JudikaturDSB

K121.593/0009-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
19. März 2010

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Dr. BLAHA, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 19. März 2010 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Dr. Egon S*** in Wien (Beschwerdeführer) vom 26. Jänner 2010 gegen die K*** in Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird entschieden:

Der Beschwerde wird insofern s t a t t g e g e b e n, als festgestellt wird, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Auskunft verletzt hat, das er dem Beschwerdeführer die Auskunft vom 16. November 2009 nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt hat.

Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 3 Z 1, § 4 Z 3, §§ 26 und 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF. BGBl I Nr. 2/2008.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Auskunft nach § 1 Abs. 3 Z 1 iVm § 26 DSG 2000 dadurch, dass der Beschwerdegegner seinem Auskunftsbegehren vom 25. September 2009 nicht kostenfrei nachgekommen sei, da der Beschwerdeführer für die Postzustellung ein Nachentgelt von EUR 1,05 zu bezahlen gehabt habe. Der Beschwerdeführer beantragte daher, der Beschwerde Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen.

2. Der damit und mit der Rechtsprechung der Datenschutzkommission zu dieser Frage konfrontierte Beschwerdegegner nahm mit Schreiben vom 29. Jänner 2010 dazu inhaltlich nicht Stellung, brachte der Datenschutzkommission allerdings eine nachträgliche Auskunft per Fax an den Beschwerdeführer vom selben Tag zur Kenntnis.

3. Im dazu gewährten Parteiengehör verwies der Beschwerdeführer darauf, dass die Verletzung des kostenfreien Auskunftsrechts nicht nachträglich beseitigt werden könne und dass auch die erneute Auskunft vom 29. Jänner 2010 per Fax nicht kostenfrei erfolgt sei, da Faxzusendungen dem Empfänger Kosten und Spesen verursachen. Das Beschwerdebegehren werde daher aufrecht erhalten.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer auf sein Auskunftsbegehren vom 25. September 2009 eine in Bezug auf die Kosten der Auskunftserteilung rechtmäßige Auskunft erteilt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer stellte am 25. September 2009 ein Auskunftsbegehren „gem. DSG 2000 (§§ 1, 26 ua.)“ an den Beschwerdegegner.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem der Beschwerde beiliegenden Auskunftsbegehren selbst.

Der Beschwerdegegner beantwortete das Auskunftsbegehren, indem er auf dem Originalschreiben das Datum der Auskunft („16. Nov. 2009“) sowie „keine Daten vorhanden K***“ aufstempelte und auf dem Originalkuvert den Stempel „Porto zahlt Empfänger“ anbrachte. Als Absender war „K*** H*** 00, 10** Wien“ angegeben. Der Beschwerdeführer hatte ein Nachentgelt von 1,05 Euro für die Postzustellung zu bezahlen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Schreiben selbst, welches Beilage der Beschwerde war. Der Beschwerdegegner hat dies auch nicht bestritten.

Mit Schreiben vom 29. Jänner „2020“ (richtig: 2010, später ausgebessert) übermittelte der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer ein Fax an dessen zwar auf der Beschwerde, nicht aber auf dem Auskunftsbegehren angegebene Faxnummer. Dieses enthielt neben Name, Adresse, Tel.Nr. und Fax Nr. des Beschwerdeführers und dem Datumsstempel wiederum den Stempel „keine Daten vorhanden K***“ sowie eine Paraphe.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vom Beschwerdegegner übermittelten Schreiben selbst.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet:

„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.

…“

§ 4 Z 3 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“ wie folgt:

„§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

3. „Betroffener'': jede vom Auftraggeber (Z 4) verschiedene natürliche oder juristische Person oder Personengemeinschaft, deren Daten verwendet (Z 8) werden; …“

§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Er lautet in der hier wesentlichen Fassung BGBl I Nr. 2/2008 wie folgt:

„Auskunftsrecht

§ 26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen.

Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit

1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder

2. der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder

3. der Sicherung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder

4. des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder

5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4.

(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.

(5) In jenen Bereichen der Vollziehung, die mit der Wahrnehmung der in Abs. 2 Z 1 bis 5 bezeichneten Aufgaben betraut sind, ist, soweit dies zum Schutz jener öffentlichen Interessen notwendig ist, die eine Auskunftsverweigerung erfordert, folgendermaßen vorzugehen: Es ist in allen Fällen, in welchen keine Auskunft erteilt wird - also auch weil tatsächlich keine Daten verwendet werden -, anstelle einer inhaltlichen Begründung der Hinweis zu geben, daß keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten über den Betroffenen verwendet werden. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission nach § 31 Abs. 4.

(6) Die Auskunft ist unentgeltlich zu erteilen, wenn sie den aktuellen Datenbestand einer Datenanwendung betrifft und wenn der Betroffene im laufenden Jahr noch kein Auskunftsersuchen an den Auftraggeber zum selben Aufgabengebiet gestellt hat. In allen anderen Fällen kann ein pauschalierter Kostenersatz von 18,89 Euro verlangt werden, von dem wegen tatsächlich erwachsender höherer Kosten abgewichen werden darf. Ein etwa geleisteter Kostenersatz ist ungeachtet allfälliger Schadenersatzansprüche zurückzuerstatten, wenn Daten rechtswidrig verwendet wurden oder wenn die Auskunft sonst zu einer Richtigstellung geführt hat.

(7) Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen darf der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten und im Falle der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens nicht vernichten. …“

2. Rechtliche Schlussfolgerungen:

Der Beschwerdeführer macht ausschließlich geltend, dass ihm die Auskunft vom 16. November 2009 nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt worden sei. Damit liegt er im Recht, wie schon dem Bescheid der Datenschutzkommission vom 18. September 2009, GZ K121.514/0008-DSK/2009, zu entnehmen ist:

Gemäß § 26 Abs. 6 DSG 2000 ist die Auskunft unentgeltlich zu erteilen, wenn sie den aktuellen Datenbestand einer Datenanwendung betrifft und wenn der Betroffene im laufenden Jahr noch kein Auskunftsersuchen an den Auftraggeber zum selben Aufgabengebiet gestellt hat. Fraglich ist nun, ob die unentgeltliche Auskunfts erteilung auch bedeutet, dass der Betroffene die Auskunft unentgeltlich erhält (sprich: ob die Auskunftserteilung eine Bringschuld des Auftraggebers darstellt).

Aus der Regierungsvorlage zum DSG 2000, GP XX RV 1613 AB 2028, ergibt sich zum § 26 Abs. 6 Folgendes:

„…die Auskunft dann unentgeltlich zu erteilen ist, wenn die Auffindung der zu beauskunftenden Daten für den Auftraggeber keine besondere Belastung darstellt („wenn sie den aktuellen Datenbestand einer Datenanwendung betrifft“). In allen anderen Fällen ist die Auskunft kostenpflichtig, wobei ein niedriger Grundtarif im Gesetz festgelegt ist, von dem bei tatsächlich erwachsenden höheren Kosten abgewichen werden darf. Auch Portokosten sind zu den tatsächlich erwachsenden Kosten zu zählen.“

Wenn Portokosten nach Auffassung des Gesetzgebers zu den tatsächlich erwachsenden Kosten bei einer kostenpflichtigen Auskunft zu zählen sind (vgl. dazu auch Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, Datenschutzrecht (2. Aufl.), Anm. 30 zu § 26), kann im Umkehrschluss daraus gefolgt werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen einer kostenlosen Auskunft auch die Portokosten vom Auftraggeber zu übernehmen sind, sodass sich die Auskunftserteilung als seine Bringschuld darstellt.

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Voraussetzungen für eine kostenfreie Auskunft (erstmaliges Auskunftsbegehren im laufenden Jahr, aktueller Datenbestand) gegeben sind, sodass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Auskunft verletzt hat, dass er dem Beschwerdeführer die Auskunft vom 16. November 2009 nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt hat. Daran ändert auch nichts, dass er mit seinem Fax an den Beschwerdeführer vom 29. Jänner 2010 offenbar versucht hat, eine kostenfreie Auskunft nachzuholen.

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