JudikaturLG Eisenstadt

13R120/04a – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
16. Juni 2004

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter des Landesgerichtes Mag. Manfred Zechmeister (Vorsitzender), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Ursula Kirschbichler in der Exekutionssache der betreibenden Partei Gemeinde G*****-S*****, 7542 Gerersdorf bei Güssing *****, vertreten durch Dax-Klepeisz Partner Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 7540 Güssing, wider die verpflichtete Partei Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt, Blumengasse 5, 7000 Eisenstadt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** M***** GesmbH, *****, 7542 Gerersdorf-Sulz, wegen Euro 80.889,83, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Güssing vom 31.03.2004, GZ 4 E 2638/03 v-14, (4 E 20/04 w und 4 E 297/04 f), in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Antrag der verpflichteten Partei vom 24.02.2004 (ON 7) auf Einstellung des Exekutionsverfahrens 4 E 2638/03 v des Bezirksgerichtes Güssing abgewiesen wird. Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit Euro 1.563,28 (darin enthalten Euro 260,55 USt) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 25.11.2003 beantragte die betreibende Partei aufgrund ihres Rückstandsausweises vom 17.11.2003, dem aushaftende Abgaben wie Kanalbenützungsgebühren, Grundsteuer, Kommunalsteuer samt Säumniszuschlägen und Mahngebühren zugrunde lagen, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von Euro 80.889,83 die Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ ***** und ***** je Grundbuch 31050 Sulz im Burgenland, EZ ***** Grundbuch 31010 Gerersdorf bei Güssing und EZ 616 Grundbuch 31019 Heugraben. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 27.11.2003 (ON 2) wurde die Zwangsversteigerung antragsgemäß bewilligt.

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 09.01.2004 (ON 4) wurde der Beitritt der Gläubigerin T***** S.N.C. ***** G***** C. ***** 11, I-43014 Medesano,zr Zwangsversteigerung bewilligt (4 E 20/04 w). Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 04.02.2004 (ON 6) wurde der Beitritt der Gläubigerin Dr. Ing. R***** G***** GmbH, *****, 1060 Wien, zur Zwangsversteigerung bewilligt (4 E 297/04 f des Erstgerichtes). Auf sämtlichen Liegenschaften sind keinerlei Pfandrechte einverleibt. Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 19.02.2004, 26 S 16/04 m, welcher am selben Tag in der Insolvenzdatei eingetragen wurde, wurde über das Vermögen der G***** M***** GesmbH der Konkurs eröffnet.

Am 24.02.2004 beantragte der Masseverwalter Dr. Peter Hajek die Einstellung unter anderem der oben angeführten Exekutionsverfahren unter Hinweis auf § 12 KO iVm § 39 Abs. 1 Z 2 EO (ON 7). Mit Schriftsatz vom 27.02.2004 (ebenfalls vom Erstgericht mit ON 7 bezeichnet sowie ON 11) beantragte der Masseverwalter die beim Erstgericht anhängigen Exekutionen gemäß § 11 Abs. 3 KO wegen Aussonderungs- und Absonderungsansprüchen aufzuschieben. Die betreibenden Parteien wurden vom Erstgericht beschlussmäßig aufgefordert, sich binnen 14 Tagen zu diesen Anträgen zu äußern (siehe ON 9 und 12). Lediglich die betreibende Partei Gemeinde G*****-S***** äußerte sich dahingehend, beide Anträge des Masseverwalters abzuweisen (siehe ON 13). Die Bewilligung des Zwangsversteigerungsverfahrens sei vor der 60-Tages-Frist des 12 KO erfolgt, weshalb diese Absonderungsrechte nicht erlöschen könnten. Außerdem handle es sich dabei um öffentliche Abgaben, sodass schon aus diesem Grund die Absonderungsrechte nicht erlöschen könnten. Gemäß § 11 Abs. 3 KO habe das Exekutionsgericht auf Antrag des Masseverwalters ein Exekutionsverfahren wegen eines Aussonderungs- oder eines Absonderungsanspruches soweit und solange aufzuschieben, als der Berechtigte die Erfüllung nicht verlangen könne, ausgenommen die Begründung eines richterlichen Pfand- oder Befriedigungsrechtes. Da es sich bei der gegenständlichen Exekution um ein solches bzw. ein gleichgestelltes Recht handle, könne die Exekution auch nicht aufgeschoben werden. Mit der Zwangsversteigerung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften sei keine Beeinträchtigung oder Benachteiligung des Betriebes der Gemeinschuldnerin verbunden, weil es sich dabei um landwirtschaftliche Flächen handle, welche die Gemeinschuldnerin für ihren Betrieb nicht unbedingt benötige. Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht die Exekutionsverfahren 4 E 2638/04 v, 4 E 20/04 w und 4 E 297/04 f ein. Den Antrag des Masseverwalters auf Aufschiebung der genannten Exekutionsverfahren wurde hingegen abgewiesen. Das Erstgericht führte in seiner Begründung im Wesentlichen aus, dass gemäß § 39 Abs. 1 Z 2 EO eine Exekution einzustellen sei, wenn die Exekution auf Sachen, Rechte oder Forderungen geführt werde, die der Exekution überhaupt oder einer abgesonderten Exekutionsführung entzogen seien. Im vorliegenden Fall bestehe für keinen der betreibenden Gläubiger ein Absonderungsrecht an den in Exekution gezogenen Liegenschaften, weshalb sie kein Recht auf abgesonderte Befriedigung hätten. Der Antrag auf Aufschiebung sei abzuweisen gewesen, zumal mit der Einstellung der Exekution ein über die Aufschiebung hinausgehendes Rechtschutzziel erreicht werde.

Lediglich von der betreibenden Partei Gemeinde G*****-S***** wurde gegen diesen Beschluss des Erstgerichtes Rekurs erhoben. Dieser Beschluss ist somit hinsichtlich der Abweisung des Antrags der verpflichteten Partei auf Aufschiebung der genannten Exekutionsverfahren sowie hinsichtlich der oben angeführten beigetretenen Gläubiger in Rechtskraft erwachsen.

Die betreibende Partei Gemeinde G*****-S***** (im vorliegenden kurz: die betreibende Partei) ficht den Beschluss des Erstgerichtes vom 31.03.2004 (ON 14) insofern an, als das Exekutionsverfahren 4 E 2638/03 v gemäß § 39 Abs. 1 Z 2 EO eingestellt wurde, dies aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Der fristgerechte Rekurs der betreibenden Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie von der Rekurswerberin zutreffend bemängelt wird, hat das Erstgericht die Rechtsausführungen der betreibenden Partei in ihrer Äußerung vom 10.03.2004 (ON 13) im angefochtenen Beschluss zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Gemäß § 12 Abs. 1 KO erlöschen Absonderungsrechte, die in den letzten 60 Tagen vor der Konkurseröffnung durch Exekution zur Befriedigung oder Sicherstellung neu erworben worden sind, mit Ausnahme der für öffentliche Abgaben erworbenen Absonderungsrechte, durch die Konkurseröffnung.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes hat die betreibende Partei ein Absonderungsrecht an den in Exekution gezogenen Liegenschaften. Zur Absonderung berechtigen nämlich nicht nur vertragliche, gesetzliche und exekutive Pfandrechte, sondern auch Befriedigungsrechte wie z.B. das durch die hier erfolgte Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens im Grundbuch erlangte exekutive Befriedigungsrecht der betreibenden Partei (näheres dazu siehe Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Kommentar, Band I4 § 11 Rz 2 iVm § 10 Rz 4 lit. b; 3 Ob 131/97 d = SZ 70/79; Angst in Angst, EO, Rz 1 zu § 138 EO ua). Die betreibende Partei hat ihr durch die am 2.12.2003 erfolgte Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens im Grundbuch begründetes Absonderungsrecht mehr als 60 Tage vor der Konkurseröffnung über das Vermögen der G***** M***** GesmbH - die Konkurseröffnung erfolgte mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 19.02.2004 - erworben, weshalb bereits aus diesem Grund das Absonderungsrecht der betreibenden Partei nicht gemäß § 12 Abs. 1 erster Satz KO erloschen ist.

Darüber hinaus hat die betreibende Partei ihr Absonderungsrecht für öffentliche Abgaben im Sinne des § 12 Abs. 1 erster Satz KO erworben, weshalb auch aus diesem Grund ein Erlöschen des Absonderungsrechtes der betreibenden Partei nicht in Betracht kommt (zur Definition der öffentlichen Abgaben im Sinne des leg.cit. siehe Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, Rz 10 und 11 zu § 12 KO).

Da somit das Absonderungsrecht der betreibenden Partei nicht gemäß § 12 Abs. 1 erster Satz KO erloschen ist, kommt die vom Masseverwalter beantragte Einstellung des Exekutionsverfahrens gemäß § 39 Abs. 1 Z 2 EO, die mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochen wurde, jedenfalls nicht in Betracht. Auf die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein gemäß § 12 Abs. 1 erster Satz KO erloschenes Absonderungsrecht überhaupt die Einstellung des gesamten Exekutionsverfahrens rechtfertigen würde sowie auf die Frage der Einstellung des Verwertungsverfahrens gemäß § 12 Abs. 2 KO ist daher nicht näher einzugehen (näheres dazu siehe Konecny/Schubert aaO Rz 18 und 19 zu § 12 KO mwN).

Dem Rekurs der betreibenden Partei war daher spruchgemäß Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm §§ 74, 78 EO. Bei einer Bemessungsgrundlage von Euro 80.889,83 beträgt der Ansatz nach TP 3 b RATG nicht wie verzeichnet Euro 869,10 sondern Euro 868,49 (siehe die diesbezügliche Formel in Kodex des Österreichischen Rechts, Anwalts- und Gerichtstarife5, Seite 6, die wie folgt lautet: Bemessungsgrundlage : 800 + Euro 767,375).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses stützt sich auf §§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 Z 3, 528 Abs. 1 ZPO iVm § 78 EO. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO liegt nicht vor. Die Bedeutung der vorliegenden Entscheidung geht über den Einzelfall nicht hinaus. Landesgericht Eisenstadt

Rückverweise