K121.792/0004-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 30. März 2012 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde der Mag.a Kathrin A*** (Beschwerdeführerin) aus R***, vertreten durch den Verein N***– Verein für Datenschutz aus R***, vom 14. September 2011 (Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens Zl. DSK-K121.743) gegen die V***Inkasso Gesellschaft m.b.H. (Beschwerdegegnerin) aus H*** wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge inhaltlich mangelhafter datenschutzrechtlicher Auskunftserteilung mit Schreiben vom 23. August 2011, wird entschieden:
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs 3 Z 1, 26 Abs 1 und 4, 31 Abs 1 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr 165/1999 idgF
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Dieses Beschwerdeverfahren knüpft inhaltlich am eingestellten Beschwerdeverfahren Zl. DSK-K121.743 an. Die Beschwerdeführerin behauptet eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass die ihr erteilte neuerliche Auskunft vom 23. August 2011 wiederum keine genauen Angaben über den konkreten Inhalt der Daten enthalte, die zu Art, Höhe etc. der von der Beschwerdegegnerin bei der Beschwerdeführerin geltend gemachten Forderungen Dritter verarbeitet würden. Außerdem bestehe ein Widerspruch hinsichtlich einer von dritter Seite, nämlich der Solvent-Kontroll-**** Ges.m.b.H., erteilten Auskunft hinsichtlich der Herkunft von Daten zu einer bestimmten Forderung.
Die Beschwerdegegnerin hat sich (nach Aufforderung durch die Datenschutzkommission mit Schreiben vom 20. Jänner 2012, GZ: DSK-K121.792/0001-DSK/2012, Zustellung per E-Mail an die Adresse office@v***inkasso.co.at ausgewiesen) nicht zum Gegenstand des Verfahrens geäußert.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin mit dem Schreiben vom 23. August 2011 der Beschwerdeführerin eine dem Gesetz entsprechende datenschutzrechtliche Auskunft erteilt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Nach einer ersten datenschutzrechtlichen Beschwerde erteilte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin am 23. August 2011 eine schriftliche Auskunft über die bei ihr zur Person der Beschwerdeführerin verarbeiteten Daten.
Diese lautete auszugsweise:
Anrede, Titel, Familienname, Vorname, Adresse bzw. Adressen, Geburtsdatum, Telefonnummer, Forderungsbeschreibung, Forderungsdatum, Valutadatum, Forderungsbetrag, Höhe Zinssatz, Art und Datum der durchgeführten Interventionsschritte und getroffenen Vereinbarung (Ratenvereinbarung), verrechnete Inkassokosten, verrechnete Zinsen, Datum und Höhe der geleisteten Zahlungen.
Frau Mag. A*** Kathrin, D***g. *9/4*/3*4, *14* R***, *3.02.19**, *6**34*72*0, Daten über Forderung etc.
Firma L**** Versand Österreich
Sie wurden zur Durchführung von Interventionen aufgrund der damals bestandenen offenen Forderung verwendet.
Von der Firma L**** Versand Österreich wurden die Daten lt. den damals aufrechten AGBs unter Punkt Gläubigerschutz (laut beiliegender Kopie) „Im Falle einer Übergabe an das Inkassobüro werden von uns d. Name d. Kunden, die Anschrift, das Geburtsdatum u.d. aushaftende Saldo an die Warenkreditversicherung des I***-Gläubigerschutzverein, M***g. *4, *25* R*** u. an Solvent-Kontroll-**** GmbH, S***g. *92, *49* R*** übermittelt, die auch für andere Warenkreditgeber zugänglich ist“ weitergeleitet.
Wurden zur Durchführung von Interventionen aufgrund der damals bestandenen offenen Forderung betrieben. Der Fall wurde bei V***Inkasso als erledigt ausgebucht und außer Evidenz genommen.
Wurden zur Durchführung von Interventionen aufgrund der damals bestandenen offenen Forderung bzw. den AGBs der Firma L**** Versand Österreich verwendet. Der Fall wurde bei V***Inkasso als erledigt ausgebucht und außer Evidenz genommen.
Von der Firma L**** Versand Österreich wurden die Daten lt. den damals aufrechten AGBs unter Punkt Gläubigerschutz (laut beiliegender Kopie) „Im Falle einer Übergabe an das Inkassobüro werden von uns d. Name d. Kunden, die Anschrift, das Geburtsdatum u.d. aushaftende Saldo an die Warenkreditversicherung des I***-Gläubigerschutzverein, M***g. *4, *25* R*** u. an Solvent-Kontroll-**** GmbH, S***g. *92, *49* R*** übermittelt, die auch für andere Warenkreditgeber zugänglich ist“ weitergeleitet.“
Dieses Auskunftsschreiben ist der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen zugestellt worden.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der als Beilage zur Beschwerde (= Stellungnahme nach Parteiengehör im Verfahren Zl. DSK-K121.743) vom 13. September 2011 vorgelegten Kopie des zitierten Auskunftsschreibens.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 3 Z 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Grundrecht auf Datenschutz
§ 1 . (1) …(2)
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;“
§ 26 Abs 1 und 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Auskunftsrecht
§ 26 . (1) Ein Auftraggeber hat jeder Person oder Personengemeinschaft, die dies schriftlich verlangt und ihre Identität in geeigneter Form nachweist, Auskunft über die zu dieser Person oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten zu geben. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen eines Betroffenen sind auch Namen und Adressen von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Wenn zur Person des Auskunftswerbers keine Daten vorhanden sind, genügt die Bekanntgabe dieses Umstandes (Negativauskunft). Mit Zustimmung des Auskunftswerbers kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
(2) […] (3)
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Auskunftswerber am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.“
§ 31 Abs 1 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31 . (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) …(6)
(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Beschwerde hat sich zu Teilen des Vorbringens als berechtigt erwiesen.
A) zur behaupteten Widersprüchlichkeit der Auskunft
Die Rechtsprechung hält fest, dass der Inhalt des Auskunftsrechts kein individuell ausgestaltbares Fragerecht darstellt, sondern inhaltlich in § 26 Abs. 1 DSG 2000 genau determiniert ist (Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Jänner 2010, GZ: K121.540/0002-DSK/2010, RIS).
Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht gemäß § 26 Abs 1 DSG 2000 ist ein Auskunftsrecht über formale Tatsachen , nämlich „die zu dieser Person (= der Auskunftswerber, hier: der Beschwerdeführer) oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten“ . Gegenstand des Auskunftsrechts ist daher nicht die „Erforschung der materiellen Wahrheit“, das heißt der Richtigkeit der vom datenschutzrechtlichen Auftraggeber verarbeiteten „Angaben zur Person“ des Betroffenen, sondern die Information über die tatsächlich verarbeiteten Daten , selbst wenn diese falsche Angaben zur Person machen, Tatsachen unrichtig wiedergeben oder unvollständig sind.
Daraus folgt, dass die Beschwerdegegnerin nicht verpflichtet war, irgendwelche Widersprüche zwischen ihrer und der von der Solvent-Kontroll-**** Ges.m.b.H. erteilten datenschutzrechtlichen Auskunft aufzuklären. Aus ihrer Auskunft ist zu entnehmen, dass sie sich hinsichtlich der Übermittlung der Daten des die Beschwerdeführerin betreffenden Inkassofalls offenkundig als Beauftragte bzw. Dienstleisterin der „Firma L**** Versand Österreich“ geriert hat (was rechtlich zulässig erscheint, vgl. dazu etwa den Bescheid der Datenschutzkommission vom 29. Februar 2008, GZ: K121.330/0004- DSK/2008, RIS). Ob dies den Tatsachen nach der „materiellen Wahrheit“ entsprochen hat, muss im Sinne der obigen Ausführungen nicht im Beschwerdeverfahren nach § 31 Abs 1 DSG 2000 aufgeklärt werden.
B) zur behaupteten Unvollständigkeit der Auskunft
In diesem Punkt ist die Beschwerde berechtigt.
Es bleibt unverständlich, warum die Beschwerdegegnerin im Punkt „Welchen Inhalt haben diese Daten?“ ihres Auskunftsschreibens nur die der Beschwerdeführerin anzunehmender Weise bekannten Inhalte der Datenarten „Titel, Familienname, Vorname, Adresse bzw. Adressen, Geburtsdatum, Telefonnummer“ beauskunftet, sich aber im Übrigen auf ein lapidares „Daten über Forderung etc.“ beschränkt hat, das offenbar den Inhalt der einen Absatz darüber aufgezählten Datenarten „Forderungsbeschreibung, Forderungsdatum, Valutadatum, Forderungsbetrag, Höhe Zinssatz, Art und Datum der durchgeführten Interventionsschritte und getroffenen Vereinbarung (Ratenvereinbarung), verrechnete Inkassokosten, verrechnete Zinsen, Datum und Höhe der geleisteten Zahlungen“ wiedergeben soll.
Dies stellt keine dem Gesetz entsprechende Auskunftserteilung dar.
Der Anspruch auf Auskunft enthält also das Recht, Auskunft über 'die verarbeiteten Daten in allgemein verständlicher Form' zu erhalten, dies bedeutet, dass der Betroffene nicht nur über die Art (Kategorien) der über ihn verarbeiteten Daten aufzuklären ist, sondern dass ihm der Inhalt dieser Daten bekanntzugeben ist. Es genügt daher nicht festzustellen, dass etwa der 'Name und das Geburtsdatum' gespeichert seien, sondern es muss offengelegt werden, wie die tatsächlichen Eintragungen bei diesen Datenarten 'Name' und 'Geburtsdatum' lauten (siehe dazu u.a. den Bescheid der Datenschutzkommission vom 23. November 2001, K120.748/022-DSK/2001).
Da die Beschwerdegegnerin dies verkannt und die Verpflichtungen des § 26 Abs 1 DSG 2000 nicht erfüllt hat, waren die spruchgemäßen Feststellungen zu treffen und überdies der Beschwerdegegnerin die Ergänzung der inhaltlich mangelhaften Auskunftserteilung gemäß § 31 Abs 7 DSG 2000 spruchgemäß in Form eines vollstreckbaren Leistungsbefehls aufzutragen.