K121.876/0003-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
[Anmerkung Bearbeiter: inhaltlich gleiche Bescheide sind ergangen zu den Geschäftszahlen: K121.874/0003-DSK/2013, K121.902/0003-DSK/2013, K121.916/0003-DSK/2013]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 18. Jänner 2013 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h:
Rechtsgrundlagen : Art. 267 lit. b) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), Amtsblatt der Europäischen Union C 115 vom 9.5.2008 (konsolidierte Fassung), Seite 164, und §§ 38 und 38a des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), Bundesgesetzblatt Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung.
B e g r ü n d u n g:
A) verfahrensrechtlich relevanter Sachverhalt
Die Datenschutzkommission hat in dieser Beschwerdesache am heutigen Tag beschlossen, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Rechtsfragen gemäß Artikel 267 lit. b) AEUV zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Eine Abschrift des vollständigen Vorabentscheidungsersuchens ist diesem Bescheid als Beilage angeschlossen. Namen und Kontaktdaten der Parteien wurden dem EuGH in einem Begleitschreiben übermittelt und gleichzeitig um Wahrung der Anonymität der Parteien ersucht (Art 95 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs).
B) anzuwendende Rechtsvorschriften
Artikel 267 AEUV lautet:
„ Artikel 267
(ex-Artikel 234 EGV)
Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person betrifft, bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, so entscheidet der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit.“
Die §§ 38 und 38a AVG lauten:
„ § 38 . Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird
§ 38a . (1) Hat die Behörde dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgelegt, so dürfen bis zum Einlangen der Vorabentscheidung nur solche Handlungen vorgenommen oder Entscheidungen und Verfügungen getroffen werden, die durch die Vorabentscheidung nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.
(2) Erachtet die Behörde die noch nicht ergangene Vorabentscheidung für ihre Entscheidung in der Sache als nicht mehr erforderlich, so hat sie ihren Antrag unverzüglich zurückzuziehen.“
C) in rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
Die Datenschutzkommission ist ein zur Vorlage beim EuGH berechtigtes Gericht im Sinne des Unionsrechts (früher:
Gemeinschaftsrechts, vgl. VwGH Erkenntnis vom 27. September 2007, VwSlg 17287 A/2007).
Der Datenschutzkommission erscheint die Frage als entscheidungswesentlich, ob die in den Vorlagefragen angeführten Vorschriften des Unionsrechts das Auskunftsrecht eines Betroffenen ausschließen oder beschränken (in eventu: ob diese Bestimmungen mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar sind), weshalb sie sich zum Vorgehen gemäß Art 267 lit. b) AEUV entschlossen hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. u.a. VwSlg 15560 A/2001 sowie Erkenntnis vom 28.10.2008, 2008/05/0129) ist eine Vorlagefrage einer Vorfrage gemäß § 38 AVG gleichzuhalten und kann ein Verfahren daher durch Verfahrensrechtlichen Bescheid ausgesetzt werden, wenn gleichzeitig ein Vorabentscheidungsersuchen anhängig gemacht wird.
Dies ist hier geschehen; es war daher das vorliegende Beschwerdeverfahren bis zum Vorliegen einer Entscheidung des EuGH auszusetzen.