JudikaturDSB

K121.702/0009-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
15. April 2011

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. GUNDACKER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie der Schriftführerin Mag. HAJICEK in ihrer Sitzung vom 15. April 2011 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Jan B*** (Beschwerdeführer) aus G*** bzw. T***, vertreten durch die L***, C*** W*** Rechtsanwälte OG in Z***, vom 11. Februar 2011 gegen die Friedhöfe Wien Ges.m.b.H. (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Bekanntgabe seines Namens, seiner Adresse und der Eigenschaft als „letzter Einzahler für die Verlängerung des Benutzungsrechts“ an der Grabstelle Nummer **5, Reihe 2*, Gruppe 1* auf dem Wiener Zentralfriedhof an Dr. Christian Ö*** im Schreiben vom 14. Dezember 2010, GZ:

*12*/10, wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird z u r ü c k g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs 1 und 5, 31 Abs 2 und 32 Abs 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idgF, iVm § 27 Abs 1 des Wiener Leichen- und Bestattungsgesetzes (WLBG), LGBl. Nr. 38/2004 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 17. Februar 2011 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin am 14. Dezember 2010 in einem Schreiben an Dr. Christian Ö***, den rechtsfreundlichen Vertreter des Karl E***, eines „weitschichtigen Verwandten“, seinen Namen und seine Adresse sowie seine Eigenschaft als letzter Zahler für die Benützung der im Spruch bezeichneten Grabstelle übermittelt habe. Die Beschwerdegegnerin sei, so die ausdrückliche Behauptung des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers, hier ein Auftraggeber des „öffentlichen Bereichs“, da in Vollziehung der Gesetze tätig, die Beschwerde daher zulässig. In eventu, das heißt im Fall der Unzulässigkeit, sei die Beschwerde als Eingabe nach § 30 DSG 2000 zu behandeln.

Die Beschwerdegegnerin , von der Datenschutzkommission insbesondere zur Zulässigkeitsfrage zur Stellungnahme aufgefordert, brachte in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2011 samt Ergänzung vom 21. März 2011 vor, zwar in hundertprozentigem öffentlichem Eigentum zu stehen, jedoch keine Befugnis zur Bescheiderlassung oder zu hoheitlichem Handeln zu haben. In der Sache wurde vorgebracht, es stehe offenbar eine familiäre Auseinandersetzung zwischen Herrn E*** und dem Beschwerdeführer um das Benützungsrecht an der besagten Grabstelle im Raum. Dort seien ein Karl E*** und eine Franziska E*** bestattet. Deshalb sei am 12. November 2010 der Beschwerdeführer, der das Benützungsrecht zuletzt bis 2020 verlängert habe, brieflich kontaktiert und um Kontaktaufnahme mit Herrn E*** ersucht worden. Der Beschwerdeführer habe auf dieses Schreiben aber anscheinend nicht reagiert, worauf man nach Intervention des Rechtsanwalts Dr. Ö*** von einem Irrtum ausgegangen sei und die Daten des Beschwerdeführers an diesen zwecks Klärung des potenziellen Streitfalls übermittelt habe. Erst später habe man erfahren, dass der Beschwerdeführer früher den Familiennamen „O***“ geführt habe und ein Verwandtschaftsverhältnis zu Herrn E*** bestehe.

Der Beschwerdeführer replizierte darauf mit Stellungnahme vom 30. März 2011, die Beschwerdegegnerin sei zu dieser – von ihr eingestandenen – Datenverwendung nicht berechtigt gewesen. Die Beschwerdegegnerin übe Tätigkeiten aus, die in Vollziehung der Gesetze erfolgten und hoheitliche Aufgaben seien. Die Beschwerde werde daher aufrecht erhalten.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand zunächst die Frage ist, ob die Beschwerde zulässig und die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig ist, bei Bejahung in eventu die Frage, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer durch Übermittlung seines Namens und seiner Adresse als Zahler des Benützungsentgelts für die fragliche Grabstelle in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Herr Karl E*** kontaktierte im Herbst 2010 die Beschwerdegegnerin und stellte die Frage nach dem Benutzungsrecht für die Grabstelle Nummer **5, Reihe 2*, Gruppe 1* auf dem Wiener Zentralfriedhof, wo seine Eltern und Großeltern bestattet seien. Deshalb wurde am 12. November 2010 der Beschwerdeführer, der das Benützungsrecht zuletzt durch Bezahlung bis 2020 verlängert hatte, brieflich kontaktiert und „aus Datenschutzgründen“ seinerseits um Kontaktaufnahme mit Herrn E*** ersucht, dessen Name, Adresse und Telefonnummer übermittelt wurden. Der Beschwerdeführer hat auf dieses Schreiben aber nicht reagiert, worauf Rechtsanwalt Dr. Christian Ö*** für Herrn E*** bei der Beschwerdegegnerin intervenierte, um die Daten des letzten Einzahlers des Benützungsentgelts für die Grabstelle zu erfahren. Die Beschwerdegegnerin übermittelte daraufhin im Schreiben vom 14. Dezember 2010, GZ: *12*/10, Daten des Beschwerdeführers, nämlich Name und Adresse, an Dr. Ö***.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der glaubwürdigen und sachverhaltsmäßig kongruenten Darstellung beider Parteien sowie den zitierten Urkundenkopien, sämtliche vorgelegt als Beilagen zur Beschwerde vom 11. Februar 2011.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1 und Abs 5 DSG 2000 lautet:

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) [...] (4) [...]

(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.“

§ 31 Abs 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31 . (1) [...]

(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.“

§ 32 Abs 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Anrufung der Gerichte

§ 32 . (1) Ansprüche wegen Verletzung der Rechte einer Person oder Personengemeinschaft auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung gegen natürliche Personen, Personengemeinschaften oder Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, sind, soweit diese Rechtsträger bei der behaupteten Verletzung nicht in Vollziehung der Gesetze tätig geworden sind, auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.“

Die §§ 20, 21 und 27 WLBG lauten:

Arten von Bestattungsanlagen und Privatbegräbnisstätten

§ 20 . (1) Leichen sind zu bestatten in Bestattungsanlagen oder Privatbegräbnisstätten.

(2) Bestattungsanlagen sind:

(3) Privatbegräbnisstätten dienen der Bestattung von Leichen oder Leichenasche eines bestimmten Personenkreises wie Familien (einschließlich eingetragene Partnerinnen oder Partner) oder Ordensgemeinschaften.

(4) Eine Bestattungsanlage ist öffentlich und muss von allen Personen unter den gleichen Bedingungen betreten werden können.

(5) Krematorien zur Feuerbestattung sind Bestandteile von Bestattungsanlagen und dürfen nur in diesen errichtet werden.

(6) Bestattungsanlagen oder Privatbegräbnisstätten für Leichen in Gebäuden, die zum dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt sind, sind nur zulässig, wenn die Bestattungsanlagen oder Privatbegräbnisstätten baulich von den Räumen, die zum dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt sind, getrennt und gesondert zugänglich sind.

Verpflichtung zur Errichtung und zum Betrieb

§ 21 . (1) Die Stadt Wien hat ausreichende Bestattungsanlagen zu errichten und zu betreiben zur Bestattung von Personen:

(2) Die Stadt Wien kann die Verpflichtung nach Abs. 1 und die Durchführung von Tätigkeiten in ihren Bestattungsanlagen zur Gänze oder teilweise an Dritte übertragen.“

Grabstellenrecht

§ 27 . (1) Das Recht an einer Grabstelle (Grabstellenrecht) in einer Bestattungsanlage ist ein privatrechtliches Benützungsrecht.

(2) Das Benützungsrecht geht von Todes wegen über.

(3) Eine Übertragung des Benützungsrechtes zu Lebzeiten eines Benützungsberechtigten setzt voraus, dass dieser allein benützungsberechtigt ist. Die Übertragung kann nur auf eine Ehepartnerin oder einen Ehepartner, eine eingetragene Partnerin oder einen eingetragenen Partner, eine Lebensgefährtin oder einen Lebensgefährten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, eine Schwester oder einen Bruder erfolgen.

(4) Das Benützungsrecht endet jedenfalls mit dem Tag, an dem die Bestattungsanlage ihren widmungsgemäßen Charakter durch Sperre oder Auflassung verliert.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Die Beschwerde ist wegen Unzuständigkeit der Datenschutzkommission nicht zulässig.

Die Beschwerdegegnerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in einer typischen „Form des Privatrechts“ eingerichtet. Das wirtschaftliche Eigentum an der Gesellschaft bzw. das zivilrechtliche Eigentum an den Anteilen am Stammkapital der Gesellschaft ist hier nicht ausschlaggebend.

Gemäß § 27 Abs 1 WLBG ist das Grabstellenrecht ausdrücklich als ein privatrechtliches Benützungsrecht gestaltet, die Beschwerdegegnerin im gegebenen Zusammenhang (Datenaustausch betreffend die Berechtigung bzw. die Person des Zahlers) daher nicht gemäß §§ 1 Abs 5 und 32 Abs 1 DSG 2000 „in Vollziehung der Gesetze“, sondern als Vertragspartnerin des bzw. der Berechtigten tätig.

Gemäß § 32 Abs 1 DSG 2000 wäre das Recht auf Geheimhaltung damit auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen gewesen.

Da der Beschwerdeführer mehrfach ausdrücklich das Bestehen eines Beschwerderechts gemäß § 31 Abs 2 DSG 2000 behauptet hat, war die Beschwerde daher spruchgemäß förmlich zurückzuweisen. Entsprechend dem Eventualbegehren wird nunmehr ein Verfahren nach § 30 DSG 2000 eingeleitet werden.

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