JudikaturDSB

K121.859/0009-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 2012

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. HEILEGGER, Mag. HUTTERER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2012 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde der Sandra E*** (Beschwerdeführerin) aus O*** vom 8. April 2012 (Ausdehnung des Vorbringens in der Beschwerdesache Zl. DSK-K121.824) gegen die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge unvollständiger Auskunftserteilung (Auskunftsbegehren vom 28. Dezember 2011) betreffend PAD und Verwaltungsstrafevidenz wird entschieden:

Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 3 Z 1, 26 Abs. 1 und 4 und 31 Abs. 1 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Die Beschwerdeführerin behauptete in ihrer Beschwerde vom 28. Februar 2012 (protokolliert und bearbeitet zu Zl. DSK-K121.824) zunächst eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass die Beschwerdegegnerin ihr Auskunftsbegehren vom 28. Dezember 2011 hinsichtlich der Datenanwendung KPA (= kriminalpolizeilicher Aktenindex in der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden) unvollständig beantwortet habe; das begehrte „KPA-Datenblatt“ sei ihr nicht übermittelt worden.

Nach Übermittlung eines – negativen – Ausdrucks einer KPA-Abfrage vom 30. Jänner 2012 durch die Beschwerdegegnerin brachte die Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 8. April 2012 vor, die Beschwerdegegnerin habe ihr keine „Auszüge“ aus den Datenanwendungen „PAD der Sicherheitsbehörden“ und „Verwaltungsstrafevidenz“ zukommen lassen; sie beantrage nun, die Übermittlung dieser Auszüge unter Stattgebung der Beschwerde der Beschwerdegegnerin aufzutragen.

Die Datenschutzkommission eröffnete über dieses neue Vorbringen das gegenständliche (weitere) Beschwerdeverfahren zur Zl. DSK-K121.859 und forderte die Beschwerdegegnerin zur Stellungnahme auf (das Beschwerdeverfahren Zl. DSK-K121.824 wurde gemäß § 31 Abs. 8 DSG 2000 eingestellt).

Die Beschwerdegegnerin brachte mit Stellungnahme vom 5. Juni 2012 vor, dass der Beschwerdeführerin die (in Kopie angeschlossenen) angeschlossenen Ausdrucke aus Verwaltungsstrafevidenz und PAD (des Bezirks Dornbirn) übermittelt worden seien.

Die Datenschutzkommission gewährte der Beschwerdeführerin dazu Parteiengehör gemäß § 31 Abs. 8 DSG 2000.

Die Beschwerdeführerin brachte daraufhin mit Stellungnahme vom 6. August 2012 vor, ihre Beschwer sei nicht behoben worden, weil sie keinen „österreichweiten PAD-Datenauszug“ erhalten habe. Sie habe ihre Auskunft nämlich nicht auf den Bezirk Dornbirn beschränkt. Auch habe sie am 11. Juni 2012 (Kopie angeschlossen) ein neues Auskunfts- und Löschungsbegehren gestellt, das nicht vollständig beantwortet worden sei. Sie beantragte nunmehr, „dass der Beschwerdegegnerin mit Bescheid aufgetragen wird, der Beschwerdeführerin die uneingeschränkte Datenauskunft zu gewähren und nicht die Beschwerdeführerin mit Arbeit zu beschäftigen, welche im Gegensatz zur Behörde unentgeltlich erfolgt.“

Die Beschwerdegegnerin legte noch ihr – in dieser Sache nicht gegenständliches - Antwortschreiben vom 17. Juli 2012 auf das Auskunfts- und Löschungsbegehren der Beschwerdeführerin vom 11. Juni 2012 vor.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin das Auskunftsbegehren der Beschwerdeführerin vom 28. November 2011 hinsichtlich der hier als „PAD“ und „Verwaltungstrafevidenz“ bezeichneten Datenanwendungen gesetzmäßig beantwortet hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Die Beschwerdeführerin stellte an die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 28. Dezember 2012 ein nicht auf bestimmte Datenanwendungen beschränktes Auskunftsbegehren (nach einer Vorlage/einem Musterbrief des Vereins „**** DATENSCHUTZ“) in dem insbesondere die Datenwendungen „PAD, KPA und Verwaltungsstrafevidenz“ erwähnt werden, in denen Daten der Beschwerdeführerin enthalten sein könnten.

Dieses Auskunftsbegehren ist der Beschwerdegegnerin unbestritten zugestellt worden.

Nach Erhalt eines Auskunftsschreibens der Beschwerdegegnerin vom 30. Jänner 2012, Zl. BHDo-III-1*2*.0*2, in dem der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde, dass mit Stichtag 30. Jänner 2012 keine die Beschwerdeführerin betreffenden Daten im Auftrag der Beschwerdegegnerin im KPA verarbeitet werden, erhob diese mit Schreiben (internes Formular der Datenschutzkommission für Beschwerden wegen Verletzung des Auskunftsrechts) vom 28. Februar 2012 Beschwerde an die Datenschutzkommission und brachte vor, die Auskunft sei unvollständig, weil ihr kein „KPA-Datenblatt“ übermittelt worden sei.

Nach Übermittlung des Ausdrucks einer negativen KPA-Abfrage vom 15. März 2012 durch die Beschwerdegegnerin im Zuge des folgenden Beschwerdeverfahrens Zl. DSK-K121.824 brachte die Beschwerdeführerin am 8. April 2012 die vorliegende weitere Beschwerde mit folgendem Antrag ein: „...wird ersucht, der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn mittels Bescheid aufzutragen, mir die fehlenden Auszüge aus der Datenanwendung

zukommen zu lassen und somit meiner Beschwerde stattzugeben.“

Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 übermittelte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin einen negativen Auszug aus der Verwaltungsstrafevidenz der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ( „Keine Strafverfahren vorhanden!“ , Datum: 6. Juni 2012) und eine „Datenauskunft aus dem PAD des Bezirks Dornbirn“, enthaltend (äußere) Verfahrensdaten betreffend die Beschwerdeführerin. In den unter Zl B*/*3*7/2011 von der Polizeiinspektion F*** geführten Verfahren scheint die Beschwerdeführerin dabei als Beschuldigte in einem kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren (Verdacht des versuchten Betrugs, in dieser Sache ist ein Freispruch durch das Bezirksgericht Dornbirn dokumentiert) und Verdächtige in Erhebungen betreffend eine Verwaltungsübertretung (Verdacht der Ordnungsstörung gemäß § 81 Abs. 1 SPG), in dem unter Zl. B*/2*7*2/2011 von der Polizeiinspektion Ü*** geführten Verfahren als Zeugin und in dem unter Zl. E*/*5*34/2011 von der Polizeiinspektion F*** geführte Verfahren als Partei (Erhebungsersuchen betreffend eine Maßnahmenbeschwerde) auf.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den Akten der Beschwerdeverfahren Zlen DSK-K121.824 und DSK-K121.859, insbesondere den ausdrücklich zitierten Aktenstücken (Eingangsstücken und Beilagen).

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1 . (1)...(2)

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;“

§ 26 Abs. 1, 3 und 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Auskunftsrecht

§ 26 . (1) Ein Auftraggeber hat jeder Person oder Personengemeinschaft, die dies schriftlich verlangt und ihre Identität in geeigneter Form nachweist, Auskunft über die zu dieser Person oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten zu geben. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen eines Betroffenen sind auch Namen und Adressen von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Wenn zur Person des Auskunftswerbers keine Daten vorhanden sind, genügt die Bekanntgabe dieses Umstandes (Negativauskunft). Mit Zustimmung des Auskunftswerbers kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

(2) […] (3)

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Auskunftswerber am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.“

§ 31 Abs. 1 und 7 und 8 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31 . (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.

(2)...(6)

(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Die Beschwerde hat sich als unbegründet erwiesen, die gestellten Anträge sind teilweise unzulässig.

a) Unzulässigkeit eines Teils des Beschwerdeantrags

Hinsichtlich des Begehrens, der Beschwerdegegnerin, einem Auftraggeber des öffentlichen Bereichs (Bezirksverwaltungsbehörde, damit eine allgemeine Behörde der staatlichen Verwaltung im Bundesland Vorarlberg, Sicherheitsbehörde erster Instanz und Verwaltungsstrafbehörde) mittels Bescheid aufzutragen, bestimmte Auskünfte zu erteilen oder Datenauszüge zu übermitteln, widerspricht die Beschwerde § 31 Abs. 7 DSG 2000 idF BGBl. I Nr. 133/2009. Diese Bestimmung stellt nämlich klar, dass Rechtsverletzungen durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs, auch im Fall einer Geltendmachung des Rechts auf Auskunft, nur festgestellt werden können, da sich die Ermächtigung zur Erlassung von Leistungsbescheiden (Aufträgen) in § 31 Abs. 7 2. Satz DSG 2000 ausdrücklich nur auf „Auftraggeber des privaten Bereichs“ erstreckt.

Das entsprechende Begehren war daher als unzulässig zurückzuweisen (Spruchpunkt 1.).

b) in der Sache selbst

Die Beschwerdeführerin legt das Gesetz unzutreffend aus, wenn sie rügt, keinen „österreichweiten PAD-Datenauszug“ erhalten zu haben.

Zwar wird das System „PAD“ (Protokollieren-Anzeigen-Datenverwaltung) bei allen Dienststellen der Bundespolizei für Zwecke der Aktenverwaltung und Verfahrensdokumentation eingesetzt (auf Grundlage der Ermächtigung gemäß § 13 Abs. 2 SPG), eine auftraggeberische Verantwortung der Beschwerdegegnerin als Sicherheitsbehörde erster Instanz kann aber nur soweit reichen, als Daten für Zwecke von in ihrem behördlichen Zuständigkeitsbereich geführten Amtshandlungen verwendet worden sind. Die nach dem Zuständigkeitsbereich gezogenen Grenzen der auftraggeberischen Verantwortung bestimmen auch die Grenzen des gegenüber dieser Behörde bestehenden Auskunftsrechts. Die Verpflichtung zu einer „österreichweiten“ Auskunftserteilung durch die Beschwerdegegnerin, das heißt über Daten, die im Zuständigkeitsbereich und für Zwecke anderer Sicherheitsbehörden verwendet werden, ist nach geltendem Recht nicht gegeben.

Durch die Beschränkung der mit Schreiben vom 5. Juni 2012 erteilten (ergänzenden) Auskunft auf die PAD-Daten, die für unter auftraggeberische Verantwortung der Beschwerdegegnerin fallende Zwecke verwendet werden, ist daher das Recht der Beschwerdeführerin auf Auskunft über eigene Daten nicht verletzt worden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 31 Abs. 7 DSG 2000 spruchgemäß abzuweisen (Spruchpunkt 2.).

Das weitere Vorbringen der Parteien betreffend spätere Auskunfts- und Löschungsbegehren der Beschwerdeführerin gehört nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens.

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