JudikaturHandelsgericht Wien

50R164/24k – Handelsgericht Wien Entscheidung

Entscheidung
Lauterkeitsrecht
11. Oktober 2024

Kopf

Das Handelsgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richterinnen Mag a . Hofer-Kutzelnigg M.E.S (Vorsitzende), Mag. a Michlmayr und KR in Schlägl in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , ** , ** Platz B*-**, ** C*, Deutschland, vertreten durch Stanonik Rechtsanwälte in 1010 Wien, wider die beklagte Partei D* GmbH , FN ** , **straße **, B*. E*., IZD Tower, **, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, wegen € 250,-- samt Anhang über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 30.06.2024, 14 C 875/23p-13, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit € 211,63 (darin € 42,18 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin macht als Zessionarin ihr abgetretene Ansprüche der Zedentin G* aus einer Annullierung des Fluges der Beklagten Nummer EC 4852 am 29.05.2023 von TLS (Toulouse Blagnac AirportI*) nach ORY (Paris Orly Airport) geltend und stützt sich dabei auf die EU-FluggastVO. Die Flugstrecke umfasst eine Entfernung von weniger als 1.500 km.

Die Klägerin brachte vor, es seien keinen außergewöhnlichen Umstände oder sonstige Ausschlussgründe nach der EU-FluggastVO vorgelegen. Die Zuteilung von ATC-Slots sei per se nicht als außergewöhnlicher Umstand zu betrachten. Widrige Wetterverhältnisse würden dann erst bestehen, wenn diese geeignet gewesen seien, den Luftverkehr oder die Betriebstätigkeit eines oder mehrerer Luftverkehrsunternehmen ganz oder teilweise zum Erliegen zu bringen. Die wetterbedingten Restriktionen seien nicht kausal gewesen für die Verspätung der klagsgegenständlichen Vorflüge L* M* und L* N*. Vielmehr sei die Slotzuteilung und die damit zusammenhängende Verspätung auf die Überlastung des europäischen Luftraums zurückzuführen, welche als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des ausführenden Luftfahrtunternehmens ein luftfahrttypisches Risiko bilde. Die Annullierung des klagsgegenständlichen Fluges sei einzig und allein der Sphäre der Beklagten zuzurechnen. Das Nachtflugverbot am Flughafen in C* sei kein Hindernis für die Durchführung des klagsgegenständlichen Vorfluges gewesen. Die Beklagte habe auch nicht alle zumutbaren Maßnahmen getroffen, um die Annullierung zu vermeiden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erwiderte, die Annullierung sei auf einen außergewöhnlichen Umstand, nämlich auf die Erteilung von ATC-Slots zurückzuführen gewesen und habe nicht vermieden werden können. Zudem habe sie alle zumutbaren Maßnahmen gesetzt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es traf die auf den Seiten 12 bis 17 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen. Es beurteilte die Feststellungen rechtlich dahingehend, dass nach Art 5 Absatz 3 EU-FluggastVO ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet sei, Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn es nachweisen könne, dass die Annullierung oder große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgehe, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Außergewöhnliche Umstände eines vorangegangenen Fluges desselben Flugzeuges seien zu berücksichtigen, wenn ein enger zeitlicher und tatsächlicher Konnex gegeben sei. Je größer der Zeitabstand zwischen beiden sei, desto höhere organisatorische Anforderungen seien an das Luftfahrtunternehmen zu stellen, das versuchen müsse, die Verspätung durch zumutbare Maßnahmen zu vermeiden.

Hier sei beim Vorvorflug O* M* von Nizza nach ParisJ*-K* der auch für den klagsgegenständlichen Flug vorgesehenen Maschine der Beklagten die Zuweisung von ATC-Slots aufgrund von gefährlichen Cumulonimbuswolken als außergewöhnlicher Umstand zu qualifizieren. Die konkrete Zuweisung von ATC-Slots für den Vorvorflug aufgrund der Cumulonimbuswolken sei für die Beklagte am 29.05.2023 trotz der Wettervorhersagen nicht vorhersehbar gewesen. Eine Abflug- oder Lande-Slot-Verlegung durch das Flugmanagement als behördliche Maßnahme sei vom Luftfahrtunternehmen der Beklagten nicht beeinflussbar. Diese hoheitliche Anordnung sei als außergewöhnlicher Umstand zu qualifizieren. Der enge zeitliche und tatsächliche Konnex zum klagsgegenständlichen Flug O* P* sei jedenfalls gegeben. Aufgrund des Nachtflugverbotes am Flughafen Paris-Orly* haben die Folgeflüge O* N* und O* P* annulliert werden müssen. Die organisatorischen Anforderungen seien von der Beklagten erfüllt worden, sie habe entsprechende angemessene Zeitfenster für die jeweiligen Turnaroundzeiten an den jeweiligen Flughäfen vorgesehen. Die Beklagte habe auch sämtliche zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Annullierung ergriffen. Weder die von der Beklagten eingeplanten Turnaroundzeiten noch der vorgesehene Abstand zwischen dem letzten Landeanflug nach J*-K* und dem Nachtflugverbot seien für die Annullierung des klagsgegenständlichen Fluges ursächlich gewesen. Die Beklagte habe den Fluggast G* auch auf rascheste Weise nach Paris-Orly befördert. Sie habe die Passagierin G* auf den nächsten Flug von Toulouse nach Paris-Orly am 30.05.2023 umgebucht. Andere zumutbare Maßnahmen seien der Beklagten nicht vorgelegen, weder eine Umbuchung auf einen alternativen Direktflug, noch ein Ausweichen auf einen anderen Flughafen oder die Verwendung einer Ersatzmaschine sei möglich gewesen. Es sei der Beklagten auch nicht zumutbar, für jeden gebuchten Flug ein Ersatzflugzeug an jedem Flughafen stehen zu haben.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, das Urteil klagsstattgebend abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte beantragt , der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Vorweg ist festzuhalten, dass das Urteil gemäß § 501 Abs 1 ZPO nur wegen Nichtigkeit und wegen einer ihm zugrunde liegenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache angefochten werden kann, weil das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, der € 2.700,-- nicht übersteigt. Somit ist die Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen, also die Geltendmachung von unrichtigen Tatsachenfeststellungen, unrichtiger Beweiswürdigung, Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit grundsätzlich ausgeschlossen ( Klauser/Kodek , ZPO 18 § 501 ZPO E8).

2. Gemäß Art 5 Abs 1 lit c EU-FluggastVO hat das ausführende Luftfahrtunternehmen bei Annullierung eines Fluges den betroffenen Fluggästen eine Ausgleichsleistung nach Art 7 einzuräumen. Das ausführende Luftfahrtunternehmen ist jedoch gemäß Art 5 Abs 3 nicht zu einer Ausgleichszahlung nach Art 7 verpflichtet, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Verordnung lässt offen, was genau unter einem „außergewöhnlichen Umstand“ zu verstehen ist. Der EuGH hat in der Entscheidung McDonagh/Ryanair (31.1.2013 C-12/11) hervorgehoben, dass der Begriff „außergewöhnliche Umstände“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wörtlich auf Umstände „abseits des Gewöhnlichen“ abstellt. Im Zusammenhang mit dem Luftverkehr bezeichnet der Begriff „außergewöhnlicher Umstand“ ein Vorkommnis, das ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen; die fehlende Beherrschbarkeit der Gefahr ist dabei aber nicht das letztauschlaggebende Kriterium. Ist ein Vorkommnis aber schon nicht „außergewöhnlich“, weil es Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens (betriebstypisches Risiko) ist, kommt es auf die Frage der Beherrschbarkeit nicht mehr an ( Schmid , BeckOK Fluggastrechte-VO 31 Art 5 Rn 50 f). Für die Qualifizierung der Umstände als außergewöhnlich ist somit maßgeblich, dass sie sich von denjenigen Ereignissen unterscheiden, mit denen typischerweise bei der Durchführung eines einzelnen Flugs gerechnet werden muss. Das bedeutet, dass einem Luftfahrtunternehmen auch die unvermeidbaren Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Fluges seiner Risikosphäre zugewiesen werden, die nicht aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen und somit bestenfalls ungewöhnlich, aber nicht außergewöhnlich sind (Schmid aaO Rn 54).

3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss das Luftfahrtunternehmen alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um zu vermeiden, dass es durch außergewöhnliche Umstände genötigt ist, einen Flug zu annullieren, oder, dass der Flug nur mit einer großen Verspätung durchgeführt werden kann, deren Folgen für den Fluggast einer Annullierung gleichkommen (EuGH 22.12.2008 C-549/07 Wallentin – Hermann/Al Italia ; EuGH 4.5.2017 C-315/15, Pesková/Travel Service ). Die angemessenen Maßnahmen, die einem Luftverkehrsunternehmen zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer erheblichen Verspätung eines Fluges führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, sind im Einzelfall zu beurteilen. Dabei geht der EuGH von „einem flexiblen und vom Einzelfall abhängigen Begriff der zumutbaren Maßnahme“ aus, und weist dabei darauf hin, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, zu beurteilen, ob im zu beurteilenden Fall angenommen werden kann, dass das Luftfahrtunternehmen die der Situation angemessenen Maßnahmen getroffen hat. Im Rahmen der Einzelfallprüfung muss der Tatrichter des nationalen Gerichts also situationsbedingt beurteilen, ob das betroffene Luftfahrtunternehmen auf technischer und administrativer Ebene in der Lage war, direkt oder indirekt Vorkehrungen zu treffen, die geeignet waren, die Folgen der Annullierung oder großen Verspätung zu verringern oder zu vermeiden (EuGH 4.5.2017 C-315/15, Schmid aaO Rz 255b mwN).

4. Die Frage, ob ein Luftfahrtunternehmen sich entlasten kann, ist dreistufig zu prüfen. Auch wenn eine Verspätung oder Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, hat das Luftfahrtunternehmen nachzuweisen, dass alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der Folgen der Annullierung bzw der großen Verspätung ergriffen wurden, um nicht ausgleichspflichtig zu werden (RKO0000014; HG Wien, 1 R 188/20y mwN).

5. Zutreffend ist der Hinweis der Berufungswerberin auf die herrschende Judikatur des Berufungsgerichts wonach Maßnahmen der Flugsicherung derart mannigfaltig sein können, dass keine allgemeine gültige Aussage darüber getroffen werden kann, ob diese außergewöhnliche Umstände darstellen oder nicht (RWH0000052, HG Wien 1 R 71/24h, 50 R 106/24f, 1 R 38/24w, 50 R 50/23v uva). Es kommt somit für die Frage, ob eine Slotzuteilung bzw -verschiebung als außergewöhnlicher Umstand in diesem Sinne zu sehen ist, darauf an, aus welchen Gründen diese Verschiebung erfolgte oder zu erfolgen hatte (so zuletzt HG Wien 1 R 87/24a, 50 R 106/24f). Zutreffend ist auch, dass nach dem Wortlaut des Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO die Annullierung und (nach der Sturgeon-Entscheidung des EuGH) auch die große Verspätung eines konkreten Fluges auf den außergewöhnlichen Umstand „zurückgehen“ muss, dh er muss unmittelbar kausal gewesen sein. Das bedeutet, dass das Luftfahrtunternehmen, das sich auf einen außergewöhnlichen Umstand beruft, nicht darauf beschränken kann, diesen zu beschreiben; es muss auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Umstand und der Annullierungsentscheidung präzise darlegen (so auch LG Korneuburg zu 22 R 101/22s; BeckRS 2022, 30093; Schmid in Schmid/Beck, OK EU-Fluggastrechte-VO 25 Art 5 Rn 245).

6. Die Berufungswerberin argumentiert, dass die geplanten Flugzeiten des Fluges Q* von Toulouse nach Paris von 7:05 Uhr bis 08:30 Uhr waren. Tatsächlich sei der Flug Q* erst um 7:40 Uhr abgehoben und habe den Flughafen Paris erst um 08:43 Uhr, sohin mit einer Verspätung von 13 Minuten erreicht. Schon der erste Flug des Tages mit demselben Fluggerät sei daher verspätet gewesen. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass die Verspätung von 13 Minuten auf Einschränkungen am Ankunftsflughafen zurückzuführen sei.

Dies entspricht dem festgestellten Sachverhalt. Soweit die Berufungswerberin vorträgt, dass diese Verspätung, die nicht auf einem außergewöhnlichen Umstand beruht, kausal für die Annullierung gewesen sei, ist die Berufung nicht gesetzmäßig ausgeführt, da sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Das Erstgericht stellte nämlich (unbekämpfbar) fest: „ Da im Zuge der Vorflüge O* R* und O* ** erkennbar war, dass beim klagsgegenständlichen Flug O* P* das Nachtflugverbot am Flughafen Paris-Orly verletzt wird, wurde dieser bereits um 12:52 Uhr UTC annulliert. Die Annullierung des klagsgegenständlichen Fluges war unumgänglich. Aufgrund der Kollision mit dem Nachtflugverbot am Flughafen J*-K* mussten auch der Vorflug O* N* von der beklagten Partei annulliert werden “ (US 14).

7. Zudem stelle nach den Berufungsausführungen auch die weitere Verspätung nämlich die Slotzuteilungen des Folgefluges R*, welche zu einer Verspätung von 1 Stunde 36 Minuten führte und nach den erstgerichtlichen Feststellungen auf Cumulonimbuswolken im Luftraum von Marseille zurückzuführen seien, keine nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts außergewöhnlichen Umstand dar. Dies ist nicht zutreffend.

Widrige Wetterverhältnisse stellen einen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO dar, wenn sie aus den üblichen und zu erwartenden Abläufen des Luftverkehrs herausragen und geeignet sind, die Betriebstätigkeit eines oder mehrerer Luftfahrtunternehmen zum Erliegen zu bringen (RK00000046). Nach den Feststellungen war der Vorflug von einer Slotverschiebung aufgrund widriger Wetterbedingungen, sogenannter Cumulonimbuswolken betroffen; dies sind Wolken, die aufgrund der starken Turbulenzen in ihrem Inneren nicht durchflogen werden dürfen (HG Wien 1 R 87/94a). Auch das LG Korneuburg anerkennt, da Cumulonimbuswolken für den Flugverkehr gefährlich sind und nicht durchflogen werden sollen, dass die dadurch hervorgerufenen Wettersituationen regelmäßig außergewöhnliche Umstände iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO darstellen (so etwa in 22 R 86/22k oder 22 R 27/22h).

Soweit die Slot-Verschiebungen auf Cumulonimbuswolken zurück zu führen sind, liegen daher, entgegen den Berufungsausführungen, außergewöhnliche Umstände vor.

8. Auch kann der Berufungswerberin nicht zugestimmt werden, dass die festgestellten Turnaroundzeiten von 30-45 Minuten nicht angemessen sind. Wie die Berufungsgegnerin zutreffend ausführt, können nach der Judikatur des Handelsgerichts Wien Turnaroundzeiten von 30-45 Minuten angemessen sein.

Die Berufungswerberin führt aus, die Turnaroundzeit von 40 Minuten sei nicht ausreichend gewesen und beruft sich hierzu auf 1 R 27/20x des HG Wien. In der zitierten Entscheidung ist vom möglichen Ausgleich kleinerer Verspätungen die Rede, die in Folgeflügen abzubauen wären. Kleinere Verspätungen in diesem Sinne liegen hier jedoch nicht vor. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hatte die Länge der – 40 minütigen und somit auch als ausreichend anzusehenden (vgl. HG Wien 1 R 254/20d ua) – Tournaroundzeiten keinen Einfluss auf die Verspätungen der Vorflüge und der Annullierung des gegenständlichen Flugs (so auch HG Wien, 1 R 87/24a).

9. Zudem vermeint die Berufungswerberin, dass diese gegenständliche Aneinanderreihung von Flügen, mit minimal getakteten Umkehrzeiten und nicht einmal einer eingeplanten Stunde Puffer bis zum Beginn des Nachtflugverbotes, aufzeige, dass die im Luftverkehr keinesfalls seltenen Slotzuteilungen bei derart eng getakteten Verbindungen schlussendlich dazu führen würden, dass die letzten Flüge oftmals nicht mehr durchgeführt werden könnten. Die Beklagte habe es billigend in Kauf genommen, dass es zur Annullierung komme und habe einen hochriskanten Flugplan erstellt. Dabei handle es sich sohin um ein organisatorisches Verschulden, das jedenfalls der Sphäre der Beklagten zuzuordnen sei.

Auch hierbei lässt die Berufungswerberin die Feststellungen des Erstgerichts außer Acht - gerade diese Schlussfolgerung lässt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, wonach zwischen 13.00 und 17.30 Cumulonimbuswolken am Flughafen Marseille* auftraten und es während des ganzen Tages zu Abflug und Ankunftsverspätungen kam, Turnaroundzeiten ausreichend waren und die Annullierung wegen des strengen Nachtflugverbotes vorgenommen wurde, nicht ableiten.

10. Die Berufungswerberin wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, dass eine Umbuchung auf einen Flug bei der T* ein untragbares Vermögensopfer darstelle.

Nach der herrschenden Rechtsprechung des erkennenden Gerichts stellt für eine Billigfluglinie angesichts ihrer beschränkteren wirtschaftlichen Kapazitäten, die Ersatzbeförderung ihrer Passagiere mit einem anderen Luftfahrtunternehmen, das durchschnittlich drei Mal so teure Ticketpreis verrechnet, ein untragbares wirtschaftliches Opfer iSd Entscheidung des EuGH zu C-74/19, und daher keine zumutbare Maßnahme dar (RWH0000078). Wenn die Berufungswerberin argumentiert, dass aufgrund der Höhe des Flugpreises das Preisniveau dem Üblichen entspreche, ist die Berufung nicht gesetzmäßig ausgeführt. Das Erstgericht konnte zwar die Höhe des exakten Flugpreises der T* für den Flug am 29.05.2023 nicht feststellen. Es stellte aber fest, dass Flugpreise für Tickets für einen Flug der Fluglinie T* bei einer kurzfristigen Buchung für den selben Tag besonders hoch sind und dass Ticketpreise für Flüge von T* ein Vielfaches der Ticketpreise für Flüge der beklagten Partei betragen.

Die von der Berufungswerberin zitierte Rechtsprechung des LG Korneuburg, dass zu den zumutbaren Maßnahmen iSd Entscheidung des EuGH zu C-74/19 nicht nur die Umbuchung auf einen anderen Flug auf Basis desselben Flugscheins gehören, sondern nötigenfalls auch der Erwerb eines neuen Flugscheins bei einem anderen Luftfahrtunternehmen, auch wenn mit diesem keine Vereinbarung über eine wechselseitige Anerkennung von Flugscheinen bzw einer Direktverrechnung besteht, sofern damit keine untragbaren Opfer für das ausführende Luftfahrtunternehmen verbunden sind (RKO0000032), steht nicht im Widerspruch zu der soeben zitierten Rechtsprechung des erkennenden Gerichts.

Die Entscheidung des Erstgerichts bedarf daher keiner Korrektur und war zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

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