JudikaturDSB

K121.979/0014-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
06. September 2013

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HEILEGGER, Dr. BLAHA und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 6. September 2013 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde der Dr. B*** (Beschwerdeführerin) vom 19. Juni 2013 gegen das Finanzamt H*** (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung in Folge Weigerung der Löschung personenbezogener Daten, insbesondere zum Sexualleben der Beschwerdeführerin, im Rahmen abgabenrechtlicher Verfahren für die Jahre 2004 bis 2006 wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 3 Z 2, 4 Z 6, 27 Abs. 1 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 166 und 183 der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idgF; § 45 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10 idgF; Art. 8 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 idgF.

B e g r ü n d u n g

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. In der am 20. Juni 2013 in der Geschäftsstelle der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde, ergänzt sowie konkretisiert durch Stellungnahmen im Rahmen des Parteiengehörs vom 27. Juli, vom 8. August und vom 10. August 2013, führt die Beschwerdeführerin aus, dass der Beschwerdegegner ihrem Löschungsersuchen gemäß § 27 DSG 2000 vom 23. April 2013 nicht entsprochen habe. Sie erhebe nunmehr Beschwerde wegen Verletzung des Rechts auf Löschung, wobei die strittigen Daten, insbesondere Daten zu ihrem Sexualleben, sowohl als Papierakt als auch als elektronischer Akt vorlägen und unter der Steuernummer 3***/5*** gesammelt seien.

Konkret bringt die Beschwerdeführerin folgendes vor:

Sie sei im Jahr 2007 Ziel einer verdeckten polizeilichen Ermittlung durch das Landeskriminalamt Niederösterreich (LKA NÖ) wegen des Verdachts der illegalen Prostitution gewesen. Das LKA NÖ habe im Zuge dessen (auch) an den Beschwerdegegner Anzeige erstattet, worauf dieser das Abgabenverfahren für das Jahr 2004 wiederaufgenommen und die Anzeige auch für die Abgabenverfahren der Jahre 2005 und 2006 verwertet habe. Die diese Verfahren abschließenden Einkommensteuerbescheide seien von der Beschwerdeführerin im Rechtsmittelweg bekämpft worden, worauf diese Bescheide vom Unabhängigen Finanzsenat behoben worden seien. Eine dagegen erhobene Amtsbeschwerde des Beschwerdegegners sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2012, Zl. 2009/13/0011, als unbegründet abgewiesen wurden, weshalb die weitere Speicherung der Daten nicht mehr notwendig sei. Darüber hinaus habe sich die Art der Ermittlung des LKA NÖ (verdeckte Ermittlung) mittlerweile als rechtswidrig herausgestellt bzw. seien die Informationen zum Sexualleben der Beschwerdeführerin in einer Art. 3 EMRK widersprechenden Weise ermittelt worden, weshalb der Beschwerdegegner die übermittelten Daten über das Sexualleben der Beschwerdeführerin nicht hätte verwenden dürfen. Die vorliegende Beschwerde richtet sich dagegen, dass der Beschwerdegegner die Ermittlungsergebnisse nach wie vor aufbewahre. Selbst wenn der Beschwerdegegner Daten zum Sexualleben nur in einem Papierakt aufbewahre, habe die Beschwerdeführerin ein – näher begründetes – auf Art. 8 EMRK sowie auf die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) gestütztes Recht auf Löschung der in diesem Papierakt aufbewahrten Daten.

Der Beschwerde und den Eingaben beigefügt sind – soweit verfahrensrelevant – der an den Beschwerdegegner gerichtete Antrag auf Löschung vom 23. April 2013 sowie das Antwortschreiben des Beschwerdegegners vom 17. Juni 2013 und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2012, Zl. 2009/13/0011.

2. Der Beschwerdegegner brachte in seinen Stellungnahmen vom 15. Juli sowie vom 2. August 2013 vor, dass er die vom LKA NÖ übermittelten Daten verwenden durfte. Sensible Daten zum Sexualleben der Beschwerdeführerin seien im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung, AB-Nr. 2***/0*, in nichtelektronischer Form als Papierakt vorhanden. Eine elektronische Archivierung des Betriebsbogens sei nicht erfolgt. Beim Betriebsprüfungs-Arbeitsbogen handle es sich um eine Sammlung von Urkunden, darunter der Prüfungsantrag und Versicherungsdatenauszug, die Anzeige des LKA NÖ, Bescheide, Bescheidentwürfe sowie Betriebsprüfungsunterlagen und die Berufung vom 25. Februar 2008. Der Betriebsprüfungs-Arbeitsbogen weise keine äußere Ordnung im Sinne einer logischen Struktur auf. Es handle sich um ein Konvolut nicht strukturierter Schriftstücke und damit um einen herkömmlichen Behördenakt. Um alle Angaben zur Beschwerdeführerin zu finden, müssten die Texte sämtlicher Aktenseiten gelesen oder zumindest durchgeblättert werden. Nach der ständigen Rechtsprechung von Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof unterlägen solche Konvolute nicht dem datenschutzrechtlichen Löschungsrecht. Die elektronisch gespeicherten Bescheide enthielten keine Daten mit Bezug auf das Privat- und Sexualleben der Beschwerdeführerin sondern würden lediglich auf den Betriebsprüfungsbericht, der ein Bestandteil des Papieraktes sei, verweisen. Der elektronische Verweis auf den Papierakt diene der Wiederauffindbarkeit und der Verfahrensdokumentation. Die BAO enthalte keine speziellen Regelungen über die Aufbewahrungsdauer, jedoch sei nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission eine Aufbewahrungsdauer über die Verfahrensdauer zur Verfahrensdokumentation zulässig. Es sei entscheidend, dass Verfahren nach ihrem Abschluss unter Umständen wieder eröffnet werden könnten. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof die (nicht elektronisch gespeicherte) Amtsbeschwerde des Beschwerdegegners abgewiesen, die in § 45 Abs. 2 VwGG normierte Wiederaufnahmefrist sei jedoch noch nicht abgelaufen.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Löschung infolge Weigerung der Löschung der zu ihrer Person für Zwecke abgabenrechtlicher Verfahren für die Jahre 2004 bis 2006 verarbeiteten Daten, insbesondere zu ihrem Sexualleben, verletzt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdegegner nahm eine vom LKA NÖ übermittelte Anzeige wegen des Verdachts der illegalen Prostitution zum Anlass, diese Information in abgabenrechtliche Verfahren betreffend die Beschwerdeführerin für die Jahre 2004 bis 2006 miteinzubeziehen. Die auf Basis dieser Informationen ergangenen Einkommensteuerbescheide des Beschwerdegegners wurden im Instanzenzug vom Unabhängigen Finanzsenat behoben. Die dagegen vom Beschwerdegegner erhobene Amtsbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2012, Zl. 2009/13/0011, als unbegründet abgewiesen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem übereinstimmenden Vorbringen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdegegners in ihren jeweiligen Stellungnahmen sowie dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes.

Sämtliche Daten das Sexualleben der Beschwerdeführerin betreffend, welche der Beschwerdegegner den erwähnten Einkommensteuerbescheiden zugrunde legte, sind nur im Betriebsprüfungs-Arbeitsbogen, AB-Nr. 2***/0*, aufbewahrt, welcher als herkömmlicher behördlicher Papierakt angelegt wurde. Es erfolgte keine elektronische Speicherung von Daten betreffend das Sexualleben der Beschwerdeführerin. Auch die zitierte Amtsbeschwerde wurde nicht elektronisch gespeichert. In den elektronisch gespeicherten Dokumenten wird lediglich auf Dokumente des Papierakts verwiesen, was der behördeninternen Wiederauffindbarkeit des Papieraktes dienen soll.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den unbestrittenen Angaben des Beschwerdegegners.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die §§ 1 Abs. 3, 4 Z 6, 27 Abs. 1 und 31 Abs. 2 DSG 2000 lauten:

„Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. […]

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten. […]“

„Definitionen

§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

[…]

6. „Datei“: strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind;

[…]“

„Recht auf Richtigstellung oder

Löschung

§ 27. (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar

1. aus eigenem, sobald ihm die Unrichtigkeit von Daten oder die Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung bekannt geworden ist, oder

2. auf begründeten Antrag des Betroffenen.

Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, daß ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und daß der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist; die Zulässigkeit der Weiterverwendung für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ergibt sich aus den §§ 46 und 47.

[…]“

„Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31. […]

(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.“

Die §§ 166 und 183 BAO lauten samt Überschrift:

„2. Beweise.

a) Allgemeine Bestimmungen.

§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.“

„f) Beweisaufnahme.

§ 183. (1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.

(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.

(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.“

§ 45 Abs. 1 und 2 VwGG lautet samt Überschrift:

„Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbei-geführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.

(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.“

Art. 8 EMRK lautet samt Überschrift:

„Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

2. Rechtliche Schlussfolgerungen:

2.1. Zum Umfang der Prüfkompetenz der Datenschutzkommission:

§ 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 und 2 DSG 2000 legt die Prüfkompetenz der Datenschutzkommission in Beschwerdeverfahren fest. Demnach hat die Datenschutzkommission nicht zu prüfen, ob irgendein (verfassungsrechtlich gewährleistetes) Recht verletzt wurde sondern nur, ob ein Beschwerdeführer in seinem (verfassungsrechtlich gewährleisteten) Recht auf Auskunft oder – soweit die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 DSG 2000 vorliegen – in seinem (verfassungsrechtlich gewährleisteten) Recht auf Richtigstellung oder Löschung verletzt wurde.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass ihr ein auf Art. 8 EMRK gestütztes (verfassungsrechtlich gewährleistetes) Recht auf Löschung zukommt, ist dieses Vorbringen somit nur insoweit zu prüfen, als es auch in § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 Deckung findet (vgl. dazu auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach aus Art. 8 EMRK hinsichtlich der Löschungsverpflichtung kein weiter reichendes Recht abzuleiten ist als aus der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 DSG 2000; VfSlg. 18.092/2007).

2.2. Zur Löschung der automationsunterstützt verarbeiteten Daten:

Wie bereits unter Punkt C. festgestellt, werden keine das Sexualleben der Beschwerdeführerin betreffenden Daten automationsunterstützt gespeichert, sodass sich die Beschwerde in diesem Punkt daher als unbegründet erweist.

Wenn die Beschwerdeführerin darüber hinaus geltend macht, dass die (sonstigen) elektronisch gespeicherten Daten aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2012 nicht mehr benötigt würden, ist auf die Rechtsprechung der Datenschutzkommission zu verweisen, wonach – unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 – Daten auch nach Abschluss eines Verfahrens aufbewahrt werden können, um eine Nachvollziehbarkeit behördlichen Handelns zu gewährleisten (vgl. dazu etwa den Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Jänner 2010, GZ K121.553/0003-DSK/2010, mit weiteren Ausführungen). Folglich kann unter Berücksichtigung der Tatsache, dass – wie der Beschwerdegegner richtig ausführt – die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht auszuschließen ist und die in § 45 Abs. 2 VwGG normierte Frist noch nicht abgelaufen ist, der Argumentation des Beschwerdegegners, die weitere Aufbewahrung der Daten sei aus Gründen der Dokumentation behördlichen Handelns weiterhin erforderlich, nicht entgegengetreten werden.

2.3. Zur Löschung der im Papierakt aufbewahrten Daten:

2.3.1. Zur Möglichkeit des Beschwerdegegners die vom LKA NÖ übermittelten Daten zu verwenden

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass mittlerweile festgestellt worden sei, dass das LKA NÖ die Daten betreffend das Sexualleben der Beschwerdeführerin rechtswidrig erlangt habe bzw. dass diese in einer Art. 3 EMRK widersprechenden Weise ermittelt wurden und der Beschwerdegegner diese Daten folglich dem abgabenrechtlichen Verfahren nicht hätte zugrunde legen dürfen.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Abgabenverfahren auch Beweismittel verwendet werden dürfen, die andere Behörden erhoben haben; eine unmittelbare Beweisaufnahme ist im Abgabenverfahren nicht erforderlich (vgl. dazu das Erkenntnis vom 31. März 2011, Zl. 2009/15/0199). Dem Verfahren zur Abgabenerhebung nach den Bestimmungen der BAO ist ein Beweisverwertungsverbot grundsätzlich fremd. Nach § 166 BAO kommt nämlich als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof daher ausgesprochen, dass die Verwertbarkeit eines Beweismittels auch dadurch nicht ausgeschlossen wird, dass es durch eine Rechtsverletzung in den Besitz der Abgabenbehörde gelangte (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 17. November 2010, Zl. 2007/13/0078, mwN).

Der Beschwerdegegner durfte sohin die vom LKA NÖ übermittelten Daten dem abgabenrechtlichen Verfahren zugrunde legen.

2.3.2. In der Sache

§ 4 Z 6 DSG 2000 definiert „Datei“ als strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind. Die Frage, ob herkömmliche Papierakten, die aus einem Konvolut nicht strukturierter schriftlicher Unterlagen bestehen und daher keine Dateiqualität aufweisen, dem datenschutzrechtlichen subjektiven Recht auf Löschung unterliegen (§§ 1 Abs. 3 Z 2, 27 DSG 2000), wurde von beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts verneinend beantwortet. Laut Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086) wie Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, Zl. B 1590/03) genügt ein Akt oder Aktenkonvolut bzw. ein nicht personenbezogen strukturierter Papierakt den gesetzlichen Anforderungen an eine Datei gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 nicht. Es kann daher auf Grundlage datenschutzrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des § 27 DSG 2000, keine „Löschung“ des Aktes oder darin enthaltener Angaben zu Personen verlangt werden (vgl. dazu nochmals den Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Jänner 2010).

Da das Vorbringen des Beschwerdegegners zu dem Schluss führt, dass der die Beschwerdeführerin betreffende vorhandene Betriebsprüfungs-Arbeitsbogen keine vorgegebene inhaltliche Struktur aufweist (vgl. dazu die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 21. Oktober 2004: „Behördliche oder gerichtliche ,Akten‘ werden in Österreich typischerweise derart gebildet, dass die verschiedenen Geschäftsstücke, welche die Sache betreffen, entweder in einen Umschlag (Mappe, Ordner oder dergleichen) in der Regel in chronologischer Reihenfolge aufgenommen werden, oder aber auch (so etwa beispielsweise im Bereich der Bundesministerien) Geschäftsstücke nach dem Fortgang des Verfahrens jeweils in eigene Referatsbögen (mit eigenen Zahlen) eingelegt werden und daraus dann die die Sache betreffenden Aktenkonvolute gebildet werden“ ) und daher keine „Datei“ ist, kommt der Beschwerde in Bezug auf den Papierakt ebenfalls keine Berechtigung zu. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wird ein Papierakt auch durch die Anführung der DVR-Nummer des Auftraggebers auf inliegenden Schriftstücken bzw. durch den Verweis in elektronisch gespeicherten Dokumenten auf den Papierakt noch nicht zur Datei, weil dieser – trotz dieser Verweise – keine inhaltliche Struktur aufweist, die es ermöglicht, Daten nach zumindest einem Suchkriterium zu finden.

Die Beschwerde war folglich abzuweisen.

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