JudikaturDSB

K121.585/0012-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
30. Juli 2010

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HEILEGGER, Mag. HUTTERER, Dr. KÖNIG, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 30. Juli 2010 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde der Hannelore S*** (Beschwerdeführerin) aus Wien vom 2. Dezember 2009 gegen den Unabhängigen Finanzsenat (Beschwerdegegner, im Folgenden auch kurz: UFS) in Wien wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge versuchter Ermittlung ihrer Kontoumsätze im Zuge eines familienbeihilferechtlichen Berufungsverfahrens wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 135/2009, iVm § 2 lit. a) Z 1, § 25 Abs. 1 Z 2, § 114 Abs. 1, § 143 Abs. 1, § 169, § 171 und § 172 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 85/2008, und §§ 2 und 2a des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. Nr. 376/1967 idF BGBl. I Nr. 52/2009.

B e g r ü n d u n g

A. Vorbringen der Parteien

Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer am 10. Dezember 2009 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner sie aufgefordert habe, in einem Verfahren betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe (involviert: ihre Mutter Elsa S*** und ihr Vater Jörg S***) ihre Bank-Kontoauszüge der letzten drei Jahre (ohne Schwärzungen) als Beweismittel vorzulegen. Weiters führt die Beschwerdeführerin aus, dass die (neue) Ehefrau ihres Vaters, Adalberta S***, beim Unabhängigen Finanzsenat (UFS) tätig sei, weshalb sie Bedenken hege, dass diese Person diese Daten missbräuchlich übermittelt erhalten könnte. Überdies sei sie nicht aufgeklärt worden, wieso ihre Daten als Beweismittel benötigt würden.

Der Beschwerdegegner brachte mit Stellungnahme vom 17. Dezember 2009 vor, bei seinem Senat 3 sei eine Berufung des Mag. Jörg S*** betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe anhängig. Da der Sachverhalt bei divergierendem Parteienvorbringen völlig ungeklärt sei, sei er amtswegig zu ermitteln. Die Beschwerdeführerin sei trotz dreimaliger Ladung nicht erschienen, um als Zeugin auszusagen, und habe (bisher) auch keine Unterlagen vorgelegt, was im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu werten sein werde. Die dazu angeforderten Kontoauszüge seien ein verfahrensrelevantes Beweismittel im Sinne von § 166 BAO. Eine Übermittlung von Daten an ein nicht mit der Sache befasstes Mitglied des UFS werde als rechtswidrig ausgeschlossen.

Auf Aufforderung der Datenschutzkommission hin ergänzte der Beschwerdegegner seine Stellungnahme am 29. Juni 2010 dahingehend, Gegenstand des Berufungsverfahrens sei die Frage, welcher der beiden Elternteile der Beschwerdeführerin zu Unrecht für die Beschwerdeführerin Familienbeihilfe bezogen habe. Die Beschwerdeführerin sei im Aufforderungsschreiben vom 12. Oktober 2009 auch über den Gegenstand des Verfahrens informiert worden.

Die Beschwerdeführerin hat sich nach abschließendem Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit Stellungnahme vom 18. Juli 2010 wie folgt zum Verfahrensgegenstand geäußert: Ihre Mutter habe bereits durch Übermittlung einer Aufstellung ihrer Lebenshaltungskosten dem zuständigen Finanzamt (erster Instanz) bewiesen, dass sie deren überwiegenden Anteil getragen habe. Außerdem sei bekannt, dass sie in einem Wohnungsverband mit ihrer Mutter lebe. Sie treffe daher keine Schuld an Doppelauszahlungen von Familienbeihilfe. Im Schreiben des Beschwerdegegners vom 12. Oktober 2009 fehle überdies eine explizite Erklärung, aus welchem Grund sie die Kontoauszüge vorzulegen hätte.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin als Beweisperson (potenzielle Zeugin) auffordern durfte, ihm Bankunterlagen (Kontoauszüge, drei Jahre zurückreichend) zwecks Beweisaufnahme in einem vom Vater der Beschwerdeführerin angestrengten familienbeihilferechtlichen Berufungsverfahren vorzulegen.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

In zwei beim Beschwerdegegner anhängigen, von Mag. Jörg S***, dem Vater der Beschwerdeführerin angestrengten und verbundenen Berufungsverfahren betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe (Rückforderungs- und Einstellungsverfahren in Folge Doppelauszahlung von Familienbeihilfe an Vater und Mutter, streitgegenständlicher Zeitraum: Juli 2006 bis April 2009) war die Frage gegenständlich, wer im betreffenden Zeitraum den überwiegenden Teil der Lebenshaltungskosten der Beschwerdeführerin getragen hatte. Die Beschwerdeführerin wurde im Herbst 2009 dreimal als Zeugin geladen und mit Schreiben des Beschwerdegegners vom 12. Oktober 2009, GZlen:

RV/****-W/0* und RV/****-W/0*, unter Angaben zum Verfahrensgegenstand (Berufung gegen Abweisung der Anträge auf Familienbeilhilfe und Rückforderung ausgezahlter Beträge, Verwendung von erhaltenen Unterhaltszahlungen des Vaters) aufgefordert, Bankunterlagen („sämtliche Kontoauszüge für den Zeitraum Juli 2006 bis einschließlich April 2009 in lesbarer Form (ohne Schwärzungen!) betreffend ihr Konto“) als Beweismittel vorzulegen. Sie ist dieser Aufforderung sowie den Zeugenladungen jedoch nicht nachgekommen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf der glaubwürdigen und schlüssigen Darstellung des UFS in der Stellungnahme vom 17. Dezember 2009, GZ: RV/****-W/0*, sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Juni 2009 samt angeschlossener Beweisurkunde (Kopie des zitierten Aufforderungsschreibens vom 12. Oktober 2009). Die Beschwerdeführerin ist diesen Tatsachen in ihrer abschließenden Stellungnahme nicht entgegengetreten, hat jedoch die Relevanz der Beweismittel und den Aussagewert der ihr gegebenen Erklärungen zum Verfahrensgegenstand bestritten.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 8 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 Z 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

„„Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei

Verwendung nicht-sensibler Daten

§ 8. (1) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn […]

4. überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.

(2) […]

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten

1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder“

§ 2 lit. a) Z 1, § 25 Abs. 1 Z 2, § 91 Abs. 1 bis 3, § 114 Abs. 1, § 143 Abs. 1, § 169, § 171 und § 172 Abs. 1 BAO lauten samt Überschriften:

„§ 2. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten, soweit sie hierauf nicht unmittelbar anwendbar sind und nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß in Angelegenheiten

a) der von den Abgabenbehörden des Bundes zuzuerkennenden oder rückzufordernden bundesrechtlich geregelten

„5. Angehörige.

§25 (1) Angehörige im Sinn der Abgabenvorschriften sind

2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie;“

„E. Vorladungen.

§ 91. (1) Die Abgabenbehörde ist berechtigt, Personen, deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Vorladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Vorgeladene vor der Abgabenbehörde erscheinen soll (Abgabepflichtiger, Zeuge, Sachverständiger und so weiter) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Vorladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Vorgeladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind. In der Vorladung von Zeugen ist weiters auf die gesetzlichen Bestimmungen über Zeugengebühren (§ 176) hinzuweisen; dies gilt sinngemäß für die Vorladung von Auskunftspersonen, die gemäß § 143 Abs. 4 Anspruch auf Zeugengebühren haben.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Vorladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten werden. Die Verhängung dieser Zwangsstrafen ist nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht und die Vorladung zu eigenen Handen zugestellt war.“

„4. ABSCHNITT.

Allgemeine Bestimmungen über die Erhebung der Abgaben

A. Grundsätzliche Anordnungen.

§ 114. (1) Die Abgabenbehörden haben darauf zu achten, daß alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfaßt und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, daß Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.“

D. Befugnisse der Abgabenbehörden.

1. Allgemeine Aufsichtsmaßnahmen.

§ 143. (1) Zur Erfüllung der im § 114 bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt.

(2) Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten.“

„c) Zeugen.

§ 169. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, ist jedermann verpflichtet, vor den Abgabenbehörden als Zeuge über alle ihm bekannten, für ein Abgabenverfahren maßgebenden Tatsachen auszusagen.“

„§ 171. (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden

a) wenn er ein Angehöriger (§ 25) des Abgabepflichtigen ist;

(2) Die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen und ihre Angestellten können die Zeugenaussage auch darüber verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Vertreter der Partei über diese zur Kenntnis gelangt ist.

(3) Will ein Zeuge die Aussage verweigern, so hat er die Gründe seiner Weigerung glaubhaft zu machen.“

“§ 172. (1) Soweit jemand als Zeuge zur Aussage verpflichtet ist, hat er auf Verlangen der Abgabenbehörde auch Schriftstücke, Urkunden und die einschlägigen Stellen seiner Geschäftsbücher zur Einsicht vorzulegen, die sich auf bestimmt zu bezeichnende Tatsachen beziehen.”

Die §§ 2 und 2a des Familienlastenausgleichsgesetzes samt Überschrift lauten:

„Abschnitt I

Familienbeihilfe

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 2a . (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdegegner – wie die oben zit. Rechtsvorschriften unschwer erkennen lassen – in Familienbeihilfeangelegenheiten zur amtswegigen Feststellung des für die Zuerkennung eines Anspruches auf Familienbeihilfe maßgebenden Sachverhaltes verpflichtet ist. Zu diesem Zwecke kann der Beschwerdegegner auch die Beschwerdeführerin als offensichtlichen Anknüpfungspunkt für den Anspruch auf Familienbeihilfe ihres Vaters oder ihrer Mutter als Zeugin laden und von ihr alle Unterlagen verlangen, die erforderlich sind, um feststellen zu können, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe gegeben sind. Der Beschwerdegegner als zuständige Behörde konnte sich daher zu Recht bei dem Versuch, die verfahrensrelevanten Daten (Kontoumsätze der Beschwerdeführerin) zu ermitteln, auf die oben zit. bundesabgabenrechtlichen Vorschriften berufen, zumal das Zusammenleben im Wohnungsverband mit der Mutter allein keinen Beweis dafür bieten kann, wem Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht. Wie der UFS in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2010 ausgeführt hat, sei es aufgrund divergierender Standpunkte von Vater und Mutter zu Doppelauszahlungen und in weiterer Folge zu Rückforderungs- und Einstellungsverfahren gekommen. Entscheidungsrelevant sei dafür die Sachverhaltsfrage, welcher der beiden Elternteile im Zeitraum Juli 2006 bis April 2009 den überwiegenden Anteil an den Lebenshaltungskosten der Beschwerdeführerin getragen habe. Als Beweismittel dafür sei die Zeugenaussage der Tochter wie auch der Nachvollzug der Kontobewegungen aller Beteiligten an Hand von Kontoauszügen vorgesehen.

Im Übrigen kann der Beschwerdeführerin nicht beigepflichtet werden, wenn sie vorbringt, dass ihr der Zweck der Datenermittlung nicht dargelegt worden sei. Das Schreiben des Beschwerdegegners vom 12. Oktober 2009 enthält die notwendigen Angaben, die eine Zeugin bzw. Besitzerin von verfahrensrelevanten Unterlagen in die Lage versetzen, den Zweck und Gegenstand der mit ihrer Unterstützung vorzunehmenden Beweisaufnahme zu erfassen. Eine „explizite“ oder ausführliche Begründung für die Notwendigkeit dieser Beweisaufnahme muss von der amtswegig vorgehenden Behörde hingegen nicht gegeben werden, nicht zuletzt, weil dies auf eine antizipative Würdigung des noch ausstehenden Beweises hinauslaufen könnte. Irrrelevant ist auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie trage an der Doppelauszahlung der Familienbeihilfe „keine Schuld“. Gerade eine Zeugen- oder sonstige Beweispflicht dritter Personen ist stets unabhängig von einer Involvierung in den Gegenstand des Verfahrens gegeben und kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, sie sei für die – „schuldlose“ – Beweisperson in irgendeiner Weise belastend.

Darüber hinaus steht fest, dass es, zumal es – wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat – zu keiner Bekanntgabe von Daten der Beschwerdeführerin an den Beschwerdegegner gekommen ist, da die Beschwerdeführerin die von ihr gewünschten Unterlagen nicht übermittelt hat und auch ihr gegenüber keine Zwangsmaßnahmen ergriffen worden sind. Vielmehr wird die Nichtübermittlung – wie der Beschwerdegegner ausgeführt hat – im Rahmen der ihm zustehenden Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Bei dieser Sachlage handelt es sich bloß um einen Datenermittlungsversuch. Ob dies schon eine Datenschutzverletzung war, kann dahingestellt bleiben.

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