JudikaturHandelsgericht Wien

1R810/96f – Handelsgericht Wien Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 1997

Kopf

Das Handelsgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richter Dr. Kreimel (Vorsitzender), Mag.Dr. Wanke-Czerwenka und KR Hofstätter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck, Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, wider die beklagte Partei H***** vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen S 43.440,-- samt Nebengebühren über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 20.05.1996, GZ 3 C 2524/95p-17, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.802,24 (darin S 1.127,04 USt und S 40,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Beklagte schuldig erkannt, der Klägerin s 43.440,-- samt

5 % Zinsen aus S 27.240,-- seit 14.2.1995 und aus

S 16.200,-- seit 4.3.1995 zu bezahlen. Die dazu vom Erstgericht auf den Seiten 3 bis 5 der Entscheidung getroffenen Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Weitläufigkeiten verwiesen wird, hat das Erstgericht rechtlich wie folgt beurteilt: Die Klägerin ist aufgrund des ihr als Immobilienmaklerin durch die Beklagte erteilten Vermittlungsauftrags verdienstlich geworden, wobei einschränkende Nebenbedingungen des Auftrages nicht vereinbart wurden. Die Honoraransprüche bestehen daher zu Recht. Eine abweichende Vereinbarung sei nicht rechtsgültig zustande gekommen: Eine Anscheinsvollmacht des Zeugen N***** könne schon deshalb nicht angenommen werden, da er ausdrücklich erklärte habe, die Zustimmung des maßgeblichen Vertreters der Klägerin zu benötigen. Durch bloßes Stillschweigen könne ferner nicht angenommen werden, die Klägerin verzichte auf bereits erworbene Ansprüche. Ungeachtet dessen habe die Beklagte die von ihr erhobene Bedingung für die Fälligkeit der gegenständliche Honorarnoten, nämlich die Vermittlung einer weiteren Wohnung, wider Treu und Glauben vereitelt. Diese gelte daher als eingetreten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen "und unvollständigen" Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die Berufungswerberin beantragt, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, daß das Klagebegehren vollinhaltlich abgewiesen werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügt die Beklagte, daß das Erstgericht nicht den von ihr namhaft gemachten Zeugen O***** vernommen hat.

Gemäß § 179 Abs 1 ZPO kann das Gericht auf Antrag oder von amtswegen neue Beweismittel für unstatthaft erklären, wenn die neuen Beweise offenbar in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, nicht früher vorgebracht wurden und deren Zulassung die Erledigung des Prozesses erheblich verzögern würde. Das Erstgericht hat in seinem Urteil (gemäß § 417 Abs 3 ZPO) begründet, warum es von der Vernehmung des beantragten Zeugen Abstand genommen hat: Dies nämlich, weil es der Beklagten möglich gewesen wäre, diesen Zeugenbeweis zu einem wesentlich früheren Verfahrensstadium zu führen, scheine doch der Zeuge bereits auf der von der Beklagten vorgelegten Urkunde Beilage ./3 auf und haben auch die Beweisergebnisse der letzten Verhandlung keine neuen Umstände hervorgebracht, welche das verspätete Beweisanbot rechtfertigen würden.

Der von der Beklagten vorgelegten Urkunde Beilage ./3 ist zu entnehmen, daß O***** anläßlich der Besprechung vom 12.4.1995 gegenwärtig war. Beweismittel und -thema, zu dem der Zeuge geführt werden sollte, war der Beklagten somit bereits zu Beginn des Verfahrens bekannt. Das Beweisthema, zu dem der Zeuge O***** unmittelbar vor Schluß der mündlichen Streitverhandlung am 7.5.1996 namhaft gemacht wurde, entspricht auch dem Vorbringen der Beklagten, welches diese zwei Tagsatzungen früher, nämlich am 13.3.1996, erstattet hat. Der Beweisantrag wurde somit nicht bei der ersten während des Verfahrens sich bietenden Gelegenheit gestellt und ist somit verspätet (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 275; Fucik in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 179; Pimmer, JBl 1983, 130; SZ 51/32).

Da der der Beklagten bekannte Zeuge weder im Einspruch, noch in der Streitverhandlung vom 2.2.1996, noch in jener vom 13.3.1996, in der das Vorbringen der Beklagten präzisiert wurde und auch nicht in der darauf folgenden Tagsatzung, sondern vielmehr erst in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung und unmittelbar vor Schluß derselben gestellt wurde, hat die Beklagte eine Verhaltensweise an den Tag gelegt, die nur durch Verschleppungsabsicht erklärbar ist. Die Verschleppungsabsicht ist dabei nicht nur aufgrund der Verfahrensdauer (Pimmer aaO; Fucik aaO), sondern auch in Ansehung der Antragstellung unmittelbar vor dem drohenden Verhandlungsschluß und des Umstandes, daß es die Beklagte auch nicht für nötig hielt, eine Begründung für die verspätete Namhaftmachung des Zeugen anzubringen, offenkundig. Sie wurde daher zu Recht vom Erstgericht angenommen.

Letzte Voraussetzung für die Zurückweisung eines Beweisantrages ist schließlich seine Eignung, das Verfahren erheblich zu verzögern. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, zumal bei Stattgebung des Beweisantrages eine (sonst nicht erforderliche) Erstreckung der Verhandlung notwendig gewesen wäre (Arb 6659).

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