K121.557/0003-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. STAUDIGL, Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. HEILEGGER und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie der Schriftführerin Mag. KIMM in ihrer Sitzung vom 24. Februar 2010 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Konstantin M*** (Beschwerdeführer) aus T***berg, vertreten durch die G***-R***-W*** Rechtsanwaltspartnerschaft in ****, vom 28. August 2009 gegen die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge erkennungsdienstlicher Behandlung am 18. Juni 2009, wird entschieden:
- Der Beschwerde wird Folge gegeben und festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer durch die Verarbeitung (Ermittlung und Speicherung) seiner Lichtbilder und Fingerabdrücke vom 18. Juni 2009 bis dato in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt hat.
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 1 und 2 sowie 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm §§ 16 Abs. 2, 65 Abs. 1 und 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 28. August 2009 datierenden und am 1. September 2009 bei der Datenschutzkommission eingegangenen Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass Beamte der Polizeiinspektion (kurz: PI) D*** im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Erwerbs, Besitzes und Konsums von illegalen Suchtmitteln (Cannabis) vom Beschwerdeführer am 18. Juni 2009 die Duldung einer erkennungsdienstlichen Behandlung verlangt und diese auch durch Kooperation des Beschwerdeführers durchgeführt hätten (Fingerabdrücke und Lichtbilder). Der Beschwerdeführer sei von einem anderen Verdächtigen, Gabriel J***, des Erwerbs kleinerer Cannabismengen (50 Gramm im Wert von insgesamt 500 Euro von Februar bis Juni 2008 in Kleinmengen) belastet worden und habe auch gestanden, „gelegentlich Cannabis konsumiert zu haben.“ Diese Verdachtslage habe die Beschwerdegegnerin jedoch gemäß § 65 SPG nicht berechtigt, erkennungsdienstliche Daten für sicherheitspolizeiliche (Präventiv ) Zwecke zu verarbeiten.
Die Beschwerdegegnerin legte Kopien und Ausdrucke aus den Akten des Ermittlungsverfahrens und sicherheitspolizeilichen Datenanwendungen vor und brachte (durch eine Stellungnahme der PI D*** vom 18. September 2009, GZ: 65**/*76*2009-**) vor, der Beschwerdeführer sei auch unter dem Verdacht gestanden, „meist beim Fortgehen gemeinsam mit anderen Personen“ Cannabis bzw. Marihuana geraucht zu haben, demnach Suchtgift weitergegeben zu haben. Die Zeit- und Mengenangaben des J*** würden diesen Verdacht bestätigen, da der Erwerb von 50 Gramm über einen Zeitraum von fünf Monaten für einen „gelegentlichen“ Eigenkonsum zu hoch liege. Auf Grundlage dieser Verdachtslage sei gemäß SPG und einschlägiger polizeiinterner Vorschriften von der Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschwerdeführers zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe auszugehen gewesen.
Der Beschwerdeführer replizierte darauf mit Äußerung vom 9. Dezember 2009, es sei kein über den Besitz von Cannabis in kleiner Menge hinausreichender Anfangsverdacht, insbesondere auch kein Verdacht der entgeltlichen Weitergabe von Cannabis, vorgelegen, woraus sich nach der Spruchpraxis der Datenschutzkommission (Hinweis auf den Bescheid vom 27. November 2009, GZ: K121.536/0012-DSK/2009) ergebe, dass die Prognoseentscheidung im Hinblick auf den Mangel an Präventionsbedarf unzulässig war.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war, seit 18. Juni 2009 erkennungsdienstliche Daten des Beschwerdeführers (Lichtbilder, Fingerabdrücke) zu verarbeiten.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer wurde am 18. Juni 2009 von Beamten der PI D*** telefonisch zur Grenzpolizeiinspektion H***stadt bestellt, wobei ihm erklärt wurde, er stehe unter dem Verdacht, illegale Suchtmittel angekauft und konsumiert zu haben. Grundlage dieses Verdachts war die Aussage des Beschuldigten Gabriel J*** am 19. Mai 2009 vor Beamten der PI A***furt, der den Beschwerdeführer (in der Niederschrift bezeichnet als „Konstantin M****s aus G***wiesen bei T***berg“) als Abnehmer einer Menge von ca. 50 Gramm Marihuana im Zeitraum von Februar 2008 bis Juni 2008 (bei einem Grammpreis von 10 Euro) belastet hatte. Der Beschwerdeführer leistete der Aufforderung freiwillig Folge und wurde von 8:41 bis 9:30 Uhr als Beschuldigter niederschriftlich zur Sache einvernommen. Er gab an, seit ca. zwei Jahren Cannabis im Ausmaß von etwa zweimal pro Monat durch Rauchen von Marihuana konsumiert zu haben, meist „beim Fortgehen gemeinsam mit Anderen“, teils aber auch allein. Er habe stets nur geringe Mengen Cannabis, meist zum Grammpreis von 10 Euro, von verschiedenen ihm unbekannten Personen erworben. Gabriel J*** sei ihm bekannt, von diesem habe er aber nie Marihuana gekauft, jedenfalls nicht direkt von ihm.
Im Anschluss an die Beschuldigtenvernehmung wurde der Beschwerdeführer gegen 9:49 Uhr auf der PI H***stadt für Zwecke der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden erkennungsdienstlich behandelt. Verarbeitet wurden Fingerabdrücke aller zehn Finger sowie drei Lichtbilder (en face, Profil, Halbprofil). Die erkennungsdienstliche Behandlung erfolgte ohne Androhung oder Anwendung von Befehls- oder Zwangsgewalt.
Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung unbescholten und nicht im kriminalpolizeilichen Aktenindex vorgemerkt.
Im Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft Linz vom 18. Juni 2009 gemäß § 100 Abs. 2 Z 4 StPO wurde der Beschwerdeführer als verdächtig im Sinne von § 27 Abs. 2 SMG bezeichnet, Marihuana in der Gesamtmenge von 50 Gramm von Februar bis Juni 2008 in mehreren Teilkäufen zum Grammpreis von 10 Euro erworben und seit zwei Jahren gelegentlich Cannabisprodukte konsumiert zu haben. Der Verdacht einer Weitergabe von Suchtgift wurde ihm darin nicht zur Last gelegt.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin in der Stellungnahme vom 28. September 2009, GZ: *8/345**, insbesondere dem Inhalt folgender als Beilagen angeschlossener Aktenkopien: der Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers vom 18. Juni 2009, PI D***, GZ: B6/3*2*7/2009-**, dem Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft Linz vom selben Tage, selbe GZ, der Niederschrift über die 2. Beschuldigtenvernehmung des Gabriel J*** vom 19. Mai 2009, PI A***furt, GZ: B5/1*2*/2009, dem Ausdruck der erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers aus der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden (EKIS), EDV-Zl. 5*,*82.**3, AFIS-Zl. 9**244*, sowie weiteren EKIS-Ausdrucken (Personeninformation, KPA), jeweils erstellt am 18. September 2009. Die aktenkundigen Tatsachen decken sich im Wesentlichen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, lediglich in der Frage des Orts der erkennungsdienstlichen Behandlung wurde dem aktenmäßig (auch nach der aus den Ausdrucken hervorgehenden zeitlichen Abfolge) belegten Vorbringen der Beschwerdegegnerin gefolgt. Nicht gefolgt wird dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin (in der Stellungnahme der PI D*** vom 18. September 2009), der Präventionsbedarf ergebe sich aus der Notwendigkeit, den Beschwerdeführer von wiederholter Weitergabe von Suchtgift abzuhalten. Aus den Akten des Ermittlungsverfahrens geht nicht hervor, dass gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Weitergabe ermittelt worden ist. Insbesondere sei dazu auf den oben angeführten Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft verwiesen. Aus der vom Beschwerdeführer gebrauchten Formulierung „gemeinsam mit anderen“ geraucht zu haben, kann jedenfalls nicht nachträglich der zwingende Schluss gezogen werden, dieser habe Suchtgift weitergegeben, insbesondere da dieser Schluss auch von den ermittelnden Beamten im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung aktenkundig offenbar nicht gezogen worden ist.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:
„ § 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 16 Abs. 2 SPG lautet unter der Überschrift „Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung“:
„ § 16 . (1) [...]
(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand
Nr. 112/1997,
handelt, es sei denn um den Erwerb oder Besitz eines Suchtmittels zum eigenen Gebrauch.“
§ 65 SPG idF BGBl. I Nr. 114/2007 lautet unter der Überschrift „Erkennungsdienstliche Behandlung“:
„ § 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.“
§ 90 SPG lautete unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:
„ § 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“
§ 27 Abs. 1 und 2 SMG lautet unter der Überschrift „Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften“
„§ 27. (1) Wer vorschriftswidrig
(2) Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
a) zur Zuständigkeitsfrage in Abgrenzung zum UVS (§ 90 SPG)
Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018) wurde ermittelt, ob gegen den Beschwerdeführer anlässlich der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt oder ihm die Ausübung solcher zumindest angedroht worden ist. Diesbezüglich liegt kein Vorbringen und kein in diese Richtung deutendes Ermittlungsergebnis vor. Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission, über die vorliegende Beschwerde zu entscheiden, ist daher gemäß § 90 SPG gegeben.
b) in der Sache selbst wegen Geheimhaltung
Im Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018, fasst der Verwaltungsgerichtshof seine Auslegung von § 65 Abs. 1 SPG folgendermaßen zusammen:
„Für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG in der Fassung der SPG-Novelle 2002 ist es erforderlich, dass eine konkrete fallbezogene Prognose getroffen wird. Dabei hat sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl 2002/01/0320). Im Rahmen dieser so anzustellenden Überlegungen wird es - wie der neue Wortlaut des § 65 Abs. 1 SPG ausdrücklich klarstellt - immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig ist, ankommen. Dass (auch) die aktuelle Textierung des § 65 SPG eine rein abstrakte Betrachtungsweise verbietet, steht insoweit mit den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur SPG-Novelle 2002 (1138 BlgNR 21. GP 33) im Einklang, als dort neben der Art des begangenen Delikts die konkreten Umstände bei der Tatbegehung als Maßstab für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe als Parameter genannt werden.“
Wie aus der Betonung des Begriffs der „Prognose“ und des Zeitpunktes in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu folgern ist (vgl. etwa VwSlg 14879 A/1998, wo auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbildes einer gerichtlich strafbaren Handlung abgestellt ist, für den die Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zu beurteilen ist), muss vom Stand des Sachverhalts und vom zur Verfügung stehenden Wissen über den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgegangen werden, um die Voraussetzungen für diese faktische Amtshandlung zu beurteilen. Weiters kommt es auf die sich in der rechtswidrigen Verwirklichung eines entsprechenden Tatbildes manifestierende Gefährlichkeit der betreffenden Person an, während weitere Voraussetzungen der gerichtlichen Strafbarkeit außer Betracht zu bleiben haben (VwSlg 14879 A/1998).
Bei richtiger Würdigung der im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer hätte die Beschwerdegegnerin als Sicherheitsbehörde bzw. hätten die in Vollziehung des SPG als ihre Organe handelnden Beamten der Bundespolizei nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beschwerdeführer eines gefährlichen Angriffs im sicherheitspolizeilichen Sinne verdächtig war.
Da der Beschwerdeführer durch Gabriel J*** mit dem Besitz (Erhalt) von ca. 50 Gramm Marihuana über einen Zeitraum von fünf Monaten belastet wurde, während der Beschwerdeführer überhaupt bestritt, von diesem Verdächtigen Suchtgift erworben zu haben, lag gegen den Beschwerdeführer kein über den Besitz von Suchtgift in kleiner Menge hinausreichender Anfangsverdacht vor. Dieser Verdacht konnte durch das Geständnis des Beschwerdeführers am 18. Juni 2009 auch soweit erhärtet werden, als dieser den Erwerb, Besitz und Eigenkonsum kleinerer Mengen an Cannabisprodukten zugab. Damit stand der Beschwerdeführer bei richtiger Würdigung des Sachverhalts lediglich im Verdacht der privilegierten Tatbegehungsform nach § 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 SMG. Auch der Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft, erstellt am selben Tage wie die erkennungsdienstliche Behandlung, belastet den Beschwerdeführer lediglich mit Erwerb (Kauf) und Konsum von Marihuana in der Gesamtquantität von 50 Gramm und damit ausdrücklich nur des Vergehens nach § 27 Abs. 2 SMG (Begehung „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch“).
Damit kam dem Beschwerdeführer die Ausnahmebestimmung des § 16 Abs. 2 letzter Halbsatz SPG zugute. Der Beschwerdeführer war damit bei richtiger Würdigung der Ermittlungsergebnisse zwar einer strafbaren, vorsätzlichen Handlung, aber keines gefährlichen Angriffs nach § 16 Abs. 2 Z 4 SPG verdächtig.
Auf dieser Grundlage war eine konkrete, fallbezogene Prognoseentscheidung, der Beschwerdeführer müsse durch die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten von weiteren gefährlichen Angriffen abgehalten werden, nicht zu treffen. Der Wortlaut von § 65 Abs. 1 SPG lässt als Anlassfall zwar den Verdacht, „eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben“, genügen, aus dem logisch-systematischen Zusammenhang (arg „weiteren“) ist jedoch zu folgern, dass damit nicht jede gerichtlich strafbare Handlung (und schon gar nicht eine Verwaltungsübertretung, die dem Wortlaut nach ebenfalls eine „mit Strafe bedrohte Handlung“ wäre) gemeint sein kann, sondern nur die in § 16 Abs. 2 SPG als „gefährliche Angriffe“ qualifizierten gerichtlich strafbaren Vorsatztaten. Daraus folgt, dass aus dem Verdacht des Besitzes eines Suchtgiftes für den Eigengebrauch kein Präventionsbedarf hinsichtlich weiterer gefährlicher Angriffe abgeleitet werden kann, da dieses Delikt kraft gesetzlicher Definition schon rein begrifflich kein gefährlicher Angriff sein kann, dem weitere folgen könnten (Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. November 2008, GZ: K121.397/0015-DSK/2008, RIS).
Die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten war somit unzulässig, und der Beschwerdeführer wurde durch sie spruchgemäß in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt.