JudikaturDSB

K121.556/0003-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
24. Februar 2010

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HEILEGGER, Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Dr. STAUDGIL sowie der Schriftführerin Mag. KIMM in ihrer Sitzung vom 24. Februar 2010 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Janko F*** aus U*** (Beschwerdeführer), vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft O*** K*** in V***, vom 25. August 2009 gegen die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten am 9. Dezember 2008 wird entschieden:

- Die Beschwerde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 4 sowie 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm §§ 16 Abs. 2, 65 Abs. 1 und 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner mit 25. August 2009 datierten und am 28. August 2009 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass Beamte der Polizeiinspektion (PI) U*** ihn am 9. Dezember 2008 anlässlich einer Beschuldigtenvernehmung einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen hätten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer im gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren von verschiedenen Personen belastet worden, im Zeitraum September 2007 bis Oktober 2008 gelegentlich Marihuana konsumiert zu haben. Weiters sei der Sicherheitsbehörde bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer schon bei früheren Gelegenheiten wegen Verdachtsfällen nach § 27 SMG angezeigt, bisher aber nie verurteilt wurde. Der Beschwerdeführer sei daher „unter Druck“ gesetzt worden, gegen seinen Willen einer erkennungsdienstlichen Behandlung zuzustimmen. Die Verdachtsmomente, die bei dieser Sachlage gegen den Beschwerdeführer vorgelegen seien, würden die durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung jedoch nicht rechtfertigen.

Die Beschwerdegegnerin führte in ihrer Stellungnahme vom 24. September 2009 aus, es sei richtig, dass gegen den Beschwerdeführer im Verlauf der Jahre 2008 und 2009 zu Zl. B5/**12**/2008 ein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Straftaten wider das Suchtmittelgesetz durchgeführt worden sei. Dieses sei mit Abschlussbericht vom 10. April 2009 an die Staatsanwaltschaft Graz abgeschlossen worden. Dem Beschwerdeführer sei der Erwerb und Konsum (gemeinsam mit anderen, wechselseitige Weitergabe) von Marihuana sowie der Erwerb und Konsum von Amphetaminen („Speed“) zur Last gelegt worden. Die Staatsanwaltschaft sei laut Mitteilung vom 2. Juli 2007, AZ: *5 BAZ *3*/09u, gemäß § 35 SMG von der Verfolgung zurückgetreten. Am 9. Dezember 2008 sei der Beschwerdeführer, nach vorherigem Ignorieren einer telefonischen und einer einfachen schriftlichen Ladung, einem Ladungsbescheid zur Beschuldigtenvernehmung auf der PI U*** nachgekommen. Nach Beendigung seiner Befragung sei er zur Duldung einer erkennungsdienstlichen Behandlung aufgefordert worden und habe diese vorerst abgelehnt, sich nach Rechtsbelehrung aber schließlich doch freiwillig der erkennungsdienstlichen Behandlung (drei Lichtbilder, Abdrücke der zehn Finger und der Handflächen) unterzogen. Die ermittelnden Beamten hätten sich ein Bild von der Person und dem Charakter des Beschwerdeführers machen können, da sie ihn vor der erkennungsdienstlichen Behandlung zu den Beschuldigungen einvernommen hätte und das Wissen über frühere Verdachtslagen bei der PI U*** aktenkundig war. Der Beschwerdeführer sei u.a. der Weitergabe von Marihuana, somit eines gefährlichen Angriffs, verdächtig gewesen, was aus den vorangegangenen Einvernahmen des Gerhard G***, Walter Ö***, Karl L*** und Giulio E*** hervorgehe. Für die getroffene Prognoseentscheidung hätte auch das aktenkundig bisherige Verhalten des Beschwerdeführers nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Der Beschwerdeführer sei zwischen 2002 und 2008 insgesamt sieben Mal wegen des Verdachts von Vergehen gegen das SMG zur Anzeige gebracht worden, wobei es aber zu keiner Verurteilung kam. Dennoch sei der Schluss zulässig gewesen, der Beschwerdeführer habe als Verdächtiger gewohnheitsmäßig und unter ständiger Missachtung der Gesetze gegen den Suchtmittelgebrauch gehandelt und sei deswegen als „gefährlich“ einzustufen gewesen. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Abweisung der Beschwerde und legte unter einem Kopien aus verschiedenen Akten und Datenausdrucke zum Beweis ihres Vorbringens vor.

Der Beschwerdeführer replizierte auf dieses Vorbringen in seiner Äußerung vom 5. Oktober 2009. Für die Beurteilung der Frage der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers iSd SPG sei entscheidend, dass er zwar gelegentlich „Rauschmittel“ konsumiert, aber nie eine „Dealertätigkeit“ entwickelt, lediglich andere Personen „mitrauchen“ habe lassen oder für andere Personen geringe Mengen Cannabis „besorgt“ habe. Dies reiche, da der Beschwerdeführer keinesfalls im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig geworden sei, nicht aus, um daraus Präventionsbedarf im Hinblick auf die Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe abzuleiten. Dem Gesetzgeber der SPG-Novelle BGBl. I Nr. 114/2007 hätte keinesfalls die Intention gehabt, Erforderlichkeitsüberlegungen völlig aus § 65 SPG zu eliminieren. Weiterhin sei bei anderen Straftaten als solchen im Rahmen einer kriminellen Verbindung – welch letztere der Gesetzgeber als „an sich gefährlich“ einstufe – eine einzelfallbezogene Erforderlichkeitsprüfung angeordnet. Diese hätte jedoch ergeben müssen, dass das Mittel der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht erforderlich gewesen sei, da auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers keine weiteren gefährlichen Angriffe zu befürchten gewesen seien.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war, seit 9. Dezember 2008 erkennungsdienstliche Daten des Beschwerdeführers (Lichtbilder, Fingerabdrücke, Handflächenabdrücke) zu verarbeiten.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer wurde durch den Ladungsbescheid der Beschwerdegegnerin vom 28. November 2008, GZ: 3***/2008, für den 9. Dezember 2008 auf die PI U*** geladen und am bezeichneten Tag von Beamten der PI U*** von 10:00 bis 10:20 als Beschuldigter kriminalpolizeilich einvernommen. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass gegen ihn wegen Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz ermittelt werde. Ihm wurde weiters vorgehalten, bereits dreimal von der PI U*** nach dem Suchtmittelgesetz gerichtlich angezeigt worden zu sein. Zur Sache gab der Beschwerdeführer an, seit August 2007 (Zeitpunkt seiner letzten polizeilichen Einvernahme) keine illegalen Suchtmittel (darunter verstehe er Amphetamine, Kokain, Heroin und Marihuana) mehr konsumiert zu haben. Der Beschwerdeführer stimmte einer freiwilligen Nachschau in seiner Wohnung zu, lehnte einen Urintest auf Drogen ab und lehnte zunächst auch die Mitwirkung an einer erkennungsdienstlichen Behandlung ab, um dieser dann doch ausdrücklich freiwillig zuzustimmen. Der Beschwerdeführer wurde gegen 10:37 Uhr auf der PI U*** für Zwecke der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden erkennungsdienstlich behandelt. Verarbeitet wurden Fingerabdrücke aller zehn Finger, der Handflächen sowie drei Lichtbilder (en face, Profil, Halbprofil). Die erkennungsdienstliche Behandlung erfolgte ohne Androhung oder Anwendung von Befehls- oder Zwangsgewalt.

Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung unbescholten, jedoch im kriminalpolizeilichen Aktenindex insgesamt zehnmal vorgemerkt, davon achtmal einschlägig wegen Verdachts von Vergehen gegen das SMG (oder gleichwertige ausländische Strafnormen) im In- und Ausland, und bereits zuvor dreimal (2. Mai 2002, 19. Juli 2007 und 10. Jänner 2005) aus Anlass von Verdachtsfällen nach § 27 SMG erkennungsdienstlich behandelt worden.

Belastet wurde der Beschwerdeführer durch die Aussagen von Gerhard G*** (Beschuldigtenvernehmung vom 12. November 2008), Walter Ö*** (Beschuldigtenvernehmung vom 12. November 2008), Karl Franz L*** (Beschuldigtenvernehmung vom 24. Oktober 2008) und Giulio E*** (Beschuldigtenvernehmung vom 13. Oktober 2008), jeweils GZ: B5/**12**/2008-**, die alle Angaben des Inhalts gemacht hatten, der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit ihnen Marihuana bzw. Cannabis konsumiert.

Im Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft vom 10. April 2009 wurde dem Beschwerdeführer Konsum und Weitergabe von Marihuana (gemeinsames Rauchen; Tatzeit August 2007 bis Oktober 2008; nicht näher bekannte Menge; ein bekannter, mehrere unbekannte Beteiligte) sowie Erwerb und Konsum von Amphetaminen („Speed“) im September 2008 zur Last gelegt.

Die Staatsanwaltschaft Graz trat am 2. Juli 2009 zu GZ: *5 BAZ *3*/09u-1, gemäß § 35 SMG von der Verfolgung des Beschwerdeführers vorläufig zurück.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin in der Stellungnahme 24. September 2009, GZ: 3***/2008, insbesondere dem Inhalt folgender als Beilagen angeschlossener Aktenkopien aus dem Ermittlungsverfahren GZ: B5/**12**/2008: der Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers vom 9. Dezember 2009, PI U***, dem Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft Graz vom 10. April 2009, den Niederschriften über die Aussagen des Gerhard G***

(Beschuldigtenvernehmung vom 12. November 2008), Walter Ö***

(Beschuldigtenvernehmung vom 12. November 2008), Karl Franz L*** (Beschuldigtenvernehmung vom 24. Oktober 2008) und Giulio E*** (Beschuldigtenvernehmung vom 13. Oktober 2008), alle GZ B5/**12**/2008. Weiters dem Ausdruck der erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers aus der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden (EKIS), EDV-Zl. 32,***.**5, AFIS-Zl. 6*1*73, sowie weiteren EKIS-Ausdrucken (Personeninformation, KPA), jeweils erstellt am 16. September 2009, sowie der Kopie der zuletzt zitierten Mitteilung der Staatsanwaltschaft Graz.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei

Verwendung nicht-sensibler Daten

§ 8 . (1) [...]

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

§ 16 Abs. 2 SPG lautet unter der Überschrift „Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung“:

§ 16 . (1) [...]

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand

Nr. 112/1997,

handelt, es sei denn um den Erwerb oder Besitz eines Suchtmittels zum eigenen Gebrauch.“

§ 65 SPG idF BGBl. I Nr. 114/2007 lautet unter der Überschrift „Erkennungsdienstliche Behandlung“:

§ 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.“

§ 90 SPG lautete unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:

§ 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“

§ 27 Abs. 1 und 2 SMG lautet unter der Überschrift „Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften“

§ 27 . (1) Wer vorschriftswidrig

(2) Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) zur Zuständigkeitsfrage in Abgrenzung zum UVS (§ 90 SPG)

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018) wurde ermittelt, ob gegen den Beschwerdeführer anlässlich der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt oder ihm die Ausübung solcher zumindest angedroht worden ist. Diesbezüglich liegt kein Vorbringen und kein in diese Richtung deutendes Ermittlungsergebnis vor. Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission, über die vorliegende Beschwerde zu entscheiden, ist daher gemäß § 90 SPG gegeben.

b) in der Sache selbst wegen Geheimhaltung

Im Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018, fasst der Verwaltungsgerichtshof seine Auslegung von § 65 Abs. 1 SPG folgendermaßen zusammen:

„Für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG in der Fassung der SPG-Novelle 2002 ist es erforderlich, dass eine konkrete fallbezogene Prognose getroffen wird. Dabei hat sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl 2002/01/0320). Im Rahmen dieser so anzustellenden Überlegungen wird es - wie der neue Wortlaut des § 65 Abs. 1 SPG ausdrücklich klarstellt - immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig ist, ankommen. Dass (auch) die aktuelle Textierung des § 65 SPG eine rein abstrakte Betrachtungsweise verbietet, steht insoweit mit den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur SPG-Novelle 2002 (1138 BlgNR 21. GP 33) im Einklang, als dort neben der Art des begangenen Delikts die konkreten Umstände bei der Tatbegehung als Maßstab für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe als Parameter genannt werden.“

Wie aus der Betonung des Begriffs der „Prognose“ und des Zeitpunktes in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu folgern ist (vgl. etwa VwSlg 14879 A/1998, wo auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbildes einer gerichtlich strafbaren Handlung abgestellt ist, für den die Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zu beurteilen ist), muss vom Stand des Sachverhalts und vom zur Verfügung stehenden Wissen über den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgegangen werden, um die Voraussetzungen für diese faktische Amtshandlung zu beurteilen. Weiters kommt es auf die sich in der rechtswidrigen Verwirklichung eines entsprechenden Tatbildes manifestierende Gefährlichkeit der betreffenden Person an, während weitere Voraussetzungen der gerichtlichen Strafbarkeit außer Betracht zu bleiben haben (VwSlg 14879 A/1998).

Im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung bestand gegen den Beschwerdeführer der dringende Verdacht der mehrfachen, über einen längeren Zeitraum (von August 2007 bis Oktober 2008) erfolgten Begehung des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z 1 SMG (Erwerb, Besitz und Überlassung von Suchtgift). Die Dringlichkeit des Verdachts ergab sich dabei aus den den Beschwerdeführer belastenden Aussagen anderer Beteiligter laut Sachverhaltsfeststellungen. Gegen den Beschwerdeführer war weiters seit 2002 wiederholt wegen des Verdachts von Suchtmitteldelikten ermittelt worden, und er war seither im KPA und in der zentralen erkennungsdienstlichen Evidenz im EKIS entsprechend vorgemerkt.

Aus den Tatsachen a) des Verdachts der Begehung einer strafbaren Handlung und b) des Umstandes, dass der Beschwerdeführer wiederholt belastet worden war, immer wieder Cannabisprodukte konsumiert und dieses Suchtmittel auch weitergegeben zu haben, war zu befürchten, dass der Beschwerdeführer als Verdächtiger gewohnheitsmäßig und unter wiederholter Missachtung der Gesetze gegen den Suchtmittelgebrauch gehandelt habe. Dies rechtfertigt die Prognose, der Beschwerdeführer sei als „gefährlich“ in dem Sinne anzusehen, dass er wiederum gefährliche Angriffe im Sinne des § 16 Abs. 2 SPG begehen würde, wenn nicht durch sicherheitspolizeiliche Präventivmaßnahmen wie die Verarbeitung seiner erkennungsdienstlichen Daten die Risikoschwelle für die Betretung bei einer strafbaren Handlung gegen das SMG spürbar hinaufgesetzt würde. Die Sicherheitsbehörde bzw. die für sie handelnden Polizeibeamten haben daher zu Recht angenommen, dass die erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 65 Abs. 1 SPG zur Wiedererkennung des Beschwerdeführers und damit zu seiner Identifizierung im Fall eines neuerlichen gefährlichen Angriffs – aber auch zum Ausschluss eines Verdachts gegen den Beschwerdeführer bei ungeklärten einschlägigen Straftaten – sowie zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Beschwerdeführers erforderlich sei.

Im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers, der nicht in Abrede stellt, andere Beteiligte „mitrauchen“ haben zu lassen, kann nicht davon die Rede sein, es hätte einer nachweislichen Tätigkeit als „Dealer“ – also erwerbsmäßigen, kriminellen Handelns – bedurft, um den Beschwerdeführer als potenziellen Urheber gefährlicher Angriffe auf die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen. Die Privilegierung gemäß § 16 Abs. 2 letzter Halbsatz SPG kommt dem Beschwerdeführer hier jedenfalls nicht zu gute.

Daraus folgt, dass die auf § 65 Abs. 1 und 6 SPG gestützte Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten des Beschwerdeführers, nämlich die Abnahme der Finger- und Handflächenabdrücke und die Anfertigung von Lichtbildern sowie die Speicherung dieser Daten, gesetzmäßig, und somit durch § 8 Abs. 4 Z 1 DSG 2000 gerechtfertigt war. Eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten konnte daher nicht festgestellt werden.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass damit keinerlei Aussage über die strafrechtliche Schuld oder die Zulässigkeit der dauerhaften Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten des Beschwerdeführers (dazu besteht das besondere Löschungsverfahren nach § 74 SPG) getroffen wurde. Lediglich die Rechtmäßigkeit der vorläufigen, während des laufenden Ermittlungsverfahrens vor Ort zu treffenden Prognoseentscheidung der ermittelnden Beamten der Kriminal- bzw. Sicherheitspolizei wurde ex post einer Bewertung auf deren Rechtmäßigkeit unterzogen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

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