2R80/97y – LG Feldkirch Entscheidung
Kopf
Beschluß
Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Dr. Mähr als Vorsitzenden und die Richter Dr. Müller und Dr. Künz als weitere Senatsmitglieder in der Exekutionssache der betreibenden Partei RAIFFEISENBANK B***** gegen die verpflichtete Partei Helmut A***** infolge Rekurses des Antragsstellers Dr. Hans-Jörg A. B***** Rechtsanwalt in 6600 Reutte, gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bezau vom 18.02.1997, E 812/94-173, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird keine Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Verteilungsbeschluß vom 21.11.1996 wurde der Verpflichtete Helmut A***** mit seinem Widerspruch gegen die Berücksichtigung der Forderung des Rechtsanwalts Dr. B***** auf den Zivilrechtsweg verwiesen und aufgefordert, sich binnen einem Monat nach Zustellung des Verteilungsbeschlusses auszuweisen, daß er das zur Erledigung des Widerspruchs notwendige Streitverfahren anhängig gemacht habe, widrigenfalls der Verteilungsbeschluß auf Antrag eines jeden durch den Widerspruch Berechtigten, ohne Rücksicht auf den Widerspruch ausgeführt werden würde.
Dieser Beschluß wurde dem Verpflichteten am 02.12.1996 zugestellt. Mit einem am 17.12.1996 bei Gericht überbrachten Vermögensbekenntnis beantragte Erwin A***** die Bewilligung der Verfahrenshilfe "In der Rechtssache Erwin A*****/Dr. Hans-Jörg B***** wegen Widerspruch Verteilungsbeschluß E 812/94 y". Mit Beschluß vom 19.12.1996 wurde die Verfahrenshilfe bewilligt. Dr. Norbert M***** wurde zum Verfahrenshelfer bestellt. Dieser hat in der Folge eine Interessenkollision angezeigt, worauf mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer für Vorarlberg vom 31.12.1996 Dr. Hans-Peter T***** zum Verfahrenshelfer bestellt wurde. Diesem wurde der Verteilungsbeschluß und das Protokoll über die Verteilungstagsatzung am 08.01.1997 zugestellt. Die Klage auf Feststellung, daß die zur Verteilungstagsatzung angemeldete Forderung des Dr. B***** nicht zu Recht bestehe, wurde am 10.02.1997 beim Bezirksgericht Bezau eingebracht.
Mit Schriftsatz vom 11.02.1997 (beim Erstgericht eingelangt am 13.02.1997) beantragte der Rekurswerber die Erlassung eines Ausfolgungsbeschlusses, wonach ihm der Betrag von S 111.452,02 ua überwiesen werden soll. Die Widerspruchsklage sei nicht rechtzeitig eingebracht worden.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht diesen Antrag zurückgewiesen. Der Einfluß des Verfahrenshilfeantrages sei auf alle Prozeßhandlungen auszudehnen, die einer Notfrist unterliegen, somit auch auf die Widerspruchsklage gemäß § 231 EO. Die Widerspruchsklage sei daher rechtzeitig eingebracht worden.
Im Rekurs des Antragstellers Dr. Hans-Jörg A. B***** wird die Abänderung des Beschlusses dahin begehrt, daß seinem Antrag auf Erlassung des gesonderten Ausfolgungsbeschlusses vom 11.02.1997 stattgegeben wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Für alle Fälle wird der Zuspruch der Rekurskosten begehrt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurswerber vertritt die Ansicht, daß durch den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe die 1-monatige Frist des § 231 Abs 2 EO nicht gehemmt wurde, da es sich bei dieser Frist um eine materiell-rechtliche und daher um eine Frist handle, gegen deren Versäumung auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich sei. Es sei auch das Gesetz über die Hemmung des Fristenablaufes vom 02.02.2961 , BGBl Nr 37 nicht anzuwenden.
Wie der Rekurswerber zutreffend ausführt, handelt es sich bei der Frist des § 231 Abs 1 EO um eine unerstreckbare Frist (§ 58 Abs 2 EO) und somit um eine Notfrist gemäß §§ 78 EO, 128, Abs 1 ZPO. Allerdings ist in exekutionsrechtlichen Verfahren, die nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung zu verhandeln und zu entscheiden sind (darunter fällt auch die Widerspruchsklage nach § 231 EO) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig (§ 58 Abs 2 EO).
Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers ist die Frist des § 231 Abs 2 EO keine materiell-rechtliche, sondern eine prozessuelle Frist. Dies ergibt sich klar aus § 231 Abs 2 EO, wonach bei nicht rechtzeitigem Einbringen der Widerspruchsklage lediglich der Verteilungsbeschluß ausgeführt wird, während materielle Rechtsfolgen daran nicht geknüpft werden. Davon geht auch der Rekurswerber aus, wenn er unter Hinweis auf § 231 Abs 4 EO zum Ausdruck bringt, daß der Widerspruchswerber sein besseres Recht im Wege einer Klage geltend machen kann. Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, daß es sich bei der Widerspruchsklage nicht um eine Ferialsache handelt (RZ 1995/36 = RdW 1995, 18), sodaß daraus abgeleitet werden kann, daß auch der Oberste Gerichtshof das Widerspruchsverfahren nach § 231 EO den prozeßrechtlichen Vorschriften (§ 78 EO) unterstellt.
Auch wenn der Widerspruchswerber bei Versäumung der Frist zur Einbringung der Widerspruchsklage sein besseres Recht im Wege einer Klage geltend machen kann, kann daraus nicht abgeleitet werden, daß es sich bei der Frist des § 231 Abs 2 EO um eine materiell-rechtliche Frist handelt. Durch die Möglichkeit der Einbringung einer Widerspruchsklage soll verhindert werden, daß allenfalls nicht zu Recht bestehende Ansprüche befriedigt werden. Damit aber der Widersprechende die Ausführung des Verteilungsbeschlusses nicht grundlos und ungebührlich hinausschieben kann, wurde für das Exekutionsverfahren eine Frist gesetzt, nach deren fruchtlosem Ablauf der Widersprechende aber sein besseres Recht mit einer nicht exekutionsrechtlichen Klage geltend machen kann. Der Gesetzgeber wollte damit lediglich klarstellen, daß bei Versäumung der Frist zwar der Verteilungsbeschluß ausgeführt wird, die Frage, ob der Widerspruchsgegner einen Anspruch hat, jedoch noch nicht endgültig geklärt ist.
Unter "Ausweisen", daß die Widerspruchsklage binnen einem Monat eingebracht wurde, kann nichts anderes verstanden werden, als das nachweisbare tatsächliche Einbringen der Widerspruchsklage beim Exekutionsgericht. Durch Einbringung der Klage (Gerichtsanhängigkeit) weist nämlich der Widersprechende gegenüber dem Exekutionsgericht aus, daß er die Widerspruchsklage erhoben hat. Auch die gegenständliche Klage wurde beim Bezirksgericht Bezau, also beim Exekutionsgericht, eingebracht.
Das Rekursgericht teilt auch die Ansicht des Erstgerichtes, daß gemäß § 78 EO der § 73 Abs 2 ZPO auch für das gegenständliche Widerspruchsverfahren zur Anwendung kommt (vgl Fucik in Rechberger, Rz 1 zu § 73 und die dort angeführte Lehre und Rechtssprechung). Bei der gegenständlichen Widerspruchsklage handelt es sich auch um eine Prozeßhandlung, sodaß kein Grund besteht, § 73 Abs 2 ZPO hierauf nicht anzuwenden (§ 78 EO).
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (im Gegensatz zu jener des Verwaltungsgerichtshofes in AnwBl 1987/2741, der sich jedoch der erkennende Senat nicht anschließt), beginnt bei Umbestellung des Verfahrenshelfers die Frist mit der Zustellung des Bestellungsbeschlusses an diesen neu zu laufen (SZ 44/133, AnwBl 1984, 448, JUS 4, 14 ua).
Dieser Ansicht schließt sich offenbar auch der Rekurswerber an, da er lediglich die Ansicht vertritt, daß die für den bestellten Rechtsanwalt Dr. T***** maßgebende Frist abgelaufen sei. Hiebei wird jedoch von der vom Rekursgericht nicht geteilten Ansicht ausgegangen, daß es sich bei der Frist des § 231 Abs 2 EO um eine materiell-rechtliche "Fallfrist" handelt. Da jedoch eine prozessuale Frist vorliegt, gilt auch § 1 des Gesetzes vom 01.02.1961, BGBl-Nr 37, sodaß die Klage rechtzeitig eingebracht wurde. "Binnen" einem Monat bedeutet nichts anderes, als daß feststehen ("ausgewiesen sein") muß, daß die Klage innerhalb (und nicht danach) der einmonatigen Frist eingebracht wurde.
Der Rekurs erweist sich daher als unbegründet, sodaß ihm ein Erfolg zu versagen war.
Der Kostenspruch stützt sich auf §§ 78 EO sowie 40 und 50 ZPO.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich (da eine Ausnahme nicht vorliegt) aus §§ 78 EO und 528 Abs 2 Zif 2 ZPO. Abgesehen davon, daß die Zurückweisung des Ausfolgungsantrages nicht jener einer Klage gleichgesetzt werden kann, erfolgte diese nicht aus formellen Gründen, sondern deshalb, weil der Antrag zu früh gestellt wurde. Abgesehen davon könnte durchaus die Ansicht vertreten werden, daß der Antrag auch hätte abgewiesen werden können. Von einer entsprechenden Maßgabenbestätigung hat jedoch das Rekursgericht abgesehen, da der Rekurswerber die Entscheidungsform nicht beanstandet.