K121.667/0012-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KÖNIG, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Dr. BLAHA, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 18. Mai 2011 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Dr. Arnold Q*** (Beschwerdeführer) aus Wien vom 31. August 2010 gegen den Magistrat der Stadt Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Einholung einer behördlichen Meldeauskunft (Abfrage seines Gesamtdatensatzes im ZMR am 10. Juni 2009) für Zwecke der Zustellung eines Kündigungsschreibens wird entschieden:
- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs 1 und 2, 6 Abs 1 Z 1, 7 Abs 1, Abs 2 Z 1 und Abs 3, 8 Abs 1 Z 1, 31 Abs 2 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm § 16a Abs 2 und 4 des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl Nr 9/1992 idgF, und §§ 41 Abs 2, 42 Abs 1 und 2, 65 und 66 Abs 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien (Vertragsbedienstetenordnung 1995 - VBO 1995), LGBl. Nr. 50/1995 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seinem zunächst als Eingabe nach § 30 DSG 2000 (Zl. K210.664 der Datenschutzkommission) behandelten und erst mit Schreiben vom 25. Oktober 2010, eingelangt am 27. Oktober 2010, ausdrücklich zur Beschwerde erhobenen Schreiben vom 31. August 2010 eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner im Juni 2009 durch Missbrauch der Befugnisse als „Meldebehörde“ seine vollständigen, auch historischen, Meldedaten ermittelt und anschließend dazu benutzt habe, fehlerhafte Zustellungen an nicht mehr aktuellen Adressen vorzunehmen. Er befinde sich mit dem Beschwerdegegner wegen einer widerrechtlichen Kündigung (der Beschwerdeführer war nach eigenen Angaben im Jahr 2000 Dezernatsleiter des Dezernats [Anmerkung Bearbeiter: Bezeichnung der Organisationseinheit aus Anonymisierungsgründen entfernt] Gesundheitsplanung sowie der Stabsstelle für [Anmerkung
Bearbeiter: Bezeichnung der Organisationseinheit aus Anonymisierungsgründen entfernt] und sei nach der „überraschenden Machtübernahme“ durch die neue [Anmerkung
Bearbeiter: Ressortbezeichnung aus Anonymisierungsgründen entfernt]stadträtin durch Willkür seiner Funktionen enthoben worden), Mobbing und „Psychoterror“ in einem Rechtsstreit. Er beantrage weiters, keine Mitglieder der Datenschutzkommission mit der Beschwerde zu befassen oder einzubinden, die in einem Dienstverhältnis oder irgendeinem Naheverhältnis zur Stadt Wien oder einer ihrer „Vorfeldorganisationen“ stünden.
Der Beschwerdegegner erstattete (in der Sache Zl. K210.664, aber auch in diesem Beschwerdeverfahren den Parteien ausdrücklich als Beweismittel vorgehalten, siehe GZ: K121.667/0001-DSK/2011 vom 3. März 2011) am 1. Oktober 2010 eine Stellungnahme, in der er vorbrachte, die Magistratsabteilung 2, zuständig für Personalwesen, verfüge auf Grundlage von § 16a MeldeG über einen Zugang zum Zentralen Melderegister (ZMR) in der Rolle „Behördenabfrage“. Dieser Zugang sei im Juni 2009 auch genutzt worden, um für eine gesetzlich vorgesehene Aufgabe, die Zustellung eines Kündigungsschreibens gemäß der für Bedienstete der Stadt Wien geltenden Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995), Adressdaten des Beschwerdeführers zu ermitteln, nachdem eine Zustellung an beiden bekannten Abgabestellen (Haupt- und Nebenwohnsitz) von der Post mit dem Vermerk „ortsabwesend“ retourniert worden sei. Grundsätzlich sei ein Dienstnehmer dienstrechtlich verpflichtet, seinen Wohnsitz bekannt zu geben; das Recht des Dienstgebers, entsprechende Daten zu ermitteln, sei daher gesetzlich verankert. Im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers sei auch nur einmal durch ein Versehen ein Schreiben, nämlich der Gehaltszettel für November 2009, an eine falsche Adresse versendet worden, nicht jedoch das fragliche Kündigungsschreiben.
Der Beschwerdeführer brachte (teilweise nach entsprechendem Vorhalt bzw. Mangelbehebungsauftrag der Datenschutzkommission) in mehreren weiteren Eingaben vor, anlässlich einer Gerichtsverhandlung am 23. Dezember 2009 (Urkundenvorlage durch die Gegenpartei) von der Abfrage seiner historischen Meldedaten durch den Beschwerdegegner Kenntnis erlangt zu haben, die Beschwerde sei daher innerhalb der Jahresfrist erhoben worden. Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdegegners sei eine auf § 16a MeldeG gestützte Datenverwendung ausschließlich für hoheitliche Zwecke zulässig, nicht jedoch für den privatwirtschaftlichen Zweck der Kündigung des Dienstvertrages eines Vertragsbediensteten. Im Übrigen zeuge das Verhalten des Beschwerdegegners von einem „Allmachtsselbstverständnis“, das für ihn als Mobbingopfer unerträglich sei.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner berechtigt war, für den Zweck der Überprüfung der in Frage kommenden Zustelladressen bei der Zustellung eines Kündungsschreibens am 10. Juni 2009 eine Meldeauskunft gemäß § 16a MeldeG betreffend den Beschwerdeführer einzuholen.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Am 4. Juni 2009 veranlasste der Beschwerdegegner die Zustellung der Kündigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers an beiden bekannten Adressen des Beschwerdeführers (1*** Wien, H***gasse *2/*9, seit 22. Dezember 2006 Hauptwohnsitz, und **** O***berg, ***-Straße 3*, seit 22. Dezember 2006 Nebenwohnsitz). Beide Schreiben wurden von der Post mit dem Vermerk „ortsabwesend“ an den Absender (Magistratsabteilung 2) retourniert, worauf am 10. Juni 2009 eine Abfrage des ZMR gemäß § 16a MeldeG veranlasst wurde, die den Gesamtdatensatz, damit auch historische Meldedaten (Wechsel von Haupt- und Nebenwohnsitz) umfasste, jedoch keine weiteren Abgabestellen (Meldeadressen) ergab. Darauf wurde die neuerliche, diesmal wirksame Zustellung an den bekannten Abgabestellen veranlasst.
Anlässlich einer Gerichtsverhandlung (Kündigungsanfechtung vor dem Arbeits- und Sozialgericht) erlangte der Beschwerdeführer durch eine Urkundenvorlage der beklagten Partei (Beilage./4 der Rechtsanwälte V*** B***) am 23. Dezember 2009 Kenntnis von dieser Datenverwendung.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem vom Beschwerdeführer (Beilage zur Eingabe vom 31. August 2010) vorgelegten ZMR-Datenauszug, den die MA 2 am 10. Juni 2009 eingeholt hat. Die Darstellung des sonstigen Sachverhalts folgte dem Vorbringen des Beschwerdegegners (Stellungnahme vom 31. September 2010, Zl. MA 26 – 1*3/2010), dem der Beschwerdeführer, der zwar die Rechtmäßigkeit der gegen ihn gesetzten dienstrechtlichen Schritte seit 2000, insgesamt in Frage stellt, im einzelnen für den fraglichen Zeitabschnitt nicht entgegen getreten ist. Was den mehrfach erhobenen Vorwurf (siehe unter anderem das Schreiben des Beschwerdeführers vom 21. März 2011, Seite 8) angeht, der Beschwerdegegner habe die Daten aus seinem „historischen Datensatz“ vorsätzlich dazu verwendet, Post an eine für Zustellungen unzulässige Adresse in 1*** Wien, R***gasse 2*/1/**4, zu senden, so kann diesem nicht gefolgt werden, da diese Adresse im vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten ZMR-Datenauszug vom 10. Juni 2009 auch unter den historischen Meldedaten gar nicht aufscheint.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1 und 2 DSG 2000 laut samt Überschrift:
„ Grundrecht auf Datenschutz
§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 6 Abs 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Verwendung von Daten
Grundsätze
§ 6 . (1) Daten dürfen nur
§ 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“
§ 8 Abs 1 bis 3 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei
Verwendung nicht-sensibler Daten
§ 8 . (1) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn
(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung zulässigerweise veröffentlichter Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.
(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten
§ 31 Abs 2 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31 . (1) [...]
(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.
(3) [...] (6)
(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“
§ 34 Abs 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Gemeinsame Bestimmungen
§ 34 . (1) Der Anspruch auf Behandlung einer Eingabe nach § 30, einer Beschwerde nach § 31 oder einer Klage nach § 32 erlischt, wenn der Einschreiter sie nicht binnen eines Jahres, nachdem er Kenntnis von dem beschwerenden Ereignis erlangt hat, längstens aber binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behauptetermaßen stattgefunden hat, einbringt. Dies ist dem Einschreiter im Falle einer verspäteten Eingabe gemäß § 30 mitzuteilen; verspätete Beschwerden nach § 31 und Klagen nach § 32 sind zurückzuweisen.“
Die §§ 16 Abs 1, 2 und 4, 16a Abs 1 bis 4 und 10 MeldeG lauten samt Überschriften:
„ Zentrales Melderegister;
Informationsverbundsystem
§ 16 . (1) Das zentrale Melderegister ist insofern ein öffentliches Register, als der Hauptwohnsitz eines Menschen oder jener Wohnsitz, an dem dieser Mensch zuletzt mit Hauptwohnsitz gemeldet war, abgefragt werden kann, wenn der Anfragende den Menschen durch Vor- und Nach- oder Familiennamen sowie zumindest ein weiteres Merkmal, wie etwa das wirtschaftsbereichsspezifische Personenkennzeichen (§ 14 des E-Government-Gesetzes), Geburtsdatum, Geburtsort oder einen bisherigen Wohnsitz, im Hinblick auf alle im ZMR verarbeiteten Gesamtdatensätze eindeutig bestimmen kann. Wird ein wbPK zur Identifizierung des Betroffenen angegeben, so muss der Anfragende auch seine eigene Stammzahl zwecks Überprüfung der Richtigkeit des wbPK zur Verfügung stellen. Über andere gemeldete Wohnsitze dieses Menschen darf einem Abfragenden nur bei Nachweis eines berechtigten Interesses Auskunft erteilt werden.
(2) Datenschutzrechtlicher Auftraggeber des Zentralen Melderegisters sind die Meldebehörden. Das Zentrale Melderegister wird als Informationsverbundsystem (§ 4 Z 13 DSG 2000) geführt, wobei das Bundesministerium für Inneres sowohl die Funktion des Betreibers gemäß § 50 DSG 2000 als auch die eines Dienstleisters im Sinne des § 4 Z 5 DSG 2000 für diese Datenanwendung ausübt. Die Meldebehörden haben dem Bundesminister für die Zwecke des Zentralen Melderegisters ihre Meldedaten - mit Ausnahme der Angaben zum Religionsbekenntnis - samt allenfalls bestehenden Auskunftssperren sowie zugehörigen Abmeldungen zu überlassen.
(3) [...]
(4) Der Bundesminister für Inneres ist zur Sicherung der Unverwechselbarkeit der An- und Abgemeldeten ermächtigt, bei Führung des Zentralen Melderegisters für die Meldebehörden jedem Gesamtdatensatz eine Melderegisterzahl (ZMR-Zahl) beizugeben, die keine Informationen über den Betroffenen enthält.
Zulässigkeit des Verwendens der Daten des Zentralen
Melderegisters
§ 16a . (1) Die Meldebehörden dürfen die im Zentralen Melderegister verarbeiteten Daten gemeinsam benützen und Auskünfte daraus erteilen.
(2) Der Bundesminister für Inneres hat die ihm überlassenen Meldedaten weiter zu verarbeiten und deren Auswählbarkeit aus der gesamten Menge nach dem Namen der An- und Abgemeldeten vorzusehen. Hiebei bildet die Gesamtheit der Meldedaten eines bestimmten Menschen, mögen diese auch mehrere Unterkünfte betreffen, den Gesamtdatensatz.
(3) Für Zwecke der Sicherheitspolizei, Strafrechtspflege oder, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist, kann die Auswählbarkeit aus der gesamten Menge aller im Zentralen Melderegister verarbeiteten Daten auch nach anderen als in Abs. 2 genannten Kriterien vorgesehen werden (Verknüpfungsanfrage).
(4) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Organen von Gebietskörperschaften, Gemeindeverbänden, Gerichtskommissären im Sinne des Gerichtskommissärsgesetzes und den Sozialversicherungsträgern auf deren Verlangen eine Abfrage im Zentralen Melderegister in der Weise zu eröffnen, dass sie, soweit dies zur Besorgung einer gesetzlich übertragenen Aufgabe erforderlich ist, den Gesamtdatensatz bestimmter Menschen im Datenfernverkehr ermitteln können.
(5) [...] (9)
(10) Meldedaten, die im Zentralen Melderegister verarbeitet werden, sind nach Ablauf von 30 Jahren ab der Abmeldung zu löschen. Die Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes, BGBl. I Nr. 162/1999, bleiben unberührt.“
Art 118 Abs 1, 2 und 3 Z 1 und 2 B-VG lautet:
„ Artikel 118 . (1) Der Wirkungsbereich der Gemeinde ist ein eigener und ein vom Bund oder vom Land übertragener.
(2) Der eigene Wirkungsbereich umfasst neben den im Art. 116 Abs. 2 angeführten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die Gesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.
(3) Der Gemeinde sind zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich die behördlichen Aufgaben insbesondere in folgenden Angelegenheiten gewährleistet:
Die §§ 41 und 42 Abs 1 und 2, 65 und 66 Abs 1 Wr VBO 1995 lauten samt Überschriften:
„ Gründe für das Enden des Dienstverhältnisses
§ 41 . (1) Das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten endet durch
(2) Das auf bestimmte Zeit eingegangene Dienstverhältnis endet auch mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde, oder mit dem Abschluß der Arbeit, auf die es abgestellt war. Das auf unbestimmte Zeit eingegangene Dienstverhältnis endet ferner durch Kündigung (§§ 42 und 43).
(3) Ein Dienstverhältnis auf Probe kann von jedem Vertragsteil jederzeit aufgelöst werden.
Kündigung
§ 42 . (1) Das auf unbestimmte Zeit eingegangene Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil schriftlich gekündigt werden. Hat das Dienstverhältnis bei Ausspruch der Kündigung mindestens drei Jahre gedauert, so kann die Gemeinde nur unter Angabe eines Grundes kündigen.
(2) Ein Grund, der die Gemeinde zur Kündigung berechtigt, liegt insbesondere vor,
„ Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde
§ 65 . Die Gemeinde hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.
Zuständigkeit
§ 66 . (1) Die Besorgung der in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde obliegt dem Magistrat.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
a) Rechtzeitigkeit der Beschwerde
Der Beschwerdeführer hat dargelegt und bescheinigt, von der Abfrage seiner Meldedaten durch den Beschwerdegegner am 10. Juni 2009 (= „beschwerendes Ereignis“ gemäß § 34 Abs 1 DSG 2000) erst im Dezember 2009 erfahren zu haben. Die am 7. September (als Eingabe nach § 30 DSG 2000) bzw. 27. Oktober 2010 (Erhebung zur Beschwerde) eingelangte Beschwerde erweist sich damit als gemäß § 34 Abs 1 DSG 2000 rechtzeitig und damit zulässig.
b) Ablehnung von Mitgliedern der Datenschutzkommission
Der Beschwerdeführer hat sinngemäß beantragt, Mitglieder der Datenschutzkommission mit einem Naheverhältnis zur Stadt Wien von der Entscheidungsfindung auszuschließen.
Zwar trifft es zu, dass je ein Mitglied und das zur Vertretung desselben berufene Ersatzmitglied (aus dem Kreise der gemäß § 36 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 von den Ländern vorzuschlagenden Personen) derzeit dem Dienststand der Wiener Gemeindebediensteten angehören (sodass auch eine wechselseitige Vertretung nicht zu dem vom Beschwerdeführer gewünschten Ergebnis führen würde). Da keiner der Fälle des § 7 Abs 1 AVG über die Befangenheit von Verwaltungsorganen gegeben ist (und vom Beschwerdeführer auch nicht schlüssig behauptet wurde), und sich das entsprechende Mitglied nicht selbst für befangen erachtet, konnte in gesetzmäßiger Zusammensetzung beraten und entschieden werden.
c) In der Sache selbst wegen Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung
Die Beschwerde ist zwar, wie oben dargelegt, zulässig, jedoch unbegründet.
Aus § 16a Abs 2 und 10 MeldeG ergibt sich, dass die Gesamtheit der aktuellen und historischen, für jeweils 30 Jahre gespeicherten Meldedaten den Gesamtdatensatz eines Menschen im ZMR bildet. Bei einer Abfrage dieser Daten durch den Magistrat der Stadt Wien, der sowohl Geschäftsapparat der Meldebehörde (Bürgermeister der Stadt Wien) als auch gemäß §§ 65 und 66 Abs 1 Wr VBO 1995 Personalverwaltung der Stadt als Gebietskörperschaft ist, für Zwecke der Personalverwaltung liegt eine Übermittlung durch Zweckänderung vor (§ 4 Z 12 dritter Halbsatz DSG 2000).
Gemäß § 16a Abs 4 MeldeG darf dieser Gesamtdatensatz von Organen einer Gebietskörperschaft ermittelt werden, „soweit dies zur Besorgung einer gesetzlich übertragenen Aufgabe erforderlich ist“.
Der gesetzlich festgelegte Verwendungszweck des Gesamtdatensatzes ist keineswegs auf hoheitliche Aufgaben, also die Vollziehung von Gesetzen im engeren Sinne , beschränkt. Das Gesetz spricht vielmehr von gesetzlich übertragenen Aufgaben, was die Besorgung von Aufgaben der Stadt Wien als Trägerin von Privatrechten nicht ausschließt, sofern diese in einem Mindestumfang gesetzlich determiniert sind. § 16a Abs 4 MeldeG eröffnet die Möglichkeit, Organen von Gebietskörperschaften, Gemeindeverbänden und Sozialversicherungsträgern eine Online-Abfrageberechtigung auf die Daten des ZMR einzuräumen und zwar dann, wenn sie diese Daten zur Besorgung einer gesetzlich übertragenen Aufgabe (Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung) benötigen ( Grosinger-Szirba , Das österreichische Melderecht [6. Aufl.] (2002), 145). Diese Entscheidung des historischen Gesetzgebers – im ursprünglichen Entwurf der entsprechenden Novelle zum MeldeG aus 2001 war tatsächlich eine Beschränkung der Abfrage des Gesamtdatensatzes durch Gebietskörperschaften auf „Aufgaben der Hoheitsverwaltung“ vorgesehen (vgl. § 16a Abs 4 MeldeG in der RV, 424 BlgNR XXI. GP) - ergibt sich aus den Materialien (AB, 501 BlgNR XXI. GP, Seite 2). Der mit Vorbereitung des Gesetzesbeschlusses befasste Ausschuss führt dazu wörtlich (zu Art. I § 16a Abs. 4 und 5 MeldeG in der letztendlich beschlossenen Fassung des BG zur Änderung des Meldegesetzes 1991, des Volkszählungsgesetzes 1980 und des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl I Nr 28/2001) zur Begründung der von ihm vorgenommenen Abänderung des Gesetzestextes aus: „Die Beschränkung der Einräumung eines Online-Zugriffes für Organe der Gebietskörperschaften der Gemeindeverbände und Sozialversicherungsträger auf die Besorgung der Aufgaben der Hoheitsverwaltung berücksichtigt in zu geringem Ausmaß, dass insbesondere den Gemeinden durch Gesetz Aufgaben übertragen wurden, die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zu besorgen sind.“
Die zitierte Bestimmung entspricht damit sinngemäß § 8 Abs 3 Z 1 DSG 2000.
Die Gründe für eine Beendigung eines Dienstvertrages durch Kündigung sind in den §§ 41 f Wr VBO 1995 geregelt, die entsprechenden Aufgaben sind durch §§ 65 und 66 Abs 1 Wr VBO 1995 dem Magistrat übertragen.
Bei der Verwaltung privatrechtlicher Dienstverhältnisse handelt es sich daher um eine dem Magistrat der Stadt Wien gesetzlich übertragene Aufgabe.
Aus dem festgestellten Sachverhalt wiederum ergibt sich, dass wegen eines Zustellanstandes bei der Zustellung eines Kündigungsschreibens auch ein konkreter Bedarf für die Prüfung des Gesamtdatensatzes auf Daten zu weiteren in Frage kommenden Abgabestellen gegeben war. Wie an dieser Stelle nochmals zu betonen ist, wurden bei dieser Gelegenheit ohnedies keine Daten (zu postalischen Abgabestellen) übermittelt, die dem Beschwerdegegner nicht bereits bekannt waren.
Es lagen daher Gründe gemäß § 7 Abs 1, Abs 2 Z 1 und Abs 3 DSG 2000 iVm § 16a Abs 4 MeldeG vor, den melderechtlichen Gesamtdatensatz des Beschwerdeführers zu ermitteln bzw. diese Daten zu übermitteln.
Die Beschwerde war daher gemäß § 31 Abs 7 DSG 2000 als unbegründet abzuweisen.