K121.705/0010-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KÖNIG, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HEILEGGER und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 24. August 2011 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Ulrich Z*** (Beschwerdeführer) aus A***, vertreten durch Dr. Emil D***, Rechtsanwalt in **** I***, vom 22. Februar 2011 gegen die Sicherheitsdirektion Oberösterreich (Beschwerdegegnerin) in Linz wegen Verletzung im Recht auf Löschung in Folge Nichtreaktion auf das Löschungsbegehren vom 23. Dezember 2010 wird entschieden:
1. Der Beschwerde wird t e i l w e i s e (Antragspunkt 2.)
F o l g e g e g e b e n und festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer durch die Nichtbeantwortung des Löschungsbegehrens vom 23. Dezember 2010 in seinem Recht auf Mitteilung von der Löschung bzw. die begründete Verweigerung der Löschung verletzt hat.
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs 2, 3 Z 2 und Abs 4, 27 Abs 1 und 4, 31 Abs 2 und 7des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idgF, iVm § 75 Abs 1 bis 3 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 631/1975 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 22. Februar 2011 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin ihm auf sein Löschungsbegehren vom 23. Dezember 2010 hin binnen gesetzlicher Achtwochenfrist weder eine Löschungsmitteilung noch eine begründete Ablehnung seines Löschungsbegehrens übermittelt habe. Gegen ihn sei im Jahr 2009 wegen des Verdachts von Sexual- und Betrugsdelikten ermittelt worden, er sei jedoch mit Urteil vom 17. August 2009 vom Landesgericht Linz (AZ: *2 Hv *84/09c) von allen Beschuldigungen freigesprochen worden. Die entsprechenden, automations- oder nichtautomationsunterstützt verarbeiteten Daten im KPA wie in den Allgemeinen Protokollen (PAD) und in den Erhebungsakten, wären daher zur Wahrung der geltenden Unschuldsvermutung zu löschen, was er am 23. Dezember 2010 (Faxsendung vom 24. Dezember 2010) auch schriftlich verlangt habe. Der Beschwerdeführer legte auch einen Auszug aus dem Faxjournal der Kanzlei des ihn vertretenden Rechtsanwalts vor, in der die Rubrik des entsprechenden Schriftsatzes, das Sendedatum und die Zielnummer der Faxsendung wiedergegeben sind.
Die Beschwerdegegnerin brachte mit Stellungnahme vom 25. März 2011 vor, das Löschungsbegehren des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers vom 23. Dezember 2010 sei laut Beilage zur Beschwerde an die Sicherheitsdirektion Oberösterreich in „3100 St. Pölten“ adressiert gewesen. Bei der Beschwerdegegnerin sei es niemals eingelangt und daher auch nicht protokolliert und bearbeitet worden. Man habe von diesem Löschungsbegehren erst durch die Einbeziehung in das gegenständliche datenschutzrechtliche Beschwerdeverfahren Kenntnis erlangt. Zum Inhalt der Beschwerde brachte die Beschwerdegegnerin vor, sie lehne eine Löschung der Daten jedenfalls ab. Im Informationsverbundsystem der zentralen Informationssammlung (EKIS) würden nach dem Freispruch keine auf den Beschwerdeführer bezogenen Daten mehr verarbeitet. Die Daten des Aktenführungs- und Verwaltungssystems PAD wären keinen Beamten anderer Dienststellen zugänglich und könnten nur mit Hilfe der Aktenzahl abgerufen werden. Sie dienten der Dokumentation und Archivierung zwecks Nachvollziehbarkeit des polizeilichen Handelns. Die so genannten „inneren“ PAD-Daten enthielten außerdem nur den wesentlichen Teil des Papieraktes (Vernehmungsprotokolle, Abschlussbericht).
Der Beschwerdeführer hat sich nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht mehr geäußert.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdeführer a) wirksam ein Löschungsbegehren gestellt und in eventu der Bejahung b) ob die Beschwerdegegnerin darauf gesetzmäßig reagiert hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Das in dieser Angelegenheit der Beschwerdegegnerin unterstehende Landeskriminalamt des Landespolizeikommandos Oberösterreich (LPK-LKA) führte in den Jahren 2008 und 2009 ein Ermittlungsverfahren (u.a.) gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dessen Pornofilmproduktion. Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 17. August 2009, AZ: *2 Hv *84/09c, wurde der Beschwerdeführer von allen Vorwürfen rechtskräftig freigesprochen (Rechtsmittelverzicht des öffentlichen Anklägers).
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den von der Beschwerdegegnerin als Beilage 1 zur Stellungnahme vom 25. März 2011, GZ: E*/**10/2010, vorgelegten Kopien aus den Akten des kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahrens GZ: B*/***11/2008, namentlich dem Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft Linz vom 3. Februar 2009, und dem Protokollsvermerk und der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts Linz vom 17. August 2009, AZ: *2 Hv *84/09c.
Betreffend den Beschwerdeführer und das gegenständliche Ermittlungsverfahren GZ: B*/***11/2008 werden keine Daten mehr von der Beschwerdegegnerin in der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden verarbeitet.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den von der Beschwerdegegnerin als Beilage 3 zur Stellungnahme vom 25. März 2011, GZ: E*/**10/2010, vorgelegten Ausdrucken aus dem auch als EKIS bekannten System, insbesondere den negativen KPA, Personenfahndungs- und Personeninformationsanfragen sowie einem inhaltlich negativen „Treffer“ in der erkennungsdienstlichen Evidenz (die angezeigte Person ist augenscheinlich und leicht überprüfbar nicht mit dem Beschwerdeführer ident), jeweils vom 24. März 2011.
Das Ermittlungsverfahren wurde mit Hilfe des PAD-Systems für den Zuständigkeitsbereich der Beschwerdegegnerin dokumentiert, wobei sowohl Protokollierungs- und Aktenverwaltungsdaten („äußere“ PAD-Daten) als auch elektronisch dokumentierter Akteninhalt („innere“ PAD-Daten, z.B. die Niederschriften über die Einvernahme des Beschwerdeführers als Beschuldigtem vom 29. Oktober 2008 und 3. Februar 2009) verarbeitet und verwendet worden sind. Daneben besteht ein mit weiterem Inhalt ergänzter Papierakt des Ermittlungsverfahrens („Kopienakt“).
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der von der Beschwerdegegnerin als Beilage zur Stellungnahme vom 25. März 2011, GZ: E*/**10/2010, vorgelegten Kopien aus den Ermittlungsakten (vollständiger Papier- bzw. Kopienakt, Beilage 1) bzw. den Ausdrucken der PAD-Daten, Beilagen 2, Zl. ***11/2008, Kennzeichen zu Beginn des Ermittlungsverfahrens noch „D*“, später „B*“).
Der Beschwerdeführer richtete, bereits anwaltlich vertreten, am 23. Dezember 2010 ein Löschungsbegehren an die Sicherheitsdirektion OÖ, in der Adressierung offenbar irrtümlich in „3100 St. Pölten“ lokalisiert. Darin verlangte er unter Bezugnahme auf die Zl. E*/**10/2010 (aus einem vorangegangenen datenschutzrechtlichen Auskunftsverfahren), „sämtliche zur Person des A [Anmerkung A = Antragsteller] im Zusammenhang mit den o.a. sicherheitsbehördlichen Ermittlungen (automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt) verarbeitete Daten, insb. im KPA, in den Allgemeinen Protokollen (wie PAD) und in den entsprechenden Erhebungsakten, zu löschen und den A, zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters, hievon zu verständigen.“
Dieses Löschungsbegehren wurde am 24. Dezember 2010, 1:54 Uhr, als Telefax an die Rufnummer 0732 780362** gesendet. Es handelt sich dabei um die im Briefkopf der Beschwerdegegnerin angegebene Faxnummer. Die Sendung wird im Faxjournal der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters als „fertig gestellt“ ausgewiesen. Das Löschungsbegehren ist bei der Beschwerdegegnerin eingelangt.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des vom Beschwerdeführer als Beilage zur Beschwerde vorgelegten Löschungsbegehrens sowie auf dem Ausdruck des erwähnten Faxjournals. Die bestreitende Darstellung der Beschwerdegegnerin, dieses Fax nicht erhalten zu haben, war nicht überzeugend. Zum einen ist das Löschungsbegehren klar an die „Sicherheitsdirektion OÖ“ adressiert, sodass eine im Hinblick auf die angegebene Adresse „3100 St.Pölten“ erfolgte sofortige Weiterleitung an die Sicherheitsdirektion Niederösterreich ein grobes, der Beschwerdegegnerin zuzurechnendes Kanzleiversehen wäre. Zum anderen hat der Beschwerdeführer als Beweismittel den zitierten Auszug aus dem Faxjournal seines rechtsfreundlichen Vertreters vorgelegt, aus dem die erfolgreiche Sendung an eine klar der Beschwerdegegnerin zuzurechnende, für den Parteiengebrauch bestimmte, offizielle Faxnummer hervorgeht (unter verkleinerter Wiedergabe der Rubrik der betreffenden Sendung). Die Beschwerdegegnerin hat trotz Aufforderung kein Faxprotokoll vorgelegt oder andere Beweise angeboten. Die Darstellung des Beschwerdeführers, wonach die Sendung am 24. Dezember 2010 in die Verantwortungssphäre der Beschwerdegegnerin gelangt ist, war insgesamt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände glaubwürdiger.
Das Löschungsbegehren wurde nicht beantwortet.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung ist beidseitig unbestritten und wird durch kein Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Zweifel gezogen.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1 bis 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Grundrecht auf Datenschutz
§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.“
§ 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Grundsätze
§ 6 . (1) Daten dürfen nur
[...]
§ 27 Abs 1 bis 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift
„ Recht auf Richtigstellung oder
Löschung
§ 27 . (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar
Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, daß ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und daß der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist; die Zulässigkeit der Weiterverwendung für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ergibt sich aus den §§ 46 und 47.
(2) Der Beweis der Richtigkeit der Daten obliegt - sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist - dem Auftraggeber, soweit die Daten nicht ausschließlich auf Grund von Angaben des Betroffenen ermittelt wurden.
(3) Eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zuläßt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung ist dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.“
§ 13 Abs 2 SPG lautet samt Überschrift:
„ Kanzleiordnung
§ 13 . (1) [...]
(2) Der Bundesminister für Inneres, die Sicherheitsdirektionen, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden sind ermächtigt, sich bei der Wahrnehmung gesetzlich übertragener Aufgaben für die Dokumentation von Amtshandlungen und die Verwaltung von Dienststücken der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu bedienen. Zu diesen Zwecken dürfen sie Daten über natürliche und juristische Personen sowie Sachen verwenden, auf die sich der zu protokollierende Vorgang bezieht, wie insbesondere Datum, Zeit und Ort, Fahrzeugdaten, Betreff und Aktenzeichen samt Bearbeitungs- und Ablagevermerken sowie Namen, Rolle des Betroffenen, Geschlecht, frühere Namen, Aliasdaten, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnanschrift und andere zur Erreichbarkeit des Menschen dienende Daten. Soweit es erforderlich ist, dürfen auch sensible Daten (§ 4 Z 2 DSG 2000) sowie Daten im Sinne des § 8 Abs. 4 DSG 2000 verwendet werden. Die Auswählbarkeit von Daten aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nur nach dem Namen und nach sensiblen Daten darf nicht vorgesehen sein, vielmehr ist für die Auswahl ein auf den protokollierten Sachverhalt bezogenes weiteres Datum anzugeben.“
Die §§ 74 f StPO lauten samt Überschriften:
„ Einsatz der Informationstechnik
Verwenden von Daten
§ 74 . (1) Soweit zum Verwenden von Daten im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird, finden die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, Anwendung.
(2) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht haben beim Verwenden (Verarbeiten und Übermitteln) personenbezogener Daten den Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit (§ 5) zu beachten. Jedenfalls haben sie schutzwürdige Interessen der Betroffenen an der Geheimhaltung zu wahren und vertraulicher Behandlung der Daten Vorrang einzuräumen. Beim Verwenden sensibler und strafrechtlich relevanter Daten haben sie angemessene Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen zu treffen.
Berichtigen, Löschen und Sperren von
Daten
§ 75 . (1) Unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes ermittelte Daten sind unverzüglich richtig zu stellen oder zu löschen.
(2) Im Übrigen ist ein Zugriff auf Namensverzeichnisse zu unterbinden, und zwar
(3) Nach sechzig Jahren ab den in Abs. 2 angeführten Zeitpunkten sind alle Daten im direkten Zugriff zu löschen.
(4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich auf Grund einer Identitätsfeststellung (§ 118), einer körperlichen Untersuchung (§ 123) oder einer molekulargenetischen Analyse (§ 124) gewonnen wurden, dürfen nur solange verwendet werden, als wegen der Art der Ausführung der Tat, der Persönlichkeit der betroffenen Person oder auf Grund anderer Umstände zu befürchten ist, dass diese Person eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde. Wird der Angeklagte rechtskräftig freigesprochen oder das Ermittlungsverfahren ohne Vorbehalt späterer Verfolgung eingestellt, so sind diese Daten zu löschen. Die §§ 73 und 74 SPG bleiben hievon unberührt.
(5) Soweit Daten, die durch eine Überwachung von Nachrichten, eine optische oder akustische Überwachung oder einen automationsunterstützten Datenabgleich ermittelt worden sind, in einem Strafverfahren als Beweis verwendet werden dürfen, ist ihre Verwendung auch in einem damit in Zusammenhang stehenden Zivil- oder Verwaltungsverfahren und zur Abwehr mit beträchtlicher Strafe bedrohter Handlungen (§ 17 SPG) sowie zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leben, Leib oder Freiheit einer Person oder für erhebliche Sach- und Vermögenswerte zulässig.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Beschwerde ist teilweise berechtigt.
Die Beschwerdegegnerin hat bestritten, das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers überhaupt erhalten zu haben. Dies wurde im Ermittlungsverfahren jedoch widerlegt. Auch wenn das Löschungsbegehren in den frühen Morgenstunden eines für das Kanzleipersonal arbeitsfreien Tages, des 24. Dezember 2010, bei der Beschwerdegegnerin eingelangt ist, so betrifft dies höchstens den Zeitpunkt des Einlangens, hat jedoch keinen Einfluss auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer als Absender darauf vertrauen durfte, dass die technisch übermittelte Faxsendung als Anbringen gemäß § 13 Abs 1 AVG auch einer Erledigung gemäß § 18 Abs 2 leg.cit. zugeführt werde. Jede weitere Gebarung mit dem Eingangsstück, etwa dessen Ausdruck (bei einem papierlosen Faxeingang) und dessen Registrierung und Protokollierung, fiel in die Verantwortungssphäre der Beschwerdegegnerin.
Durch die Nichtreaktion der Beschwerdegegnerin hat diese den Beschwerdeführer jedenfalls in seinem Recht gemäß § 27 Abs 4 DSG 2000 verletzt. Das Vorbringen im Verfahren vor der Datenschutzkommission nur dieser gegenüber vermag die nach § 27 Abs. 4 DSG 2000 gebotene Mitteilung von der Löschung bzw. die begründete Verweigerung der Löschung nicht zu ersetzen, auch wenn der Beschwerdeführer im Weg des Parteiengehörs davon Kenntnis erlangt (Bescheid der Datenschutzkommission vom 12. Juli 2005, GZ: K121.022/0012-DSK/2005, RIS, RS2).
Der Beschwerde war daher gemäß § 31 Abs 7 DSG 2000 im Umfang laut Spruchpunkt 1. Folge zu geben.
Da aber zumindest indirekt, nämlich durch die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin gegenüber der Datenschutzkommission, Grund zur Annahme besteht, dass die Beschwerdegegnerin den Standpunkt vertritt, (weitere) Datenlöschungen, insbesondere der PAD-Dokumentation, verweigern zu können, kann hier auch bereits auf die weitere, eigentliche Hauptfrage eingegangen werden.
In der Frage des Löschungsrechts von Dokumentationsdaten (Papierakt, äußere und innere PAD-Daten) kann bereits auf die gesicherte Rechtsprechung der Datenschutzkommission verwiesen werden (vgl. etwa den Bescheid vom 20. März 2009, GZ: K121.453/0003-DSK/2009, RIS, und vom 24. September 2010, GZ: K121.626/0016-DSK/2010, RIS), wonach die Sicherheitsbehörden im Aufgabengebiet der Kriminalpolizei im überwiegenden öffentlichen Interesse berechtigt sind, Daten zu einem Ermittlungsverfahren auch über dessen Beendigung hinaus zu dokumentieren. Hinsichtlich von Papierakten besteht überhaupt kein auf das DSG 2000 gründbares Recht auf Löschung.
Die Beschwerdegegnerin kann sich in dieser Frage aber auch zu Recht auf die §§ 74 f StPO stützen. § 75 StPO regelt als Spezialbestimmung zu den allgemeinen Vorschriften des DSG 2000 (vgl. § 74 Abs 1 StPO) die Frage der höchstzulässigen Löschungsfristen von automationsunterstützt für Zwecke (u.a.) kriminalpolizeilicher Ermittlungsverfahren verarbeiteten Daten.
Da keine der in § 75 Abs 2 und 3 StPO festgelegten Fristen bereits abgelaufen ist, hätte die Beschwerdegegnerin das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers auch hinsichtlich der in der StPO geregelten Aspekte der PAD-Dokumentation zu Recht ablehnen können, da, wie oben bereits ausgeführt, ein weiterhin bestehendes öffentliches Interesse an der Dokumentation des Verfahrens zu berücksichtigen war. Die Beschwerde war daher im Übrigen als unbegründet abzuweisen (Spruchpunkt 2).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof ( VwGH ) mit Erkenntnis vom 16. November 2011, Zl. 2011/17/0266-3, gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne Anhörung der Datenschutzkommission als unbegründet abgewiesen
Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:
Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs, der Entscheidungsgründe der Datenschutzkommission und des Vorbringens des Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
‚Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 5 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBI. I Nr. 165/1999, ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.
Die Abs. 1 und 2 des § 31 leg. cit. lauteten bis zur DSG-Novelle 2010 wie folgt:
„(1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.“
Durch das Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010), BGBI. I Nr. 133/2009, erhielten die eben erwähnten Bestimmungen folgenden Wortlaut:
„(1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.“
Das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Löschungsbegehren sowie der entscheidungswesentliche Sachverhalt gleicht demjenigen über die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2009/17/0064, zu entscheiden gehabt hatte. Auf dieses Erkenntnis kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden, wobei die Novelle BGB1. I Nr. 133/2009 in den hier relevanten Bestimmungen keine maßgebliche Änderung herbeigeführt hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in dem eben erwähnten Erkenntnis vom 17. Februar 2010, Zl. 2009/17/0064, in Anschluss an die dort angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausgesprochen hat, besteht auch aus seiner Sicht kein Anlass, bei der Beurteilung des “Kopienaktes“ davon abzugehen, dass dieser nicht als Datei zu qualifizieren sei; hinsichtlich der PAD-Dateien ist auf die auch hier zu ungunsten des Beschwerdeführers ausschlagende Interessenabwägung gemäß § 6 Abs. 1 Z. 5 DSG 2000 zu verweisen. Ob darüber hinaus aus der für den gerichtlichen Bereich geltenden Bestimmung des § 75 StPO noch weitere wertungsmäßige Anhaltspunkte zu gewinnen sind, kann jedenfalls im Beschwerdefall dahingestellt bleiben.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.’