JudikaturHandelsgericht Wien

60R19/16y – Handelsgericht Wien Entscheidung

Entscheidung
18. April 2016

Kopf

Das Handelsgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richter Hofrat Dr. Schmidt (Vorsitzender), Dr. Steinberger und KR Mag. Eltner in der Rechtssache der klagenden Partei M *** H *** , vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wider die beklagte Partei T *** G *** , vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen EUR 8.613,-- samt Nebengebühren, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 8.1.2016, GZ 18 C 622/15z-17, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.215,48 (darin enthalten EUR 202,58 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren von EUR 8.613,- samt Nebengebühren zur Gänze ab. Die dazu auf den Seiten 2 bis 4 der Urteilsausfertigung getroffenen Feststellungen, auf die verwiesen wird, beurteilte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht – zusammengefasst – dahingehend, dass zwischen den Parteien ein Reiseveranstaltungsvertrag abgeschlossen worden sei. Die Verwahrung des Reisegepäcks während der Stadtbesichtigung in Rom bildete eine vertragliche Nebenpflicht. Der Verwahrer hafte dem Hinterleger gemäß § 964 ABGB für den aus der Unterlassung der pflichtgemäßen Obsorge verursachten Schaden, nicht jedoch für Zufall. Das Maß der vom Verwahrer anzuwendenden Sorgfalt bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sei dem Hinterleger die vom Verwahrer angewendete Art der Verwahrung bekannt und billige er sie, sei der Verwahrer im Schadensfall regelmäßig haftungsfrei. Auch wenn sich Gepäckstücke im Bus befunden hätten und der Parkplatz nicht überwacht gewesen wäre, würde es die Verpflichtung des Verwahrers überspannen, wenn man dem Busfahrer das Verlassen des Busses generell untersagen würde. Eine ausdrückliche Vereinbarung, dass der Busfahrer die gesamte Zeit beim Bus hätte bleiben müssen, sei nicht behauptet worden. Im gegenständlichen Fall sei der Busfahrer seiner Sorgfaltsverpflichtung nachgekommen, indem er den Bus versperrt und die Fahrzeugschlüssel ordnungsgemäß verwahrt habe. Der Busfahrer hätte bei früheren Aufenthalten keine negativen Erfahrungen bei dem Parkstreifen, wo der Bus geparkt worden sei, gemacht, sodass keine konkreten Sicherheitsbedenken vorgelegen wären.

Dagegen richtet sich die Berufung der klagenden Partei aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Maß der vom Verwahrer anzuwendenden Sorgfalt bestimmt sich immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Diese Sorgfaltspflichten wurden im zu beurteilenden Fall nicht verletzt, da der Busfahrer sämtliche Türen des Busses mit der Zentralverriegelung versperrte und auch kontrollierte, dass alle Kofferraumklappen verschlossen waren, bevor er sich für eine Stunde vom Bus entfernte.

Eine darüber hinausgehende Bewachungspflicht der Gegenstände, welche im Bus belassen wurden, ergibt sich nicht aus dem Pauschalreisevertrag.

Dem weiteren Rechtsmittelvortrag, dass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass in Italien, besonders in Rom, derartige Einbruchsdiebstähle regelmäßig passieren, ist zu entgegnen, dass dem die erstgerichtliche Feststellung entgegensteht, dass der Busfahrer die Örtlichkeit, an der er in Rom parkte, kannte und bei früheren Aufenthalten es niemals zu Diebstählen gekommen ist (Urteilsausfertigung Seite 3 oben). Aus diesem Grund war er auch nicht verhalten, besondere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.

Soweit die Berufungswerberin ausführt, dass es sich nicht um einen reinen Zufall handle, dass der Diebstahl am gegenständlichen Reisebus verübt worden sei und behauptet, dass bei einer 10 Minuten nicht übersteigenden Abwesenheit des Busfahrers ein derartiger Diebstahl nicht möglich gewesen wäre, ergeht sie sich in unbewiesenen Spekulationen.

Da auf dem verwendeten Parkstreifen, wo auch andere Busse standen, bei früheren Reisen keine negativen Vorkommnisse auftraten und der Fahrer den von außen nicht einsehbaren Kofferraum ordnungsgemäß versperrte, ist die Abwesenheit von einer Stunde keine Verletzung der im konkreten Fall geschuldeten Sorgfaltspflicht.

Der unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

Der Ausspruch über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus den §§ 500 Abs. 2 Z 2, 502 Abs. 1 und 3 ZPO. Es war keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO zu klären.

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