K178.505/0005-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. MAITZ-STRASSNIG, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. BLAHA, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 14. September 2012 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
I. Der G**** GmbH, wird aufgrund ihres Antrags vom 27. Juni 2012 gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des Datenschutzgesetzes 2000 - DSG 2000, die Genehmigung erteilt, aus der Datenanwendung "Spesen- und Reisekostenabrechnung" folgende Daten zum Zweck der zentralen Spesen- und Reisekostenabrechnung an die G**** Company (USA) zu übermitteln:
Von sämtlichen Mitarbeitern der Antragstellerin, die teilnehmen
II. Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idgF (BVwAbgV), hat die Antragstellerin eine Verwaltungsabgabe in Höhe von
Euro 6,50
zu entrichten.
B e g r ü n d u n g
1. Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2012 hat die G**** GmbH (in weiterer Folge "Antragstellerin") bei der Datenschutzkommission einen Antrag gemäß § 13 DSG 2000 auf Übermittlung von personenbezogenen Daten gestellt.
Die gegenständlichen Daten stammen aus der beim Datenverarbeitungsregister gemeldeten Datenanwendung "Spesen- und Reisekostenabrechnung" (xxxxxxx/yyy).
Die Ermittlung und Übermittlung von Daten der Mitarbeiter umfasst die im Spruch angeführten Datenarten und dient zur zentralen Spesen- und Reisekostenabrechnung durch die Konzernmutter G**** Company in den USA. Die Konzernmutter soll die Daten über Spesen und Reisevergütungen in erster Linie kontrollieren und auf Angemessenheit prüfen sowie für die Versteuerung im Konzernverband sorgen.
Der Umstand, dass die Konzernmutter nach dem Vorbringen der Antragstellerin die Spesenabrechnungen auch auf mögliche Verstöße gegen Anti-Korruptionsbestimmungen prüfen will, war in der ursprünglich vorgelegten Betriebsvereinbarung zum Einsatz der Datenanwendung nicht mit der notwendigen Deutlichkeit enthalten, aber in einer Ergänzungsvereinbarung zur Betriebsvereinbarung wurden die Kontrollen durch die Konzernmutter zur Einhaltung der Anti-Korruptionsbestimmungen im Detail erklärt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
§ 13 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lauten unter der Überschrift "Genehmigungspflichtige Übermittlung und Überlassung von Daten ins Ausland" wie folgt:
"§ 13. (1) Soweit der Datenverkehr mit dem Ausland nicht gemäß § 12 genehmigungsfrei ist, hat der Auftraggeber vor der Übermittlung oder Überlassung von Daten in das Ausland eine Genehmigung der Datenschutzkommission (§§ 35 ff) einzuholen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen binden.
(2) Die Genehmigung ist unter Beachtung der gemäß § 55 Z 2 ergangenen Kundmachungen zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 vorliegen und wenn, ungeachtet des Fehlens eines im Empfängerstaat generell geltenden angemessenen Datenschutzniveaus,
3. Rechtlich war zu erwägen:
3.1. Zur Genehmigungspflicht:
Der beantragte Datenverkehr ist gemäß § 13 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 13/2005, genehmigungspflichtig , da zum einen der Empfänger in einem Staat seinen Sitz hat, für die keine Feststellung des Vorhandenseins eines angemessenen Datenschutzniveaus gemäß Art. 25 RL 95/46/EG besteht und da zum anderen auch kein Fall eines gemäß § 12 Abs. 3 DSG 2000 genehmigungsfreien Datenverkehrs vorliegt.
3.2. Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12 Abs. 5 DSG 2000:
Gemäß § 12 Abs. 5 DSG 2000 ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer geplanten Übermittlung, dass die Bedingungen des § 7 Abs. 2 DSG 2000 erfüllt sind. Danach dürfen Daten nur dann übermittelt werden, wenn sie
Der Antrag bezieht sich auf Daten, die in Österreich rechtmäßig verarbeitet werden. Die diesbezügliche Meldung der Antragstellerin beim Datenverarbeitungsregister für die Datenanwendung "Spesen- und Reisekostenabrechnung" (Datenanwendungsnummer xxxxxxx/yyy) ist registrierungsfähig.
3.3. Zur ausreichenden Rechtsgrundlage der Übermittlungen im Sinne der §§ 8 bzw. 9 DSG 2000:
3.3.1 Übermittlung zur zentralen Spesen- und Reisekostenabrechnung
Das österreichische Recht kennt hinsichtlich der Zulässigkeit von Datenübermittlungen kein ausdrückliches Konzernprivileg (- so auch etwa Dammann-Simitis, EU-Datenschutzrichtlinie: Kommentar, Rz 6 zu
Artikel 25), so ist doch davon auszugehen, dass der Konzern als zulässige Organisationsstruktur rechtlich anerkannt ist. Daraus ist abzuleiten, dass auch die Zulässigkeit jener Datenflüsse, die sich aus der Über- bzw. Unterordnung der einzelnen Konzernfirmen notwendig ergeben, anzuerkennen ist. Wesentlich ist allerdings, dass die Notwendigkeit von Übermittlungen im Konzern nach einem strengen Maßstab beurteilt wird, damit die Verhältnismäßigkeit der von solchen Übermittlungen verursachten Eingriffe in das Recht auf Datenschutz der Betroffenen gewahrt bleibt (siehe Bescheid ua. K178.256/0005-DSK/2008 vom 6. Februar 2008).
Die Datenschutzkommission anerkennt die Kontrolle der Spesen- und Reisekostenabrechnungen der Mitarbeiter der Konzerntöchter als zulässige Aufgabe der Konzernleitung. In einem Konzernverband ist nachvollziehbar, dass die Konzernmutter bei den Spesen und Reisekosten der Mitarbeiter der Tochtergesellschaften die Übersicht behalten will, um Diskrepanzen zu vermeiden, und dass sie diese Funktion auch besser als die Töchter ausüben kann, denen mangels Vergleichsmöglichkeit Unkorrektheiten vielleicht gar nicht auffallen.
Die Datenschutzkommission schränkt regelmäßig die Wahrnehmung von Funktionen, die dem Arbeitgeber zustehen, durch die Konzernleitung ein, weil dieser die rechtliche Befugnisse im Hinblick auf die betroffenen Mitarbeiter fehlen (§ 7 Abs. 1 DSG 2000). Hier ergibt sich aus den von der Antragstellerin vorgebrachten Gründen, dass die Konzernleitung diese Rolle sogar besser wahrnehmen kann als die Töchter und ihr daher – auch ohne Vertrag mit den Mitarbeitern – eine rechtliche Befugnis zukommen kann.
Die Konzernleitung soll auch im Verdachtsfall Spesenabrechnungen im Hinblick auf die Verletzung von Anti-Korruptionsvorschriften prüfen. Die Konzernleitung in den USA ist nach US-Gesetz verpflichtet, Bestechung bei den Töchtern zu unterbinden (Der Foreign Corrupt Practices Act, kurz FCPA, 15 U.S.C. §§ 78dd-1, et seq.). Da Spesen sich als Mittel zur unauffälligen Abrechnung von unlauteren Zuwendungen eignen, ist dieser Wunsch nachvollziehbar und berechtigt. Natürlich ist in erster Linie die Antragstellerin als Arbeitgeberin angehalten, Korruption im Unternehmen zu bekämpfen, aber die Konzernmutter ist ihrerseits durch den FCPA rechtlich verpflichtet, und auch besser in der Lage, Muster fragwürdiger Praktiken zu erkennen, weil bei ihr die Daten der Töchter zusammenlaufen.
Weiters besteht eine Betriebsvereinbarung mit Ergänzungsvereinbarung, mit der die notwendigen rechtlichen Zusatzfunktionen geklärt werden. Kontrollen sollen nur im Verdachtsfall stattfinden. Das System dient nicht primär zur Kontrolle der Mitarbeiter, wie sich aus den vorgelegten Standardvertragsklauseln ergibt. Die Datenschutzkommission hält die darin enthaltenen Erklärungen für ausreichend, sodass keine Zweifel mehr bestehen, dass schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Mitarbeiter durch die beabsichtigte Übermittlung nicht verletzt werden.
3.4. Zur Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes beim Empfänger im Ausland haben der Auftraggeber und die Empfänger einen Vertrag abgeschlossen, der den in der Entscheidung der Kommission 2004/915/EG vom 27. Dezember 2004 zur Änderung der Entscheidung 2001/497/EG bezüglich der Einführung alternativer Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer (Set II), Amtsblatt Nr. L 385 S. 74–84, CELEX:
32004D0915, vorgesehenen Standardvertragsklauseln entspricht. Der Nachweis ausreichenden Datenschutzes beim ausländischen Datenempfänger gilt daher als erbracht im Sinne des § 13 Abs. 2 Z 2 DSG 2000.
3.5. Die Verwaltungsabgabe war gemäß § 78 Abs. 1 AVG iVm §§ 13, 53 Abs. 1 DSG 2000 vorzuschreiben. Demnach ist für Anträge nach § 13 DSG 2000 keine Befreiung von Verwaltungsabgaben normiert.