt 1. auf Hinterlegung der Dereliktionserklärung vom 9.2.2011 zum Zwecke des Nachweises der Herrenlosigkeit des Superädifikates. Überdies ist auch hier zumindest zweifelhaft, ob nicht auch für die Dereliktion des Superädifikates allein mit der Folge der Eintragung seiner Herrenlosigkeit gleichfalls eine Unbedenklichkeitsbescheinigung notwendig wäre.
6. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Zwischenerwerb durch die Zweitantragstellerin (Zueignung des Superädifikats nach Preisgabe) keiner zusätzlichen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, zumal die Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg am 23.2.2011 bescheinigt hat, dass der im Kaufvertrag vom 9.2.2011 beurkundete Grundverkehr keine Genehmigung gemäß § 16 VbgGVG benötigt. Zudem liegt die Besonderheit des gegenständlichen Falls darin, dass die Zweitantragstellerin, eine inländische Aktiengesellschaft, bereits als Eigentümerin des Grundes im Grundbuch eingetragen ist. Durch die Zueignung des Superädifikats, wodurch dieses erlischt, soll der Zweitantragstellerin nunmehr (nur) das Vollrecht an der Liegenschaft zukommen.
7. Somit hat das Erstgericht letztlich zutreffend das Urkundenhinterlegungs- und Grundbucheintragungsgesuch der Antragsteller abgewiesen, sodass dem dagegen erhobenen Rekurs kein Erfolg beschieden ist.
8. Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil – soweit ersichtlich – keine Rechtsprechung des OGH dazu besteht, ob die Dereliktion eines Superädifikats samt anschließender Zueignung durch den Grundeigentümer zulässig ist und ob für einen solchen Vorgang eine Unbedenklichkeitsbescheinigung und/oder eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich ist.