JudikaturDSB

K121.949/0023-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
06. September 2013

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HEILEGGER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. BLAHA, Dr. GUNDACKER und Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 06. September 2013 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Dieter V*** (Beschwerdeführer) aus J***stetten vom 4. Februar 2013 (verbessert und präzisiert mit Schreiben vom 18. Februar 2013) gegen das Arbeitsmarktservice, regionale Geschäftsstelle A***stadt (Beschwerdegegner), wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten in Folge Verwendung der Daten eines medizinischen Befundes, insbesondere deren behaupteter Übermittlung an die Bezirkshauptmannschaft B***stadt, wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen : § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Z 2, § 7, § 9 Z 3 und 4 und § 31 Abs. 2 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, iVm § 25 Abs. 1 Z 4 des Arbeitsmarktservicegesetzes (AMSG), BGBl. Nr. 313/1994 idgF, § 8 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF, und Artikel 22 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Beteiligten und Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 4. Februar 2013 datierenden und am 6. Februar 2013 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner (bzw. ein namentlich bezeichneter dortiger Mitarbeiter) einen „Arztbrief“ des ihn behandelnden Arztes Dr. Juri K***, dessen Vorlage ihm vom Beschwerdegegner aufgetragen worden sei, an die Bezirkshauptmannschaft B***stadt weitergegeben habe. Dort sei auf Grundlage dieser rechtswidrig erhaltenen Daten ein Verfahren betreffend seine physische und psychische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen – er sei Lkw-Fahrer von Beruf – eingeleitet worden. Damit sei seine „Existenz“ auf dem Spiel gestanden. Er sei derzeit arbeitslos und beziehe Notstandshilfe vom Beschwerdegegner. Später habe er bei einem Besprechungstermin beim Beschwerdegegner erfahren, dass Grund für alles ein von ihm gestellter Antrag auf Herabsetzung der zu zahlenden Alimente sei, wofür er aber nicht gesundheitliche sondern finanzielle Gründe angegeben habe.

2. Die Datenschutzkommission erließ am 7. Februar 2013 zu GZ: DSK-K121.949/0002-DSK/2013 einen Mangelbehebungsauftrag, in welchem dem Beschwerdeführer unter anderem gemäß § 31 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 die Bezeichnung des Beschwerdegegners auftragen wurde.

3. Der Beschwerdeführer bezeichnete daraufhin mit Schreiben vom 18. Februar 2013 das „AMS A***stadt“ (bzw. drei namentlich bezeichnete dortige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) als Beschwerdegegner. Kenntnis erlangt habe er von dem Vorgang durch ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft A***stadt vom 17. September 2012, wonach seine physische und psychische Eignung zum Lenken von Fahrzeugen der Klassen 1 und 2 festgestellt werden sollte. Auch der Beschwerdegegner habe ihn unter Druck gesetzt (Androhung der Sperre des Bezugs von Notstandshilfe), seinen Gesundheitszustand offenzulegen.

4. Der Beschwerdegegner brachte mit Stellungnahme vom 8. März 2013 unter Vorlage zweier Urkundenkopien (psychiatrischer Befund von Dr. Juri K*** vom 22. Februar 2012 und Anfrage des Bezirksgerichts B***stadt vom 12. März 2012, GZ: *3 Pu *34/10z-26) vor, der entsprechende Befund sei auf Grund einer Anfrage des Bezirksgerichts B***stadt (in einer Unterhaltssache betreffend Ansprüche zweier minderjähriger Kinder des Beschwerdeführers) an dieses Gericht übermittelt worden.

5. Nach erstmalig gewährtem Parteiengehör brachte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 18. März 2013 vor, dass „seine Krankheitsgeschichte“ seines Wissens vom Beschwerdegegner weitergegeben worden sei. Er habe wegen finanzieller Probleme und nicht wegen seines Gesundheitszustandes eine Herabsetzung seiner Unterhaltszahlungen bei Gericht beantragt. Der Beschwerdegegner hätte (wie ein Arbeitgeber bei einer Krankschreibung durch einen Arzt) gar keinen vollständigen Befund erhalten dürfen. Weiters kritisierte der Beschwerdeführer die Leistungen des Beschwerdegegners bei der Vermittlung einer Arbeitsstelle.

6. Nach nochmaliger näherer Anfrage der Datenschutzkommission brachte der Beschwerdegegner am 2. Juli 2013 vor, interne Recherchen, insbesondere eine Rückfrage bei der Bezirkshauptmannschaft B***stadt, hätten ergeben, dass letztere die entsprechenden Unterlagen vom Bezirksgericht B***stadt und nicht vom Beschwerdegegner erhalten habe.

7. Die Bezirkshauptmannschaft B***stadt brachte auf Anfrage der Datenschutzkommission in der Stellungnahme vom 12. August 2013 vor, ihre Jugendwohlfahrtsabteilung habe am 14. September 2012 der Bezirkshauptmannschaft A***stadt (Anmerkung: nach dem damaligen Wohnsitz des Beschwerdeführers zuständige Führerscheinbehörde) per E-Mail mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer laut Akten eines beim Bezirksgericht B***stadt anhängigen Unterhaltsverfahrens an einer schweren depressiven Störung leide und Medikamente einnehmen müsse. Er sei laut einem vorliegenden psychiatrischen Befund nicht arbeitsfähig. Da der Beschwerdeführer von Beruf Lkw-Fahrer mit entsprechenden Lenkberechtigungen sei, habe die Bezirkshauptmannschaft A***stadt daraufhin ein führerscheinrechtliches Verfahren eingeleitet und eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst. Diese (Blutbefund) habe einen Verdacht auf chronischen Alkoholmissbrauch ergeben. Im Frühjahr 2013 sei das führerscheinrechtliche Verfahren wegen Wohnsitzänderung an die Bezirkshauptmannschaft B***stadt abgetreten worden. Im Ergebnis sei dem Beschwerdeführer nach weiteren Ermittlungen am 24. Juni 2013 seine Lenkberechtigung für die Gruppen C und E befristet und unter Vorschreibung von Auflagen (wieder-)erteilt worden. In den Akten des Führerscheinverfahrens würden sich keine Unterlagen finden, die vom Beschwerdegegner stammten. Für die Einleitung des führerscheinrechtlichen Verfahrens gäbe es im Gesetz (§§ 8 und 24 FSG) ausreichende Gründe, um wegen lebenswichtiger Interessen des Beschwerdeführers selbst wie zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit anderer entsprechende Ermittlungen einzuleiten.

8. Die Bezirkshauptmannschaft A***stadt verwies telefonisch wegen geänderter Zuständigkeit sinngemäß auf das Vorbringen der Bezirkshauptmannschaft B***stadt zum führerscheinrechtlichen Verfahren.

9. Der Beschwerdeführer brachte nach einer weiteren Einräumung von Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens in seiner Stellungnahme vom 13. August 2013 vor, er habe bei Gericht nicht vorgebracht, depressiv zu sein und Medikamente einzunehmen. Von Seiten eines namentlich angegebenen Mitarbeiters des Bezirksgerichts sei ihm gegenüber auch abgestritten worden, „dergleichen“ - gemeint ist wohl der Befund von Dr. K*** – angefordert zu haben. Ein namentlich bekannter Mitarbeiter des Beschwerdegegners habe ihm gegenüber angegeben, das „Jugendamt“ habe den „Arztbrief“ von ihm gewollt, worauf er ihn auf Grund „ständigen Drängens“ weitergegeben habe. Zu ihm sei wiederum gesagt worden, dass ihm der Bezug der Notstandshilfe gesperrt werde, wenn er den Brief nicht herausgebe.

10. Das Bezirksgericht B***stadt teilte auf Ersuchen der Datenschutzkommission in der Stellungnahme vom 19. August 2013 mit, der Akt mit dem Aktenzeichen *3 Pu *34/10z sei mit Verfügung vom 13. August 2012 vom zuständigen Rechtspfleger der Bezirkshauptmannschaft B***stadt als Jugendwohlfahrtsbehörde übermittelt worden. Zweck der Vorlage sei eine Stellungnahme zur Frage gewesen, ob unter Bezugnahme auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers (vorliegender Befund von Dr. K***) eine Herabsetzung der festgesetzten Unterhaltspflichten des Beschwerdeführers geboten sei. Aktenkundig sei weiters (auf Grund vorliegenden E-Mail-Wechsels), dass die Bezirkshauptmannschaft B***stadt als Jugendwohlfahrtsbehörde daraufhin am 14. September 2012 mit der Bezirkshauptmannschaft A***stadt Kontakt aufgenommen und dieser den Sachverhalt zur Kenntnis gebracht habe. Dieser Umstand sei wiederum dem Bezirksgericht mit E-Mail vom 11. Oktober 2012 bekannt gegeben worden.

11. Der Beschwerdeführer brachte nach abschließendem Parteiengehör zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit Stellungnahme vom 25. August 2013 vor, das Schreiben des Bezirksgerichts sage nicht aus, dass er vor Gericht angegeben habe, depressiv zu sein und Medikamente zu nehmen. Es sage auch nichts darüber aus, wie das Gericht zu dem „Arztbrief“ gekommen sei.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner a) Daten des Beschwerdeführers in Form eines ärztlichen Befundes (von Dr. med. Juri K***, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, vom 22. Februar 2012) für Zwecke der Arbeitsvermittlung und der Verwaltung der Arbeitslosenversicherung ermitteln und b) diesen Befund an die Bezirkshauptmannschaft B***stadt übermitteln durfte.

C. Sachverhaltsfeststellungen

1. Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

2. Der Beschwerdeführer ist von Beruf Kraftfahrer (Lkw) und im Besitz von Lenkberechtigungen der Klassen C und E. Er war im relevanten Zeitraum (Februar bis Oktober 2012) arbeitslos, beim Beschwerdegegner als arbeitsuchend gemeldet und bezog Leistungen der Arbeitslosenversicherung (Notstandshilfe). Weiters ist er Vater der minderjährigen Kinder Oskar und Hans C***, betreffend deren Unterhaltsansprüche eine Pflegschaftssache (außerstreitiges Unterhaltsverfahren) zu Aktenzeichen *3 Pu *34/10z beim Bezirksgericht B***stadt anhängig ist. In diesem Verfahren war im März 2012 über einen Antrag des Beschwerdeführers auf Herabsetzung der von ihm zu leistenden Unterhaltsbeiträge wegen verminderten Einkommens zu entscheiden.

3. Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem eigenen (und unstrittigen Vorbringen) des Beschwerdeführers und der (vom Beschwerdegegner als Beilage zur Stellungnahme vom 8. März 2013 vorgelegten) Anfrage des Bezirksgerichts B***stadt, GZ: *3 Pu *34/10z-26 (Verfahrensgegenstand, Namen der minderjährigen Kinder, Aktenzeichen).

4. Der Beschwerdeführer war im Februar 2012 (Untersuchung am 20. Februar 2012) bei Dr. med. Juri K***, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, wegen einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion in Behandlung. Er war laut Dr. K*** „nicht arbeitsfähig“ . Der Beschwerdegegner verlangte vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf mögliche Sanktionen (Sperre der Notstandshilfe) die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung über seine Arbeitsfähigkeit, worauf der Beschwerdeführer einen von Dr. K*** am 22. Februar 2012 erstellten schriftlichen Befund der Untersuchung vom 20. Februar 2012 vorlegte.

5. Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem eigenen (und glaubwürdigen) Vorbringen des Beschwerdeführers (insbesondere hinsichtlich der Androhung einer Sperre der Notstandshilfe) und dem Inhalt des Befundes von Dr. K*** vom 22. Februar 2012 (vom Beschwerdegegner als weitere Beilage zur Stellungnahme vom 8. März 2013 vorgelegt).

6. Am 12. März 2012 richtete das Bezirksgericht B***stadt zu GZ: *3 Pu *34/10z-26 eine Anfrage an den Beschwerdegegner, die – neben Fragen nach dem Status des Beschwerdeführers bei der Arbeitssuche (u.a. nach der Zahl der Vermittlungsversuche) und der Höhe seiner Bezüge – folgendes Ersuchen enthält: „Sind Ermittlungsergebnisse zur Arbeitsfähigkeit (Gutachten) vorhanden, wird um Übersendung je einer Kopie gebeten.“

7. Der Beschwerdegegner übermittelte daraufhin eine Kopie des Befunds von Dr. K*** vom 22. Februar 2012 an das Bezirksgericht B***stadt (dort eingelangt am 6. April 2012).

8. Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der (vom Beschwerdegegner als Beilage zur Stellungnahme vom 8. März 2013 vorgelegten) Anfrage des Bezirksgerichts B***stadt, GZ: *3 Pu *34/10z-26, samt Eingangsstempeln sowie der Stellungnahme des Bezirksgerichts B***stadt vom 19. August 2013.

9. Am 13. August 2012 übersendete das Bezirksgericht B***stadt den Akt mit dem Aktenzeichen *3 Pu *34/10z an die Bezirkshauptmannschaft B***stadt als für die Kinder des Beschwerdeführers zuständiger Jugendwohlfahrtsbehörde zwecks Stellungnahme zu der Frage, ob auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers die beantragte Einschränkung der Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers begründet sein könnte.

10. Am 14. September 2012 verständigte die Bezirkshauptmannschaft B***stadt die Bezirkshauptmannschaft A***stadt als die für den Beschwerdeführer nach seinem damaligen Wohnsitz in Z***felden zuständige Führerscheinbehörde, dass der Beschwerdeführer auf Grund der aus dem Befund von Dr. K*** hervorgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht arbeitsfähig sei. Die Bezirkshauptmannschaft A***stadt leitete daraufhin ein Verfahren zur Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigungen gemäß § 24 FSG ein und ordnete gemäß Abs. 4 leg.cit. zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers eine amtsärztliche Untersuchung an. In weiteren Verlauf des führerscheinrechtlichen Verfahrens wurde nach dem 3. April 2013 (Verlegung des Wohnsitzes des Beschwerdeführers) die Bezirkshauptmannschaft B***stadt örtlich zuständig und das Verfahren samt Verwaltungsakten an diese abgetreten.

11. Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme des Bezirksgerichts B***stadt vom 19. August 2013 und auf jener der Bezirkshauptmannschaft B***stadt vom 12. August 2013, Zl. VerkR**-3*4-2013**.

12. Insgesamt geht aus den vorliegenden, beweiskräftigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hervor, dass die Bezirkshauptmannschaft B***stadt durch Einsicht in den Akt des gerichtlichen Unterhaltsverfahrens, der ihr als Jugendwohlfahrtsbehörde und Amtspartei gewährt worden ist, vom Inhalt des Befundes von Dr. K*** und damit von den Beschwerdeführer betreffenden Gesundheitsdaten Kenntnis erlangt hat. Diese Daten wurden per E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft A***stadt übermittelt und gaben dort Anlass zur Einleitung des führerscheinrechtlichen Verfahrens. Für eine direkte Datenübermittlung vom Beschwerdegegner (= AMS, Regionalgeschäftsstelle A***stadt) an die beteiligten Bezirkshauptmannschaften liegt dagegen kein Beweis vor.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

a. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 4 Z 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Definitionen

§ 4 . Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

§ 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Zulässigkeit der Verwendung von Daten

§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 9 Z 1 bis 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei

Verwendung sensibler Daten

§ 9 . Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen werden bei der Verwendung sensibler Daten ausschließlich dann nicht verletzt, wenn

§ 31 Abs. 2 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31 . (1) [...]

(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.

(3) [...] (6) [...]

(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“

§ 25 Abs. 1 Z 4 AMSG lautet samt Überschrift:

Datenverarbeitung

§ 25 . (1) Das Arbeitsmarktservice und das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sind zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Sinne des Datenschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 165/1999, insoweit ermächtigt, als diese zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung sind. Gesundheitsdaten im Sinne der Z 4 dürfen nur vom Arbeitsmarktservice für die den lit. a und b jeweils entsprechenden Zwecke verarbeitet werden. Die in Frage kommenden Datenarten sind:

1. [...] 3. [...]

4. Gesundheitsdaten:

§ 8 AlVG lautet samt Überschrift:

Arbeitsfähigkeit

§ 8 . (1) Arbeitsfähig ist, wer nicht invalid beziehungsweise nicht berufsunfähig im Sinne der für ihn in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 255, 273 beziehungsweise 280 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ist.

(2) Der Arbeitslose ist, wenn sich Zweifel über die Arbeitsfähigkeit ergeben, verpflichtet, sich auf Anordnung der regionalen Geschäftsstelle ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert er sich, dieser Anordnung Folge zu leisten, so erhält er für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld.

(3) Ärztliche Gutachten von Personen zur Beurteilung ihrer Arbeitsfähigkeit, die im Wege der Pensionsversicherungsanstalt nach § 351b ASVG erstellt werden, sind vom Arbeitsmarktservice anzuerkennen und dessen weiterer Tätigkeit zu Grunde zu legen.

(4) Auf Personen, die der Anordnung zur ärztlichen Untersuchung gemäß Abs. 2 Folge leisten, sind § 7 Abs. 3 Z 1, Abs. 5, Abs. 7 und Abs. 8, § 9 und § 10 bis zum Vorliegen des ärztlichen Gutachtens zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, längstens jedoch für zwei Monate, nicht anzuwenden.“

§ 16 Abs. 1 lit a) AlVG lautet samt Überschrift:

Ruhen des Arbeitslosengeldes

§ 16 . (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während

a) des Bezuges von Kranken- oder Wochengeld sowie bei Nichtgewährung von Krankengeld gemäß § 142 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes,[...]“

Artikel 22 B-VG lautet:

Artikel 22 . Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet.“

b. rechtliche Schlussfolgerungen

Allgemeines

1. Die Beschwerde hat sich als unbegründet erwiesen. Zu betonen ist, dass der Beschwerdeführer in Erfüllung des von der Datenschutzkommission erteilten Mangelbehebungsauftrags (siehe oben A. 2. und 3.) mit Schreiben vom 18. Februar 2013 ausdrücklich und ausschließlich das Arbeitsmarktservice, regionale Geschäftsstelle A***stadt, als Beschwerdegegner belangt hat. Gegenstand der Beschwerde ist die Verwendung von sensiblen Daten gemäß § 4 Z 2 5. Fall, nämlich von Gesundheitsdaten in Gestalt eines die medizinische Diagnose einer psychischen Erkrankung enthaltenden fachärztlichen Befundes.

Datenermittlung durch den Beschwerdegegner

2. § 25 Abs. 1 Z 4 AMSG ermächtigt den Beschwerdegegner zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten hinsichtlich gesundheitlicher Einschränkungen, die die Arbeitsfähigkeit oder die Verfügbarkeit in Frage stellen oder die berufliche Verwendung berühren.

3. Aus § 8, § 10 Abs. 1 sowie § 16 Abs. 1 lit a) AlVG ergibt sich, dass für Zwecke der Beurteilung von Ansprüchen des Beschwerdeführers aus der Arbeitslosenversicherung bzw. für die Frage seiner Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt die Ermittlung von Gesundheitsdaten denkmöglich von entscheidender Bedeutung war. Anders als im Fall des § 16 Abs. 1 lit a) AlVG (Bezug von Krankengeld, Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und Notstandshilfe) ist bei der Frage der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen der Beschwerdegegner berechtigt, auch die Gründe der Arbeitsunfähigkeit, das heißt die Diagnose zu erfahren. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 2 AlVG, wonach auf Anordnung der regionalen Geschäftsstelle des AMS eine ärztliche Untersuchung, das heißt eine Befunderhebung durch einen vom AMS zu bestellenden und zu beauftragenden medizinischen Sachverständigen, vorzunehmen ist.

4. „Es ist nicht die Aufgabe des Sachverständigen, mit rechtlicher Wirkung über die den Gegenstand des Gutachtens bildende Fragestellung zu entscheiden. Der sachverständige Gutachter hat vielmehr dem zur Entscheidung befugten behördlichen Organ nur seine sachverständige Meinung zur Gutachtensfrage samt den Sachargumenten zu liefern, die das behördliche Organ in die Lage versetzen sollen, eine logisch nachvollziehbare Entscheidung zu treffen. Zu diesem Zweck müssen dem zur Entscheidung befugten Organ auch alle zur Begründung der sachverständigen Äußerung notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden, d.h. im vorliegenden Fall auch das Ergebnis der Anamnese über den Gesundheitszustand des Betroffenen. Das Vorhandensein dieser Informationen bei der Behörde ist auch im Interesse der Nachprüfbarkeit der behördlichen Entscheidung – etwa im dienstrechtlichen Verfahren – unerlässlich“ (Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. April 2010, K121.572/0003- DSK/2010, RIS).

5. Dies gilt sinngemäß auch für den Fall, dass die zuständige Behörde, hier der Beschwerdegegner, den Betroffenen, hier den Beschwerdeführer, im Sinne der Schnelligkeit und der Kostenersparnis ersucht oder auffordert, bereits vorhandene medizinische Befunde vorzulegen. Damit kann dahingestellt bleiben, inwieweit dies als Zustimmung zu werten wäre.

6. Der Beschwerdegegner war daher grundsätzlich gemäß § 9 Z 3 DSG 2000 gesetzlich ermächtigt, Gesundheitsdaten des Beschwerdeführers zu verarbeiten.

7. „Datenschutzrechtliche Beschwerden sind nicht geeignet, in der Sache vor andere Behörden gehörende Rechtsfragen [...] prüfen zu lassen. Grundsätzlich besteht ein – im Fall von Verwaltungsübertretungen insbesondere durch § 25 Abs. 1 iVm § 26 Abs. 1 VStG, im allgemeinen Verwaltungsverfahren durch die §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG sowie besondere Zuständigkeitsbestimmungen zum Ausdruck kommendes – berechtigtes Interesse der zuständigen Behörde an der Verwendung personenbezogener Daten, [...] welches das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten überwiegt, sodass gemäß § 8 Abs. 1 Z 4 bzw. § 8 Abs. 4 Z 3 DSG 2000 eine Verletzung von nach § 1 Abs. 1 leg. cit. bestehenden schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen nicht vorliegt. Als Maßstab für eine Beurteilung der Zulässigkeit der Datenermittlung in solchen Verfahren verbleibt für die Datenschutzkommission das Übermaßverbot als Ausdruck des in § 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 3 DSG 2000 normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes: Wenn es denkmöglich ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben“(Bescheid der Datenschutzkommission vom 29. November 2005, K121.046/0016-DSK/2005, RIS, ZVR 2006/115).

8. Wie bereits oben unter 3. ausgeführt, ist für die Frage, ob der Beschwerdeführer gesundheitlich (durch eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion) arbeitsfähig und für bestimmte Stellen vermittelbar war, die Ermittlung von Gesundheitsdaten denkmöglich entscheidend. Eine alternative, weniger eingriffsintensive Methode, ein gelinderes Mittel im Sinne des § 7 Abs. 3 DSG 2000, zur sicheren Erreichung des Verfahrenszieles (Gewinnung von Erkenntnissen in der Frage der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers) ist nicht erkennbar und vom Beschwerdeführer im Verfahren auch nicht aufgezeigt worden. Eine (neuerliche) ärztliche Untersuchung gemäß § 8 Abs. 2 AlVG wäre nicht nur gleich eingriffsintensiv im datenschutzrechtlichen Sinne sondern auch mit höheren Kosten verbunden gewesen.

9. Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer durch die Ermittlung der Daten im Befund von Dr. K*** daher nicht in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt.

Übermittlung des Befunds an das Bezirksgericht B***stadt

10. Dieser Übermittlung lag ein schriftliches Ersuchen ( „Anfrage“ ) des Bezirksgerichts B***stadt zu Grunde. Eine derartige Anfrage eines anderen, hoheitlich tätigen Staatsorgans löst gemäß Art. 22 B-VG eine Pflicht zur Leistung von Amtshilfe aus. Gemäß § 9 Z 4 DSG 2000 kann die Amtshilfepflicht auch die Übermittlung („Verwendung“) von sensiblen Daten rechtfertigen.

11. Da im Beschwerdefall direkt und konkret nach Kopien vorhandener (schriftlicher) Ermittlungsergebnisse wie Gutachten gefragt wurde, ist ebenfalls kein gelinderes Mittel im Sinne des § 7 Abs. 3 DSG 2000 zur pflichtgemäßen Erfüllung des Ersuchens erkennbar. Für den Beschwerdegegner war auch erkennbar, dass die Frage einer Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers für das Bezirksgericht in einer Unterhaltssache denkmöglich von Bedeutung war. Die Bedingungen des § 7 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 waren somit erfüllt.

12. Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer durch die Übermittlung der Daten im Befund von Dr. K*** an das Bezirksgericht B***stadt daher nicht in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt.

weitere Übermittlungsvorgänge

13. Wie bereits in der abschließenden Beweiswürdigung zur Sachverhaltsfeststellung (siehe oben C. 12.) dargelegt, konnte nicht festgestellt werden, dass der Befund von Dr. K*** vom Beschwerdegegner an andere Staatsorgane als das Bezirksgericht B***stadt übermittelt worden ist. Für den Daten- bzw. Informationsaustausch zwischen dem Bezirksgericht B***stadt (das gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 überhaupt außerhalb der Zuständigkeit der Datenschutzkommission liegt), der Bezirkshauptmannschaft B***stadt und der Bezirkshauptmannschaft A***stadt kann der Beschwerdegegner als datenschutzrechtlicher Auftraggeber jedoch nicht belangt werden.

14. Die Beschwerde war daher gemäß § 31 Abs. 7 DSG 2000 als unbegründet abzuweisen.

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