1R156/24y – Handelsgericht Wien Entscheidung
Kopf
Das Handelsgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richter Mag. Michlmayr (Vorsitzende), Mag. a Hofer-Kutzelnigg M.E.S. und Kr in Schlägl in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , ** Platz **, **, vertreten durch Stanonik Rechtsanwälte in 1090 Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **straße **, 11. St. IZD Tower, **, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, wegen EUR 500,00 s.A. , über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 28.6.2024, 14 C 720/23v-8, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 253,10 (hierin EUR 42,18 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Text
Entscheidungsgründe
C* und D* hatten Tickets unter der Buchungsnummer ** für den Flug E* F* von ** (Lisbon Humberto Delgado Airport) nach ** (Bordeaux-Merignac Airport) am 2.8.2023. Die Flugstrecke umfasste eine Entfernung von weniger als 1.500 km. Der Flug wurde annulliert. Die Fluggäste traten ihre Forderungen aus der Annullierung an die Klägerin ab.
Die Klägerin begehrte die an sie abgetretene Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2004 (EU-FluggastVO). Es seien keine außergewöhnlichen Umstände oder sonstigen Ausschlussgründe nach der EU-FluggastVO vorgelegen. Allfällige Windscherungen beim Landeanflug des Vorvorfluges seien nicht für die fehlerhafte harte Landung ausschlaggebend gewesen. Die Beklagte habe ein nicht geeignetes Fluggerät für die Wetterbedingungen eingesetzt. Die Beklagte habe bloß sieben Ersatzflugzeuge für den 2.8.2023 bereit gehalten, dies sei in Anbetracht der Vielzahl an Flügen, welche die Beklagte in ganz Europa täglich durchführe, zu wenig. Die Beklagte habe auch nicht genügend Zeitreserven für einen Turnaround eingeplant, um mögliche Verspätungen oder Zwischenfälle abzufedern. Die Beklagte habe außerdem diverse Alternativverbindungen den Fluggästen weder angeboten noch überhaupt geprüft. Bei einer Umbuchung auf einen Flug einer anderen Fluglinie, wie beispielsweise der I* J*, liege kein untragbares Vermögensopfer der Beklagten vor. Es liege nicht im Sinn und Zweck der EU-FluggastVO, Low Cost Carrier von der vom Europäischen Gesetzgeber normierten Verpflichtung auszunehmen. Bei der Umbuchung auf den Flug ** handle es sich um eine mit der Beklagten vergleichbare Airline. Für ein Flugticket der K* I* würden die Preise jenen der Beklagten entsprechen. Die Beklagte sei ihrer Beweis- und Behauptungspflicht für ein untragbares Vermögensopfer nicht nachgekommen.
Die Beklagte hielt dem entgegen, die Annullierung sei auf einen außergewöhnlichen Umstand, nämlich widrige Wetterbedingungen zurückzuführen gewesen und habe nicht vermieden werden können. Die Maschine ** sei am 2.8.2023 für die Flüge 6743 von Lissabon (LIS) nach Toulouse (TLS), N* von Toulouse nach Lissabon und den klagsgegenständlichen Flug 7605 von Lissabon nach Bordeaux vorgesehen gewesen. Der Flug 6743 mit planmäßigem Abflug um 13.10 Uhr UTC und planmäßiger Ankunft um 15.00 Uhr UTC sei jeweils mit geringfügiger, nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführenden Verspätung um 13.28 Uhr UTC gestartet und um 15.09 Uhr UTC angekommen. Beim Flug 6743 sei es jedoch zu einer harten Landung gekommen, nach der eine umfassende Überprüfung des Flugzeugs erforderlich sei. Der Grund für die Probleme bei der Landung seien Windscherungen gewesen. Die seitlichen Belastungswerte beim Bodenkontakt hätten 0,465 g betragen, der Grenzwert von 0,42 g sei deutlich überschritten worden. Das Flugzeug habe daher in Absprache mit dem Hersteller ** einer umfangreichen Überprüfung unterzogen werden müssen und die Beklagte habe die Maschine O* um 16.12 Uhr UTC für fluguntauglich erklärt. Erst am 6.8.2023 seien die erforderlichen Überprüfungen vorerst abgeschlossen worden und das Flugzeug für die Überführung zu seiner Basis nach Mailand-Malpensa freigegeben worden, damit dort weitere Tests durchgeführt hätten werden können. Der Beklagten sei für die Flüge 6744 und 7605 kein Ersatzflugzeug zur Verfügung gestanden, weil sie an diesem Tag alle ihre Ersatzmaschinen anderweitig eingesetzt habe. Es sei der Beklagten nicht möglich gewesen, ein Ersatzflugzeug so rechtzeitig zu chartern, dass der Flug 7605 mit einer nicht wesentlich größeren Verspätung als drei Stunden in Bordeaux angekommen wäre. Die Entscheidung des Piloten, eine harte Landung vorzunehmen und dabei die Fluguntauglichkeit der Maschine in Kauf zu nehmen, sei aufgrund seiner nautischen Entscheidungsgewalt bindend. Ein grober Fehler des Piloten, der eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen würde, liege nicht vor. Am 2.8.2023 sei in zeitlicher Nähe kein anderer Direktflug von Lissabon nach Bordeaux durchgeführt worden. Da die Passagiere einen Direktflug gebucht hätten, hätte es eine Vertragsverletzung begründet, wenn sie auf eine indirekte Beförderung umgebucht worden wären. Eine Umbuchung auf einen der anderen durchgeführten Flüge, die in Lissabon gestartet und von anderen Fluglinien als der Beklagten durchgeführt worden seien, seien aus zeitlichen Gründen unmöglich gewesen. Dass der Flug 7605 annulliert habe werden müssen, sei für die Beklagte erst erkennbar gewesen, als das Flugzeug O* um 16.12 Uhr UTC für fluguntauglich erklärt worden sei. Die Umbuchung sämtlicher Passagiere eines Fluges erfordere mehrere Stunden. Dass sich die Fluggäste nicht auf den Flug 7605 vom 3.8.2023 umbuchen hätten lassen, sei in ihrer Sphäre gelegen gewesen, offensichtlich hätten sie nach der Annullierung des Fluges ihre Reiseplanung geändert.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Rechtlich folgerte es, in Art 5 der EU-FluggastVO werde bei Annullierung eines Fluges den betroffenen Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Art 7 eingeräumt. Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen sei nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn es nachweisen könne, dass die Annullierung oder große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgehe, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Außergewöhnliche Umstände eines vorangegangenen Fluges desselben Flugzeuges seien zu berücksichtigen, wenn ein enger zeitlicher und tatsächlicher Konnex gegeben sei. Die Windscherungen beim Landeanflug des Vorvorfluges E* ** und die dadurch erfolgte harte Landung des Flugzeuges seien als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren. Windscherungen seien per se ein außergewöhnlicher Umstand, sie seien insbesondere bei Landeanflügen gefährlich und von der Beklagten nicht beherrschbar. Der Flug E* F* am 2.8.2023 habe daher aufgrund der kurzfristigen Fluguntauglichkeitserklärung der vorgesehenen Maschine annulliert werden müssen. Die Beklagte habe sämtliche ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um die Fluggäste zeitnah zu ihrem Endziel zu bringen. Den Fluggästen seien per E-Mail die Information über die Umbuchungsmöglichkeit auf den nächsten Flug der Beklagten übermittelt worden. Der Beklagten sei weder die Umbuchung sämtlicher Passagiere des Fluges zumutbar gewesen, insbesondere nicht die Umbuchung auf eine indirekte Flugverbindung bzw. eine Kombination von Flug und Bus oder Bahn.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung inklusive sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, das angefochtene Urteil derart abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Gemäß Art 5 Abs 1 lit c EU-FluggastVO hat das ausführende Luftfahrtunternehmen bei Annullierung eines Fluges den betroffenen Fluggästen eine Ausgleichsleistung nach Art 7 der Verordnung einzuräumen. Das ausführende Luftfahrtunternehmen kann sich jedoch von der Ausgleichsleistung gemäß Art 7 befreien, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO).
2.1. Zutreffend weist die Berufungswerberin darauf hin, dass der Begriff „ außergewöhnlicher Umstand “ ein Vorkommnis ist, das a) seiner Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und b) von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Ist ein Vorkommnis schon nicht „außergewöhnlich“, weil es Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens iS eines betriebstypischen Risikos ist, kommt es auf die Frage der Beherrschbarkeit nicht mehr an ( Schmid in BeckOK, Fluggastrechte-VO Art 5 Rz 50f). Ein Umstand ist dann als außergewöhnlich anzusehen, wenn er aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragt, mit ihm somit typischerweise bei Durchführung von Flügen nicht gerechnet werden muss. Somit können über einen längeren Zeitraum hinweg bestehende, die Ausübung der Luftfahrt erschwerende oder beschränkende allgemeine Rahmenbedingungen – wie zB das Bestehen von Nachtflugverboten, Überflug- oder Landebeschränkungen, gesetzlichen Beschränkungen der Arbeitszeit von Besatzungsmitgliedern – nicht unter den Begriff des außergewöhnlichen Umstands iSd genannten Bestimmung subsumiert werden (HG Wien 50 R 21/24f).
2.2. Hinsichtlich der Beherrschbarkeit unterscheidet die Judikatur bei der Zuordnung der Risken zwischen internen und externen Ursachen. Intern sind sie, wenn der betreffende Vorgang unmittelbar in den betrieblichen Ablauf der Fluggesellschaft fällt, also mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs untrennbar verbunden ist. Externe Ursachen liegen vor, wenn sie auf die Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und auf äußere Umstände zurückzuführen sind, die in der Praxis mehr oder weniger häufig vorkommen, aber vom Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar sind, weil sie auf ein Naturereignis oder die Handlung eines Dritten zurückgehen, etwa eines anderen Luftfahrtunternehmens oder einer öffentlichen oder privaten Stelle, die in den Flug- oder den Flughafenbetrieb eingreifen ( Schmid , aaO Rz 57 mwN).
2.3. Widrige Wetterverhältnisse stellen einen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO dar, wenn sie aus den üblichen und zu erwartenden Abläufen des Luftverkehrs herausragen und geeignet sind, die Betriebstätigkeit eines oder mehrerer Luftfahrtunternehmen zum Erliegen zu bringen (RK00000046). Widrige Wetterbedingungen, die aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen, können somit einen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO darstellen; und zwar nicht nur, wenn die Durchführung eines Fluges aus technisch-physikalischen Gründen nicht möglich ist, sondern auch, wenn der Flug aus rechtlich-administrativen Gründen - insbesondere wegen Anordnungen der Flugsicherung - nicht durchgeführt werden kann (RK00000020).
2.4. Die Berufung auf die nautische Entscheidungsgewalt erspart dem Luftfahrtunternehmen lediglich die Erstattung detaillierten Vorbringens dazu, aus welchen inneren Gründen dem Pilot eine andere Vorgangsweise nicht zumutbar erschien; sie ersetzt aber nicht die Feststellung der äußeren Gegebenheiten im Sinne außergewöhnlicher Umstände, die den Piloten überhaupt erst vor die Entscheidung gestellt haben, ob eine Landung durchgeführt werden soll oder nicht (RK00000019 [T3]). Die Ausübung nautischer Entscheidungsgewalt stellt selbst keinen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO dar. Sie erweitert lediglich im Zuge der Prüfung der zumutbaren Maßnahmen den Ermessensspielraum des Piloten im Rahmen der Regeln der Luftfahrt, sodass dem Luftfahrtunternehmen der Nachweis erspart bleibt, dass die konkrete Reaktion des Piloten auf das Auftreten des außergewöhnlichen Umstandes die im Sinne des Interesses der Gesamtheit der Fluggäste bestmögliche Vorgangsweise war (LG Korneuburg 22 R 116/22x).
2.5. Zunächst ist daher darauf hinzuweisen, dass „widrige Wetterbedingungen“ nicht per se einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, dh für sich allein noch nicht als „außergewöhnliche Umstände“ anzusehen sind, sondern bloß zu solchen führen können ( Schmid in BeckOK Fluggastrechte-Verordnung 31 Art 5 Rz 88 mwN). Entscheidet ein Pilot, dass eine Landung des Flugzeugs wegen schlechter Sichtwetterbedingungen am Zielflughafen zu gefährlich ist, kann dies wegen sogenannter nautischen Entscheidungsgewalt von einem Gericht nur eingeschränkt auf grobe Fehler überprüft werden. Gleiches gilt für die Entscheidung, aufgrund starker Seitenwinde eine „harte“ Landung durchzuführen. Ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Unvermögen des Piloten oder für den Einsatz eines ungeeigneten Fluggeräts, kann sich das Luftfahrtunternehmen gemäß Art. 5 Abs. 3 EU-FluggastVO entlasten, wenn die Verspätung auf das Unterbleiben der planmäßigen Landung zurückzuführen ist. Doch muss das Luftfahrtunternehmen in einem solchen Fall hinreichende Anknüpfungstatsachen vortragen, damit das Gericht die Entscheidung des Piloten ggf. auf grobe Fehler durch ein Sachverständigengutachten überprüfen lassen kann. Der Ansicht des AG Dortmund (1.9.2020 – 425 C 1320; EuGH 4. 10. 2012 − C-22/11, BeckRS 2020, 24307 – Finnair/Lassooy), es sei unerheblich, ob die Wetterlage objektiv für eine Landung zu schlecht war, kann nicht gefolgt werden. Entscheidet sich ein Pilot, den Anflug nicht durchzuführen, obgleich dieser objektiv möglich gewesen wäre, so muss sich das Luftfahrtunternehmen dies zurechnen lassen ( Schmid in BeckOK Fluggastrechte-Verordnung 31 Art 5 Rz 106 mwN).
2.6. Entgegen der Behauptung der Berufungswerberin, die Beklagte sei ihrer Behauptungs- und Beweislast nicht nachgekommen, führte die Beklagte detailliert aus und stellte das Erstgericht auch detailliert fest, dass nach einem stabilen Ausschweben durch den Wind eine Tragfläche heruntergedrückt wurde und der den Flug überwachende Pilot eine Schieflage wahrnahm. Darauf leitete der für die Steuerung verantwortliche Pilot ein Lenkmanöver ein, um dieser Schieflage entgegenzuwirken. Das Flugzeug reagierte aber nicht, setzte mit einem Reifen weich auf und ging dann wieder hoch. Um zu verhindern, dass das Flugzeug nochmal in die Luft gedrückt wird, setzte der Pilot das Flugzeug beim zweiten Mal härter auf. Ein Durchstarten war auf Grund der fehlenden seitlichen Kontrolle des Flugzeuges nicht möglich. Der Grund für die Probleme bei der Landung waren Windscherungen. Einen groben Fehler der Piloten konnte das Erstgericht gerade nicht feststellen (US 10). Auch, wenn das Erstgericht die Windstärke nicht im Detail feststellte, stellte es die konkreten Auswirkungen der Winde auf das Verhalten des Flugzeugs und die dadurch erforderliche Entscheidung der Piloten dar, eine harte Landung vorzunehmen.
2.6. Eine harte Landung aufgrund von widrigen Wetterverhältnissen, wie etwa Windscherungen am Landeflughafen, aufgrund derer der Pilot im Rahmen seiner nautischen Entscheidungsgewalt eine harte Landung durchführt, können somit einen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 der EU-FluggastVO darstellen. Nachdem das Erstgericht einen groben Fehler des Piloten hier nicht feststellen konnte, liegt ein nicht beherrschbarer, außergewöhnlicher Umstand vor.
3.1. Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob das Flugunternehmen hinsichtlich der von außergewöhnlichen Umständen verursachten Verzögerungen alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung hintanzuhalten.
3.2. Die Beklagte unterhielt unstrittig 7 Ersatzflugzeuge (./10), nach den Feststellungen stand ihr keines davon am 2.8.2023 für die Flüge E* N* und E* F* zur Verfügung. Nicht festgestellt werden konnte, dass eine konkurrierende Fluggesellschaft der Beklagten am 2.8.2023 kurzfristig ein Ersatzflugzeug zur Verfügung gestellt hätte. Das Erstgericht stellte außerdem fest, dass das Chartern eines Ersatzflugzeuges einer erheblichen Vorlaufzeit sowie eines hohen technischen und organisatorischen Aufwandes bedürfe. Wenn die Beklagte eine fremde Maschine chartere, müsse diese von der Flugaufsichtsbehörde auf ihre Flugtauglichkeit geprüft werden, was in der Regel mindestens 24 Stunden dauere (US 11 2. und 3. Abs), woraus zu schließen ist, dass eine fremde zu charternde Maschine als zumutbare Maßnahme nicht zur Verfügung stand.
3.3. Die Berufungswerberin moniert, sieben Ersatzflugzeuge seien nicht ausreichend gewesen, was daran zu erkennen sei, dass alle im Einsatz und keines verfügbar gewesen sei. Luftfahrtunternehmen sind nicht verpflichtet, an jedem Flughafen, den sie anfliegen, eine Ersatzmaschine und Ersatzpersonal bereitzuhalten (HG Wien 50 R 98/24d, 50 R 76/24v). Aus welchen Gründen die sieben vorhandenen Ersatzmaschinen nicht ausreichend sein sollten, ist nicht nachvollziehbar. Die Berufungswerberin behauptet auch gar nicht, welche Anzahl an Ersatzmaschinen sie selbst als ausreichend ansähe. Auch, dass alle Ersatzmaschinen eines Luffahrtunternehmens bereits im Einsatz waren, hindert dies nicht den Nachweis, die Beklagte habe die ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, ist es doch jedenfalls nicht zumutbar, dass das beklagte Luftfahrtunternehmen an jedem Zielflughafen eine Ersatzmaschine vorhält.
3.4. Zutreffend weist die Berufungsgegnerin darauf hin, dass das Berufungsgericht in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass dann, wenn die Ersatzbeförderung wesentlich später als drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit des annullierten Fluges erfolgt wäre, keine taugliche Maßnahme vorliegt, die in der Lage ist, eine die Ausgleichsleistung auslösende Verspätung abzuwenden (60 R 62/20b, 1 R 48/21m, 50 R 28/22x, 60 R 103/22k, 1 R 55/24w, 50 R 76/24v). Dass angesichts der Feststellung der Fluguntauglichkeit der ursprünglich für den Flug vorgesehenen Maschine erst um 16.12 Uhr eine Ersatzbeförderung, die die Verspätung von drei Stunden nicht erheblich überschritten wurde, nicht möglich gewesen wäre, ergibt sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen sowohl in Hinblick auf eine direkte, als auch auf eine indirekte Verbindung. Bereits aus diesem Grund hat die Beklagte die Ergreifung zumutbarer Maßnahmen nicht verabsäumt.
3.5. Das Berufungsgericht hat, wie die Berufungsgegnerin zutreffend darlegt, bereits in seinen Entscheidungen 50 R 28/22g und 1 R 58/22h sowie jüngst auch in 1 R 22/23s und 60 R 103/22k ausgesprochen, dass für eine Billigfluglinie angesichts ihrer beschränkteren wirtschaftlichen Kapazitäten die Ersatzbeförderung ihrer Passagiere mit einem anderen Luftfahrtunternehmen, das durchschnittlich dreimal so teure Ticketpreise verrechnet, ein untragbares wirtschaftliches Opfer im Sinne der Entscheidung des EuGH vom 11.6.2020 zu C-74/19 ( LE/Transportes Aéreos Portugueses SA ) und daher keine zumutbare Maßnahme darstellt.
4. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
6. Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.