JudikaturDSB

K202.105/0005-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 2011

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 21. Oktober 2011 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über den Antrag von 1. Dipl.-Ing. Herbert W*** und 2. des Univ. Prof. Dr. Jürgen K***, beiden c/o Institut für **** der Technischen Universität N***, vom 11. Mai 2011 auf Genehmigung einer Datenverwendung für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Statistik (Zurverfügungstellung von Adressdaten sowie Geburtsjahr von Einwohnern der Stadt N*** für Zwecke einer Befragung der Betroffenen [Mobilitätserhebung]) wird entschieden:

Rechtsgrundlagen: §§ 13 Abs 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, und § 46 Abs 3a des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien, Verfahrensgang und Sachverhalt

In einem vom Zweitantragsteller ausgehenden und am 19. Mai 2011 bei der Datenschutzkommission eingelangten und vom wissenschaftlichen Assistenten am Institut für **** Dipl. Ing. Herbert W*** per E-Mail übermittelten „Antrag zur Genehmigung der Datenübermittlung der Stadt N*** an die Technische Universität N***“, führt dieser aus, als Institutsleiter mit Unterstützung von Dipl. Ing. Herbert W*** an der TU N*** für ein wissenschaftliches Forschungsprojekt durchzuführen. Dafür sei eine postalische Mobilitätserhebung in Form einer repräsentativen Umfrage in den Bundesländern A*** und J*** geplant, deren Ergebnisse auch in die Dissertation von Dipl. Ing. W*** einfließen sollen. Geplant und gegenständlich sei hier eine Umfrage unter Bürgerinnen und Bürgern der Stadt N*** zu ihrem Verkehrsverhalten und ihrer Wegewahl. Dafür, das heißt zum Versand der Fragebögen an die Zielgruppe, benötige „die Universität N***“ (gemeint ist wohl die Technische Universität N***) Adressdaten von Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren. Die benötigten Daten seien daher Name, Anschrift und Geburtsjahr. Die Stadt N*** habe sich bereit erklärt, die Daten zu übermitteln, sobald eine Genehmigung der Datenschutzkommission vorliege. Ein dem Antrag in Kopie angeschlossenes Schreiben des Magistrats der Stadt N*** vom 3. Mai 2011, GZ: Präs. **89**-20**-9*2, knüpft die Zurverfügungstellung von Meldedaten für den entsprechenden Zweck an die Bedingung einer einzuholenden Genehmigung der Datenschutzkommission, dazu wörtlich:

„In obiger Angelegenheit kann mitgeteilt werden, dass die Zurverfügungstellung von Meldedaten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung durch die Stadt N*** nur auf Grund einer Genehmigung der Datenschutzkommission gemäß § 46 Abs 2 Z 3 Datenschutzgesetz möglich ist,

Sie werden ersucht, bei der Datenschutzkommission die entsprechende Genehmigung einzuholen.“

Die Datenschutzkommission erließ am 24. Mai 2011 zu GZ: DSK-K202.105/0002-DSK/2011 einen Mangelbehebungsauftrag an den Zweitantragsteller. In diesem wurde unter Fristsetzung zur Vorlage einer gemäß § 46 Abs 3a DSG 2000 zwingend gebotenen Erklärung des Verfügungsbefugten über die Bereitschaft, dem Auftraggeber seine Datenbestände für die Untersuchung zur Verfügung zu stellen, aufgefordert. Weiters erging die Aufforderung, die Rolle von Dipl. Ing. Herbert W*** (Antragsteller – ja oder nein?) klarzustellen. Zuletzt erging eine ausführliche Information (Manuduktion iSd § 13a AVG) über Zweck und möglichen Gegenstand der Genehmigungsverfahren nach §§ 46 und 47 DSG 2000 sowie die zur Antragstellung jeweils legitimierten möglichen Auftraggeberkreise.

Eine weitere Eingabe in dieser Sache aus dem Kreis der (möglichen) Antragsteller (Zustellung per E-Mail an die Adressen von Univ. Prof. Dr. Jürgen K*** und Dipl. Ing. Herbert W*** ausgewiesen) ist bis dato nicht eingelangt. Der Mangelbehebungsauftrag wurde demnach nicht erfüllt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der Verwaltungsakten zu Zl. DSK-K202.105.

B. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

[Anmerkung Bearbeiter: im Original hat die vorstehende Überschrift in Folge eines Redaktionsirrtums die Bezeichnung

„D“]

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die §§ 46 und 47 DSG 2000 lauten samt Überschriften:

Wissenschaftliche Forschung und Statistik

§ 46 . (1) Für Zwecke wissenschaftlicher oder statistischer Untersuchungen, die keine personenbezogenen Ergebnisse zum Ziel haben, darf der Auftraggeber der Untersuchung alle Daten verwenden, die

Andere Daten dürfen nur unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 3 verwendet werden.

(2) Bei Datenanwendungen für Zwecke wissenschaftlicher Forschung und Statistik, die nicht unter Abs. 1 fallen, dürfen Daten nur

(3) Eine Genehmigung der Datenschutzkommission für die Verwendung von Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Statistik ist auf Antrag des Auftraggebers der Untersuchung zu erteilen, wenn

Sollen sensible Daten ermittelt werden, muß ein wichtiges öffentliches Interesse an der Untersuchung vorliegen; weiters muß gewährleistet sein, daß die Daten beim Auftraggeber der Untersuchung nur von Personen verwendet werden, die hinsichtlich des Gegenstandes der Untersuchung einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen oder deren diesbezügliche Verläßlichkeit sonst glaubhaft ist. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, insbesondere bei der Verwendung sensibler Daten, notwendig ist.

(3a) Einem Antrag nach Abs. 3 ist jedenfalls eine vom Verfügungsbefugten über die Datenbestände, aus denen die Daten ermittelt werden sollen, oder einem sonst darüber Verfügungsbefugten unterfertigte Erklärung anzuschließen, dass er dem Auftraggeber die Datenbestände für die Untersuchung zur Verfügung stellt. Anstelle dieser Erklärung kann auch ein diese Erklärung ersetzender Exekutionstitel (§ 367 Abs. 1 der Exekutionsordnung – EO, RGBl. Nr. 79/1896) vorgelegt werden.

(4) Rechtliche Beschränkungen der Zulässigkeit der Benützung von Daten aus anderen, insbesondere urheberrechtlichen Gründen bleiben unberührt.

(5) Auch in jenen Fällen, in welchen gemäß den vorstehenden Bestimmungen die Verwendung von Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Statistik in personenbezogener Form zulässig ist, ist der direkte Personsbezug unverzüglich zu verschlüsseln, wenn in einzelnen Phasen der wissenschaftlichen oder statistischen Arbeit mit nur indirekt personenbezogenen Daten das Auslangen gefunden werden kann. Sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes vorgesehen ist, ist der Personsbezug der Daten gänzlich zu beseitigen, sobald er für die wissenschaftliche oder statistische Arbeit nicht mehr notwendig ist.

Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von Betroffenen

§ 47 . (1) Soweit gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, bedarf die Übermittlung von Adreßdaten eines bestimmten Kreises von Betroffenen zum Zweck ihrer Benachrichtigung oder Befragung der Zustimmung der Betroffenen.

(2) Wenn allerdings angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist, bedarf es keiner Zustimmung, wenn

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor und würde die Einholung der Zustimmung der Betroffenen gemäß Abs. 1 einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist die Übermittlung der Adreßdaten mit Genehmigung der Datenschutzkommission gemäß Abs. 4 zulässig, falls die Übermittlung an Dritte

(4) Die Datenschutzkommission hat auf Antrag eines Auftraggebers, der Adressdaten verarbeitet, die Genehmigung zur Übermittlung zu erteilen, wenn der Antragsteller das Vorliegen der in Abs. 3 genannten Voraussetzungen glaubhaft macht und überwiegende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen der Übermittlung nicht entgegenstehen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, insbesondere bei der Verwendung sensibler Daten als Auswahlkriterium, notwendig ist.

(5) Die übermittelten Adreßdaten dürfen ausschließlich für den genehmigten Zweck verwendet werden und sind zu löschen, sobald sie für die Benachrichtigung oder Befragung nicht mehr benötigt werden.

(6) In jenen Fällen, in welchen es gemäß den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist, Namen und Adresse von Personen, die einem bestimmten Betroffenenkreis angehören, zu übermitteln, dürfen auch die zum Zweck der Auswahl der zu übermittelnden Adreßdaten notwendigen Verarbeitungen vorgenommen werden.“

Die §§ 13 f AVG lauten samt Überschriften:

Anbringen

§ 13 . (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und durch Anschlag an der Amtstafel bekanntzumachen.

(6) Die Behörde ist nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

Rechtsbelehrung

§ 13a . Die Behörde hat Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

§ 46 Abs 3a DSG 2000 verlangt zwingend, dass der Antragsteller einer Genehmigung nach § 46 Abs 3 DSG 2000 eine formell unterfertigte Erklärung des Verfügungsbefugten über die Datenbestände, aus denen Daten verwendet werden sollen, wonach letzterer dem Antragsteller die Daten zur Verfügung stellt, vorzulegen hat.

Im vorliegenden Fall lag lediglich die oben zitierte Aufforderung des Magistrats der Stadt N*** vor, eine Genehmigung der Datenschutzkommission einzuholen, da dies nach Ansicht dieses datenschutzrechtlichen Auftraggebers konstitutive Grundlage einer „Zurverfügungstellung von Meldedaten“ sei.

Schon nach alter Rechtslage (§ 46 DSG 2000 in der Stammfassung) war jedoch klar, dass der Auftraggeber, dessen Datenbestände für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ausgewertet werden sollen, stets autonom auf Basis der geltenden Gesetze über die „Zurverfügungstellung“ von Daten entscheidet. Die Datenschutzkommission kann durch eine Genehmigung nach § 46 Abs 3 DSG 2000 keinen Auftraggeber hiezu verpflichten.

Um ins Leere gehende Genehmigungen zu verhindern, hat der Gesetzgeber daher durch BGBl I Nr 133/2009 den Abs 3a eingefügt, wonach der Antragsteller vorab und unterschriftlich die Zustimmung des für den wissenschaftlich oder statistisch auszuwertenden Datenbestand verantwortlichen Auftraggebers einzuholen hat.

Während im Fall des § 46 DSG 2000 die zu verwendenden Daten einen Teil des Forschungsgegenstandes bilden (z.B. medizinische Daten aus der Patientenverwaltung eines Krankenhauses oder die archivierte Mitgliederkartei einer nicht mehr bestehenden Organisation), regelt § 47 DSG 2000 lediglich die Verwendung ausgewählter Kommunikationsdaten , insbesondere Namens- und Adressdaten, mit Hilfe derer eine Zielgruppe angesprochen werden kann (mit dem u.a. möglichen Zweck, sie um Mitwirkung bei einer wissenschaftlichen oder statistischen Datenerhebung zu ersuchen; diese selbst wird sodann wohl auf der Basis individueller Zustimmung der Betroffenen erfolgen).

Im Beschwerdefall, in dem streng genommen § 47 DSG 2000 zur Anwendung kommen hätte müssen (wofür den Antragstellern aber gemäß § 47 Abs 4 erster Satz DSG 2000 die Legitimation fehlt), da eine Befragung der nach Alters- und Wohnsitzkriterien auszuwählenden Betroffenen beabsichtigt wird, haben die Antragsteller den Mangelbehebungsauftrag nicht erfüllt, nämlich weder die Erklärung nach § 46 Abs 3a DSG 2000 vorgelegt, noch die Rolle des Dipl. Ing. Herbert W*** klargestellt. Damit leidet der Antrag weiterhin an unbehobenen Form- (Spezifizierung der Antragsteller, also der Parteien der Verwaltungssache) und Inhaltsmängeln.

Rückverweise