K121.932/0011-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Dr. SCHMIDL in ihrer Sitzung vom 22. Mai 2013 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Eduard R***(Beschwerdeführer) in *** vom 2. Dezember 2012 (ha. eingelangt am 3. Dezember 2012) gegen die Österreichische Botschaft in Y*** (Beschwerdegegnerin), wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird entschieden:
1. Der Beschwerde wird t e i l w e i s e s t a t t g e g
e b en und es wird f e s t g e s t e l l t, dass die
Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt hat, als sie die Anzeige vom 9. November 2011 auch an die Abteilungen II/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen), III/4 (Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftswesen) und I/4/a (Internationale Angelegenheiten, Attachéwesen) des Bundesministeriums für Inneres und den Magistrat der Stadt B*** weitergeleitet hat.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Z 7, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 4 Z 4 und § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g
A. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien
1. Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 3. Dezember 2012 ha. eingelangten und mit Schreiben vom 31. Dezember 2012 verbesserten Beschwerde (nachfolgend einer zu K121.823 betreffend desselben Sachverhalts zurückgewiesenen Beschwerde) eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin (durch Konsul Heribert M*** und seine Mitarbeiterin Hanni X***) im November 2011 seine personenbezogenen Daten weitergegeben habe.
Als ehemaliger Obmann (Anm.: des Vereins „***für Ausländer“) habe er sich bereit erklärt, Frau A (Anm.: im Rahmen eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Familienangehöriger) als Vertrauensperson zu unterstützen. Der zuständige Polizist Miguel L*** habe sich zu persönlichen Unterlagen des Beschwerdeführers rechtswidrig Zutritt verschafft. Die so gewonnenen Informationen seien für eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer vom 9. bzw. 10. November 2011 verwendet worden.
2. In ihrer Stellungnahme vom 12. Februar 2013 brachte die Beschwerdegegnerin vor, im Rahmen des Antrags auf Niederlassungsbewilligung der A sei festgestellt worden, dass ein massiver Verdacht auf die Erlangung eines das Alter der Antragstellerin korrigierenden Gerichtsentscheids mittels falscher Zeugenaussage bestehe. Entsprechende Unterlagen seien an Herrn Miguel L***, der als polizeilicher Verbindungsbeamter der Botschaft ua. für die sachliche Unterstützung in fremdenrechtlichen Angelegenheiten zuständig sei, weitergeleitet worden. Er sei ein zur Verschwiegenheit verpflichteter Beamter der fachlich in Betracht kommenden Oberbehörde, des Bundesministerium für Inneres. Eine Verletzung des Datenschutzes durch Weitergabe von Informationen an einen Beamten der gleichen Dienststelle, welcher gleichzeitig Beamter der fachlich zuständigen Oberbehörde sei, sei nicht erkennbar. Es werde um Zurückweisung der Beschwerde ersucht und auf die zu K121.823 vorgelegten Unterlagen verwiesen.
3. Im Parteiengehör dazu gab der Beschwerdeführer, soweit hier relevant, an, die Anzeige vom 9./10. November 2011 stütze sich auf keine Beweise bzw. auf Telefonnummern und Daten, die nicht der Wahrheit entsprächen (letzteres ergäbe sich aus einem vorgelegten Gesprächsnachweis). Es sei nur zur Angelegenheit der Frau A Stellung genommen worden, nicht aber zu seinem Beschwerdepunkt. Des Weiteren werden Vorwürfe gegen das Innenministerium vorgebracht bzw. nicht weiter substantiierte Vermutungen angestellt.
Im zu K121.823 ha. geführten Verfahren brachten die Parteien vor:
1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Erstbeschwerdegegner in Überschreitung seiner Kompetenzen Daten (ua.) des Beschwerdeführers am 9. November 2011 an verschiedene Empfänger eines Mails unrechtmäßig übermittelt habe. Zuvor habe der Erstbeschwerdegegner diese Daten vom Zweitbeschwerdegegner bzw. der Drittbeschwerdegegnerin in Überschreitung ihrer jeweiligen Kompetenzen übermittelt erhalten.
Er sei daher durch die Beschwerdegegner in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt und beantragt, die Datenschutzkommission möge mit Bescheid diese Rechtsverletzung feststellen.
2. In seiner Stellungnahme vom 8. März 2012 gab der Erstbeschwerdegegner (Miguel L***) im Wesentlichen dazu an, er sei seit 30 Jahren als Exekutivbeamter zu Ermittlungen, die der Aufklärung von Straftaten und Verhinderungen von gefährlichen Angriffen dienen würden, berufen und verpflichtet. Seit 4. Oktober 2010 sei er als polizeilicher Verbindungsbeamter in der Österreichischen Botschaft (ÖB) Y*** tätig und ua. für die Überprüfung von Unterlagen (Fälschungen etc.), welche im konsularischen Bereich bei Visaanträgen eingereicht würden, zuständig.
Der Beschwerdeführer habe ab dem 16. September 2011 die ÖB Y***, das Büro des Erstbeschwerdegegners, diverse Dienststellen im BMI bis hin ins Kabinett der Bundesministerin mit Anrufen zu einer Angelegenheit wegen Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft *** gegen Frau A (betreffend die behauptete Veränderung ihres Geburtsdatums zur Umgehung einer Mindestaltersgrenze nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) „zu bombardieren und terrorisieren“ begonnen. Ua. habe er, teilweise unter Beschimpfungen und Bedrohungen, die Einstellung aller Ermittlungen in dieser Angelegenheit verlangt. Über Wochen habe er so den Dienstbetrieb aufs massivste gestört. Bereits 2007 habe er Bedienstete der ÖB Y*** gefährlich bedroht, weshalb ihm Hausverbot erteilt worden sei.
Aufgrund des begründeten Verdachts der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen sei der Erstbeschwerdegegner gezwungen gewesen, am 9. November 2011 eine Sachverhaltsdarstellung per E-Mail an die PI ***, die aufgrund des Wohnsitzes des Beschwerdeführers Sicherheitsbehörde unterster Instanz sei, zu übermitteln, damit diese eine Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft erstatte. Dazu sei der Erstbeschwerdegegner rechtlich verpflichtet, widrigenfalls er durch Unterlassung den Straftatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 3 iVm 302 StGB begangen hätte. Die Anzeige gründete sich auf die dienstliche Wahrnehmung als Amtsperson und in seiner Funktion dessen.
3. Der Zweitbeschwerdegegner (Heribert M***) sowie die Drittbeschwerdegegnerin (Hanni X***) gaben mit Stellungnahme vom 20. März 2012 an, dass im Rahmen des Antrages auf Niederlassungsbewilligung der A festgestellt worden sei, dass ein Verdacht auf die Erlangung eines das Alter der Antragstellerin korrigierenden Gerichtsentscheides mittels falscher Zeugenaussagen bestehe. Die entsprechenden Unterlagen seien von der Drittbeschwerdegegnerin im Auftrag ihres unmittelbaren Vorgesetzten, des Zweitbeschwerdegegners, an den Erstbeschwerdegegner weitergeleitet worden, da dieser als polizeilicher Verbindungsbeamter der Botschaft unter anderem die Aufgabe habe, den Konsularbeamten der Botschaft sachliche Unterstützung in fremdenrechtlichen Angelegenheit zu leisten. Dieser sei ein zur Verschwiegenheit verpflichteter Beamter der fachlich in Betracht kommenden Oberbehörde, des BMI.
Allfällige Unterlagen seien bereits vom Erstbeschwerdegegner an die Datenschutzkommission weitergeleitet worden.
4. Im Parteiengehör dazu gab der Beschwerdeführer , soweit hier relevant, an, der Zweitbeschwerdegegner und die Drittbeschwerdegegnerin hätten seine Daten ohne gesetzliche Vorschriften weitergeleitet. Gegen den Erstbeschwerdegegner seien mehrere Verfahren eingeleitet worden, er habe sich wohl verteidigen wollen. Das Verfahren von A sei nicht so eindeutig, wie der Erstbeschwerdeführer offenbar meine, da deswegen eine Berufung *** schon seit März 2011 anhängig sei. Die Anzeige wegen behaupteter Terrorisierung von Behörden bzw. Bombardierung mit Anrufen sei von der Staatsanwaltschaft *** eingestellt worden. Auch sonstige Behauptungen des Erstbeschwerdegegners würden zurückgewiesen.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand ausschließlich die Frage ist, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt wurde, dass die Beschwerdegegnerin seine personenbezogenen Daten a. vor dem 9. November 2011 für Zwecke einer Straf- bzw. Verwaltungsstrafanzeige verwendet hat (durch Weitergabe an Miguel L***) und b. diese Daten am 9. November 2011 an verschiedene Behörden als Inhalt eines Mails mit dem Betreff „Eduard R*** -Verdacht der Winkelschreiberei, Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Stalking-Ersuchen um Anzeigeerstattung“ weitergegeben hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Miguel L*** ist in Diensten des Bundesministeriums für Inneres seit dem 4. Oktober 2010 als polizeilicher Verbindungsbeamter bei der Beschwerdegegnerin als Attaché tätig und (ua.) für die Überprüfung von im Zuge von konsularischen Verfahren vorgelegten Unterlagen zuständig. Heribert M*** ist leitender Konsularbeamter der Beschwerdegegnerin (zweiter Botschaftssekretär), Hanni X*** ist als Konsularbeamtin unter dessen Leitung als Attaché tätig.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdegegner in K121.823 sowie aus der Website ***.
Die türkische Staatsangehörige A stellte am 27. April 2010 bei der Beschwerdegegnerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Familienangehöriger (Niederlassungsbewilligung). Im Zuge dieses Verfahrens ist bei der Beschwerdegegnerin der Verdacht entstanden, dass die Antragstellerin durch Vorlage falscher Urkunden vor türkischen Gerichten ihr Geburtsdatum von 22. Februar 1992 auf 22. Februar 1989 fälschte, um die Mindestaltersgrenze zur Antragstellung von 21 Jahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu überschreiten.
Der Beschwerdeführer hat als ehemaliger Obmann des Vereins „***“ Ausländer (ua.) in Fragen des Fremden- und Aufenthaltsrecht unterstützt, so auch die A.
Beweiswürdigung: Die Feststellungen zum Verfahren der A ergeben sich aus dem Vorbringen von Heribert M***und Hanni X*** in K121.823, auf das die Beschwerdegegnerin mit Stellungnahme vom 13. Februar 2013 verwies. Dem ist der Beschwerdeführer im Parteiengehör dazu nicht entgegen getreten. Die Feststellungen zum Verdacht gegen die A ergeben sich aus den Vorbringen aller Beschwerdegegner und dem (in der Folge zitierten) E-Mail des Miguel L*** vom 9. November 2011. Die Feststellungen zur Funktion des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Beilagen zu seiner Beschwerde.
Entsprechende Information zu diesem Verdacht wurden vor dem 9. November 2011 von der Beschwerdegegnerin an Miguel L*** weitergegeben. Dieser verfasste am 9. November 2011 unter dem Betreff „Eduard R*** -Verdacht der Winkelschreiberei, Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Stalking-Ersuchen um Anzeigeerstattung“ folgendes Mail an die Polizeiinspektion ***([E-Mail]) sowie in Kopie an Abteilungen des Bundesministeriums für Inneres, an Heribert M*** und Hanni X*** sowie an den Magistrat der Stadt B*** ([E-Mail]):
[Im Folgenden wird das Mail wörtlich wiedergegeben]
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem E-Mail selbst. Dass die darin enthaltenen Daten des Beschwerdeführers von der Beschwerdegegnerin stammen, wurde nicht bestritten.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
…“
§ 4 Z 12 DSG 2000 lautet:
„Definitionen
§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
...
12. Übermitteln von Daten: die Weitergabe von Daten an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen von Daten; darüber hinaus auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers;
...“
Die §§ 7 und 8 DSG 2000 lauten auszugsweise:
„Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.
...
„Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei
Verwendung nicht-sensibler Daten
§ 8. (1) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn
1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht oder
2. der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt, oder
3. lebenswichtige Interessen des Betroffenen die Verwendung erfordern oder
4. überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.
(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung zulässigerweise veröffentlichter Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.
(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten
1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
2. durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder
...
(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht oder
2. die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
3. sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet oder
4. die Datenweitergabe zum Zweck der Erstattung einer Anzeige an eine zur Verfolgung der angezeigten strafbaren Handlungen (Unterlassungen) zuständige Behörde erfolgt.“
§ 31 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31. (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.
(3) Die Beschwerde hat zu enthalten:
...“
§ 2 Abs. 1 Z 16 sowie § 3 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, lauten:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
...
16. Berufsvertretungsbehörde: eine mit konsularischen Aufgaben und der berufsmäßigen Vertretung Österreichs im Ausland betraute Behörde;
...
„Sachliche Zuständigkeit
§ 3. ...
(3) Wird ein Antrag im Ausland gestellt (§ 22), ist die örtlich zuständige Berufsvertretungsbehörde zur Entgegennahme des Antrags zuständig. Diese entscheidet über Anträge, wenn das Verfahren schon aus formalen Gründen (§ 22 Abs. 2) einzustellen ist; gegen diese Entscheidung ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
...“
Die §§ 78f Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 632/1975 idgF, lauten:
„Anzeigepflicht
§ 78. (1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet.
(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht,
1. wenn die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, oder
2. wenn und solange hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, die Strafbarkeit der Tat werde binnen kurzem durch schadensbereinigende Maßnahmen entfallen.
(3) Die Behörde oder öffentliche Dienststelle hat jedenfalls alles zu unternehmen, was zum Schutz des Opfers oder anderer Personen vor Gefährdung notwendig ist; erforderlichenfalls ist auch in den Fällen des Abs. 2 Anzeige zu erstatten.
§ 79. Soweit eine gesetzliche Anzeigepflicht besteht, sind der Kriminalpolizei, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten zur Aufklärung einer Straftat einer bestimmten Person von Amts wegen oder auf Grund von Ersuchen Ablichtungen der Akten und sonstigen schriftlichen Aufzeichnungen zu übermitteln oder Akteneinsicht zu gewähren. Eine Berufung auf bestehende gesetzliche Verschwiegenheitspflichten ist insoweit unzulässig.“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen:
a. zum Umfang der Beschwerde
Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich die Österreichische Botschaft in Y*** als Beschwerdegegnerin bezeichnet. Beschwerdegegenständlich können daher nur solche Datenverwendungen sein, die der Beschwerdegegnerin zugerechnet werden können. Dafür kommen in Frage einerseits die Weitergabe von personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers durch Heribert M*** und Hanni X*** an Miguel L*** vor dem 9. November 2011, andererseits die Weitergabe von personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers durch Miguel L*** im Zuge der Anzeige per E-Mail vom 9. bzw. 10. November 2011 an die dort genannten Empfänger.
b. zur Natur der Datenverwendung
Die Beschwerdegegnerin irrt zunächst, wenn sie vorbringt, dass die Weitergabe von Informationen (ua. personenbezogenen Daten) an einen Beamten der gleichen Dienststelle, welcher gleichzeitig Beamter der fachlich zuständigen Oberbehörde sei, datenschutzrechtlich irrelevant sei.
§ 4 Z 12 DSG 2000 definiert nämlich als „Übermitteln“ nicht nur die Weitergabe von Daten an andere Empfänger als den Auftraggeber selbst (oder den Betroffenen oder Dienstleister), also bspw. die Weitergabe von Daten durch die Beschwerdegegnerin an das Bundesministerium für Inneres, oder das Veröffentlichen von Daten, sondern auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers.
Letzteres lag im gegenständlichen Fall jedenfalls dadurch vor, dass die zunächst für Zwecke der Behandlung des Antrags auf Niederlassungsbewilligung der A ua. auch zur Person des Beschwerdeführers verwendeten personenbezogenen Daten in weiterer Folge für Zwecke der Anzeigenlegung gegen den Beschwerdeführer betreffend ua. Winkelschreiberei und Anstiftung zum Amtsmissbrauch verwendet wurden. Damit sind die Daten jedenfalls nicht mehr für das Aufgabengebiet der Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes verwendet worden und liegt daher eine Übermittlung gemäß § 4 Z 12 DSG 2000 vor.
Unstrittig ebenfalls eine Übermittlung liegt in der Weitergabe von personenbezogenen Daten als Inhalt der Anzeige vom 9. November 2011 an die in den Feststellungen genannten Empfänger.
c. zur Zulässigkeit der Übermittlung von Daten
Eine Übermittlung von Daten ist gemäß § 7 Abs. 2 DSG 2000 nur dann zulässig, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis – soweit diese nicht außer Zweifel steht – im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
ca. Übermittlung von Daten an Miguel L***
Dazu ist einerseits festzuhalten, dass entsprechend Z 1 die Beschwerdegegnerin zur Entgegennahme von Anträgen auf Niederlassungsbewilligung sowie zur Entscheidung aus formalen Gründen zuständig war (vgl. § 3 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz). Die Zulässigkeit der Datenanwendung ergibt sich auch aus der registrierten Teilnahme der Beschwerdegegnerin am Informationsverbundsystem „Zentrales Fremdenregister“ (DVR 2*1*97*, DAN 002).
Andererseits ist zu Z 2 festzuhalten, dass Miguel L*** als Empfänger der Übermittlung und als polizeilicher Verbindungsbeamter des Bundesministeriums für Inneres zur Erstattung von Anzeigen grundsätzlich berechtigt war (vgl. § 78 Abs. 1 StPO).
Zu prüfen bleibt daher, ob im konkreten Fall entsprechend Z 3 durch Zweck und Inhalt der Übermittlung schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers verletzt wurden. Für die Verwendung von strafrechtlich relevanten Daten ist dabei § 8 Abs. 4 DSG 2000 einschlägig, im Besonderen dessen Z 4. Dabei sind schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen eines Betroffenen bei der Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, dann nicht verletzt, wenn die Datenweitergabe zum Zweck der Erstattung einer Anzeige an eine zur Verfolgung der angezeigten strafbaren Handlungen (Unterlassungen) zuständige Behörde erfolgt.
Die Weitergabe von Daten des Beschwerdeführers für Zwecke der Erstattung einer Anzeige über gerichtlich oder verwaltungsstrafbehördlich strafbare Handlungen durch die Beschwerdegegnerin war daher datenschutzrechtlich zulässig.
Hinsichtlich des Umfangs der Weitergabe ist § 7 Abs. 3 DSG 2000 entscheidend, wonach Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und dass die Grundsätze des § 6 eingehalten werden. Dass diesem Verhältnismäßigkeitsgebot im konkreten Fall nicht entsprochen worden sein soll, dass also für Zwecke der Erstattung der konkreten Anzeige nicht relevante Daten des Beschwerdeführers von Beschwerdegegnerin an Miguel L*** übermittelt worden sein sollen, hat sich für die Datenschutzkommission nicht ergeben und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht (wenn er im Parteiengehör auf einen „Gesprächsnachweis“ zur Richtigstellung betreffend in der Anzeige verwendeter, behaupteter maßen unrichtiger Telefonnummern und Daten verweist, so handelt es sich dabei um eine Rechtfertigung als Beschuldigter, nicht aber das Aufzeigen, dass für die angezeigten Vorwürfe nicht relevanten Daten verwendet worden wären).
cb. Übermittlung von Daten in der Anzeige
Dass Miguel L*** entsprechend der Voraussetzung Z 1 für die Rechtmäßigkeit einer Übermittlung berechtigt war, die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführer zu erhalten, wurde schon unter ca. dargelegt.
Zur Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Übermittlung personenbezogener Daten gemäß Z 2:
Als Übermittlungsempfänger der Anzeige scheinen auf: die Polizeiinspektion *** sowie (in Kopie) Abteilungen des Bundesministerium für Inneres; und der Magistrat der Stadt B***.
Die Polizeiinspektion *** ist gemäß § 9 Abs. 1 bzw. § 10 Abs. 1 SPG die (aufgrund des Wohnsitzes des Beschwerdeführers) örtlich zuständige Sicherheitsbehörde erster Instanz. Die Empfänger, die die Anzeige in Kopie erhalten haben, sind zur Behandlung der Anzeige nicht zuständig. Im Hinblick auf den Übermittlungszweck Anzeigelegung verfügen diese Empfänger daher nicht über eine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit bzw. rechtliche Befugnis.
Hinsichtlich der Polizeiinspektion *** ist auch die Voraussetzung der Z 3 erfüllt. Betreffend das Nichtvorliegen einer Verletzung von schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen kann auf § 8 Abs. 4 Z 4 DSG 2000 sowie die Ausführungen oben verwiesen werden.
Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben, als die in der Anzeige vom 9. November 2011 enthaltenen personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers an Abteilungen des Bundesministerium für Inneres sowie den Magistrat der Stadt B*** übermittelt wurden.
Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.