K121.827/0008-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. Spenling und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. Heissenberger, Dr. Blaha, Dr. Souhrada-Kirchmayer, Mag. Maitz-Strassnig und Mag. Zimmer sowie des Schriftführers Mag. Hild in ihrer Sitzung vom 14. September 2012 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde der Hanni I*** (Beschwerdeführerin) aus Y***, vertreten durch Dr. Theo B***, Rechtsanwalt in 4020 Linz, vom 19. März 2012 gegen die Bezirkshauptmannschaft Z*** (Beschwerdegegnerin) in Z*** wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Ermittlung bzw. Übermittlung von Daten zu Verwaltungsstrafen (insbesondere Verkehrsstrafen) für Zwecke eines Verfahrens in einer Jugendwohlfahrtssache am 9. und 10. Februar 2012, wird entschieden:
- Die Beschwerde wird a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 1 und 2, 4 Z 12, 7 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 4 Z 1, 31 Abs. 2 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, iVm § 5c Abs. 4 Z 2 des Oö. Jugendwohlfahrtsgesetzes 1991 (Oö. JWG 1991), LGBl. Nr. 111/1991 idgF.
B e g r ü n d u n g
A. Vorbringen der Parteien
Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer mit 19. März 2012 datierten und am 20. März 2012 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin am 9. und 10. Februar 2012 durch E-Mail-Wechsel zwischen Mitarbeitern der Abteilungen für Jugendwohlfahrt und Verwaltungsstrafrecht der Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin betreffende Daten ermittelt bzw. übermittelt habe. Es sei bei der Abteilung für Jugendwohlfahrt der Beschwerdegegnerin ein Verfahren betreffend Obsorge für ihren Enkel, den minderjährigen Ignaz X***, anhängig. Diese solle ihrer Tochter, Leonie X***, entzogen werden. Obwohl sie als Großmutter dabei nicht einmal Verfahrenspartei sei, habe die Beschwerdegegnerin als Jugendwohlfahrtsbehörde bei der Abteilung für Verwaltungsstrafrecht angefragt und sich Daten zu sämtlichen eingetragenen, offenen Strafen, die über sie verhängt worden seien, übermitteln lassen, um gegen eine Übertragung der Obsorge an sie argumentieren zu können. Das Obsorgeverfahren vor dem zuständigen Bezirksgericht habe (wie sich aus einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Medienbericht ergibt) gewisses Aufsehen erregt.
Die Beschwerdegegnerin bestritt den in der Beschwerde bescheinigten Sachverhalt nicht. Sie brachte aber in ihrer Stellungnahme vom 2. April 2012 vor, § 8 Abs. 4 Z 2 DSG 2000 rechtfertige die Verwendung von Daten betreffend verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen, wenn solche Daten für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe seien. Die ermittelten Daten sagten nichts über die Art der strafbaren Handlungen aus; es handle sich lediglich um eine Auflistung rechtskräftiger Verwaltungsstrafen (insbesondere auch der Strafhöhe). Diese Daten seien „im Zuge einer Anforderung amtsinterner Amtshilfe“ ermittelt bzw. übermittelt worden. Sie seien benötigt worden, um die Aufgaben gemäß §§ 35 ff des oö JWG erfüllen zu können. Dazu gehöre die laut Rechtsprechung des OGH hoheitliche Aufgabe, beim zuständigen Gericht die zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen Verfügungen im Bereich der Obsorge beantragen und bei Gefahr im Verzug selbst treffen zu können. Die Kindesmutter des mj. Ignaz X*** sei mit Pflege und Erziehung ohne die Unterstützung der Beschwerdeführerin massiv überfordert. Die Beschwerdeführerin sei eine wichtige Bezugsperson für das Kind. Nun habe die Beschwerdeführerin selbst der Jugendwohlfahrtsbehörde mitgeteilt, dass ihre Inhaftierung zwecks Vollstreckung einer gerichtlichen Freiheitsstrafe wegen zweifachen Betrugs bevorstehe. Überdies drohe, laut gepflogenen Ermittlungen, die Vollstreckung zumindest einer Ersatzfreiheitsstrafe wegen einer nicht bezahlten Verwaltungsstrafe. Dies habe im Dezember 2011 zu der Entscheidung geführt, den minderjährigen Ignaz X*** seiner Mutter abzunehmen (Maßnahme gemäß § 215 Abs. 1 ABGB). Mit Beschluss des Bezirksgerichts *** vom 15. Februar 2012 seien jedoch die Rückführung des Minderjährigen sowie Betreuungsmaßnahmen für die Kindesmutter angeordnet worden. Eine abschließende Beurteilung der Gesamtsituation sowie möglicher Zukunftsperspektiven des Minderjährigen durch die Jugendwohlfahrtsbehörde habe auch die Großmutter mütterlicherseits einbeziehen müssen, weshalb am 9. Februar die gegenständliche interne Anfrage an die Verwaltungsstrafvollzugsbehörde nach weiteren drohenden Ersatzfreiheitsstrafen ergangen sei. Dies sei „im Vorfeld einer Tagsatzung des Rekursgerichts bzw. des von diesem beauftragten Erstgerichts“ notwendig gewesen, um „die Erforderlichkeit spezifischer Betreuungsmaßnahmen für den Fall eines möglichen (zumindest zeitweiligen) Ausfalles der Großmutter als Betreuungsperson deutlich zu machen.“ Dies belege ein überwiegendes berechtigtes Interesse an der Ermittlung und daher auch Übermittlung der betreffenden Daten, auch angesichts der Tatsache, dass im medienbekannten „Fall Cain“ der dortigen Jugendwohlfahrtsbehörde vorgeworfen werde, dass kein interner Informationsfluss zwischen Jugendwohlfahrts- und Sicherheitsabteilung stattgefunden habe. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde aus diesen Erwägungen abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin brachte nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit Äußerung vom 16. April 2012 vor, die von der Beschwerdegegnerin zitierten Bestimmungen (§§ 4 Abs. 2, 35ff oö JWG) könnten den Eingriff in das Geheimhaltungsrecht der Beschwerdeführerin nicht rechtfertigen. Die Beschwerdeführerin als Großmutter sei nicht Partei des Obsorgeverfahrens gewesen. Zum Zeitpunkt der Datenermittlung sei jedoch weder der bevorstehende Gerichtstermin im Rekursverfahren (Ladung am 6. März 2012 erfolgt) bekannt, noch jenes Sachverständigengutachten, das die Bedeutung der Beschwerdeführerin für das Kindeswohl betont habe, bei Gericht eingelangt gewesen (Eingangsdatum 14. Februar 2012). Die Beschwerdegegnerin habe also noch vor dem Bekanntwerden des Gutachtens und dem folgenden Beschluss des Erstgerichts vorsorglich Informationen betreffend die Beschwerdeführerin gesammelt.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war, für Zwecke eines bereits gerichtsanhängigen Obsorgeverfahrens betreffend den Enkel der Beschwerdeführerin Daten zur möglicherweise drohenden Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen gegen die Beschwerdeführerin zu ermitteln.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdegegnerin führt im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben als Jugendwohlfahrtsbehörde ein Verfahren betreffend die Frage, ob die Obsorge für den minderjährigen Ignaz X*** der Leonie X***, der Tochter der Beschwerdeführerin, entzogen werden soll, um Maßnahmen der behördlichen Erziehungshilfe auch gegen den Willen der Mutter zu gewährleisten. Dieses Verfahren war am 9. Februar 2012 gerichtsanhängig (beim Bezirksgericht ***).
Am 9. Februar 2012 richtete Frau Olga A***, Mitarbeiterin der Abteilung **, Aufgabengruppe Jugendwohlfahrt, folgende E-Mail an Josef V*** von der für Strafen und Vollstreckungsmaßnahmen zuständigen Abteilung der Beschwerdegegnerin:
„Sehr geehrter Herr V***!
Wie Sie wissen, sind wir derzeit mit der Sache Ignaz X*** intensiv befasst. Die mütterliche Großmutter, Frau Hanni I***, führt immer wieder ins Treffen, die Unterbringung des Kindes hätte ausschließlich damit zu tun gehabt, dass eine Verkehrsstrafe nicht bezahlt war.
Um für die kommende Tagsatzung vorbereitet zu sein ersuche ich Sie, unserer Aufgabengruppe mitzuteilen, ob gegen Frau I*** noch weitere Strafverfahren oder deren Bezahlung offen sind, die dazu führen könnten, dass wieder eine Ersatzfreiheitsstrafe in Betracht gezogen werden muss.
Frau I*** hat auch selbst im Haushalt noch eine minderjährige Tochter zu versorgen.“
Darauf erging am 10. Februar von Josef V*** folgende Antwort:
„Sehr geehrte Frau A***!
Ich übermittle die im Mail angeforderte Aufstellung der mit heutigem Tage 10.02.2012 offenen Strafen von Frau I*** Hanni:
VerkR ****-2012 von der Bundespolizeidirektion Z*** S-0000/11
EUR 25,--
VerkR 0000-2012 vom Magistrat der Stadt **** RM-AG/****0000 u. a.
EUR 485,--
VerkR96 ++++-2012 von der Bezirkshauptmannschaft *** Zl. ****-
0000-2011
EUR 158,53
VerkR 0000-2012 von der Bezirkshauptmannschaft *** VerkR
00000-2011
EUR 99,--
VerkR 0000-2012 vom Magistrat der Stadt *** Zl. 00000-2012
EUR 100,--
VerkR 0000-2012 vom Magistrat der Stadt *** Zl. 00000
EUR 147,20
VerkR 00000-2012 vom Magistrat der Stadt Z***, FD-STV-000000
EUR 112,--
VerkR 0000-2012 vom Magistrat der Stadt Z*** FD-STV-+++++
EUR 112,--
Summe
EUR 1238,73
Da all diese Rechtshilfeersuchen nachweislich mit RSA-Brief bereits zugestellt wurden, sind diese rechtskräftig vollstreckbar.
Obige Rechtshilfeersuchen sind per Post seit 1. Jänner 2012 ha. eingelangt.
Weiters ist ein Akt VerkR 00000-2011 von der BH Z*** EUR 165,-
- noch ausständig, jedoch noch nicht rechtskräftig und vollstreckbar.“
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf das übereinstimmende Vorbringen beider Parteien und die von der Beschwerdeführerin (als Beilagen zur Beschwerde vom 19. März 2012) vorgelegten Kopien des zitierten E-Mail-Wechsels.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Grundrecht auf Datenschutz
§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 4 Z 8, 9 und 12 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Definitionen
§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
1. [...]
8. Verwenden von Daten: jede Art der Handhabung von Daten, also sowohl das Verarbeiten (Z 9) als auch das Übermitteln (Z 12) von Daten;
9. Verarbeiten von Daten: das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Überlassen (Z 11), Sperren, Löschen, Vernichten oder jede andere Art der Handhabung von Daten mit Ausnahme des Übermittelns (Z 12) von Daten;
[...]
12. Übermitteln von Daten: die Weitergabe von Daten an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen von Daten; darüber hinaus auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers;“
§ 7 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei
Verwendung nicht-sensibler Daten
§ 8. (1) [...] (3)
(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 31 Abs. 2 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31. (1) [...]
(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.
(3) [...] (6)
(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“
§ 4 Abs. 1 bis 4, 5c sowie die §§ 35 bis 39 des Landesgesetzes vom 3. Juli 1991 über die Jugendwohlfahrt (Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 - Oö. JWG 1991), LGBl. Nr. 111/1991 idgF, lauten:
„§ 4
Jugendwohlfahrtsträger, Aufgabenverteilung und Zuständigkeit
(1) Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt ist das Land Oberösterreich (öffentlicher Jugendwohlfahrtsträger).
(2) Die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt sind von der Landesregierung und den Bezirksverwaltungsbehörden nach Maßgabe dieses Landesgesetzes zu besorgen.
(3) Sofern durch Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, sind Aufgaben, deren Erfüllung auf Grund anderer Gesetze und völkerrechtlicher Verträge ausdrücklich dem Jugendwohlfahrtsträger obliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgen.
(4) Freie Jugendwohlfahrtsträger können nach Maßgabe des § 5 mit der Besorgung nicht hoheitlicher Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt betraut werden.“
„§ 5c
Sonstige Datenverwendung
(1) Die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung sind ermächtigt, folgende personenbezogene Daten von natürlichen und juristischen Personen, die Leistungen im Sinn des I. bis V. Hauptstücks erbringen, sowie von Pflege- oder Adoptivwerberinnen und -werbern zum Zweck der Eignungsbeurteilung, Leistungserbringung, Leistungsabrechnung und Aufsicht zu verwenden:
(2) Die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung sind ermächtigt, folgende personenbezogene Daten von Minderjährigen und jungen Erwachsenen (§ 43 Abs. 2), mit ihnen verwandten oder verschwägerten Personen, Personen, die mit ihnen im gemeinsamen Haushalt leben, Bezugspersonen sowie ganz oder teilweise mit der Obsorge betrauten Personen zum Zweck der Abklärung von Kindeswohlgefährdungen, der Gewährung von Erziehungshilfen oder sozialen Diensten und der Vermittlung oder sonstigen Mitwirkung an der Annahme an Kindesstatt zu verwenden, soweit dies im überwiegenden Interesse der Minderjährigen und jungen Erwachsenen erforderlich ist:
Name, ehemalige Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Adresse, Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Faxnummern, Gesundheitsdaten, Daten über strafrechtliche Verurteilungen, Ausbildung und Beschäftigung, bereichsspezifisches Personenkennzeichen, Sozialversicherungsnummer, Zentralmelderegister-Zahl, Art der Beziehung;
Art, Umfang und Ergebnisse der Gefährdungsabklärung;
Art, Umfang, Grund und Verlauf der Erziehungshilfen und der sozialen Dienste.
(3) Die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung sind ermächtigt, folgende personenbezogene Daten von Minderjährigen und jungen Erwachsenen (§ 43 Abs. 2), ihnen zum Unterhalt verpflichteten Personen sowie nahen Angehörigen zum Zweck der Wahrnehmung der Rechtsvertretung und Obsorge, des Kostenersatzes der vollen Erziehung, der Berechnung des Betreuungsbeitrags gemäß § 18 Abs. 2 und der Abrechnung der Entgelte für soziale Dienste zu verwenden:
(4) Die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung sind ermächtigt, folgende personenbezogene Daten von Minderjährigen, mit ihnen verwandten oder verschwägerten Personen, Personen, die mit ihnen im gemeinsamen Haushalt leben, Bezugspersonen sowie ganz oder teilweise mit der Obsorge betrauten Personen zum Zweck der Stellungnahme an Zivil- oder Strafgerichte zu verwenden, soweit dies im überwiegenden Interesse der Minderjährigen erforderlich ist:
(5) Bei begründetem Verdacht sind die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung ermächtigt, zum Zweck der Eignungsbeurteilung und Aufsicht (Abs. 1), der Abklärung von Kindeswohlgefährdungen, der Gewährung von Erziehungshilfen oder sozialen Diensten und der Vermittlung oder sonstigen Mitwirkung an der Annahme an Kindesstatt (Abs. 2) Sonderauskünfte nach § 9a Strafregistergesetz 1968, BGBl. Nr. 277/1968, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010, in Bezug auf natürliche Personen, die im Rahmen der Leistungserbringung unmittelbar Minderjährige betreuen, Pflege- oder Adoptivwerberinnen und -werber, Elternteile und sonstige natürliche Personen, die Minderjährige nicht nur vorübergehend im gemeinsamen Haushalt betreuen, bei der Bundespolizeidirektion Wien - tunlichst in elektronischer Form - einzuholen und diese Daten zu verwenden.
(6) Daten gemäß Abs. 1 bis 5 dürfen im Rahmen eines Informationsverbundsystems im Sinn des § 50 DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, verarbeitet werden. Auftraggeber dieses Informationsverbundsystems sind die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung; Betreiber des Informationsverbundsystems ist die Landesregierung.
(7) Die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung sind berechtigt, Daten gemäß Abs. 1 bis 5 zu den in diesen Bestimmungen genannten Zwecken an andere Jugendwohlfahrtsträger, andere Kostenträger, Gerichte sowie Einrichtungen und Personen, die in der Begutachtung, Betreuung und Behandlung Minderjähriger tätig sind oder werden sollen, im Einzelfall zu übermitteln, sofern dies im überwiegenden Interesse der Minderjährigen oder jungen Erwachsenen (§ 43 Abs. 2) erforderlich ist. An Gerichte dürfen die Daten nur soweit übermittelt werden, als diese zur Durchführung der jeweiligen Verfahren erforderlich sind und das Kindeswohl oder Verschwiegenheitspflichten der Weitergabe nicht entgegen stehen.
(8) Die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung haben Datensicherheitsmaßnahmen zu treffen. Jedenfalls sind alle Datenverwendungen zu protokollieren. Sensible Daten dürfen nur verschlüsselt übermittelt werden.
(9) Die verarbeiteten Daten dürfen nur so lange aufbewahrt werden, als es für die Zwecke, für die sie verarbeitet wurden, erforderlich ist. Im Fall ihrer Unrichtigkeit sind die Daten sofort zu löschen.“
„V. HAUPTSTÜCK
Erziehungshilfen
1. Abschnitt
Arten der Erziehungshilfen
§ 35
Begriffe; Allgemeines
(1) Erziehungshilfen sind Maßnahmen der öffentlichen Jugendwohlfahrt, die im Einzelfall erforderlich sind, wenn Pflege und Erziehung durch die Erziehungsberechtigten das Wohl des(r) Minderjährigen nicht ausreichend gewährleisten. Hiebei ist jeweils die gelindeste, noch zum Ziel führende Maßnahme vorzusehen.
(2) Erziehungshilfen gemäß Abs. 1 können in Form einer „Unterstützung der Erziehung“ (§ 36) oder als „volle Erziehung“ (§ 37) gewährt werden.
(3) Erziehungshilfen können dem(r) Minderjährigen auf Grund einer Vereinbarung mit den Erziehungsberechtigten als „freiwillige Erziehungshilfen“ (§ 38) oder auf Grund einer gerichtlichen Verfügung nach §§ 176 und 213 ABGB als „Erziehungshilfen gegen den Willen der Erziehungsberechtigten“ (§ 39) gewährt werden. (Anm: LGBl. Nr. 68/2002)
§ 36
Unterstützung der Erziehung
(1) Die Unterstützung der Erziehung umfaßt alle Maßnahmen, die im Einzelfall die verantwortungsbewußte Erziehung des Minderjährigen durch die Erziehungsberechtigten fördern. Die Unterstützung der Erziehung soll vor allem dazu dienen, die Voraussetzungen für die Erziehung des(r) Minderjährigen in der eigenen Familie zu verbessern.
(2) Zur Erreichung dieses Zieles können insbesondere:
§ 37
Volle Erziehung
(1) Erscheint eine Unterstützung der Erziehung gemäß § 36 im Einzelfall nicht zielführend oder hat sie sich als nicht zielführend erwiesen, so ist dem(r) Minderjährigen volle Erziehung in Form einer Unterbringung in Einrichtungen gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 (in einer Pflegefamilie, bei Personen gemäß § 27 Abs. 1 zweiter Satz, in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung, wie z. B. einem Kinderdorf, einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft, durch nicht ortsfeste Formen der Pädagogik und dgl.) zu gewähren. Volle Erziehung im Sinn dieses Landesgesetzes liegt vor, sofern der Jugendwohlfahrtsträger zumindest mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut wurde. (Anm: LGBl. Nr. 68/2002)
(2) Bei Säuglingen und Kleinkindern hat die Pflege und Erziehung in einer Pflegefamilie oder in besonders zu begründenden Einzelfällen in einem Kinderdorf Vorrang gegenüber den anderen Maßnahmen gemäß Abs. 1.
§ 38
Freiwillige Erziehungshilfen
(1) Sind zum Wohl des(r) Minderjährigen Maßnahmen der Erziehungshilfe notwendig und die Erziehungsberechtigten mit der Maßnahme einverstanden, so ist über die Durchführung der Maßnahme eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Erziehungsberechtigten und der Bezirksverwaltungsbehörde abzuschließen. Handelt es sich um eine Maßnahme der vollen Erziehung gemäß § 37, für deren Durchführung die Landesregierung nach § 40 Abs. 2 zuständig ist, so ist die schriftliche Vereinbarung zwischen den Erziehungsberechtigten und der Landesregierung abzuschließen.
(2) Vor Abschluß einer Vereinbarung nach Abs. 1 ist das mindestens zehnjährige Kind jedenfalls persönlich, das noch nicht zehnjährige Kind tunlichst ebenfalls persönlich, erforderlichenfalls aber in anderer geeigneter Weise zu hören.
§ 39
Erziehungshilfen gegen den Willen der Erziehungsberechtigten
Stimmen die Erziehungsberechtigten einer notwendigen Maßnahme der Unterstützung der Erziehung (§ 36) oder der vollen Erziehung (§ 37) nicht zu oder lösen sie die Vereinbarung einseitig (§ 43 Abs. 4) und ist die Fortführung der Maßnahme weiterhin notwendig, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 215 Abs. 1 ABGB die zur Wahrung des Wohles des(r) Minderjährigen erforderliche gerichtliche Verfügung zu beantragen.“
§ 215 ABGB idF BGBl. I Nr. 40/2009 lautet:
„§ 215. (1) Der Jugendwohlfahrtsträger hat die zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im Bereich der Obsorge zu beantragen. Bei Gefahr im Verzug kann er die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen; er hat diese Entscheidung unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht Tagen, zu beantragen. Im Umfang der getroffenen Maßnahmen ist der Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge betraut.
(2) Eine einstweilige Verfügung nach den §§ 382b und 382e EO sowie deren Vollzug kann der Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Minderjährigen beantragen, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter einen erforderlichen Antrag nicht unverzüglich gestellt hat; § 212 Abs. 4 gilt hiefür entsprechend.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Beschwerde hat sich als nicht berechtigt erwiesen.
Gegenstand ist hier eine Übermittlung von Daten durch behördeninterne Zweckänderung (innerbehördliche Quasi-Amtshilfe, „Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers“) gemäß § 4 Z 12 letzter Halbsatz DSG 2000.
Der oberösterreichische Landesgesetzgeber hat in § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 an die Bezirksverwaltungsbehörden als Jugendwohlfahrtsbehörden eine auf den Beschwerdefall anwendbare Ermächtigung zur Datenermittlung erteilt. Diese umfasst die Erlaubnis, betreffend bestimmte Bezugspersonen von unter Aufsicht der Jugendwohlfahrtsbehörde stehenden Minderjährigen „Daten, die zur Beurteilung des Kindeswohls oder zur Ermittlung des Kindeswillens erforderlich sind“ für den Zweck von Stellungnahmen vor dem zur Entscheidung zuständigen Gericht zu verwenden (also u.a. zu ermitteln, vgl. § 4 Z 8 DSG 2000).
Die Beschwerdegegnerin hat vor der Datenschutzkommission in ausreichender Weise dargelegt, dass die verwendeten Daten denkmöglich für diesen Zweck benötigt wurden. Die Verwendung des Begriffes „Beurteilung“ indiziert überdies, dass der Gesetzgeber den Jugendwohlfahrtsbehörden hier einen gewissen Spielraum gestatten wollte, um im Interesse des Minderjährigen Ermittlungen anzustellen und Argumente zu sammeln, über deren Stichhaltigkeit zu entscheiden Sache des zuständigen Gerichts ist.
Die Datenschutzkommission betont dabei, dass die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Aufgaben als Organ des Jugendwohlfahrtsträgers und damit in Verfolgung eines gesetzmäßigen Zwecks tätig geworden ist. Dazu ist auf die Rechtsprechung der Datenschutzkommission zur Denkmöglichkeit behördlicher Ermittlungsschritte zu verweisen:
Datenschutzrechtliche Beschwerden sind nicht geeignet, in der Sache vor andere Behörden gehörende Rechtsfragen (hier:
verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit von Handlungen nach dem KFG oder dem Wr. GAG) prüfen zu lassen. Grundsätzlich besteht ein – im Fall von Verwaltungsübertretungen insbesondere durch § 25 Abs. 1 iVm § 26 Abs. 1 VStG, im allgemeinen Verwaltungsverfahren durch die §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG sowie besondere Zuständigkeitsbestimmungen zum Ausdruck kommendes – berechtigtes Interesse der zuständigen Behörde an der Verwendung personenbezogener Daten, insbesondere deren Ermittlung, für Zwecke eines Verwaltungs(straf)verfahrens, welches das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten überwiegt, sodass gemäß § 8 Abs. 1 Z 4 bzw. § 8 Abs. 4 Z 3 DSG 2000 eine Verletzung von nach § 1 Abs. 1 leg. cit. bestehenden schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen nicht vorliegt. Als Maßstab für eine Beurteilung der Zulässigkeit der Datenermittlung in solchen Verfahren verbleibt für die Datenschutzkommission das Übermaßverbot als Ausdruck des in § 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 3 DSG 2000 normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes: Wenn es denkmöglich ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben. (Bescheid der Datenschutzkommission vom 29.11.2005, GZ: K121.046/0016-DSK/2005, RIS, RS1, ZVR 2006/115)
Eine solche überschießende Datenverwendung im Sinne der zitierten ständigen Rechtsprechung der Datenschutzkommission (zu den Generalklauseln des § 8 DSG 2000), die mit dem gesetzmäßigen Zweck nicht mehr für jedermann einsichtig begründet werden kann, liegt hier aber nicht vor. Die Beschwerdegegnerin hat die Ermächtigung gemäß § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 nicht überschritten.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 14. März 2013, Zl. B 1326/12-12, als unbegründet abgewiesen .
aus den Entscheidungsgründen des VfGH:
Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs, der Parteienvorbringen und der anzuwendenden Rechtsvorschriften hat der VfGH erwogen:
„1.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Ermittlung und Verwendung personenbezogener Daten durch Eingriffe einer staatlichen Behörde wegen des Gesetzesvorbehalts des § 1 Abs. 2 DSG 2000 nur auf Grund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind und ausreichend präzise, also für jedermann vorhersehbar, regeln müssen, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung bzw. Verwendung personenbezogener Daten für die Wahrnehmung konkreter Verwaltungsaufgaben zulässig ist (vgl. VfSlg. 16.369/2001). Der jeweilige Gesetzgeber muss somit gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 eine materienspezifische Regelung in dem Sinne vorsehen, dass die Fälle zulässiger Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz konkretisiert und begrenzt werden.
1.2. Im vorliegenden Fall stellt § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 die im Sinne des § 1 Abs. 2 iVm § 8 Abs. 1und 4 DSG 2000 notwendige gesetzliche Ermächtigung zur Datenübermittlung dar (wovon sowohl die Beschwerdeführerin als auch die DSK im angefochtenen Bescheid ausgehen}. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist allerdings der in § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 erfasste Personenkreis im Hinblick auf die Eingriffsschranken des § 1 Abs. 2 DSG zu weitgehend; es sei nicht ersichtlich, warum ein Eingriff bei sämtlichen verwandten - auch bei nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem betroffenen Minderjährigen lebenden - Personen zulässig sei. Die gesetzliche Regelung des § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 sei daher dahingehend zu prüfen, ob die Verwendung personenbezogener Daten (zur Beurteilung des Kindeswohls bzw. zur Ermittlung des Kindeswillens) durch die in der gesetzlichen Bestimmung näher bestimmten Behörden verhältnismäßig (Art. 8 Abs. 2 EMRK iVm § 1 Abs. 2 DSG 2000) ist.
1.2.1. Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Oö. JWG 1991 ist das Land Oberösterreich Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt, wobei die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt von der Landesregierung und den Bezirksverwaltungsbehörden nach Maßgabe des Oö. Jugendwohlfahrtsgesetzes 1991 zu besorgen sind. Gemäß §§ 35 ff. Oö. JWG 1991 können Erziehungshilfen (zB "Unterstützung der Erziehung" gemäß § 36 Oö. JWG 1991 oder "volle Erziehung" gemäß § 37 Oö. JWG 1991} als Maßnahmen der öffentlichen Jugendwohlfahrt, die im Einzelfall erforderlich sind, gewährt werden, wenn Pflege und Erziehung durch die Erziehungsberechtigten das Wohl des Minderjährigen nicht ausreichend gewährleisten. Erziehungshilfen können gemäß § 35 Abs. 3 Oö. JWG 1991 dem Minderjährigen auf Grund einer Vereinbarung mit den Erziehungsberechtigten auch als "freiwillige Erziehungshilfen" (§ 38 Oö. JWG 1991} oder auf Grund einer gerichtlichen Verfügung nach § 176 und § 213 ABGB als "Erziehungshilfen gegen den Willen der Erziehungsberechtigten" (§ 39 Oö. JWG 1991) gewährt werden.
§ 35 Abs. 1 letzter Satz Oö. JWG 1991 besagt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass dabei jeweils die gelindeste, noch zum Ziel führende Maßnahme vorzusehen ist.
1.3. § 5c Abs. 4 Oö. JWG 1991 regelt die Verwendung personenbezogener Daten bestimmter Personen im überwiegenden Interesse eines Minderjährigen, bei denen typischer Weise ein Naheverhältnis zwischen einem Minderjährigen und eben jenen Personen ("verwandte oder verschwägerte Personen, Personen, die mit dem Minderjährigen im gemeinsamen Haushalt leben, Bezugspersonen sowie ganz oder teilweise mit der Obsorge betraute Personen") besteht. Aus diesem Grund erweist sich bereits die Prämisse der Beschwerdeführerin als unrichtig, dass der in § 5c Abs. 4 Oö. JWG 1991 genannte Personenkreis zu weit gefasst sei.
1.4. Der durch § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 verankerte Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Datenschutz erscheint nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 2 EMRK iVm § 1 Abs. 2 DSG 2000 verhältnismäßig, weil die Behörde in Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben zur Wahrnehmung des Kindeswohles, das zweifellos ein Schutzgut im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt, nur tätig werden darf, wenn Pflege und Erziehung durch die Erziehungsberechtigten das Wohl des Minderjährigen nicht ausreichend gewährleisten. Nur in einem solchen Fall darf die Behörde gemäß § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 personenbezogene Daten von Minderjährigen, mit ihnen verwandten oder verschwägerten Personen, Personen, die mit ihnen im gemeinsamen Haushalt leben, Bezugspersonen sowie ganz oder teilweise mit der Obsorge betrauten Personen zum Zweck der Stellungnahme an Zivil- oder Strafgerichte verwenden. Es handelt sich daher im konkreten Fall um ein möglichst gelindes und im engeren Sinne angemessenes Mittel, personenbezogene Daten zur Beurteilung des Kindeswohls bzw. zur Ermittlung des Kindeswillens zu verwenden.
2. Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die DSK habe § 5c Abs. 4 Z 2 Oö. JWG 1991 denkunmöglich angewendet, geht ins Leere. Die DSK hat vertretbar keine Bedenken gegen die Vorgangsweise der Bezirkshauptmannschaft **** bei der Verwendung der Daten der Beschwerdeführerin gehegt und die Beschwerde abgewiesen. Sie hat die Verwendung der personenbezogenen Daten der Beschwerdeführerin denkmöglich als im Rahmen der der Bezirkshauptmannschaft **** obliegenden Aufgaben als Organ des Jugendwohlfahrtsträgers gelegen gewertet und damit die Tätigkeit der Bezirkshauptmannschaft **** in Verfolgung eines gesetzlichen Zwecks qualifiziert. Die Datenverwendung wurde seitens der DSK denkmöglich auch nicht als überschießend und somit als nicht mehr mit dem gesetzlichen Zweck begründbar qualifiziert.
3. Letztlich hat auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Oktober 2012, Rs. C-614/10, Kommission/Österreich , in dem dieser feststellte, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (im Folgenden: Datenschutz-RL) verstoßen habe, weil die DSK nicht dem in Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 der Datenschutz-RL verankerten Kriterium der völligen Unabhängigkeit genüge, keine Auswirkungen auf das Beschwerdeverfahren. Das Erfordernis, die Einhaltung der Unionsvorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine unabhängige Stelle zu überwachen, ergibt sich nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union auch aus dem Primärrecht der Union, insbesondere aus Art. 8 Abs. 3 GRC und aus Art. 16 Abs. 2 AEUV.
3.1. Der Verstoß des Datenschutzgesetzes 2000 gegen Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 Datenschutz-RL wird nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union dadurch bewirkt, dass die DSK in ihrer Funktion als Kontrollstelle nicht "völlig unabhängig" organisiert ist, weil das geschäftsführende Mitglied der Datenschutzkommission ein der Dienstaufsicht unterliegender Bundesbediensteter ist (§ 36 Abs. 3 DSG 2000), die Geschäftsstelle der Datenschutzkommission in das Bundeskanzleramt eingegliedert ist (§ 38 Abs. 2 erster Satz DSG 2000) und der Bundeskanzler über ein unbedingtes Recht verfügt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Datenschutzkommission zu unterrichten (§ 38 Abs. 2 zweiter Satz DSG 2000).
3.2. Im Beschwerdeverfahren wird die DSK hingegen auf Grund der §§ 31 und 31a DSG 2000 und somit im Anwendungsbereich des Art. 22 Datenschutz-RL als Gericht im unionsrechtlichen Sinn, das über einen eingelegten Rechtsbehelf abspricht, tätig. Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 Datenschutz-RL bzw. die aus unionsrechtlicher Sicht mangelhafte Umsetzung des Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 Datenschutz-RL iVm Art. 8 Abs. 3 GRC (EuGH 12.10.2012, Rs. C-614/10, Kommission/Österreich ) durch die nationalen Bestimmungen zur Organisation der DSK spielt daher im vorliegenden Verfahren keine Rolle.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat keine Bedenken, dass die die Organisation der DSK betreffenden Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 in Bezug auf die Funktion der DSK gemäß den §§ 31und 31a DSG 2000 im Beschwerdeverfahren verfassungskonform sind und den Anforderungen des Art. 8 Abs. 3 GRC iVm Art. 22 Datenschutz-RL genügen.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die behauptete Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes oder einer sonstigen rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.“