JudikaturDSB

K213.137/0009-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
23. November 2012

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

E M P F E H L U N G

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRDADA-KIRCHMAYER, Dr. BLAHA, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER und Dr. GUNDACKER sowie der Schriftführerin Mag. HAJICEK in ihrer Sitzung vom 23. November 2012 folgenden Beschluss gefasst:

Aus Anlass einer anonymen Eingabe vom 29. April 2012 (ha. eingelangt am 30. April 2012), betreffend Video- und Audioaufnahmen im Kurzentrum X***, ergeht gemäß § 30 Abs. 6 DSG 2000 zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands die folgende Empfehlung an dessen Betreiber, die X*** GmbH:

Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 1 und 2, § 4 Z 14, §§ 8 und 9, § 50a Abs. 1 und 5 und § 30 Abs. 6 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

G r ü n d e f ü r d i e s e E m p f e h l u n

g:

A. Vorbringen der Beteiligten und Verfahrensgang

1. In einer an die Datenschutzkommission gerichteten anonymen Eingabe vom 29. April 2012 wurde vorgebracht, im X*** würden Video- und Audioaufnahmen, durchgeführt durch die Agentur C***, zur Mitarbeiterkontrolle eingesetzt werden. Es wurde um Einschreiten der Datenschutzkommission ersucht.

2. Die Datenschutzkommission nahm dies zum Anlass, amtswegig ein Verfahren nach § 30 DSG 2000 (Kontroll- und Ombudsmannverfahren) einzuleiten und die X*** GmbH als Betreiberin des gegenständlichen Kurzentrums zur Stellungnahme aufzufordern.

3. In ihrer Stellungnahme vom 6. Juni 2012 gab die X*** GmbH , rechtsanwaltlich vertreten, an, die Agentur C*** sei mit der Durchführung von Qualitätschecks in regelmäßigen Abständen von ca. zwei Jahren beauftragt worden. Dabei würden sich anonyme Personen für kurze Zeit im Kurzentrum aufhalten, um den Geschäftsablauf, die Abwicklung der Angebote sowie sonstiger Serviceleistungen durch die Mitarbeiter ua. auch durch Videoaufnahmen zu dokumentieren. Der darüber erstattete Bericht werde zur Optimierung der Geschäftsabläufe im Kurzentrum verwendet. Zweck des Qualitätschecks sei nicht die Kontrolle oder gar Überwachung der Mitarbeiter/des Personals, sondern vielmehr zu gewährleisten, dass sich die Qualität der angebotenen Dienstleistungen sowie das Service stets auf höchstem Niveau bewegen. Sämtliche Mitarbeiter hätten ihr schriftliches Einverständnis zur Durchführung regelmäßiger Qualitätschecks in der gehandhabten Form, welche auch Videoaufnahmen umfasse, gegeben. Fremde Personen oder Gäste würden nicht gefilmt. Die Bildaufnahmen würden bis zum nächsten Qualitätscheck, daher ca. zwei Jahre lang aufbewahrt. Die Kameras seien nicht gekennzeichnet, weil sonst der Zweck eines unabhängigen und objektiven Qualitätschecks nicht gewährleistet wäre.

4. Entsprechend zur Stellungnahme aufgefordert, ergänzte die X*** GmbH , wiederum rechtsanwaltlich vertreten, ihr Vorbringen, ein Widerruf der Zustimmung sei jederzeit ohne rechtliche oder tatsächliche Konsequenzen möglich. Alleiniger Zweck der Qualitätschecks sei weder Kontrolle noch Überwachung der Mitarbeiter/des Personals, sondern die Gewährleistung der Qualität der angebotenen Dienstleistungen sowie des Services auf höchstem Niveau. An mindere Qualität würden – abgesehen von gezielten Schulungen der betroffenen Mitarbeiter – keinerlei Konsequenzen geknüpft. Auch unabhängig davon würden Mitarbeiter laufend geschult, um den gewohnten Qualitätsstandard zu gewährleisten. Betriebsfremde Personen oder Gäste würden nicht gefilmt, während Therapie- oder sonstigen Behandlungen würden keine Videoaufnahmen gemacht.

Die Kameras seien nicht fix installiert, sondern an der Kleidung von anonymen Personen angebracht. Die Kameras seien auch nicht gekennzeichnet, weil dies den Zweck der Durchführung eines unabhängigen und objektiven Qualitätschecks vereiteln würde. Die Mitarbeiter würden vor Antritt des Dienstverhältnisses sowie Unterfertigung der Zustimmungserklärungen ausdrücklich informiert und belehrt, dass an ihrer Arbeitsstätte in regelmäßigen Abständen von ca. zwei Jahren Qualitätschecks in der aufgezeigten Art und Weise durchgeführt würden.

Der Stellungnahme angeschlossen waren eine Unterschriftsliste von Mitarbeitern zur Abgabe einer „Freiwillige Zustimmungserklärung zu Videoaufnahmen im Zuge eines Qualitätschecks der „X*** GmbH“ sowie eine DVD mit beispielhaften Ton- und Bildaufnahmen (offensichtlich das Ergebnis der Auswertungen).

B. Sachverhaltsfeststellungen

Es wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Die X*** GmbH beauftragte die Agentur C***, in dem von ihr betriebenen Kurzentrum in regelmäßigen Abständen von ca. zwei Jahren Qualitätschecks durchzuführen. Diese sollen gewährleisten, dass sich die Qualität der angebotenen Dienstleistungen sowie das Service auf höchstem Niveau bewegen. Mindere Qualität erzeuge Schulungsbedarf der betreffenden Mitarbeiter.

Im April 2012 fand ein solcher Qualitätscheck statt. In Zuge dessen wurden Mitarbeiter der beauftragten Agentur mit unerkennbaren Kameras an der Kleidung ausgestattet. Während eines mehrtägigen Aufenthalts wurden Bild- und Tonaufzeichnungen jener Mitarbeiter angefertigt, mit welchen die Mitarbeiter der Agentur in diesem Zeitraum aus unterschiedlichen Gründen (zB Rezeption, Speisebereich etc.) Kontakt hatten. Die Erfassung von betriebsfremden Personen (Gästen, Lieferanten etc.) kann dabei nicht ausgeschlossen werden (und fand auch tatsächlich statt). Auch Mitschnitte von Telefongesprächen wurden angefertigt. Die so gewonnenen Aufnahmen wurden ausgewertet und der X*** GmbH ausgehändigt. Die Aufnahmen werden bis zum nächsten Qualitätscheck in zwei Jahren gespeichert.

Die Kameras sind nicht gekennzeichnet. Eine Information der Mitarbeiter zum einzelnen Qualitätscheck, etwa jenen im April 2012, findet nicht statt.

Die meisten Mitarbeiter haben eine (so bezeichnete) „freiwillige Zustimmungserklärung zu Videoaufnahmen im Zuge eines Qualitätschecks der X*** GmbH“ unterzeichnet. Wann und ob dies, wie behauptet, vor Antritt des Dienstverhältnisses geschehen ist, ergibt sich aus der Unterschriftenliste nicht. Die Verweigerung der Zustimmung soll keine tatsächlichen oder rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen der X*** GmbH selbst, die die Vorwürfe in der anonymen Eingabe bestätigen und den Sachverhalt präzisieren. Einzig der Behauptung, dass es ausgeschlossen sei, dass von den Ton- und Bildaufzeichnungen betriebsfremde Personen und Gäste erfasst würden, ist nicht zu folgen. Dies ist bei nicht fix installierten Kameras, sondern an der Kleidung von Personen angebrachten Kameras, im Zusammenhang mit nicht vorhersehbaren Situationen schon aus der Lebenserfahrung nicht auszuschließen. Das auf der DVD der Datenschutzkommission zur Verfügung gestellte Bildmaterial, auf welchem tatsächlich keine betriebsfremden Personen aufscheinen, stellt schon offensichtlich eine für die X*** GmbH vorgenommene Auswertung der Aufnahmen dar, bei der – und das wird bei dem angegebenen Zweck der Aufnahmen durchaus zugestanden – der Fokus ausschließlich auf den Mitarbeitern liegt. Datenschutzrechtlich relevant ist aber bereits der Erfassungszeitpunkt, mögen Aufnahmen auch in der Auswertung nicht vorkommen. Bei der Erfassung aber kann die Aufnahme auch anderer Personen als der Mitarbeiter nicht ausgeschlossen werden(zum Teil sind solche auch auf der vorgelegten DVD sichtbar).

C. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die relevanten Vorschriften des DSG 2000 lauten auszugsweise:

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 4 Z 1 und 14 DSG 2000 lautet:

„§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1. „Daten“ („personenbezogene Daten“): Angaben über Betroffene (Z 3), deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist; „nur indirekt personenbezogen“ sind Daten für einen Auftraggeber (Z 4), Dienstleister (Z 5) oder Empfänger einer Übermittlung (Z 12) dann, wenn der Personenbezug der Daten derart ist, daß dieser Auftraggeber, Dienstleister oder Übermittlungsempfänger die Identität des Betroffenen mit rechtlich zulässigen Mitteln nicht bestimmen kann;

[…]

14. „Zustimmung“: die gültige, insbesondere ohne Zwang abgegebene Willenserklärung des Betroffenen, daß er in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten einwilligt;“

§ 8 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei

Verwendung nicht-sensibler Daten

§ 8. (1) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn

1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht oder

2. der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt, oder

3. lebenswichtige Interessen des Betroffenen die Verwendung erfordern oder

4. überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.

(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung zulässigerweise veröffentlichter Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten

1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder

2. durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder

3. zur Wahrung lebenswichtiger Interessen eines Dritten erforderlich ist oder

4. zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zwischen Auftraggeber und Betroffenem erforderlich ist oder

5. zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Auftraggebers vor einer Behörde notwendig ist und die Daten rechtmäßig ermittelt wurden oder

6. ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion durch den Betroffenen zum Gegenstand hat oder

7. im Katastrophenfall, soweit dies zur Hilfeleistung für die von der Katastrophe unmittelbar betroffenen Personen, zur Auffindung und Identifizierung von Abgängigen und Verstorbenen und zur Information von Angehörigen notwendig ist; im letztgenannten Fall gilt § 48a Abs. 3.

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht oder

2. die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder

3. sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet oder

4. die Datenweitergabe zum Zweck der Erstattung einer Anzeige an eine zur Verfolgung der angezeigten strafbaren Handlungen (Unterlassungen) zuständige Behörde erfolgt.“

§ 9 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei

Verwendung sensibler Daten

§ 9. Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen werden bei der Verwendung sensibler Daten ausschließlich dann nicht verletzt, wenn

1. der Betroffene die Daten offenkundig selbst öffentlich gemacht hat oder

2. die Daten in nur indirekt personenbezogener Form verwendet werden oder

3. sich die Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung aus gesetzlichen Vorschriften ergibt, soweit diese der Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses dienen, oder

4. die Verwendung durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder

5. Daten verwendet werden, die ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion durch den Betroffenen zum Gegenstand haben, oder

6. der Betroffene seine Zustimmung zur Verwendung der Daten ausdrücklich erteilt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt, oder

7. die Verarbeitung oder Übermittlung zur Wahrung lebenswichtiger Interessen des Betroffenen notwendig ist und seine Zustimmung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder

8. die Verwendung der Daten zur Wahrung lebenswichtiger Interessen eines anderen notwendig ist oder

9. die Verwendung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Auftraggebers vor einer Behörde notwendig ist und die Daten rechtmäßig ermittelt wurden oder

10. Daten für private Zwecke gemäß § 45 oder für wissenschaftliche Forschung oder Statistik gemäß § 46, zur Benachrichtigung oder Befragung des Betroffenen gemäß § 47 oder im Katastrophenfall gemäß § 48a verwendet werden oder

11. die Verwendung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des Auftraggebers auf dem Gebiet des Arbeits- oder Dienstrechts Rechnung zu tragen, und sie nach besonderen Rechtsvorschriften zulässig ist, wobei die dem Betriebsrat nach dem Arbeitsverfassungsgesetz zustehenden Befugnisse im Hinblick auf die Datenverwendung unberührt bleiben, oder

12. die Daten zum Zweck der Gesundheitsvorsorge, der medizinischen Diagnostik, der Gesundheitsversorgung oder - behandlung oder für die Verwaltung von Gesundheitsdiensten erforderlich ist, und die Verwendung dieser Daten durch ärztliches Personal oder sonstige Personen erfolgt, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen, oder

13. nicht auf Gewinn gerichtete Vereinigungen mit politischem, philosophischem, religiösem oder gewerkschaftlichem Tätigkeitszweck Daten, die Rückschlüsse auf die politische Meinung oder weltanschauliche Überzeugung natürlicher Personen zulassen, im Rahmen ihrer erlaubten Tätigkeit verarbeiten und es sich hiebei um Daten von Mitgliedern, Förderern oder sonstigen Personen handelt, die regelmäßig ihr Interesse für den Tätigkeitszweck der Vereinigung bekundet haben; diese Daten dürfen, sofern sich aus gesetzlichen Vorschriften nichts anderes ergibt, nur mit Zustimmung der Betroffenen an Dritte weitergegeben werden.“

§ 50a DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Videoüberwachung

Allgemeines

§ 50a. (1) Videoüberwachung im Sinne dieses Abschnittes bezeichnet die systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen, die ein bestimmtes Objekt (überwachtes Objekt) oder eine bestimmte Person (überwachte Person) betreffen, durch technische Bildaufnahme- oder Bildübertragungsgeräte. Für derartige Überwachungen gelten die folgenden Absätze, sofern nicht durch andere Gesetze Besonderes bestimmt ist.

(2) Für Videoüberwachung gelten die §§ 6 und 7, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 7 Abs. 3). Rechtmäßige Zwecke einer Videoüberwachung, insbesondere der Auswertung und Übermittlung der dabei ermittelten Daten, sind jedoch vorbehaltlich des Abs. 5 nur der Schutz des überwachten Objekts oder der überwachten Person oder die Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten, jeweils einschließlich der Beweissicherung, im Hinblick auf Ereignisse nach Abs. 1. Persönlichkeitsrechte nach § 16 ABGB bleiben unberührt.

(3) Ein Betroffener ist durch eine Videoüberwachung dann nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 7 Abs. 2 Z 3) verletzt, wenn

1. diese im lebenswichtigen Interesse einer Person erfolgt, oder

2. Daten über ein Verhalten verarbeitet werden, das ohne jeden Zweifel den Schluss zulässt, dass es darauf gerichtet war, öffentlich wahrgenommen zu werden, oder

3. er der Verwendung seiner Daten im Rahmen der Überwachung ausdrücklich zugestimmt hat.

(4) Ein Betroffener ist darüber hinaus durch eine Videoüberwachung ausschließlich dann nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 7 Abs. 2 Z 3) verletzt, wenn sie nicht im Rahmen der Vollziehung hoheitlicher Aufgaben erfolgt und

1. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, das überwachte Objekt oder die überwachte Person könnte das Ziel oder der Ort eines gefährlichen Angriffs werden, oder

2. unmittelbar anwendbare Rechtsvorschriften des Völker- oder des Gemeinschaftsrechts, Gesetze, Verordnungen, Bescheide oder gerichtliche Entscheidungen dem Auftraggeber spezielle Sorgfaltspflichten zum Schutz des überwachten Objekts oder der überwachten Person auferlegen, oder

3. sich die Überwachung in einer bloßen Echtzeitwiedergabe von das überwachte Objekt/die überwachte Person betreffenden Ereignisse erschöpft, diese also weder gespeichert (aufgezeichnet) noch in sonst einer anderen Form weiterverarbeitet werden (Echtzeitüberwachung), und sie zum Zweck des Schutzes von Leib, Leben oder Eigentum des Auftraggebers erfolgt.

(5) Mit einer Videoüberwachung nach Abs. 4 dürfen nicht Ereignisse an Orten festgestellt werden, die zum höchstpersönlichen Lebensbereich eines Betroffenen zählen. Weiters ist die Videoüberwachung zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten untersagt.

(6) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen Betroffener sind auch dann nicht verletzt, wenn durch Videoüberwachung aufgezeichnete Daten über eine Verwendung entsprechend den Abs. 2 bis 4 hinaus in folgenden Fällen übermittelt werden:

1. an die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht, weil beim Auftraggeber der begründete Verdacht entstanden ist, die Daten könnten eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung dokumentieren, oder

2. an Sicherheitsbehörden zur Ausübung der diesen durch § 53 Abs. 5 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, eingeräumten Befugnisse,

auch wenn sich die Handlung oder der Angriff nicht gegen das überwachte Objekt oder die überwachte Person richtet. Die Befugnisse von Behörden und Gerichten zur Durchsetzung der Herausgabe von Beweismaterial und zur Beweismittelsicherung sowie damit korrespondierende Verpflichtungen des Auftraggebers bleiben unberührt.

(7) Mit einer Videoüberwachung gewonnene Daten von Betroffenen dürfen nicht automationsunterstützt mit anderen Bilddaten abgeglichen und nicht nach sensiblen Daten als Auswahlkriterium durchsucht werden.“

§ 30 Abs. 1 und 6 DSG 2000 lauten:

„Kontrollbefugnisse der Datenschutzkommission

§ 30. (1) Jedermann kann sich wegen einer behaupteten Verletzung seiner Rechte oder ihn betreffender Pflichten eines Auftraggebers oder Dienstleisters nach diesem Bundesgesetz mit einer Eingabe an die Datenschutzkommission wenden.

[…]

(6) Zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes kann die Datenschutzkommission, sofern nicht Maßnahmen nach den §§ 22 und 22a oder nach Abs. 6a zu treffen sind, Empfehlungen aussprechen, für deren Befolgung erforderlichenfalls eine angemessene Frist zu setzen ist. Wird einer solchen Empfehlung innerhalb der gesetzten Frist nicht entsprochen, so kann die Datenschutzkommission je nach der Art des Verstoßes von Amts wegen insbesondere

1. Strafanzeige nach §§ 51 oder 52 erstatten, oder

2. bei schwerwiegenden Verstößen durch Auftraggeber des privaten Bereichs Klage vor dem zuständigen Gericht gemäß § 32 Abs. 5 erheben, oder

3. bei Verstößen von Auftraggebern, die Organe einer Gebietskörperschaft sind, das zuständige oberste Organ befassen. Dieses Organ hat innerhalb einer angemessenen, jedoch zwölf Wochen nicht überschreitenden Frist entweder dafür Sorge zu tragen, dass der Empfehlung der Datenschutzkommission entsprochen wird, oder der Datenschutzkommission mitzuteilen, warum der Empfehlung nicht entsprochen wurde. Die Begründung darf von der Datenschutzkommission der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht werden, soweit dem nicht die Amtsverschwiegenheit entgegensteht.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Auftraggeber iSd § 4 Z 4 DSG 2000 für die konkrete Datenverwendung und damit verantwortlich für deren Zulässigkeit ist die X*** GmbH, die Agentur C*** ist lediglich als Dienstleister iSd § 4 Z 5 DSG 2000 zu betrachten.

Für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit ist zunächst entscheidend, ob die gegenständliche Bildverarbeitung unter den Begriff Videoüberwachung in § 50a Abs. 1 DSG 2000 fällt. Danach ist Videoüberwachung die systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen, die ein bestimmtes Objekt (überwachtes Objekt) oder eine bestimmte Person (überwachte Person) betreffen, durch technische Bildaufnahme- oder Bildübertragungsgeräte.

Die EB zur RV meinen dazu:

„§ 50a Abs. 1 enthält zunächst eine Definition der Videoüberwachung. Dass dies mit „systematischer“ Erfassung von Ereignissen umschrieben wurde, soll klarstellen, dass durch eine Summe von Verwendungsschritten (vgl. § 4 Z 7) das Ergebnis „Überwachung“ verwirklicht werden soll. Aufnahmen etwa aus rein touristischen oder künstlerischen Beweggründen aber auch Filmen für ausschließlich familiäre oder persönliche Tätigkeiten (vgl. § 45, zB bei einem Kindergeburtstag) fallen damit nicht darunter, sehr wohl aber auch gezieltes Fotografieren. Überwachtes Objekt oder überwachte Person ist jene Person, Gegenstand oder Ort, auf die sich die systematische Erfassung von Ereignissen intentional richtet. Sofern Videoüberwachungen für ausschließlich persönliche und familiäre Tätigkeiten überhaupt denkbar sind (zB Bildüberwachung von Babys), fallen diese nicht unter die Bestimmungen des § 50a. ...“

Bei der gegenständlichen Bildverarbeitung, zumal sie systematisch erfolgt, handelt es sich daher um Videoüberwachung iSd § 50a Abs. 1 DSG 2000. Die Zulässigkeit dieser Datenverwendung ist folglich anhand der Kriterien des § 50a DSG 2000 zu messen. Der Auftraggeber einer Videoüberwachung hat überdies die in den §§ 50b bis 50e DSG 2000 normierten Pflichten einzuhalten.

§ 50a Abs. 5 DSG 2000 verbietet ua. Videoüberwachung zu Zwecken der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten.

Dazu führen die EB aus:

„Ausdrücklich verboten ist auch die gezielte Videoüberwachung zur Kontrolle von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Arbeitsstätten, da hier davon ausgegangen werden kann, dass hier auf Grund der Eingriffstiefe stets ein gelinderes Mittel zur Kontrolle von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefunden werden kann. Dieses Verbot schließt nicht die Überwachung von Objekten an Arbeitsstätten (Überwachung von Kassenräumen, Überwachung gefährlicher Maschinen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) aus, da derartige Überwachungen nicht auf die Leistungskontrolle von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gerichtet sind.“

Die X*** GmbH gibt zwar als Zweck der Videoüberwachung die Überprüfung der Qualität der angebotenen Dienstleistungen sowie des Services an, im Ergebnis handelt es sich jedoch um Leistungskontrolle von Arbeitnehmern, an die auch entsprechende Folgen (Schulungen) geknüpft werden.

Qualitätsüberprüfungen sind zwar datenschutzrechtlich nicht grundsätzlich unzulässig, wenn sie im Einzelfall im überwiegenden berechtigten Interesse des Arbeitgebers liegen. Mit der Regelung in § 50a Abs. 5 DSG 2000 erteilt der Gesetzgeber der Verwendung von Videoüberwachung für solche Qualitätsüberprüfungen eine Absage, weil – wie sich aus den EB ergibt – stets ein gelinderes Mittel zur Kontrolle von Mitarbeitern – hier: direkte Beobachtung; schriftliche Beschreibung des Erlebten – gefunden werden kann.

§ 50a Abs. 5 DSG 2000 normiert ein absolutes Verbot für Videoüberwachung, das auch nicht durch die (ausdrückliche) Zustimmung der Betroffenen (iSd § 4 Z 14 iVm § 50a Abs. 3 Z 3 DSG 2000) umgangen werden kann (zumal deren Freiwilligkeit anzuzweifeln wäre). Ausführungen dazu, dass von den Mitarbeitern daher die Zustimmung zu dieser Art und Weise von Qualitätschecks eingeholt worden seien, vermögen daher die gegenständlichen Videoaufzeichnungen nicht zu rechtfertigen.

Ebenso sind die gleichzeitig mit den Bildaufnahmen angefertigten Tonaufnahmen bzw. auch die Aufnahmen von Telefonaten als unzulässig einzustufen. Ein derartiger Eingriff ist schon deshalb unverhältnismäßig, weil auch in diesem Fall die direkte Wahrnehmung und die schriftliche Beschreibung des Erlebten das weitaus gelindere Mittel zur Zielerreichung darstellen würde.

Es war daher gemäß § 30 Abs. 6 DSG 2000 zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands die obige Empfehlung zu erteilen. Eine Frist von zwei Wochen scheint angesichts eines geforderten Unterlassens angemessen. Fragen der Verletzung von im Zusammenhang mit Videoüberwachung stehenden Pflichten (jedenfalls: Verletzung der Meldepflicht nach § 50c DSG 2000;

Verletzung der Kennzeichnungspflicht nach § 50d DSG 2000;

auch: unverhältnismäßig lange Aufbewahrungsdauer der Daten, möglicher Verstoß gegen die Löschungspflicht nach § 50b Abs. 2 DSG 2000) waren daher nicht mehr zu behandeln.

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