K121.748/0005-DSK/2012 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 24. Februar 2012 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Erwin H*** (Beschwerdeführer) aus G*** vom 21. August 2011 gegen die L***-NW Gesellschaft m.b.H. Co KG (Beschwerdegegnerin) aus **** T***stadt, vertreten durch Dr. Oskar J***, Rechtsanwalt in **** Wien, wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge inhaltlich mangelhafter Beantwortung des Auskunftsbegehrens vom 7. Mai 2011 hinsichtlich der Herkunft der Daten des Beschwerdeführers wird entschieden:
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs 3 Z 1, 26 Abs 1 und 4, 31 Abs 1, 7 und 8 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 24. August 2011 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass die Beschwerdegegnerin unrichtige Angaben zur Herkunft der über den Beschwerdeführer verarbeiteten Daten (Erhalt „per Kundenwerbung“) gemacht habe. Nach Urgenz der Auskunftserteilung per E-Mail am 21. Juni 2011 habe die Beschwerdegegnerin zunächst per E-Mail am 22. Juni 2011 behauptet, die Daten seien bereits gelöscht, der Grund der Zuschriften nicht mehr nachvollziehbar. Auf weitere Urgenz per E-Mail (und Vorhalt der möglichen Kennnummer des „Lettershops“ L***-NW *4.*45/*A) sei nur ergänzend geantwortet worden, es sei möglich, dass man die Adressdaten „durch Kundenwerbung“ erhalten habe, sie seien jedenfalls schon gelöscht worden.
Die Beschwerdegegnerin legte mit ihrer Stellungnahme vom 27. September 2011 eine ergänzende Auskunft an den Beschwerdeführer vor. In dieser brachte sie nunmehr (u.a.) vor, die bereits gelöschten Daten zu den Datenarten Vor- und Familienname und Wohnadresse (Straße, ON, PLZ, Wohnort) stammten von einer in Kopie vorgelegten sogenannten „Kundenkarte“, auf der sie ein Kunde anlässlich einer von der Beschwerdegegnerin veranstalteten Reise zwecks Erhalt von „Reiseinformationen“ bekanntgegeben habe.
Der Beschwerdeführer replizierte darauf nach Parteiengehör am 9. Februar 2012, die Erklärung, die auch in einer parallelen Beschwerde (gegen die O*** Reisedienst Ges.m.b.H., Zl. DSK-K121.749) gegeben worden sei, könne „nicht als Beweismittel gewertet werden“, da die Rückseite der Karten fehle und die Authentizität nicht überprüft werden könne. Er selbst bestreite jedenfalls, diese Karte ausgefüllt und damit die Daten bekanntgegeben zu haben. Eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens in Bezug auf die Vorlage des vollständigen Originals sei notwendig.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers betreffend die Herkunft der zu seiner Person verarbeiteten Daten gesetzmäßig beantwortet hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Im Auftrag der Beschwerdegegnerin wurden jedenfalls bis zum 7. Mai 2011 mit Hilfe des Dienstleisters U*** Druck Ges.m.b.H. folgende den Beschwerdeführer betreffenden Daten in einem Datensatz unter der Kennnummer L***-NW *4.*45/*A verarbeitet und diese (gemeinsam mit der O*** Reisedienst Ges.m.b.H.) für die Zustellung von Werbematerial für von ihr als Reiseveranstalter im Sommer 2011 durchgeführte Reisen (so genannte „Werbefahrten“ mit „Produktpräsentationen“, die sich vor allem an ein älteres Publikum „50 plus“ richteten) verwendet:
Anrede: Herr,
Vorname: Erwin,
Familienname: H***,
Straße/Nr.: Feld***straße *3,
PLZ/Ort: **** G***
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem der Beschwerde vom 21. August 2011 angeschlossenen Kopie des Zustellkuverts, der angeschlossenen Werbebriefe, sowie dem ergänzenden Auskunftsschreiben der Beschwerdegegnerin vom 27. September 2011, Beilage zu Stellungnahme vom selben Tage (Zeichen L***-NW-DSG (*3)/L*/l* der Kanzlei Dr. J***).
Bis auf eine beim Dienstleister noch auffindbare Karte, mit deren Hilfe die Daten erhoben wurden (enthaltend eine Zustimmungserklärung zum Erhalt von Informations- bzw. Werbematerial) sind die Daten des Beschwerdeführers zu einem nicht näher nachweisbaren Zeitpunkt gelöscht worden.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdegegnerin. Der Beschwerdeführer ist dabei nur der Glaubwürdigkeit der Angaben über die Herkunft der Daten, nicht jedoch den Ausführungen zur Löschung entgegengetreten.
Am 7. Mai 2011 richtete der Beschwerdeführer ein eigenhändiges „Auskunftsbegehren gemäß Datenschutzgesetz (DSG 2000 §§ 1, 26 u. a.)“ an die Beschwerdegegnerin, in dem unter Anschluss eines Identitätsnachweises (Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises mit Faksimile-Wiedergabe der Unterschrift), u.a. die Frage „woher [diese Daten] stammen“ gestellt wurde. Weiters untersagte er die weitere Datenverwendung und stellt folgendes Löschungsbegehren: „ Nach erfolgter vollständiger Beantwortung meines Auskunftsersuchens verlange ich die vollständige Löschung aller bei ihnen gespeicherten Daten! “ (Unterstreichung und Fettdruck im Original)
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der der Beschwerde vom 21. August 2011 angeschlossenen Kopie des Auskunfts- und Löschungsbegehrens vom 7. Mai 2011.
Nach einem E-Mail-Wechsel (E-Mails an die Beschwerdegegnerin vom 21. Juni und 28. Juni 2011) erhielt der Beschwerdeführer von der Beschwerdegegnerin (E-Mails vom 22. Juni und 1. Juli 2011, Verfasserin: Elvira D***) die Mitteilung, dass die Daten, wie es auch dem nunmehrigen Wunsch des Beschwerdeführers entspreche, gelöscht worden seien, nähere Auskünfte zur Datenherkunft seien daher leider nicht möglich. Eine mögliche Quelle der Daten sei die „Kundenwerbung“, das heißt die Bekanntgabe durch einen Kunden der Beschwerdegegnerin.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem der Beschwerde vom 21. August 2011 angeschlossenen Kopie des zitierten E-Mail-Wechsels.
Am 21. August 2011 brachte der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde ein.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruhen auf den vorliegenden Verwaltungsakten.
Am 27. September 2011 erteilte die Beschwerdegegnerin eine ergänzende Auskunft an den Beschwerdeführer. Dies umfasste die Daten zu den Datenarten Vor- und Familienname und Wohnadresse (Straße, ON, PLZ, Wohnort) und stammten von einer in Kopie vorgelegten sogenannten „Kundenkarte“, auf der sie ein Kunde anlässlich einer von der Beschwerdegegnerin veranstalteten Reise zwecks Erhalt von „Reiseinformationen“ bekanntgegeben haben soll. Die Daten seien an niemanden übermittelt und nur ein einziges Mal durch den Dienstleister U*** Druck Ges.m.b.H. für die Adressierung und den Versand des „Werberundschreibens“ mit der Bezeichnung L***-NW *4.*45/*A verwendet worden. Zweck der Datenverwendung sei Eigenwerbung bzw. „Geschäftsanbahnung“ gewesen. Die Daten seien – auch einem Wunsch des Beschwerdeführers folgend – gelöscht worden.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem ergänzenden Auskunftsschreiben der Beschwerdegegnerin vom 27. September 2011, Beilage zu Stellungnahme vom selben Tage (Zeichen L***-NW-DSG (*3)/L*/l* der Kanzlei Dr. J***).
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 3 Z 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Grundrecht auf Datenschutz
§ 1 . (1) [...] (2)
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;“
§ 26 Abs 1 und 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Auskunftsrecht
§ 26 . (1) Ein Auftraggeber hat jeder Person oder Personengemeinschaft, die dies schriftlich verlangt und ihre Identität in geeigneter Form nachweist, Auskunft über die zu dieser Person oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten zu geben. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen eines Betroffenen sind auch Namen und Adressen von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Wenn zur Person des Auskunftswerbers keine Daten vorhanden sind, genügt die Bekanntgabe dieses Umstandes (Negativauskunft). Mit Zustimmung des Auskunftswerbers kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
(2) … (3)
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Auskunftswerber am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.“
§ 31 Abs 1, 7 und 8 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31 . (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) …(6)
(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.
(8) Ein Beschwerdegegner, gegen den wegen Verletzung in Rechten nach den §§ 26 bis 28 Beschwerde erhoben wurde, kann bis zum Abschluss des Verfahrens vor der Datenschutzkommission durch Reaktionen gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 4 oder § 27 Abs. 4 die behauptete Rechtsverletzung nachträglich beseitigen. Erscheint der Datenschutzkommission durch derartige Reaktionen des Beschwerdegegners die Beschwerde als gegenstandslos, so hat sie den Beschwerdeführer dazu zu hören. Gleichzeitig ist er darauf aufmerksam zu machen, dass die Datenschutzkommission das Verfahren formlos einstellen wird, wenn er nicht innerhalb einer angemessenen Frist begründet, warum er die ursprünglich behauptete Rechtsverletzung zumindest teilweise nach wie vor als nicht beseitigt erachtet. Wird durch eine derartige Äußerung des Beschwerdeführers die Sache ihrem Wesen nach geändert (§ 13 Abs. 8 AVG), so ist von der Zurückziehung der ursprünglichen Beschwerde und der gleichzeitigen Einbringung einer neuen Beschwerde auszugehen. Auch diesfalls ist das ursprüngliche Beschwerdeverfahren formlos einzustellen und der Beschwerdeführer davon zu verständigen. Verspätete Äußerungen sind nicht zu berücksichtigen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht gemäß § 26 Abs 1 DSG 2000 ist ein Auskunftsrecht über formale Tatsachen , nämlich „die zu dieser Person (= der Auskunftswerber, hier: der Beschwerdeführer) oder Personengemeinschaft verarbeiteten Daten“ . Gegenstand des Auskunftsrechts ist daher nicht die „Erforschung der materiellen Wahrheit“, das heißt der Richtigkeit der vom datenschutzrechtlichen Auftraggeber verarbeiteten „Angaben zur Person“ des Betroffenen, sondern die Information über die tatsächlich verarbeiteten Daten , selbst wenn diese falsche Angaben zur Person machen, Tatsachen unrichtig wiedergeben oder unvollständig sind. Daran hat auch die Textänderung durch BGBl I Nr 133/2009 nichts geändert (zur Absicht des Gesetzgebers vgl. etwa die RV zur besagten DSG-Novelle, 472 BlgNR XXIV GP, Seite 11, zu § 26 DSG 2000:
„Entsprechend der RL 95/46/EG hat die Auskunft über die Herkunft der Daten insoweit zu erfolgen, als diese verfügbar sind.“ ).
Hier wurde letztlich die Auskunft erteilt, damit ist die Beschwer weggefallen (§31 Abs. 8 DSG 2000).
Überdies wurden die Daten im Beschwerdefall laut Sachverhaltsfeststellungen auf Verlangen des Beschwerdeführers bereits gelöscht, sodass eine weitere Überprüfung nicht mehr möglich ist.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer tatsächlich selbst die betreffenden Kunden- oder Werbekarte, mit der laut Beschwerdegegnerin auf einer von ihr veranstaltenden Gesellschaftsreise (Werbefahrt) Daten erhoben worden sind, eigenhändig ausgefüllt hat, oder ob diese Karte von unbekannter Seite mit Namen und Adresse des Beschwerdeführers versehen worden ist. Mit dem Vorbringen, die Karte sei (weil ohne erkennbare Unterschrift) als Beweismittel ungeeignet, ist für den Beschwerdeführer hier nichts zu gewinnen, da im Rahmen des Auskunftsrechts nur die verfügbaren Informationen über die Herkunft bekannt zu geben sind (vgl. den § 26 DSG 2000 zu Grunde liegenden Art. 12 RL 95/46/EG). Aus dem Gesetz geht auch keine ausdrückliche Pflicht hervor, die Echtheit von Formularen oder Datenerhebungsbögen (in dem Sinne, dass sie auch tatsächlich vom Betroffenen ausgefüllt worden sind) und die sonstige Herkunft von Daten zu dokumentieren.
Ausdrücklich nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens war die Zulässigkeit der Verwendung der Daten des Beschwerdeführers; diese wäre im Zivilprozesswege gemäß § 32 Abs 1 DSG 2000 zu bestreiten.
Da die Auskunftserteilung jedenfalls nur zögernd und objektiv verspätet (im laufenden Verfahren) erfolgt ist, wurde der Sachverhalt auch der Verwaltungsstrafbehörde angezeigt (Verdacht der Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 2a DSG 2000).
Die Beschwerde war somit gemäß § 31 Abs 7 DSG 2000 als inhaltlich unbegründet abzuweisen.