3R112/04z – LG Feldkirch Entscheidung
Kopf
Beschluss
Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter des Landesgerichtes Hofrat Dr. Künz als Vorsitzenden sowie Dr. Troll und Dr. Höfle als weitere Senatsmitglieder in der Sachwalterschaftssache für H***** vertreten durch den Sachwalter R***** infolge Rekurses des Vereins***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 27. Februar 2004, 1 P 73/98 i-136, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Beschluss, der im Übrigen mangels Anfechtung aufrecht bleibt, in seinem Punkt 3) dahin abgeändert, dass er insoweit lautet:
“Die Entlohnung des Vereins***** für die Tätigkeit des Sachwalters R***** im Rechnungszeitraum 1.1.2004 bis 31.12.2004 wird mit EUR 1.200,-- bestimmt.
Das Mehrbegehren von weiteren EUR 1.700,-- wird abgewiesen. Der Sachwalter R***** wird ermächtigt und angewiesen, den Betrag von EUR 1.200,-- an den Verein ***** zur Auszahlung zu bringen und hierüber im nächsten Pflegschaftsbericht abzurechnen.”
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Der Sachwalter, der vom Verein***** namhaft gemacht wurde, hat für den Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2003 am 19.2.2004 einen Bericht erstattet und Rechnung gelegt (ON 135). Der Verein***** beantragte iSd § 10 VSPAG eine Belohnung von EUR 2.900,--, wobei von einer Bemessungsgrundlage für die Entschädigung von EUR 58.200,--, beinhaltend ua EUR 42.300,-- für eine Erbschaft nach J*****, ausgegangen wurde. 5 % der Bemessungsgrundlage seien EUR 2.910,--. Mit dem angefochtenen Beschluss zu Pkt 3) bestimmte das Erstgericht die Belohnung mit EUR 795,-- und wies das Mehrbegehren von weiteren EUR 2.105,-- ab. Dabei vertrat es die Auffassung, dass der Anfall der Erbschaft nach J***** mit ca EUR 42.300,-- nicht unter den Begriff der Einkünfte iSd § 266 Abs 2 ABGB falle und daher nicht in die Bemessungsgrundlage für die Entschädigung einbezogen werden könne. Dagegen richtet sich der Rekurs des Vereins ***** mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass die Entschädigung antragsgemäß mit EUR 2.900,-- bestimmt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Die Rekurswerberin vertritt unter Hinweis auf Fucik, Die Vermögensverwaltung nach dem KindRÄG 2001, 49, die Ansicht, eine Erbschaft sei im Anfallsjahr dem Einkommen zuzuordnen, weil sie ohne Zutun des gesetzlichen Vertreters nicht erworben werden könne. Tatsächlich werde ohnehin nur der Zuwachs an Bargeld begehrt. Der sonstige Vermögenszuwachs aus der Erbschaft, bestehend aus Miteigentumsanteilen an Liegenschaften, sei nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden.
Trotz der Neufassung des § 266 ABGB durch das KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135, obliegt die Bestimmung der Belohnung des Sachwalters nach wie vor dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes (JBl 2002, 308 mwN). Sachwaltern gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang ihrer Tätigkeit und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung, soweit dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse der betroffenen Person nicht gefährdet wird. Im Regelfall beträgt diese Entschädigung 5 % sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden gesetzlichen Steuern und Abgaben. Bezüge, die Kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen - etwa Familienbeihilfe, Pflegegeld, Mietzinsbeihilfe usw - sind nicht als Einkünfte zu berücksichtigen. Das Gericht kann aus besonderen Gründen von diesem Richtwert sowohl nach unten als auch nach oben abweichen, wobei gemäß § 266 Abs 3 ABGB maximal 10 % der Einkünfte als Entschädigung zugesprochen werden dürfen. Neben dieser Entschädigung auf Basis der Einkünfte kann das Gericht pro Jahr bis zu 2 % eines EUR 10.000,-- übersteigenden Vermögens als Entschädigung gewähren, soweit sich der Sachwalter um die Erhaltung des Vermögens oder dessen Verwendung zur Deckung von Bedürfnissen der betroffenen Person besonders verdient gemacht hat (JBl 2001, 541; 3 R 318/03 t LG Feldkirch mwN).
Unter “Einkünfte” nach § 266 ABGB sind neben Einkommen aus Erwerbstätigkeit auch Erträgnisse aus Vermögen zu verstehen, worunter nicht nur Kapitalzinsen, Dividenden, Betriebsgewinne sowie Pacht- und Mietzinse, sondern auch Leibrenten sowie Pensions- und Rentenansprüche fallen (2 R 116/99 w LG Feldkirch). Der erkennende Senat billigt nicht die Meinung von Fucik (Die Vermögensverwaltung nach dem KindRÄG 2001 in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts [2001] 49), wonach eine Erbschaft - im Gegensatz zu einem Lottogewinn - im Anfallsjahr schon deshalb dem Einkommen zugeordnet werden müsse, weil sie ohne Zutun des gesetzlichen Vertreters nicht erworben werden könne. Den Materialien (EB RV, 296 BlgNR 21. GP, 78 f) lässt sich eine nähere Definition von “Einkünften” nicht entnehmen. Jedenfalls unterliegen Vermögensvermehrungen durch (private) Erbschaften und Schenkungen ebenso wie Spiel- und Lotteriegewinne nicht den steuerbaren Einkunftsarten des § 2 Abs 3 EStG (Doralt/Ruppe, Steuerrecht I8 Tz 39 f). Der Anfall einer Erbschaft ist ein Vermögenszuwachs, der seinerseits wieder Erträgnisse abwerfen kann und somit zu Einkünften führt. Offensichtlich stellt auch Fucik aaO bei der Abgrenzung der Zuflüsse “Einkommen” und “Vermögen” nicht entscheidend auf deren Herkunft, sondern darauf ab, ob ein Bezug zur Tätigkeit des Trägers der Obsorge (Sachwalterschaft, Kuratel) besteht. Allein dies überzeugt aber nicht. “Einkommen” und “Vermögen” können sowohl mit als auch ohne Zutun des gesetzlichen Vertreters erworben werden. Nach Ansicht des Rekursgerichtes fallen nicht unter den Begriff “Einkünfte” iSd § 266 ABGB solche einmaligen Vermögensvermehrungen, die nicht regelmäßig fließen und von vornherein nicht zur Deckung der Bedürfnisse des Betroffenen dienen. In diesem Sinne macht auch § 266 Abs 2 ABGB eine Unterscheidung zwischen “Einkünften” und “Vermögen”. Nicht recht verständlich wäre auch der Schluss, dass eine Erbschaft im Anfallsjahr als Einkünfte und danach als Vermögen zu qualifizieren wäre. Vielmehr scheint es sachgerecht, den Zufluss der Erbschaft auch bereits im Jahr des Anfalls als Vermögensvermehrung zu werten. Ohne den Einsatz des Sachwalters schmälern zu wollen, kann es bei der angesprochenen Unterscheidung auch nicht wesentlich darauf ankommen, ob und inwieweit sich der gesetzliche Vertreter am Erwerb der Erbschaft beteiligt hat, zumal diese Vertretung gerade zu den Aufgaben eines Sachwalters gehört.
Das Rekursgericht pflichtet sohin der Ansicht des Erstrichters bei, dass die im Abrechnungszeitraum angefallene Erbschaft in Form von Barvermögen nicht als “Einkünfte” iSd § 266 ABGB zu verstehen ist und somit bei der Bemessungsgrundlage, soweit sie auf Einkünfte abstellt, nicht zu berücksichtigen ist.
Allerdings kann das Gericht zusätzlich zu der von den Einkünften zu bemessenden Entschädigung gemäß § 266 Abs 2 Satz 3 eine Zusatzentschädigung für besondere Verdienste um die Verwaltung eines größeren - nämlich EUR 10.000,-- übersteigenden - Vermögens gewähren. Die Verdienste des Sachwalters können sich entweder auf die Erhaltung des Vermögens oder aber darauf beziehen, dass das Vermögen oder Teile davon in spezifischer Weise zur Deckung von Bedürfnissen der behinderten Person (oder des Kindes) verwendet werden. In beiden Fällen setzt die Zuerkennung der Zusatzentschädigung voraus, dass die Verfolgung des jeweiligen Ziels dem gesetzlichen Vertreter besonderes Engagement abforderte und dass seine Bemühungen auch erfolgreich waren (Stabentheiner in Rummel3 ErgBd §§ 267, 268 Rz 3). Die Höhe der Zusatzentschädigung ist mit 2 % jenes Betrages beschränkt, um den der Wert des Vermögens den Grenzbetrag von EUR 10.000,-- übersteigt. Im vorliegenden Fall ist es sachgerecht und angebracht, die besonderen Bemühungen des Sachwalters im Zusammenhang mit dem Erwerb der Erbschaft zusätzlich zu entlohnen. Dem Pflegschaftsakt lässt sich entnehmen, dass der Sachwalter in der Verlassenschaft nach J***** den Betroffenen H***** vertreten hat. Er hat an mehreren Abhandlungstagsatzungen teilgenommen, ein Erbübereinkommen für den Betroffenen geschlossen und Kaufvertragsverhandlungen geführt (ON 123 ff). Dieser Einsatz und die besondere Verdienstlichkeit des Sachwalters führten letztlich zum erwähnten Vermögenszuwachs in Form von Bargeld und Miteigentumsanteilen an Liegenschaften, sodass es gerechtfertigt ist, die sich allein an den Einkünften orientierte Belohnung von EUR 795,-- auf insgesamt EUR 1.200,-- zu erhöhen. Somit ist in teilweiser Stattgebung des Rekurses Pkt 3) der erstinstanzlichen Entscheidung wie im Spruch ersichtlich abzuändern. Bei der Bestimmung des Entschädigungsanspruches nach § 266 ABGB handelt es sich um eine nicht weiter anfechtbare Kostenentscheidung iSd § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG (5 Ob 101/01 i; RZ 2002/16). Landesgericht Feldkirch