K202.104/0008-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. HEILEGGER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Dr. GUNDACKER sowie der Schriftführerin Mag. KIMM in ihrer Sitzung vom 30. September 2011 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über den Antrag von 1. Erika A**** (Erstantragstellerin) und
2. Friedrich B*** (Zweitantragsteller) sowie 3. der Technischen Universität C*** (Institut für Straßen und Verkehrswesen) auf Genehmigung der Zurverfügungstellung von Adressdaten von Einwohnern der Stadt D*** für Zwecke einer Befragung der Betroffenen (Mobilitätserhebung) wird entschieden:
Rechtsgrundlagen : §§ 13 Abs 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, und § 47 Abs 4 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien, Verfahrensgang und Sachverhalt
In einem von der Erstantragstellerin ausgehenden und am 13. April 2011 bei der Datenschutzkommission eingelangten E-Mail, führte diese im eigenen Namen und dem ihres Studienkollegen Friedrich B*** aus, für ein gemeinsames wissenschaftliches Studienprojekt (Abschluss des Masterstudiums) an der Technischen Universität C*** (TU C***) eine repräsentative Umfrage unter Einwohnern der niederösterreichischen Stadt D*** zu ihrem Mobilitätsverhalten zu planen. Die Gemeinde habe Interesse an dem Projekt bekundet und würde die Adressdaten zur Verfügung stellen, man benötige dafür jedoch noch die Genehmigung der Datenschutzkommission.
Die Datenschutzkommission erließ am 26. April 2011 zu GZ: DSK-K202.104/0002-DSK/2011 eine Information (Manuduktion iSd § 13a AVG) an die Erstantragstellerin, in der vor allem darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 47 Abs 4 DSG 2000 nur der „Auftraggeber, der Adressdaten verarbeitet“ zur Antragstellung legitimiert sei. Dies sei nach dem Inhalt des vorliegenden Antrags die Stadt D***. Weiters gehe die Rolle der Beteiligten (wer soll Datenempfänger und Auftraggeber sein?) und die genau zu verwendenden Datenarten aus dem Antrag nicht klar genug hervor. Der Erstantragstellerin wurde eine Frist von einer Woche für eine Erklärung gesetzt, ob ein förmlicher Antrag gestellt werde.
Die Erstantragstellerin brachte am 2. Mai 2011 (per E-Mail, dem ein Schreiben mit faksimilierter Unterschrift [Datenformat PDF] der Erstantragstellerin angeschlossen war) einen „Antrag zur Genehmigung der Datenübermittlung der Gemeinde D*** an die TU-C***“ ein. Darin führte sie aus, die entsprechenden Befragungen gingen vom „Institut für Straßen- und Verkehrswesen“ der TU C*** aus. Die Daten sollten dort für verschiedene Bachelor- und Masterstudenten, aber auch für Zwecke der Dissertation ihres Betreuers, Herrn Dipl.Ing. Albert E***, verwendet werden. Benötigt würden die Adressdaten von „1500 Bürgerinnen und Bürgern der Stadt C***“ (vermutlich gemeint: der Stadt D***) im Alter von 18 bis 70 Jahren, an die ein Fragebogen zum Versand kommen solle. Die erhobenen Daten würden anonymisiert verwendet und nicht an Dritte übermittelt werden. Die Stadt D***, die auch an den Ergebnissen der Forschungen interessiert sei, habe für den Fall der Genehmigung ihre Unterstützung zugesagt.
Die Datenschutzkommission erließ am 3. Mai 2011 zu GZ: DSK-K202.104/0004-DSK/2011 folgenden Mangelbehebungsauftrag unter Setzung einer zweiwöchigen Frist und Androhung der Zurückweisung bei Nichterfüllung an die Erstantragstellerin:
Am 19. Mai 2011 langte bei der Datenschutzkommission ein E-Mail von der Adresse des Dipl.Ing. Albert E*** ein, dem ein Schreiben mit faksimilierter Unterschrift Datenformat PDF von Univ. Prof. Dr. Oskar G*** angeschlossen war. Darin wird ausgeführt, das Projekt gehe von dem von ihm geleiteten Institut für Straßen- und Verkehrswesen der TU C*** aus, das als Auftraggeber anzusehen sei. Die TU C*** , die im Weiteren ebenfalls als Auftraggeber bezeichnet wird, unterstütze dieses Vorhaben. Da das Vorhaben für die Allgemeinheit nutzbare Ergebnisse erwarten lasse, sehe man sich zur Antragstellung legitimiert.
Der als Zweitantragsteller bezeichnete Friedrich B*** hat im Verfahren keine Erklärung abgegeben.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den Akten des Verfahrens Zl. DSK-K202.104.
B. rechtliche Beurteilung
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 47 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von Betroffenen
§ 47 . (1) Soweit gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, bedarf die Übermittlung von Adreßdaten eines bestimmten Kreises von Betroffenen zum Zweck ihrer Benachrichtigung oder Befragung der Zustimmung der Betroffenen.
(2) Wenn allerdings angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist, bedarf es keiner Zustimmung, wenn
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor und würde die Einholung der Zustimmung der Betroffenen gemäß Abs. 1 einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist die Übermittlung der Adreßdaten mit Genehmigung der Datenschutzkommission gemäß Abs. 4 zulässig, falls die Übermittlung an Dritte
erfolgen soll.
(4) Die Datenschutzkommission hat auf Antrag eines Auftraggebers, der Adressdaten verarbeitet, die Genehmigung zur Übermittlung zu erteilen, wenn der Antragsteller das Vorliegen der in Abs. 3 genannten Voraussetzungen glaubhaft macht und überwiegende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen der Übermittlung nicht entgegenstehen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, insbesondere bei der Verwendung sensibler Daten als Auswahlkriterium, notwendig ist.
(5) Die übermittelten Adreßdaten dürfen ausschließlich für den genehmigten Zweck verwendet werden und sind zu löschen, sobald sie für die Benachrichtigung oder Befragung nicht mehr benötigt werden.
(6) In jenen Fällen, in welchen es gemäß den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist, Namen und Adresse von Personen, die einem bestimmten Betroffenenkreis angehören, zu übermitteln, dürfen auch die zum Zweck der Auswahl der zu übermittelnden Adreßdaten notwendigen Verarbeitungen vorgenommen werden.“
Die §§ 13 f AVG lauten samt Überschriften:
„ Anbringen
§ 13 . (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.
(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und durch Anschlag an der Amtstafel bekanntzumachen.
(6) Die Behörde ist nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.
(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.
Rechtsbelehrung
§ 13a . Die Behörde hat Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Wie der Erstantragstellerin bereits mit Schreiben vom 26. April 2011 zu GZ: DSK-K202.104/0002-DSK/2011 (schriftliche Rechtsbelehrung, Manuduktion gemäß § 13a AVG) erläutert worden ist, sind einzelne Studentinnen und Studenten, Assistenten, Professoren, Institute oder die juristische Person „Technische Universität C***“ im gegebenen Zusammenhang nicht gesetzlich berechtigt (im prozessrechtlichen Sinne: aktiv legitimiert), einen Antrag gemäß § 47 Abs 4 DSG 2000 zu stellen. Der Gesetzgeber hat dieses Recht nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung dem datenschutzrechtlichen Auftraggeber vorbehalten, der die Daten für die Benachrichtigung oder Befragung der Betroffenen zur Verfügung stellt, das heißt die Daten im Endeffekt an den oder die durch den beantragten Bescheid begünstigten Datenempfänger übermitteln soll (arg. „Die Datenschutzkommission hat auf Antrag eines Auftraggebers, der Adressdaten verarbeitet , die Genehmigung zur Übermittlung zu erteilen“). Auf die inhaltliche Beurteilung des Vorhabens bzw. dessen Genehmigungsfähigkeit kommt es bei dieser Eingangsfragestellung des Verfahrens noch gar nicht an. In der vorliegenden Sache wäre vermutlich die Stadtgemeinde D*** bzw. der dortige Bürgermeister als Meldebehörde zur Antragstellung berechtigt gewesen.
Keiner der Beteiligten ist daher berechtigt, den vorliegenden Antrag zu stellen.
Dieser war daher gegenüber allen in Frage kommenden Beteiligten spruchgemäß zurückzuweisen.
Eine Vorschreibung von (Eingabe ) Gebühren entfällt im Hinblick auf § 2 Z 3 GebG und den wissenschaftlichen Zweck der beabsichtigten Datenverwendung.