JudikaturDSB

K121.685/0014-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2011

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. HEILEGGER sowie des Schriftführers Mag. HILD in ihrer Sitzung vom 17. Juni 2011 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Gernot N*** (Beschwerdeführer) aus T***hausen, vertreten durch Dr. Hubert H***, Rechtsanwalt in **** Wien, vom 28. Dezember 2010 gegen 1. Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (Erstbeschwerdegegner), 2. das Landespolizeikommando Wien (Zweitbeschwerdegegner) und 3. die Sicherheitsdirektion Wien (Drittbeschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten in Folge Verwendung von Daten einer Rufdatenerfasssung aus einem vom Erstbeschwerdegegner geführten Ermittlungsverfahren an den Zweitbeschwerdegegner, die Drittbeschwerdegegnerin sowie die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres für Zwecke dienstrechtlicher Verwaltungsverfahren (Disziplinarverfahren und Verfahren zur qualifizierten Verwendungsänderung) im November 2009 wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird z u r ü c k g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage : § 34 Abs 1 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Erstbeschwerdegegner personenbezogene Daten, nämlich jene einer Rufdatenrückerfassung und Standortpeilung, die auf Grund einer mit richterlicher Bewilligung versehenen Anordnung der Staatsanwaltschaft Korneuburg für den Zeitraum 7. Jänner 2009 bis 16. April 2009 vom Erstbeschwerdegegner für Zwecke eines strafprozessualen Ermittlungsverfahrens (das später von der Staatsanwaltschaft eingestellt bzw. als dessen Ergebnis der Beschwerdeführer hinsichtlich der übrigen Beschuldigungen mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien freigesprochen worden sei) ermittelt wurden, im November 2009 an die an den Zweitbeschwerdegegner, die Drittbeschwerdegegnerin und die Disziplinarbehörde übermittelt hätte, die diese Daten wiederum im Disziplinar- bzw Versetzungsverfahren, das gegen den Beschwerdeführer eingeleitet wurde, verwendet hätten. Er begehrte daher festzustellen, dass die Weitergabe der Rufdatenerfassung an Zweitbeschwerdegegner, Drittbeschwerdegegner sowie Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres rechtswidrig war.

Der Erstbeschwerdegegner brachte in der Stellungnahme vom 8. Februar 2011 in der Sache vor, man habe in einem anhängigen Disziplinarverfahren (Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 3, vom 21. Oktober 2009) den zuständigen Behörden gemäß Art 22 B-VG Amtshilfe geleistet. Die entsprechenden Daten seien zum Nachweis möglicher Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers (insbesondere Einhaltung der Dienstzeiten) notwendig und geeignet gewesen.

Der Zweitbeschwerdegegner brachte in der Stellungnahme vom 8. Februar 2011 in der Sache vor, das Landespolizeikommando habe nach dem 13. Oktober 2009 (Einlangen einer Kopie des Abschlussberichts über das Ermittlungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft Korneuburg) als Dienstbehörde den Disziplinaranwalt und die Disziplinarkommission eingeschaltet und habe den Erstbeschwerdegegner (damals noch „Büro für interne Angelegenheiten - BiA“) um die Übermittlung von Unterlagen betreffend die Rufdatenerfassung ersucht. Am 6. November 2009 seien die entsprechenden Unterlagen übermittelt worden. Diese seien am 11. November 2009 gemäß einem Auftrag im Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 3, vom 21. Oktober 2009, in Form einer zusammenfassenden, auf die disziplinarrechtlich relevanten Fakten beschränkten Auswertung der Disziplinarbehörde und dem Disziplinaranwalt übermittelt worden, wenige Tage später auch der Drittbeschwerdegegnerin (als der für eine Verwendungsänderung des Beschwerdeführers zuständigen Behörde).

Die Drittbeschwerdegegnerin brachte mit Stellungnahme vom 7. Februar 2011 in der Sache vor, der Zweitbeschwerdegegner habe bereits am 10. Juni 2009 beantragt, den Beschwerdeführer wegen unüberwindbaren Vertrauensverlustes durch bescheidmäßige Verfügung von seinem Posten als Kommandant des Stadtpolizeikommandos Wien-**** abzuberufen. In diesem Dienstrechtsverfahren (Verwendungsänderungsverfahren), das dem Beschwerdeführer seit 19. August 2009 bekannt gewesen sei, habe der Zweitbeschwerdegegner Mitte November 2009 im Nachhang eine Auswertung der Rufdatenrückerfassung übermittelt, die dem Beschwerdeführer zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 25. November 2009, Zustellung am 27. November 2009, in einer Erledigung zur Gewährung von Parteiengehör vorgehalten worden sei. Die Daten der Rufdatenrückerfassung seien ein wesentliches Beweismittel im Sinne von § 46 AVG in einem von der Drittbeschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Zuständigkeit geführten Verwaltungsverfahren gewesen.

Alle drei Beschwerdegegner/innen wendeten ausdrücklich Präklusion, das heißt Verfristung des Beschwerderechts in Folge Ablaufs der Frist gemäß § 34 Abs 1 1. Fall DSG 2000, ein. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer habe spätestens am 27. November 2009 durch Zustellung der Erledigung GZ: P*/2*1.3*2/2009 der Drittbeschwerdegegnerin vom 25. November 2009 von der Verwertung der übermittelten Rufdatenerfassung aus dem strafprozessualen Ermittlungsverfahren für dienstrechtliche Zwecke Kenntnis erlangt, da ihm eine Auswertung derselben im Verwendungsänderungsverfahren vorgehalten und ihm hiezu Parteiengehör gewährt worden sei. Die vom 28. Dezember 2010 datierende und am 29. Dezember 2010 bei der Datenschutzkommission eingelangte Beschwerde erweise sich daher als verspätet.

Der Beschwerdeführer hat nach Parteiengehör zur Frage der Rechtmäßigkeit der Datenverwendung neuerlich Stellung genommen. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde hat er sich nicht geäußert, allerdings hat er festgestellt, dass der zeitliche Ablauf richtig dargestellt sei.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand zunächst die Frage ist, ob das Beschwerderecht auf Grund des Zeitablaufs noch besteht, in eventu, ob die Beschwerdegegner/innen jeweils berechtigt waren, diese Daten zu verwenden (zu ermitteln bzw. zu übermitteln).

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Gegen den Beschwerdeführer, der als Beamter der Bundespolizei im Range eines Obersten das Stadtpolizeikommando Wien-**** leitete, wurde seit 17. August 2009 (Verständigung und Parteiengehör gemäß §§ 38 Abs 6 und 40 BDG) bei der Drittbeschwerdegegnerin ein Verfahren zur qualifizierten Verwendungsänderung („verschlechternde Versetzung“) wegen Vertrauensverlustes in Folge eines gegen den Beschwerdeführer anhängigen Strafprozessualen Ermittlungsverfahrens geführt. Das entsprechende Schreiben wurde dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers am 19. August 2009 zugestellt. Begründung für das Verfahren war u.a. der Punkt I.2.1. „Nichteinhaltung der Dienstzeit“ bzw der Punkt I.2.2. „Nichtteilnahme an Planquadraten; widerrechtliche Verrechnung von Journaldienststunden“.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der Kopie des zitierten Schreibens, GZ: P*/2*1.3*2/2009 der SiD Wien samt Zustellnachweis, Beilage zur Stellungnahme der Drittbeschwerdegegnerin vom 7. Februar 2011, GZ: P*/3*4.5*/*2/2011.

Nach dem 13. Oktober 2009 (Einlangen einer Kopie des Abschlussberichts über das Ermittlungsverfahren des damaligen BiA an die Staatsanwaltschaft Korneuburg) richtete die Zweitbeschwerdegegnerin als Dienstbehörde Anzeigen an den Disziplinaranwalt und die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres und ersuchte den Erstbeschwerdegegner (damals noch „Büro für interne Angelegenheiten - BiA“) um die Übermittlung von Unterlagen betreffend die Rufdatenrückerfassung. Am 6. November 2009 wurden diese übermittelt. Diese Daten wurden am 11. November 2009 gemäß einem Auftrag im Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 3, vom 21. Oktober 2009, in Form einer zusammenfassenden, auf die disziplinarrechtlich relevanten Fakten beschränkten Auswertung der Disziplinarbehörde übermittelt, wenige Tage später auch der Drittbeschwerdegegnerin (als der für eine Verwendungsänderung des Beschwerdeführers zuständigen Behörde).

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der glaubwürdigen und vom Beschwerdeführer nicht widersprochenen Darstellung des Zweitbeschwerdegegners vom 8. Februar 2011, GZ: P*/2*4*5*/2011. Das Schreiben des Zweitbeschwerdegegners vom 11. November 2009 an die Disziplinarkommission und den Disziplinaranwalt, GZ: P*/1*9*8*/2009, wurde auch vom Beschwerdeführer selbst als Beilage./A zur Beschwerde vom 28. Dezember 2010 vorgelegt.

Am 25. November 2009 übermittelte die Drittbeschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer zu Handen von Rechtsanwalt Dr. Hubert H*** (Zustellung per 27. November 2009 ausgewiesen) die „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“, der als Kopie eine tabellarische Auswertung der Standortbestimmungen für das Mobilfunkgerät mit der Rufnummer 06**/7*6*44*1 (Diensthandy des Beschwerdeführers) in Bezug auf die reguläre bzw. eingetragene Dienstzeit des Beschwerdeführers angeschlossen war.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der Kopie des zitierten Schreibens, GZ: P*/2*1.3*2/2009 der SiD Wien samt Zustellnachweis, Beilage zur Stellungnahme der Drittbeschwerdegegnerin vom 7. Februar 2011, GZ: P*/3*4.5*/*2/2011.

Die vorliegende Beschwerde datiert vom 28. Dezember 2010 und ist am 29. Dezember 2010 bei der Datenschutzkommission eingelangt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf den Verwaltungsakten der Datenschutzkommission.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

§ 34 Abs 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Gemeinsame Bestimmungen

§ 34 . (1) Der Anspruch auf Behandlung einer Eingabe nach § 30, einer Beschwerde nach § 31 oder einer Klage nach § 32 erlischt, wenn der Einschreiter sie nicht binnen eines Jahres, nachdem er Kenntnis von dem beschwerenden Ereignis erlangt hat, längstens aber binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behauptetermaßen stattgefunden hat, einbringt. Dies ist dem Einschreiter im Falle einer verspäteten Eingabe gemäß § 30 mitzuteilen; verspätete Beschwerden nach § 31 und Klagen nach § 32 sind zurückzuweisen.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Der Beschwerdeführer rügt eine Übermittlung von Daten, die in einem strafprozessualen Ermittlungsverfahren (durch Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis und das Grundrecht auf Datenschutz, für die unstreitig eine richterliche Genehmigung vorlag) ermittelt wurden, an die Dienst- und Disziplinarbehörden für Zwecke zweier dort anhängiger Verfahren. In diesem Zusammenhang behauptet der Beschwerdeführer auch ein Beweismittelverwertungsverbot, weil das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Verfügung vom 19. Oktober 2010 nach dem Freispruch des Beschwerdeführers (wegen des Vorwurfs des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB) zu AZ: *6 Hv *23/10g die Vernichtung des in gerichtlicher Verwahrung befindlichen Datenträgers mit den Daten der Rufdatenrückerfassung angeordnet hatte.

Das Beschwerderecht ist jedoch, wie die Beschwerdegegner/innen zutreffend geltend machen, bereits wegen Zeitablaufs erloschen (präkludiert).

Spätestens seit dem Parteiengehör vom 25. November 2009, das dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers am 27. November 2009 zugestellt worden ist, war der Beschwerdeführer nachweislich in Kenntnis von dem beschwerenden Ereignis , nämlich der Übermittlung von Daten vom Erstbeschwerdegegner, der die kriminalpolizeilichen Ermittlungen geführt hatte, an den Zweitbeschwerdegegner und die Drittbeschwerdegegnerin als Dienstbehörden. Von diesem Augenblick an hatte der Beschwerdeführer ein Jahr, nämlich bis zum Ablauf des 27. Novembers 2010 Zeit, den Sachverhalt aufzuklären und deswegen Beschwerde an die Datenschutzkommission zu erheben.

Die erst am 28. Dezember 2010 verfasste und am 29. Dezember 2010 bei der Datenschutzkommission eingelangte Beschwerde erweist sich jedoch als verspätet und war daher gemäß § 34 Abs 1 DSG 2000 zurückzuweisen.

Rückverweise