JudikaturDSB

K121.955/0005-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
30. April 2013

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 30. April 2013 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des S*** T*** (Beschwerdeführer) vom 13. März 2013 gegen die Republik Österreich – Bezirksgericht Kirchdorf/Krems (Erstbeschwerdegegner) sowie den V*** (Zweitbeschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten, insbesondere der Adresse, in der Ediktsdatei sowie in Datenbanken des Zweitbeschwerdeführers wird entschieden:

- Die Beschwerde wird z u r ü c k g e w i e se n.

Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 5, 31 Abs. 2, 32 Abs. 1 und 4 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 83 und 84 des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896 idgF.

B e g r ü n d u n g

A. Vorbringen und Verfahrensgang

1. In seiner am 15. März 2013 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, dass der Erstbeschwerdegegner zur GZ S*** eine Konkurseröffnung mangels Vermögen gegen die Person des Beschwerdeführers abgewiesen und festgestellt habe, dass der Beschwerdeführer zahlungsunfähig sei. Diese gerichtliche Entscheidung sei mittlerweile beim Landesgericht L*** im Rahmen eines Rekursverfahrens anhängig. Durch den rechtswidrigen Beschluss des Erstbeschwerdegegners entstünden dem Beschwerdeführer erhebliche Nachteile, die der Zweitbeschwerdegegner provoziere. Der Erstbeschwerdegegner veröffentliche in der Ediktsdatei www.edikte.justiz.gv.at seine Adressdaten und auch der Zweitbeschwerdegegner gebe seine Adressdaten an Dritte weiter, obwohl es einen rechtskräftigen Bescheid vom Magistrat S***, GZ ***, gebe, wonach beim Beschwerdeführer eine Auskunftssperre wegen Morddrohungen gegen seine Familie und ihn vorliege. Es sei rechtswidrig diesen Bescheid zu übergehen. Es sei nun für jedermann öffentlich nachzulesen, wo der Beschwerdeführer wohne, wodurch seine Familie gefährdet werde. Seine Schutzinteressen seien jedenfalls höher zu stellen, als die Veröffentlichung der Konkursdaten durch die Beschwerdegegner in ihren Datenbanken. Eine Löschung sei ausgeschlossen worden. Der Beschwerdeführer habe vor gut zwei Jahren die Löschung seiner Daten beim Zweitbeschwerdegegner begehrt, jedoch seien seine Daten nicht gelöscht, sondern nur unkenntlich gemacht worden. Mit Schreiben des Zweitbeschwerdegegners vom 8. März 2013 sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass die Insolvenzdaten in die Datenbanken aufgenommen worden wären und diese sohin öffentlich abrufbar seien, obwohl er ausdrücklich die Löschung begehrt habe. Der Zweitbeschwerdegegner widersetze sich dem Willen des Beschwerdeführers und es seien mittlerweile die ersten Verträge gekündigt worden, obwohl er seine Zahlungen pünktlich leiste. Aus den genannten Gründen beantrage der Beschwerdeführer daher, seiner Beschwerde Folge zu leisten und auszusprechen, dass beim Zweitbeschwerdegegner seine Daten zu löschen seien und der Erstbeschwerdegegner in der Ediktsdatei ebenfalls die Daten löschen müsse.

Der Beschwerde beigelegt ist ein an den Beschwerdeführer gerichtetes E-Mail des Magistrats S*** vom 28. November 2011, in welchem dem Beschwerdeführer mitgeteilt wird, dass seinem Antrag auf Auskunftssperre für ihn und seine Familie stattgegeben wurde und die Auskunftssperren am heutigen Tag gesetzt würden.

2. Mit Schreiben der Datenschutzkommission vom 15. März 2013, GZ ***, wurde der Beschwerdeführer unter Verweis auf § 31 Abs. 2 und § 32 Abs. 1 DSG 2000 sowie die §§ 83-85 GOG hingewiesen, dass vorläufig die Ansicht vertreten werde, dass keine Zuständigkeit der Datenschutzkommission bestehe. Die Beschwerde richte sich einerseits gegen einen Akt der Gerichtsbarkeit, nämlich die Einleitung eines Insolvenzverfahrens samt Veröffentlichung der Einleitung in der öffentlich zugänglichen Ediktsdatei. Andererseits handle es sich beim Zweitbeschwerdegegner um einen Rechtsträger, der in Formen des Privatrechts eingerichtet sei. Der Beschwerdeführer wurde – unter Androhung der möglichen Zurückweisung der Beschwerde im Falle der Nichtbeantwortung – aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob er die erhobene Beschwerde zurückziehe bzw. worin er dennoch eine Zuständigkeit der Datenschutzkommission erblicke.

Dem Schreiben beigelegt waren die einschlägigen Bestimmungen des GOG.

3. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 19. März 2013 rechtswirksam zugestellt, eine Stellungnahme dazu langte bei der Datenschutzkommission binnen der zweiwöchigen Frist nicht ein.

B. Sachverhaltsfeststellungen

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Mit Beschluss des Erstbeschwerdegegners, GZ S***, wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckendem Vermögen abgewiesen. Dieser Beschluss wurde am 6. März 2013 in der Ediktsdatei unter www.edikte.justiz.gv.at öffentlich kundgemacht. Gegen den genannten Beschluss erhob der Beschwerdeführer Rekurs, welcher derzeit beim Berufungsgericht behängt.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus der Beschwerde sowie aus der öffentlich zugänglichen Ediktsdatei.

Aufgrund des Beschlusses des Erstbeschwerdegegners wurde der Beschwerdeführer in Datenbanken des Zweitbeschwerdegegners aufgenommen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung ergibt sich aus der Beschwerde.

Der Zweitbeschwerdegegner ist in Form eines Rechtsträgers privaten Rechts eingerichtet.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung ergibt sich aus der Website des Zweitbeschwerdegegners unter www.***

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 5 DSG 2000 samt Überschrift lautet:

„(Verfassungsbestimmung)

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1.

(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.“

§ 31 Abs. 2 DSG 2000 samt Überschrift lautet:

„Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31.

(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.“

§ 32 Abs. 1 und 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Anrufung der Gerichte

§ 32. (1) Ansprüche wegen Verletzung der Rechte einer Person oder Personengemeinschaft auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung gegen natürliche Personen, Personengemeinschaften oder Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, sind, soweit diese Rechtsträger bei der behaupteten Verletzung nicht in Vollziehung der Gesetze tätig geworden sind, auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.

(4) Für Klagen und Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach diesem Bundesgesetz ist in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht zuständig, in dessen Sprengel der Kläger (Antragsteller) seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz hat. Klagen (Anträge) können aber auch bei dem Landesgericht erhoben werden, in dessen Sprengel der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz oder eine Niederlassung hat.“

Die §§ 83 und 84 GOG lauten samt Überschrift:

„Datenschutz in Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit

§ 83. In Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit richtet sich die Durchsetzung der im DSG 2000 geregelten Rechte des Betroffenen nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und den jeweiligen Verfahrensvorschriften.

§ 84. Das Recht des Betroffenen auf Auskunft darüber, welche ihn betreffenden Daten verarbeitet werden, sowie das Recht des Betroffenen auf Richtigstellung und Löschung unrichtiger oder unzulässigerweise verarbeiteter personenbezogener Daten ist vor dem Gericht, das für die Eintragung der Daten zuständig ist (Auftraggeber nach § 4 Z 4 DSG 2000), geltend zu machen. Dieses hat bei Vorliegen der Voraussetzungen die Auskunft binnen acht Wochen zu erteilen sowie unrichtige oder unzulässigerweise verarbeitete personenbezogene Daten richtig zu stellen oder zu löschen. Die Entscheidung ergeht in bürgerlichen Rechtssachen im Verfahren außer Streitsachen, in Strafsachen nach den Bestimmungen der StPO. Gegen eine den Antrag abweisende Entscheidung ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.“

2. Rechtliche Schlussfolgerungen:

2.1. Soweit der Beschwerdeführer die Löschung seiner Daten, insbesondere der Adresse, in der Ediktsdatei begehrt, bezieht sich dieses Begehren auf ein ihn betreffendes gerichtliches Verfahren , nämlich ein Insolvenzverfahren. Die (erfolgte) Verwendung von Daten des Beschwerdeführers ist somit einem Organ im Dienste der Gerichtsbarkeit zuzurechnen (vgl. dazu die §§ 1, 74 und 256 der Insolvenzordnung).

Gemäß § 1 Abs. 5 in Verbindung mit § 31 Abs. 2 DSG 2000 sind Beschwerden wegen (u.a.) einer behaupteten Verletzung im Recht auf Löschung, sofern der Anspruch sich gegen ein Organ im Dienste der Gerichtsbarkeit richtet, von der Zuständigkeit der Datenschutzkommission ausgenommen. In Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit richtet sich die Durchsetzung der im DSG 2000 geregelten Rechte eines Betroffenen gemäß § 83 GOG vielmehr nach den Vorschriften des GOG und den jeweiligen Verfahrensvorschriften.

2.2. Soweit der Beschwerdeführer die Löschung seiner Daten in Datenbanken des Zweitbeschwerdegegners begehrt, ist auszuführen, dass es sich bei diesem jedenfalls um einen in Formen des Privatrechts eingerichteten Rechtsträger handelt. Anzeichen dafür, dass der Zweitbeschwerdegegner bei der behaupteten Verletzung in Vollziehung der Gesetze tätig geworden ist, wurden im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht bekannt bzw. wurden vom Beschwerdeführer nie behauptet. Ansprüche wegen Verletzung des Rechts auf Löschung sind diesfalls gemäß § 32 Abs. 1 und 4 DSG 2000 auf dem Zivilrechtsweg vor dem mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betrauten Landesgericht geltend zu machen.

Die Beschwerde war sohin spruchgemäß zurückzuweisen.

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