K121.823/0010-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KÖNIG, Mag. HUTTERER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie der Schriftführerin Mag. HAJICEK in ihrer Sitzung vom 3. August 2012 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Eduard R*** (Beschwerdeführer) in Mödling vom 22. Februar 2012 gegen 1. Miguel L*** (Erstbeschwerdegegner), 2. Konsul Heribert M*** (Zweitbeschwerdegegner) und 3. Hanni X*** (Drittbeschwerdegegnerin), alle in Wien, wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird entschieden:
- Die Beschwerde wird z u r ü c k g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2 und § 31 Abs. 2 und 3 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g
A. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien
1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Erstbeschwerdegegner in Überschreitung seiner Kompetenzen Daten (ua.) des Beschwerdeführers am 9. November 2011 an verschiedene Empfänger eines Mails unrechtmäßig übermittelt habe. Zuvor habe der Erstbeschwerdegegner diese Daten vom Zweitbeschwerdegegner bzw. der Drittbeschwerdegegnerin in Überschreitung ihrer jeweiligen Kompetenzen übermittelt erhalten.
Er sei daher durch die Beschwerdegegner in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt und beantragt, die Datenschutzkommission möge mit Bescheid diese Rechtsverletzung feststellen.
2. In seiner Stellungnahme vom 8. März 2012 gab der Erstbeschwerdegegner im Wesentlichen dazu an, er sei seit 30 Jahren als Exekutivbeamten zu Ermittlungen, die der Aufklärung von Straftaten und Verhinderungen von gefährlichen Angriffen dienen würden, berufen und verpflichtet. Seit 4. Oktober 2010 sei er als polizeilicher Verbindungsbeamter in der Österreichischen Botschaft (ÖB) Y*** tätig und ua. für die Überprüfung von Unterlagen (Fälschungen etc.), welche im konsularischen Bereich bei Visaanträgen eingereicht würden, zuständig.
Der Beschwerdeführer habe ab dem 16. September 2011 die ÖB Y***, das Büro des Erstbeschwerdegegners, diverse Dienststellen *** bis hin ins Kabinett der Bundesministerin mit Anrufen zu einer Angelegenheit wegen Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Wien gegen Frau A (betreffend die behauptete Veränderung ihres Geburtsdatums zur Umgehung einer Mindestaltersgrenze nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) „zu bombardieren und terrorisieren“ begonnen. Er habe ua., teilweise unter Beschimpfungen und Bedrohungen, die Einstellung aller Ermittlungen in dieser Angelegenheit verlangt. Über Wochen habe er so den Dienstbetrieb aufs massivste gestört. Bereits 2007 habe er Bedienstete der ÖB Y*** gefährlich bedroht, weshalb ihm Hausverbot erteilt worden sei.
Aufgrund des begründeten Verdachts der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen sei der Erstbeschwerdegegner gezwungen gewesen, am 9. November 2011 eine Sachverhaltsdarstellung per E-Mail an die PI ***, die aufgrund des Wohnsitzes des Beschwerdeführers Sicherheitsbehörde unterster Instanz sei, zu übermitteln, damit diese eine Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft erstatte. Dazu sei der Erstbeschwerdegegner rechtlich verpflichtet, widrigenfalls er durch Unterlassung den Straftatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 3 iVm 302 StGB begangen hätte. Die Anzeige gründete sich auf die dienstliche Wahrnehmung als Amtsperson und in seiner Funktion dessen.
3. Der Zweitbeschwerdegegner sowie die Drittbeschwerdegegnerin gaben mit Stellungnahme vom 20. März 2012 an, dass im Rahmen des Antrages auf Niederlassungsbewilligung der A festgestellt worden sei, dass ein Verdacht auf die Erlangung eines das Alter der Antragstellerin korrigierenden Gerichtsentscheides mittels falscher Zeugenaussagen bestehe. Die entsprechenden Unterlagen seien von der Drittbeschwerdegegnerin im Auftrag ihres unmittelbaren Vorgesetzten, des Zweitbeschwerdegegners, an den Erstbeschwerdegegner weitergeleitet worden, da dieser als polizeilicher Verbindungsbeamter der Botschaft unter anderem die Aufgabe habe, den Konsularbeamten der Botschaft sachliche Unterstützung in fremdenrechtlichen Angelegenheit zu leisten. Dieser sei ein zur Verschwiegenheit verpflichteter Beamter der fachlich in Betracht kommenden Oberbehörde.
Allfällige Unterlagen seien bereits vom Erstbeschwerdegegner an die Datenschutzkommission weitergeleitet worden.
4. Im Parteiengehör dazu gab der Beschwerdeführer , soweit hier relevant, an, der Zweitbeschwerdegegner und die Drittbeschwerdegegnerin hätten seine Daten ohne gesetzliche Vorschriften weitergeleitet. Gegen den Erstbeschwerdegegner seien mehrere Verfahren eingeleitet worden, er habe sich wohl verteidigen wollen. Das Verfahren von A sei nicht so eindeutig, wie der Erstbeschwerdeführer offenbar meine, da deswegen eine Berufung *** schon seit März 2011 anhängig sei. Die Anzeige wegen behaupteter Terrorisierung von Behörden bzw. Bombardierung mit Anrufen sei von der Staatsanwaltschaft *** eingestellt worden. Auch sonstige Behauptungen des Erstbeschwerdegegners würden zurückgewiesen.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand ausschließlich die Frage ist, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt wurde, dass der Zweitbeschwerdegegner und die Drittbeschwerdegegnerin seine personenbezogenen Daten vor dem 9. November 2011 an den Erstbeschwerdegegner und dieser wiederum die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers am 9. November 2011 per Mail an verschiedene Empfänger übermittelt habe. Zuvor war zu prüfen, ob die Beschwerdegegner hinsichtlich der Prüfung dieser behaupteten unrechtmäßigen Datenweitergabe passiv legitimiert waren.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Der Erstbeschwerdegegner ist *** seit dem 4. Oktober 2010 als polizeilicher Verbindungsbeamter in der Österreichischen Botschaft (ÖB) Y*** als Attaché tätig und (ua.) für die Überprüfung von im Zuge von konsularischen Verfahren vorgelegten Unterlagen zuständig. Der Zweitbeschwerdegegner ist leitender Konsularbeamter der Botschaft (zweiter Botschaftssekretär), die Drittbeschwerdegegnerin ist als Konsularbeamtin unter der Leitung des Zweitbeschwerdegegners als Attaché in der Botschaft tätig.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus den Vorbringen der Beschwerdegegner sowie aus der Website ***
Die türkische Staatsangehörige A stellte am 27. April 2010 bei der ÖB Y*** einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Familienangehöriger. Im Zuge dieses Verfahrens ist beim Zweitbeschwerdegegner der Verdacht entstanden, dass die Antragstellerin durch Vorlage falscher Urkunden vor türkischen Gerichten ihr Geburtsdatum von 22. Februar 1992 auf 22. Februar 1989 fälschte, um die Mindestaltersgrenze zur Antragstellung von 21 Jahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu überschreiten.
Der Beschwerdeführer hat *** Ausländer ua. in Fragen des Fremden- und Aufenthaltsrecht unterstützt, so auch die A.
Beweiswürdigung: Die Feststellungen zum Verfahren der A ergeben sich aus dem Vorbringen des Zweitbeschwerdegegners und der Drittbeschwerdegegnerin und sind unbestritten. Die Feststellungen zum Verdacht gegen die A ergeben sich aus den Vorbringen aller Beschwerdegegner und dem E-Mail vom 9. November 2011 (in der Folge zitiert). Die Feststellungen zur Funktion des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Beilagen zur Beschwerde.
Entsprechende Information zu diesem Verdacht wurden vor dem 9. November 2011 von der Drittbeschwerdegegnerin im Auftrag des Zweitbeschwerdegegners an den Erstbeschwerdegegner weitergegeben. Der Erstbeschwerdegegner verfasste am 9. November 2011 unter dem Betreff „Eduard R*** -Verdacht der Winkelschreiberei, Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Stalking-Ersuchen um Anzeigeerstattung“ folgendes Mail an die Polizeiinspektion *** ([E-Mail]) sowie in Kopie an Abteilungen eines Ministeriums, an den Zweitbeschwerdegegner, an die Drittbeschwerdegegnerin sowie an *** ([E-Mail]):
[Im Folgenden wird das Mail wörtlich wiedergegeben]
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem E-Mail selbst, das sowohl Beschwerdeführer als auch Erstbeschwerdegegner vorgelegt haben.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
…“
§ 7 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.
§ 31 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31. (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.
(3) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des als verletzt erachteten Rechts,
2. soweit dies zumutbar ist, die Bezeichnung des Rechtsträgers oder Organs, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet wird (Beschwerdegegner),
...“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen:
Passivlegitimation der Beschwerdegegner
Der Beschwerdeführer hat explizit die drei Beschwerdegegner als solche bezeichnet, die in „Überschreitung“ ihrer jeweiligen Kompetenzen tätig geworden seien. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass die vorgeworfenen Datenverwendungen betreffend sämtliche Beschwerdegegner der Österreichischen Botschaft in Y*** (DVR *****) als datenschutzrechtlichem Auftraggeber (§ 4 Z 4 DSG 2000) zuzurechnen sind. Mögen die Beschwerdegegner auch ihre Kompetenzen überschritten haben, so handelten sie doch jeweils in ihrer Funktion als Amtsträger und nicht als Privatpersonen (was auch zur Folge hätte, dass behauptete Verletzungen im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 32 Abs. 1 DSG 2000 auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen wären).
Die vom Beschwerdeführer explizit als solche bezeichneten Beschwerdegegner waren also nicht passiv legitimiert. Diese Passivlegitimation käme vielmehr der Österreichischen Botschaft in Y*** zu.
Die Beschwerde war daher insgesamt mangels Passivlegitimation zurückzuweisen.
Ein Verbesserungsauftrag der am 22. Februar 2012 eingebrachten Beschwerde hatte dabei zu unterbleiben, da die Behörde nach § 13 Abs. 3 AVG nur bei Mängel schriftlicher Anbringen von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen hat. Mängel sind nach iSd § 13 Abs. 3 AVG idF BGBl I Nr. 158/1998 zwar nicht nur Formgebrechen, sondern auch inhaltliche Fehler des Ansuchens, jedoch stellt die bewusste, explizite Angabe eines nicht passivlegitimierten Antragsgegners keinen Mangel dar.
Nach § 31 Abs. 3 DSG 2000 hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde, soweit dies zumutbar ist, die Bezeichnung des Rechtsträgers oder Organs, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet wird, zu bezeichnen. Dies hat der Beschwerdeführer getan, ihm war als *** auch zumutbar, den richtigen Rechtsträger, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet wird, zu bezeichnen.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen.