JudikaturDSB

K178.493/0006-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
14. September 2012

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. MAITZ-STRASSNIG, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. BLAHA, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 14. September 2012 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

I. Der F**** GmbH wird aufgrund ihres Antrages vom 18. Juni 2012 gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des Datenschutzgesetzes 2000 - DSG 2000 die Genehmigung erteilt, die folgenden Daten an die P**** Limited (Republik Indien) zu überlassen:

Von Arbeitnehmern der Antragstellerin (Voll- und Teilzeitbeschäftigte, auch ehemalige Beschäftigte) dürfen aus der Standardanwendung SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" folgende Daten zum Zweck der Softwarewartung überlassen werden:

01 Personalnummer

02 Name

08 Kinder und sonstige Familienangehörige, im Zusammenhang mit

Leistungen, die in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis des Betroffenen erbracht werden (insbesondere Name, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer)

12 Organisatorische Zuordnung im Betrieb einschließlich Beginn

und Ende

13 Telefon- und Faxnummer und andere zur Adressierung im Betrieb erforderliche Informationen,

die sich durch moderne Kommunikationstechniken ergeben

14 Wohnadresse

15 Private Telefon- und Faxnummer und andere zur Adressierung erforderliche Informationen,

die sich durch moderne Kommunikationstechniken ergeben

16 Kostenstelle(n)

17 Sozialversicherungsnummer

19 Daten zur Krankenscheinverwaltung

21 Eintrittsdatum

23 Austrittsdatum, Kündigungsfrist

24 Art der Beendigung des Dienstverhältnisses

25 Gesetzliche Beschäftigungsvoraussetzungen

26 Daten der Beschäftigungsbewilligung

27 Bezeichnung der Tätigkeit

28 Gruppenzugehörigkeit (Arbeiter/Angestellte)

29 Kammerzugehörigkeit

33 Arbeitszeiterfassung

34 Sonstige Daten zur Arbeitszeit (insbesondere

Geringfügigkeit, Arbeitsstunden, Überstunden,

Gleitzeit, Nacht- und Teilzeitarbeit)

35 Daten zur Urlaubsverwaltung

43 Art und Dauer der sonstigen Abwesenheit wegen

Dienstverhinderung oder Dienstfreistellung

(einschließlich vereinbarte Karenzierung)

47 Gesetzliche, kollektivvertragliche, betriebsvereinbarungs-

-mäßige und einzelvertragliche Grundlagen der Entgeltberechnung (Einstufung)

48 Brutto- und Nettoentgelt (Daten des Gehaltszettels) 49 Daten der Entgeltsfortzahlung

50 Abzüge vom Nettoentgelt auf Grund Gesetzes oder

betrieblicher Vereinbarungen

51 Sachbezüge

Jede Weiterverwendung der überlassenen Daten beim Empfängern für Zwecke, die in dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten, von der Antragstellerin und den Empfängern unterzeichneten Dienstleistungsvertrag nicht angeführt sind, insbesondere die Verwendung für eigene Zwecke der Empfänger, ist untersagt.

II. Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idgF (BVwAbgV), hat die Antragstellerin eine Verwaltungsabgabe in Höhe von

Euro 6,50

zu entrichten.

B e g r ü n d u n g

1. Sachverhalt:

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2012 hat die F**** GmbH (in weiterer Folge "Antragstellerin") bei der Datenschutzkommission einen Antrag gemäß § 13 DSG 2000 auf Überlassung von personenbezogenen Daten an einen Dienstleister (P**** Limited in der Republik Indien) gestellt.

Der Antrag umfasst die Überlassung von Daten aus der Standardanwendung SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse". Zuvor war eine eigene Datenanwendung mit der Bezeichnung "EU Payroll" gemeldet worden, die sich aber als nicht erforderlich erwies. Alle gewünschten Datenarten waren von der genannten Standardanwendung abgedeckt.

Der Dienstleister soll die Software warten.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

§ 10 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Zulässigkeit der Überlassung von Daten zur Erbringung von Dienstleistungen":

" § 10. (1) Auftraggeber dürfen bei ihren Datenanwendungen Dienstleister in Anspruch nehmen, wenn diese ausreichende Gewähr für eine rechtmäßige und sichere Datenverwendung bieten. Der Auftraggeber hat mit dem Dienstleister die hiefür notwendigen Vereinbarungen zu treffen und sich von ihrer Einhaltung durch Einholung der erforderlichen Informationen über die vom Dienstleister tatsächlich getroffenen Maßnahmen zu überzeugen."

§ 11 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Pflichten des Dienstleisters":

" § 11. (1) Unabhängig von allfälligen vertraglichen Vereinbarungen

haben Dienstleister bei der Verwendung von Daten für den Auftraggeber jedenfalls folgende Pflichten:

§ 12 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Genehmigungsfreie Übermittlung und Überlassung von Daten in das Ausland":

" § 12. (1) Die Übermittlung und Überlassung von Daten an Empfänger in Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes ist keinen Beschränkungen im Sinne des § 13 unterworfen. Dies gilt nicht für den Datenverkehr zwischen Auftraggebern des öffentlichen Bereichs in Angelegenheiten, die nicht dem Recht der Europäischen Gemeinschaften unterliegen.

(2) Keiner Genehmigung gemäß § 13 bedarf weiters der Datenverkehr mit Empfängern in Drittstaaten mit angemessenem Datenschutz. Welche Drittstaaten angemessenen Datenschutz gewährleisten, wird unter Beachtung des § 55 Z 1 durch Verordnung des Bundeskanzlers festgestellt . Maßgebend für die Angemessenheit des Schutzes ist die Ausgestaltung der Grundsätze des § 6 Abs. 1 in der ausländischen Rechtsordnung und das Vorhandensein wirksamer Garantien für ihre Durchsetzung.

(3) Darüberhinaus ist der Datenverkehr ins Ausland dann genehmigungsfrei, wenn

[ . . . ]

(5) Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Übermittlung oder Überlassung in das Ausland ist die Rechtmäßigkeit der Datenanwendung im Inland gemäß § 7. Bei Überlassungen ins Ausland muß darüber hinaus die schriftliche Zusage des ausländischen Dienstleisters an

den inländischen Auftraggeber oder in den Fällen des § 13 Abs. 5

an den inländischen Dienstleister vorliegen, daß er die Dienstleisterpflichten gemäß § 11 Abs. 1 einhalten werde. Dies entfällt, wenn die Dienstleistung im Ausland in Rechtsvorschriften vorgesehen ist, die im innerstaatlichen Recht den Rang eines Gesetzes haben und unmittelbar anwendbar sind."

§ 13 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lauten unter der Überschrift "Genehmigungspflichtige Übermittlung und Überlassung von Daten ins Ausland" wie folgt:

" § 13 . (1) Soweit der Datenverkehr mit dem Ausland nicht gemäß § 12 genehmigungsfrei ist, hat der Auftraggeber vor der Übermittlung oder Überlassung von Daten in das Ausland eine Genehmigung der Datenschutzkommission (§§ 35 ff) einzuholen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen binden.

(2) Die Genehmigung ist unter Beachtung der gemäß § 55 Z 2 ergangenen Kundmachungen zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 vorliegen und wenn, ungeachtet des Fehlens eines im Empfängerstaat generell geltenden angemessenen Datenschutzniveaus,

3. Rechtlich war zu erwägen:

3.1. Zur Genehmigungspflicht:

Die beantragte Überlassung an ein Unternehmen in Indien ist gemäß § 13 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 13/2005, genehmigungspflichtig , da zum einen der Empfänger seinen Sitz in einem Staat hat, für den keine Feststellung des Vorhandenseins eines angemessenen Datenschutzniveaus gemäß Art. 25 RL 95/46/EG besteht und da zum anderen auch kein Fall eines gemäß § 12 Abs. 3 DSG 2000 genehmigungsfreien Datenverkehrs vorliegt.

Bedingung für die Erteilung einer Genehmigung für genehmigungspflichtige Datentransfers ins Ausland ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 DSG 2000 und der Nachweis des Bestehens eines angemessenen Datenschutzniveaus beim ausländischen Datenempfänger.

3.2. Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12 Abs. 5 DSG 2000:

Der Antrag bezieht sich auf Daten, die in Österreich rechtmäßig verarbeitet werden. Die Daten stammen aus einer Datenanwendung, deren Umfang von der Standardanwendung SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" der Standard- und Muster-Verordnung 2004 (StMV 2004), BGBl. II Nr. 312/2004, abgedeckt ist.

Die Überlassung von Daten an einen Dienstleister ist gemäß § 10 DSG 2000 zulässig, sofern für den Auftraggeber kein Anlass besteht, daran zu zweifeln, dass der Dienstleister ausreichende Gewähr für die rechtmäßige und sichere Datenverwendung bietet. Ein Grund für solche Zweifel liegt im Antragsfall nicht vor.

Die Antragstellerin hat auch den von § 10 Abs. 1 DSG 2000 verlangten Dienstleistervertrag in Form von Standardvertragsklauseln vorgelegt. Der im Antrag genannte Umfang von Überlassungszwecken ist vom vorgelegten Dienstleistervertrag (vgl. Appendix 1 "processing operations") gedeckt.

3.3. Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes

Zur Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes bei den Empfängern im Ausland haben die Antragsstellerin und die Empfänger jeweils einen Vertrag abgeschlossen, der den durch Entscheidung der Europäischen Kommission geschaffenen Standardvertragsklauseln für die Übermittlung (in österreichischer Terminologie: "Überlassung") personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter (in österreichischer Terminologie: "Dienstleister") in Drittländern (2010/87/EG) entspricht. Gemäß Artikel 1 dieser Entscheidung gelten die Standardvertragsklauseln als angemessene Garantien hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre, der Grundrechte und der Grundfreiheiten der Personen sowie hinsichtlich der Ausübung der damit verbundenen Rechte für die Überlassung personenbezogener Daten durch österreichische Auftraggeber an Dienstleister außerhalb der europäischen Gemeinschaft. Der Nachweis ausreichenden Datenschutzes bei den ausländischen Datenempfängern gilt daher als erbracht im Sinne des § 13 Abs. 2 Z 2 DSG 2000.

3.4. Die Verwaltungsabgabe war gemäß § 78 Abs. 1 AVG iVm §§ 13, 53 Abs. 1 DSG 2000 vorzuschreiben. Demnach ist für Anträge nach § 13 DSG 2000 keine Befreiung von Verwaltungsabgaben normiert.

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