K178.401/0007-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. HEISSENBERGER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 24. September 2010 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
I. Der E**** GmbH in Wien wird aufgrund ihres Antrages vom 13. August 2010 gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des Datenschutzgesetzes 2000 - DSG 2000 die Genehmigung erteilt, die folgenden Daten an die N**** Private Limited (Republik Indien) zu überlassen:
Ia. Von Kunden oder Lieferanten der Antragsstellerin (Empfänger und Erbringer von Lieferungen oder Leistungen) dürfen aus der Standardanwendung SA001 "Rechnungswesen und Logistik" folgende Daten zur Abwicklung der Buchhaltung überlassen werden:
02 Name (Titel, akad. Grad) bzw. Bezeichnung
04 Anschrift
05 Telefon- und Faxnummer und andere zur Adressierung erforderliche
Informationen, die sich durch moderne Kommunikationstechniken
ergeben
08 Firmenbuchdaten
09 Daten zur Bonität
10 Sperrkennzeichen (z.B. Kontaktsperre, Rechnungssperre, Liefersperre, Buchungssperre, Zahlungssperre)
15 Gegenstand der Lieferung oder Leistung
19 Liefer- und Leistungsbedingungen (einschließlich Angaben über den Ort der Lieferung oder Leistung, Verpackung, usw.)
22 Daten zur Steuerpflicht und Steuerberechnung
24 Bankverbindung
25 Kreditkartennummern und -unternehmen
27 Daten zum Zahlungs- oder Leistungsverhalten des Betroffenen
28 Mahndaten/Klagsdaten
29 Konto- und Belegdaten
30 Leistungsspezifische Aufwände und Erträge
Von Arbeitnehmern, arbeitnehmerähnliche Personengruppen, Leiharbeitnehmern, freien Dienstnehmern, Lehrlingen, Volontären und Ferialpraktikanten der Antragsstellerin dürfen aus der Standardanwendung SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" folgende Daten zur Abwicklung der Buchhaltung überlassen werden:
02 Vor- und Familienname, akad. Grad / Titel
11 Bankverbindung
13 Telefon- und Faxnummer und andere zur Adressierung im Betrieb erforderliche Informationen, die sich durch
moderne Kommunikationstechniken ergeben
14 Wohnadresse
27 Bezeichnung der Tätigkeit
34 Sonstige Daten zur Arbeitszeit (insbesondere Geringfügigkeit,
Arbeitsstunden, Überstunden, Gleitzeit, Nacht- und Teilzeitarbeit)
35 Daten zur Urlaubsverwaltung
37 Krankenstand, einschließlich Arbeitsunfall und Berufskrankheit (Beginn, Ende und Dauer)
39 Kuraufenthalte
40 Mutterschutz (Beginn und Ende)
41 Karenzurlaub gemäß MSchG und EKUG (Beginn und Ende) 42 Präsenzdienst, Ausbildungsdienst oder Zivildienst
(Beginn und Ende)
43 Art und Dauer der sonstigen Abwesenheit wegen Dienstverhinderung oder Dienstfreistellung (einschließlich vereinbarte Karenzierung)
52 Aufwandsentschädigungen (wie Reisegebühren)
Jede Weiterverwendung der überlassenen Daten bei der Empfängerin für Zwecke, die in dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten, von der Antragstellerin und der Empfängerin unterzeichneten Dienstleistungsvertrag nicht angeführt sind, insbesondere die Verwendung für eigene Zwecke der Empfängerin, ist untersagt.
II. Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idgF (BVwAbgV), hat die Antragstellerin eine Verwaltungsabgabe in Höhe von
Euro 6,50
zu entrichten.
B e g r ü n d u n g
1. Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 13. August 2010 hat die E**** GmbH (in weiterer Folge "Antragstellerin") bei der Datenschutzkommission einen Antrag gemäß § 13 DSG 2000 auf Überlassung von personenbezogenen Daten gestellt.
Alle personenbezogenen Daten sind in den beiden Standardanwendungen SA001 "Rechnungswesen und Logistik" und SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" enthalten.
Der Antrag umfasst die Überlassung der im Spruch genannten Datenarten von Kunden und Lieferanten sowie von Mitarbeitern. Der Zweck der Überlassung besteht jeweils darin, die Buchhaltung an den Dienstleister auszulagern.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
§ 10 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Zulässigkeit der Überlassung von Daten zur Erbringung von Dienstleistungen":
" § 10. (1) Auftraggeber dürfen bei ihren Datenanwendungen Dienstleister in Anspruch nehmen, wenn diese ausreichende Gewähr für eine rechtmäßige und sichere Datenverwendung bieten. Der Auftraggeber hat mit dem Dienstleister die hiefür notwendigen Vereinbarungen zu treffen und sich von ihrer Einhaltung durch Einholung der erforderlichen Informationen über die vom Dienstleister tatsächlich getroffenen Maßnahmen zu überzeugen."
§ 11 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Pflichten des Dienstleisters":
" § 11. (1) Unabhängig von allfälligen vertraglichen Vereinbarungen
haben Dienstleister bei der Verwendung von Daten für den Auftraggeber jedenfalls folgende Pflichten:
§ 12 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Genehmigungsfreie Übermittlung und Überlassung von Daten in das Ausland":
" § 12. (1) Die Übermittlung und Überlassung von Daten an Empfänger in Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes ist keinen Beschränkungen im Sinne des § 13 unterworfen. Dies gilt nicht für den Datenverkehr zwischen Auftraggebern des öffentlichen Bereichs in Angelegenheiten, die nicht dem Recht der Europäischen Gemeinschaften unterliegen.
(2) Keiner Genehmigung gemäß § 13 bedarf weiters der Datenverkehr mit Empfängern in Drittstaaten mit angemessenem Datenschutz. Welche Drittstaaten angemessenen Datenschutz gewährleisten, wird unter Beachtung des § 55 Z 1 durch Verordnung des Bundeskanzlers festgestellt . Maßgebend für die Angemessenheit des Schutzes ist die Ausgestaltung der Grundsätze des § 6 Abs. 1 in der ausländischen Rechtsordnung und das Vorhandensein wirksamer Garantien für ihre Durchsetzung.
(3) Darüberhinaus ist der Datenverkehr ins Ausland dann genehmigungsfrei, wenn
[ . . . ]
(5) Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Übermittlung oder Überlassung in das Ausland ist die Rechtmäßigkeit der Datenanwendung im Inland gemäß § 7. Bei Überlassungen ins Ausland muß darüber hinaus die schriftliche Zusage des ausländischen Dienstleisters an
den inländischen Auftraggeber oder in den Fällen des § 13 Abs. 5
an den inländischen Dienstleister vorliegen, daß er die Dienstleisterpflichten gemäß § 11 Abs. 1 einhalten werde. Dies entfällt, wenn die Dienstleistung im Ausland in Rechtsvorschriften vorgesehen ist, die im innerstaatlichen Recht den Rang eines Gesetzes haben und unmittelbar anwendbar sind."
§ 13 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lauten unter der Überschrift "Genehmigungspflichtige Übermittlung und Überlassung von Daten ins Ausland" wie folgt:
"§ 13. (1) Soweit der Datenverkehr mit dem Ausland nicht gemäß § 12 genehmigungsfrei ist, hat der Auftraggeber vor der Übermittlung oder Überlassung von Daten in das Ausland eine Genehmigung der Datenschutzkommission (§§ 35 ff) einzuholen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen binden.
(2) Die Genehmigung ist unter Beachtung der gemäß § 55 Z 2 ergangenen Kundmachungen zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 vorliegen und wenn, ungeachtet des Fehlens eines im Empfängerstaat generell geltenden angemessenen Datenschutzniveaus,
3. Rechtlich war zu erwägen:
3.1. Zur Genehmigungspflicht:
Der beantragte Datenverkehr ist gemäß § 13 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 13/2005, genehmigungspflichtig , da zum einen der Empfänger in einem Staat seinen Sitz hat, für den keine Feststellung des Vorhandenseins eines angemessenen Datenschutzniveaus gemäß Art. 25 RL 95/46/EG besteht und da zum anderen auch kein Fall eines gemäß § 12 Abs. 3 DSG 2000 genehmigungsfreien Datenverkehrs vorliegt.
Bedingung für die Erteilung einer Genehmigung für genehmigungspflichtige Datentransfers ins Ausland ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 DSG 2000 und der Nachweis des Bestehens eines angemessenen Datenschutzniveaus beim ausländischen Datenempfänger.
3.2. Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12 Abs. 5 DSG 2000:
Der Antrag bezieht sich auf Daten, die in Österreich rechtmäßig verarbeitet werden. Die Daten stammen aus Datenanwendungen, deren Umfang von den Standardanwendungen "SA001 Rechnungswesen und Logistik" und "SA002 Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" der Standard- und Muster-Verordnung 2004 (StMV 2004), BGBl. II Nr. 312/2004, abgedeckt ist.
Die Überlassung von Daten an einen Dienstleister ist gemäß § 10 DSG 2000 zulässig, sofern für den Auftraggeber kein Anlass besteht daran zu zweifeln, dass der Dienstleister ausreichende Gewähr für die rechtmäßige und sichere Datenverwendung bietet. Ein Grund für solche Zweifel liegt im Antragsfall nicht vor.
Die Antragstellerin hat auch den von § 10 Abs. 1 DSG 2000 verlangten Dienstleistervertrag in Form von Standardvertragsklauseln (2010/87/EG) vorgelegt. Der im Antrag genannte Umfang von Überlassungszwecken ist vom vorgelegten Dienstleistervertrag (vgl. Appendix 1 "processing operations") gedeckt.
3.3. Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes
Zur Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes beim Empfänger im Ausland haben die Antragsstellerin und der Empfänger einen Vertrag abgeschlossen, der den durch Entscheidung der Europäischen Kommission geschaffenen Standardvertragsklauseln für die Übermittlung (in österreichischer Terminologie: "Überlassung") personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter (in österreichischer Terminologie: "Dienstleister") in Drittländern (Standardvertragsklauseln 2010/87/EG) entspricht. Gemäß Artikel 1 dieser Entscheidung gelten die Standardvertragsklauseln als angemessene Garantien hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre, der Grundrechte und der Grundfreiheiten der Personen sowie hinsichtlich der Ausübung der damit verbundenen Rechte für die Überlassung personenbezogener Daten durch österreichische Auftraggeber an Dienstleister außerhalb der europäischen Gemeinschaft. Der Nachweis ausreichenden Datenschutzes bei den ausländischen Datenempfängern gilt daher als erbracht im Sinne des § 13 Abs. 2 Z 2 DSG 2000.
3.4. Die Verwaltungsabgabe war gemäß § 78 Abs. 1 AVG iVm §§ 13, 53 Abs. 1 DSG 2000 vorzuschreiben. Demnach ist für Anträge nach § 13 DSG 2000 keine Befreiung von Verwaltungsabgaben normiert.