JudikaturDSB

K211.897/0004-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

[Mit dieser Erledigung wurde auch das Verfahren K211.991 abgeschlossen.]

E M P F E H L U N G E N

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 24. Juli 2009 folgenden Beschluss gefasst:

Auf Grund der Eingabe der A*** GmbH in L*** (Einschreiterin) vom 13. Jänner 2008 wegen behaupteter Verletzung des DSG 2000 durch bestimmte Fachorganisationen der Wirtschaftskammern im Zusammenhang mit der Ermittlung von personenbezogenen Daten durch einen als „Pfuschererhebungsorgan“ eingesetzten Berufsdetektiv und ausgehend von dem Ziel, dass die auf die §§ 43 und 47 WKG gestützte „Pfuscherbekämpfung“ so zu gestalten ist, dass sie der grundsätzlich privatrechtlichen Rechtsnatur dieser Aufgabe Rechnung trägt

ergehen gemäß § 30 Abs. 6 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, die folgenden Empfehlungen an die Allgemeine Fachgruppe des Gewerbes der Sparte Gewerbe und Handwerk (idF auch als „Fachgruppe“ bezeichnet) der WK Wien sowie an den Allgemeinen Fachverband des Gewerbes der Bundessparte Gewerbe und Handwerk (idF auch als „Fachverband“ bezeichnet) der WKÖ:

1. Ein Berufsdetektiv, der von der Fachgruppe oder vom Fachverband zur „Pfuscherbekämpfung“ auf Grundlage der §§ 43 oder 47 WKG eingesetzt wird, möge darauf hingewiesen werden, dass er seine Ermittlungen ausschließlich im Rahmen jener Befugnisse durchführen darf, die der beauftragenden Fachorganisation für die „Pfuscherbekämpfung“ zustehen: Diese stellen keine behördlichen Aufgaben dar und umfassen daher auch keine behördlichen Mittel zur Aufgabenbesorgung.

2. Bei einer auf § 129 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 gestützten Datenermittlung für Zwecke von „Pfuscherbekämpfung“ im Auftrag der Fachgruppe oder des Fachverbandes ist daher vom beauftragten Berufsdetektiv jeder Eindruck zu vermeiden, dass Zwangsbefugnisse zur Erhebung von Daten bestünden. Die Befragten sind vielmehr darauf hinzuweisen, dass der Beauftragte als Berufsdetektiv tätig wird und die Mitwirkung eines Befragten grundsätzlich freiwillig ist.

3. Den mit der „Pfuscherbekämpfung“ beauftragten Berufsdetektiven ist der bisher offenbar zur Verfügung gestellte Online-Zugriff auf die Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sofort zu entziehen.

4. Die beauftragende Fachorganisation hat weiters dafür Sorge zu tragen, dass die im Wege des Online-Zugriffs auf die Versichertendatei des Hauptverbandes bisher von Berufsdetektiven ermittelten Daten, soweit sie noch bei diesen beauftragten Organen gespeichert sind, umgehend gelöscht werden. Die beim Dienstleister vorhandenen Dokumentationsunterlagen sind nach Beendigung der Ermittlungshandlungen dem Auftraggeber zu übergeben.

Die Empfehlungen sind umgehend umzusetzen.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Einschreiterin bzw. Gegenäußerungen

1. Die Einschreiterin brachte in ihrer Eingabe im Wesentlichen vor, die Allgemeine Fachgruppe Gewerbe bei der WK Wien setze seit ca. zwei Jahren unter dem Titel „Pfuschererhebungsorgan“ einen Berufsdetektiv ein, der rechtswidrig und firmenschädigend agiere. Auf Beschwerden von Mitgliedern werde der Detektiv in einer Vorgangsweise tätig, die sehr bedenklich sei. Er trete bei Anzeigen mit seiner Firmenadresse als „Pfuschererhebungsorgan der WK Wien“ auf, weise den Kammerausweis vor, trete bei Kunden der Einschreiterin als Überprüfungsorgan auf und verlange von den Geschäftsleitungen, dass diese umgehend das eingesetzte Sicherheitspersonal der Einschreiterin zur Kontrolle zusammenholen solle. Ohne Einschaltung einer Behörde (Exekutive, KIAB) verlange er von diesen Mitarbeitern Namen, Sozialversicherungsnummern, Ausweise sowie firmeninterne Unterlagen wie Dienstpläne oder Dienstanweisungen. Mit diesen Daten würden über die Sozialversicherungsanstalt (Zugang zu den Daten des Hauptverbandes via PC) die Meldedaten überprüft und gegebenenfalls Anzeige (UWG, vermeintliche Schwarzgeldzahlungen) erstattet. Daraufhin sei es bei der Einschreiterin zu unangekündigten Prüfungen durch die GKK gekommen – diese hätten aber die Vorwürfe entkräftet (keine Nachforderungen oder Schwarzzahlungen). Aus einer kammerinternen Mitgliederaussendung ergebe sich, dass der Detektiv alle Daten bei sich zu Hause sammle.

Die Einschreiterin ersuchte um datenschutzrechtliche Überprüfung dieser Vorgangsweise.

2. a) Der Allgemeine Fachverband des Gewerbes, gab in seiner Stellungnahme vom 13. Februar 2008 an, Rechtsgrundlagen der Bestellung des Erhebungsorgans seien § 43 (Fachgruppen) bzw. § 47 (Fachverbände) WKG iVm § 15 bzw. § 19 der gemäß § 58 WKG zu erlassenden Geschäftsordnung der WKO. In diesem Sinne habe er – im beschwerdegegenständlichen Fall – einen Berufsdetektiv zu Pfuschererhebungen im Sicherheitsgewerbe im gesamten Bundesgebiet ermächtigt. Zur Abwicklung gebe es eine schriftliche Weisung, in welcher sowohl der geografische und gewerberechtliche Wirkungsbereich seiner Ermächtigung als auch eine Anzeige- und Genehmigungspflicht, eine Informationspflicht sowie ein Verfolgungsverbot für die Durchführung seiner Tätigkeit festgelegt worden sei. Daraus ergebe sich, dass Erhebungen auf unbefugte Gewerbeausübungen (§§ 365a Abs. 1, 365b Abs. 1 GewO 1994) im gewerberechtlichen Wirkungsbereich des Sicherheitsgewerbes beschränkt sei. Die beabsichtigte Aufnahme von Erhebungen sei dem Obmann des Fachverbandes/der Fachgruppe anzuzeigen und von diesem schriftlich zu genehmigen.

b) Die im Rahmen der Wirtschaftskammer Wien bestehende Allgemeine Fachgruppe des Gewerbes äußerte sich in einer Stellungnahme vom 12. März 2008 zu den Vorwürfen dahingehend, dass die Fachgruppen gemäß § 43 WKG im eigenen Wirkungskreis die fachlichen Interessen der Mitglieder zu vertreten haben. Als fachliche Interessen würden insbesondere die Sicherung der Chancengleichheit der Mitglieder im Wettbewerb, ua durch die Beseitigung oder Verhütung von Gewohnheiten, Gebräuchen und Neuerungen, welche dem lauteren und leistungsgerechten Wettbewerb der Mitglieder im Wege stehen, gelten (Abs 2 Z 2). Zu diesen zu beseitigenden Gewohnheiten zähle zB auch eine nicht angemeldete Erwerbstätigkeit, die nicht ordnungsgemäße Beschäftigung von Mitarbeitern und die Nicht-Einhaltung berufsspezifischer rechtlicher Vorschriften. § 4 Abs. 2 Z 3 WKG normiere die Pflicht der Mitglieder zur Auskunftserteilung, die sich auf Umstände beschränke, die zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Kammerorganisation erforderlich sei.

Der gesetzliche Auftrag des § 43 WKG werde dergestalt erfüllt, dass die Allgemeine Fachgruppe Gewerbe einen Berufsdetektiv damit beauftrage, zu prüfen, ob innerhalb der Branche Verwaltungsübertretungen erfolgen oder sonstige wettbewerbsverzerrende Verhaltensweisen vorliegen. Liege ein Delikt vor, gäbe es verschiedene Konsequenzen: von der „Abmahnung“ beim ersten derartigen Vorfall über Anzeige bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bis zur gerichtlichen Klage wegen UWG-Verstoß in schwerwiegenden Fällen. Dazu bedürfe es entsprechender Beweismittel – deren Beschaffung zähle gemäß § 129 Abs 1 Z 3 GewO 1994 zu den den Berufsdetektiven vorbehaltenen Tätigkeiten. Überdies bestehe für diese die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 130 Abs. 5 GewO 1994 idgF. Die Funktionäre und Mitarbeiter der Allgemeinen Fachgruppe unterlägen der Verschwiegenheitspflicht des § 69 WGK.

In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 23. Juni 2008 führte die Fachgruppe weiters u.a. aus, dass im vorliegenden Fall die zuständige Berufsgruppenvollversammlung sich mehrheitlich für gezielte „Pfuscherbekämpfung“ und fairen Wettbewerb ausgesprochen habe, weshalb in der Folge ein Berufsdetektiv mit Werkvertrag mit Erhebungshandlungen betraut worden sei. Es werde die Bezeichnung „Pfuschererhebungsorgan WKW – AFG“ verwendet. Das Organ werde tätig entweder aufgrund eigener Wahrnehmungen, über Aufforderung von Mitgliedern, durch geschädigte Auftraggeber, aufgrund von Meldungen ehemaliger Dienstnehmer oder aufgrund ausdrücklichen Auftrags des Berufsgruppenausschusses der Berufsdetektive. Es besteht gegenüber dem Ausschuss Berichtspflicht (ohne Recht auf Akteneinsicht), die Pflichten gegenüber dem Berufsgruppenobmann, der Geschäftsstelle und dem Fachgruppenobmann seien im Werkvertrag näher ausgeführt.

Der beauftragte Berufsdetektiv sammle im Rahmen des Werkvertrags folgende Informationen: Gewerbedaten wie Anmeldungen von Betriebsstätten, Geschäftsführer, Dienstnehmer; Kfz-Kennzeichen von Fahrzeugen des Sicherheitsgewerbes; handelsrechtliche Daten aus dem Firmenbuch; Daten aus der Ediktsdatei;

Sozialversicherungsdaten durch Online-Zugriff über PC in der Geschäftsstelle auf Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gestützt auf § 68 Abs. 1 WKG. Diese Daten würden iSd § 8 Abs. 3 Z 5 DSG 2000 zur Geltendmachung bzw. Ausübung eines Rechtsanspruches vor einer Behörde gebraucht. Sie würden in nichtautomatisierter Form in einem Akt, der versperrt aufbewahrt werde, verwahrt.

c) Der im beschwerdegegenständlichen Fall beauftrage Berufsdetektiv führte in seiner Stellungnahme vom 21. Juni 2008 aus, dass von ihm der Sachverhalt, der entweder selbst wahrgenommen oder von Kammermitgliedern oder Konsumenten bei den zuständigen Wirtschaftskammerorganisationen angezeigt worden sei, im Rahmen der zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten weitestgehend selbständig erhoben werde. Dazu bestehe die Auskunftspflicht/Mitwirkungspflicht der Mitglieder gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 und § 70 Abs. 3 WKG 1998. Der schriftlich zusammengefasste Sachverhalt sowie der wesentliche Akteninhalt werde im Rahmen der nächsten Berufsgruppensitzung im Berufsgruppenausschuss besprochen und allenfalls bei den zuständigen Behörden Strafanzeige gelegt bzw. in Einzelfällen kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung vorgenommen und in sehr wenigen Fällen Klage nach UWG eingebracht. Der Handakt verbleibe beim „Pfuschererhebungsorgan“ unter Verschluss.

B. Sachverhaltsannahmen

Der folgende Sachverhalt wird als Grundlage der Empfehlung angenommen:

a) Der Allgemeine Fachverband des Gewerbes erteilte mit Schreiben vom 29. Jänner 2007 dem Inhaber zweier Gewerbeberechtigungen für das Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe), I***, DVR 000***, den Auftrag, Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen im Rahmen des Sicherheitsgewerbes als „Pfuschererhebungsorgan“ zu führen. Zu diesem Zweck wurde ihm eine „WEISUNG für Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen“ mit folgendem wesentlichen Inhalt erteilt:

„Mit der beiliegenden Urkunde ermächtigt Sie der Allgemeine Fachverband des Gewerbes, Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen im Rahmen des Sicherheitsgewerbes im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich durchzuführen.

Zur Abwicklung Ihrer Tätigkeit als Erhebungsorgan ergeht an Sie folgende Weisung:

1. Geographischer Wirkungsbereich:

Die gegenständliche Ermächtigung als Erhebungsorgan ist eingeschränkt auf Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen, die den geographischen Wirkungsbereich von mehr als einer Allgemeinen Fachgruppe des Gewerbes (Standort, Weitere Betriebsstätte, Tatort, etc.) betreffen.

2. Gewerberechtlicher Wirkungsbereich:

Die gegenständliche Ermächtigung als Erhebungsorgan ist eingeschränkt auf Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen, die den gewerberechtlichen Wirkungsbereich des Sicherheitsgewerbes (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe) betreffen.

3. Anzeige- und Genehmigungspflicht:

Die beabsichtigte Aufnahme von Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen ist dem Obmann des Allgemeinen Fachverbandes des Gewerbes und dem jeweiligen Obmann der betroffenen Allgemeinen Fachgruppe des Gewerbes schriftlich anzuzeigen.

Die betreffenden Erhebungen dürfen erst nach schriftlicher Genehmigung durch den Obmann des Allgemeinen Fachverbandes des Gewerbes und durch den jeweiligen Obmann der betroffenen Allgemeinen Fachgruppe des Gewerbes aufgenommen werden.

4. Informationspflicht über Erhebungsergebnisse:

Die Erhebungsergebnisse sind sowohl dem Obmann des Allgemeinen Fachverbandes des Gewerbes als auch allen Obmännern der betroffenen Allgemeinen Fachgruppen des Gewerbes zu übermitteln.

5. Verfolgungsverbot:

Verfolgungshandlungen jeder Art, wie z.B. Anzeigen bei Behörden oder Klagen bei Gerichten, sind – sofern sie nicht ausdrücklich vom Obmann einer Allgemeinen Fachorganisation des Gewerbes schriftlich genehmigt wurden – dem Erhebungsorgan strengstens untersagt!

Es ergeht der ausdrückliche Hinweis, dass durch die gegenständliche Ermächtigung weder ein Arbeitsverhältnis noch ein Werkvertrag oder ein freier Dienstvertrag mit dem Allgemeinen Fachverband des Gewerbes begründet wird.

…“

Die bezogene Ermächtigung, die das Datum 21. Mai 2007 trägt, lautete wie folgt:

„Der Allgemeine Fachverband des Gewerbes der Bundessparte Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Österreich erteilt hiermit, im Einvernehmen mit der Obmännerkonferenz der Allgemeinen Fachorganisationen des Gewerbes, dem

Erhebungsorgan

I***,

geb. am ***

wohnhaft in …

die

Ermächtigung,

Erhebungen hinsichtlich unbefugter Gewerbeausübungen im Rahmen des Sicherheitsgewerbes im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich durchzuführen.

Die Behörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden, die Arbeiterkammern, die Landwirtschaftskammern und alle sonstigen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen zur Vertretung wirtschaftlicher Interessen berufenen oder auf Grund freier Vereinbarung hierzu errichteten Körperschaften sowie die Träger der Sozialversicherung werden ersucht, dem Erhebungsorgan im Sinne der Bestimmungen des § 68 Wirtschaftskammergesetz 1998 i.d.F. BGBl. I Nr. 78/2006 die zur Erfüllung seiner Obliegenheiten erforderlichen Auskünfte zu erteilen und das Erhebungsorgan in seiner Wirksamkeit zu unterstützen.

Diese Ermächtigungsurkunde ist nur in Verbindung mit einem gültigen amtlichen Lichtbildausweis wirksam und ist in ihrer Wirksamkeit auf den Zeitraum 1. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2007 begrenzt.“

Aus dieser Urkunde ergibt sich eine Ermächtigung zu weitgehend selbständigem Handeln des Beauftragten zum Zweck der „Pfuscherbekämpfung“, und zwar sowohl was die Einleitung von konkreten Ermittlungen betrifft, wofür dem beauftragten Berufsdetektiv die Initiative zukommt, als auch hinsichtlich der Art und Weise der Vornahme der Ermittlungen.

b) Die Allgemeine Fachgruppe Wien des Gewerbes schloss mit I*** am 7. November 2005 einen WERKVERTRAG mit folgendem wesentlichen Inhalt ab:

„…

1. Gegenstand

Gegenstand des Vertrages ist die Pfuscherbekämpfung (unbefugte Gewerbeausübung und Überschreitung des Gewerbeumfanges) in Bezug auf Tätigkeiten des Sicherheitsgewerbes (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe) im Bereich der Allgemeinen Fachgruppe Wien des Gewerbes sowie die Ahndung Wettbewerb verzerrenden Verhaltens von Inhabern solcher Gewerbeberechtigungen durch Nichteinhaltung der sich aus den § 130 GewO 1944 idgF ergebenden Pflichten.

Die Tätigkeiten umfassen das Ermitteln und Feststellen des strafbaren Tatbestandes durch Observierung und andere geeignete Maßnahmen und die Anzeigenlegung bei den zuständigen Behörden.

2. Umfang der Inanspruchnahme

Das Erteilen sowie die Ablehnung von Aufträgen bedürfen der Schriftform.

3. Pflichten des Auftragnehmers

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Informationen, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Auftraggeber bekannt werden, nicht an Dritte weiterzugeben.

Der Berufsgruppenobmann der Berufsgruppe der Berufsdetektive und die Geschäftsstelle der Allgemeinen Fachgruppe Wien des Gewerbes sind, außer wenn dadurch der Erfolg vereitelt werden würde, vor jeder Anzeige wegen unbefugter Ausübung des Berufsdetektivgewerbes von Personen bzw. Gesellschaften, die nicht Mitglieder der Wirtschaftskammer sind, zu verständigen.

Über beabsichtigte Erhebungen im Bewachungsgewerbe ist vorab der Berufsgruppensprecher des Bewachungsgewerbes der Allgemeinen Fachgruppe Wien zu informieren und die betreffenden Erhebungen dürfen erst nach Genehmigung durch diesen aufgenommen werden.

Anzeigen gegen

bedürfen, außer wenn dadurch der Erfolg vereitelt werden würde, der vorherigen Genehmigung durch den Berufsgruppenobmann der Berufsgruppe der Berufsdetektive und der Geschäftsstelle der Allgemeinen Fachgruppe Wien des Gewerbes.

Jedes Einschreiten (Abmahnungen, Anträge auf Unterfertigung einer Unterlassungserklärung, Klagen udgl) wegen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bedürfen stets der vorherigen schriftlichen Genehmigung des Fachgruppenobmannes und Geschäftsführers der Allgemeinen Fachgruppe Wien des Gewerbes.

Bei allen Formen des Einschreitens ist der Auftragnehmer zur Übermittlung des relevanten Schriftverkehrs an den Auftraggeber verpflichtet.

Der Auftragnehmer ist insbesondere verpflichtet, die vom Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger nach § 68 WKG eingeräumte Zugriffsberechtigung zur Onlineabfragemöglichkeit auf Hauptverbandsdaten ausschließlich auf Abfragen, die Gegenstand dieses Vertrages sind, zu beschränken und von dieser Berechtigung gleichzeitig mit Beendigung des Werkvertrages keinen Gebrauch mehr zu machen.

…“

Mit 7. März 2005 hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für I*** eine Online-Zugriffsberechtigung auf Versicherungsträger, Dienstgeber und Versicherungszeiten gemäß § 68 WKG eingerichtet.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den jeweiligen Schreiben selbst, die der Datenschutzkommission im Laufe des Verfahrens vorgelegt wurden. Die Online-Zugriffsberechtigung ergibt sich aus dem mit dem Hauptverband geführten Schriftverkehr, der der Datenschutzkommission ebenfalls zur Verfügung gestellt wurde.

I*** sammelt im Rahmen des mit ihm abgeschlossenen Werkvertrages folgende Informationen:

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf der glaubwürdigen Stellungnahme der Wirtschaftskammer Wien, Allgemeine Fachgruppe des Gewerbes, vom 24. Juni 2008.

Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 ersuchte die Einschreiterin die WK Wien, Fachgruppe Allgemeines Gewerbe um Löschung aller Daten:

„Aufgrund des § 27 DSG 2000, fordere ich die Wirtschaftskammer Wien auf alle gegen unser Unternehmen von Ihrem Pfuschererhebungsorgan gesammelten Unterlagen innerhalb der gesetzlichen Frist auszufolgen. Gleichzeitig fordere ich ein Schreiben der Kammer, dass alle gespeicherten Daten gelöscht werden und mir schriftlich bestätigt wird, dass dies erfolgt ist.“

Mit Schreiben vom 26. Juni 2008 verweigerte die WK Wien, Allgemeine Fachgruppe Wien des Gewerbes, die Löschung mit folgender Begründung:

„Das Recht auf Richtigstellung oder Löschung gemäß § 27 DSG 2000 setzt u.a. voraus, dass es sich um unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten handelt.

Beide Voraussetzungen treffen in Ihrem Fall nicht zu:

1) Unrichtigkeit der Daten

Uns sind keine Daten bekannt, die unrichtig sein sollten; es fehlt in Ihrem Antrag ja auch ein entsprechender Hinweis oder gar Begründung.

2) Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung

Die Allgemeine Fachgruppe Wien des Gewerbes braucht zur Erfüllung unserer gesetzlichen Aufgaben diverse Mitgliederdaten. So zum Beispiel haben die Fachgruppen gemäß § 43 WKG im eigenen Wirkungsbereich die fachlichen Interessen der Mitglieder zu vertreten. Als fachliche Interessen gelten insbesondere die Sicherung der Chancengleichheit der Mitglieder im Wettbewerb, insbesondere die Beseitigung oder Verhütung von Gewohnheiten, Gebräuchen und Neuerungen, welche dem lauteren und leistungsgerechten Wettbewerb der Mitglieder im Wege stehen (Abs 2 Zi 2). Zu Gewohnheiten, Gebräuchen und Neuerungen, welche dem lauteren und leistungsgerechten Wettbewerb der Mitglieder im Wege stehen, zählen z.B. nicht angemeldete Erwerbstätigkeiten, die nicht ordnungsgemäße Beschäftigung von Mitarbeitern und die Einhaltung berufsspezifischer rechtlicher Vorschriften.

Wir dürfen in diesem Zusammenhang auf § 72 Wirtschaftskammergesetz verweisen:

[Zitat § 72 Abs. 1 bis 3 WKG]

Seien Sie versichert, dass die Allgemeine Fachgruppe Wien des Gewerbes selbstverständlich alles daran setzt, die rechtlichen Vorschriften strikt einzuhalten und werden einem begründeten, konkreten Antrag Ihrerseits prüfen, ob die Löschungsvoraussetzungen nach § 27 DSG vorliegen.“

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf den jeweiligen Schreiben selbst, die der Einschreiter mit seiner Eingabe vom 2. Juli 2008 vorgelegt hat.

C. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die relevanten Vorschriften des DSG 2000 lauten auszugsweise:

„Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

[…]

Die relevanten Vorschriften des Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG), BGBl I Nr. 103/1998, lauten auszugsweise:

„Rechte und Pflichten der Mitglieder

§ 4. (1) Den Mitgliedern kommen insbesondere folgende Rechte zu:

1. das aktive und passive Wahlrecht,

5. das Recht auf Auskunftserteilung.

(2) Die Mitglieder haben insbesondere folgende Pflichten:

1. die Anzeige der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 bis 3, sofern nicht eine behördliche Meldung gemäß § 68 Abs. 2 vorgesehen ist,

2. die Entrichtung von Umlagen,

3. die Erteilung von Auskünften und

4. die Mitwirkung an statistischen Erhebungen

4. Abschnitt

Fachgruppen

Errichtung, Aufgaben und Mitglieder

§ 43. (1) …

(3) Die Fachgruppen haben im eigenen Wirkungsbereich die fachlichen Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Als fachliche Angelegenheiten gelten insbesondere:

2. die Sicherung der Chancengleichheit der Mitglieder im Wettbewerb, insbesondere die Beseitigung oder Verhütung von Gewohnheiten, Gebräuchen und Neuerungen, welche dem lauteren und leistungsgerechten Wettbewerb unter den Mitgliedern im Wege stehen,

Verhältnis zu Behörden und Körperschaften

§ 68. (Verfassungsbestimmung) (1) Die Behörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden, die Arbeiterkammern, die Landwirtschaftskammern und alle sonstigen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen zur Vertretung wirtschaftlicher Interessen berufenen oder auf Grund freier Vereinbarung hierzu errichteten Körperschaften sowie die Träger der Sozialversicherung sind, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, verpflichtet, den Organisationen der gewerblichen Wirtschaft auf Verlangen die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sie in ihrer Wirksamkeit zu unterstützen. Diese Verpflichtung erstreckt sich insbesondere auch auf die Übermittlung von Daten, die mit der Vorschreibung und Einhebung von Umlagen in Zusammenhang stehen. Zu dem gleichen Verhalten gegenüber den vorgenannten Behörden, Körperschaften und Anstalten sind die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft verpflichtet.

(2) Die Behörden sind verpflichtet, der zuständigen Landeskammer unverzüglich alle Vorgänge bekanntzugeben, die zur Begründung oder Beendigung einer Mitgliedschaft nach § 2 führen.

Verschwiegenheitspflicht

§ 69. Alle Funktionäre und Mitarbeiter der nach diesem Gesetz gebildeten Organisationen sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse der nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Von dieser Verpflichtung hat auf Verlangen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde bei Funktionären und Mitarbeitern der zuständige Präsident zu entbinden, wenn dies im Interesse der Rechtspflege oder im sonstigen überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen ist.

Auskunftspflicht

§ 70. (1) Die nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft haben ihren Mitgliedern über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht und dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Bei der Auskunftserteilung ist nach dem Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, vorzugehen.

(2) Weiters haben die nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft einander die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Informationen zur Verfügung zu stellen sowie in ihrer Wirksamkeit zu unterstützen. Die näheren Bestimmungen hat die Geschäftsordnung zu treffen.

(3) Die Mitglieder sind verpflichtet, den Organisationen der gewerblichen Wirtschaft auf Verlangen die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sie in ihrer Wirksamkeit zu unterstützen und an allfälligen Verfahren nach diesem Gesetz mitzuwirken.

Datenschutz

§ 72. (1) Die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sind insoweit ermächtigt, Daten im Sinne des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, zu verwenden, als dies der Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben dient. Dies gilt auch für die Verwendung von Daten durch sonstige Rechtsträger, die zur Erfüllung dieser Aufgaben herangezogen werden.

(2) Daten von Kammermitgliedern dürfen an jedermann übermittelt werden, soweit die Datenarten in den §§ 365a Abs. 1 und 365b Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 10/1997 aufgezählt sind oder es sich um Daten der Ruhendmeldung oder Wiederaufnahme eines Gewerbes gemäß § 93 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 handelt. Dies gilt sinngemäß auch für gleichartige Daten von Kammermitgliedern, die nach anderen Rechtsvorschriften zum Betrieb von Unternehmen berechtigt sind.

(3) Im Falle von Übermittlungen gemäß Abs. 1 und Abs. 2 entfällt die Pflicht zur Protokollierung gemäß § 14 Abs. 3 Datenschutzgesetz 2000.

(4) Sendungen im Wege elektronischer Post, die zur Erfüllung der den Organisationen der gewerblichen Wirtschaft übertragenen Aufgaben erfolgen, bedürfen keiner Zustimmung des Empfängers nach § 107 Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 70/2003.

(5) Die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft unterliegen bei Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht dem 3. Abschnitt des E-Commerce-Gesetzes, BGBl. I Nr. 152/2001.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) Der Allgemeine Fachverband des Gewerbes bzw. die Allgemeine Fachgruppe des Gewerbes Wien setzen zur „Pfuscherbekämpfung“ im Bereich des Sicherheitsgewerbes (Berufsdetektive) einen mit Werkvertrag bestellten Berufsdetektiv ein. Diese Vorgangsweise wird vom Fachverband bzw. der Fachgruppe auf § 47 bzw. § 43 Abs. 3 Z 2 WKG (Sicherung der Chancengleichheit der Mitglieder) und § 72 Abs. 1 WKG, die weitere Verwendung der ermittelten Daten auf § 8 Abs. 3 Z 5 DSG 2000 (Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Auftraggebers) gestützt.

Die Datenschutzkommission deutet das mit Werkvertrag vom 7. November 2005 begründete Auftragssverhältnis zwischen der Fachgruppe und dem beauftragten Berufsdetektiv als datenschutzrechtliches Dienstleistungsverhältnis. Aus diesem Rechtsverhältnis ergibt sich, dass die einem Berufsdetektiv durch § 129 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 zugestandene grundsätzliche Befugnis zur Beweisermittlung für Zwecke eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens im konkreten Fall immer nur in maximal jenem Rahmen zum Tragen kommen kann, in dem der Auftraggeber selbst berechtigt wäre, Beweismittel für Zwecke eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens zu beschaffen.

Die §§ 43 und 47 GewO 1994 nennen die Förderung der wirtschaftlichen Angelegenheiten der Mitglieder als eine Aufgabe der Fachorganisationen der Wirtschaftskammern. Die damit verbundene Aufgabe der Beseitigung oder Verhütung von Gewohnheiten oder Gebräuchen, die einem lauteren und leistungsgerechten Wettbewerb unter den Mitgliedern im Wege stehen, dient zunächst der Förderung der Interessen der Kammermitglieder (- Sicherung der Chancengleichheit der Mitglieder im Wettbewerb). Freilich wird durch die Zuerkennung ua des Klagerechtes nach § 14 UWG an Wirtschaftsverbände oder Interessensverbände deutlich, dass bei der Aufgabe der Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen durch die Fachorganisationen der Wirtschaftskammern auch öffentliche Interessen verwirklicht werden. Der Umstand, dass bei der Tätigkeit der Kammerorganisationen die Verfolgung von Mitgliederinteressen im Vordergrund steht, verhindert jedoch, dass die Wahrnehmung der Aufgaben nach den §§ 43 bzw. 47 WKG mit dem der Ausübung von Gewerbepolizei oder Arbeitsmarktpolizei gleichgesetzt werden könnte. Vielmehr ist bei der „Pfuscherbekämpfung“ jeder Anschein behördlichen Handelns zu vermeiden.

Für Zwecke der „Pfuscherbekämpfung“ stehen den Fachorganisationen und damit auch einem von ihnen beauftragten Berufsdetektiv ohne Zweifel keine behördlichen Zwangsmittel bei der Informationsbeschaffung für die allfällige Erstattung von Anzeigen oder Erhebung von Klagen zu. Insbesondere kann es auch keine „zwangsweise Befragung“ von Mitgliedern und ihren Mitarbeitern geben: Die für die Mitglieder der Wirtschaftskammern geltende gesetzliche „Verpflichtung zur Auskunft“ nach § 4 Abs. 2 Z 3 WKG kann nicht als grundsätzlicher Verzicht auf das Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 2 DSG 2000 interpretiert werden – dagegen spricht ua auch ihre weitgehende inhaltliche Unbestimmtheit. Insbesondere kann daraus kein gesetzlicher Zwang zur Auskunftserteilung mit dem Effekt der Pflicht zur Selbstbezichtigung ableitbar sein, da dies gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen würde (vgl. hiezu die Judikatur des EGMR zu Art. 6 EMRK) – dies umso mehr, als bei der Beweismittelerhebung zB für eine Klage nach § 14 UWG der Beklagte sich in einer unverhältnismäßig benachteiligten Position befinden würde, wenn er gesetzlich verpflichtet wäre, seinem künftigen Prozessgegner aufgrund des § 4 Abs. 2 Z 3 WKG auch alle für ihn nachteiligen Informationen zur Verfügung zu stellen.

Aus diesen vorgenannten Gründen waren die Empfehlungen unter Pkt 1 und 2 auszusprechen.

b) Wie unter a) bereits angezogen, haben die den Wirtschaftskammerorganisationen bei der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zukommenden Aufgaben durchaus auch einen Bezug zur Wahrung öffentlicher Interessen. Dies gilt auch für zahlreiche andere Aufgaben der Wirtschaftskammerorganisationen, weshalb ua auch ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht auf „Amtshilfe“ nach § 68 WKG besteht, das sich auch auf Informationen/Daten bezieht, die bei den Sozialversicherungsträgern verarbeitet werden.

Ein auf § 68 WKG gestützter Online-Zugriff auf Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger stellt jedoch eine Befugnis dar, die angesichts ihres außerordentlich hohen datenschutzrechtlichen Gefährdungspotentials nicht ohne Weiteres weiter übertragen werden darf. Die Übertragung der Benützungsbefugnis für eine derartige technische Möglichkeit der Datenbeschaffung setzt ein besonders enges Kontrollverhältnis gegenüber demjenigen voraus, dem die Benützungsbefugnis eingeräumt wurde – so wie sie etwa gegenüber Mitarbeitern von Kammerorganisationen besteht, die der Disziplinargewalt der Kammer und besonderen Sanktionen für Pflichtverletzungen unterliegen. Wohl enthält der zugrundeliegenden Werkvertrag vom 7. November 2005 mit dem beschwerdegegenständlichen Auftragnehmer eine vertragliche Verpflichtung zur Einhaltung der Zweckbeschränkung des eingeräumten Online-Zugriffs, doch konnten weder aus diesem Werkvertrag noch aus den sonstigen Äußerungen im Ermittlungsverfahren besondere Schutzgarantien hinsichtlich der ermittelten Sozialversicherungsdaten entnommen werden. Es deutet im beschwerdegegenständlichen Fall im Gegenteil vieles darauf hin, dass dem Beauftragten in seiner Eigenschaft als Berufsdetektiv weitestgehend freie Hand gelassen wird, welche Ermittlungshandlungen er im Einzelfall setzen zu sollen glaubt, sobald nur die Einleitung von Ermittlungen gegen einen bestimmten Betroffenen vom Obmann der zuständigen Fachorganisation – zumindest nachträglich – genehmigt wurde. Die mit keinen besonderen Kontrollmaßnahmen abgesicherte Weitergabe eines aufgrund des § 68 WKG den Organisationen der gewerblichen Wirtschaft eingeräumten Online-Zugriffs an beauftragte Dritte, die bei der Erfüllung ihres Auftrags weitgehend selbständig agieren dürfen, widerspricht dem Datensicherheitsgrundsatz, dass Zugriffsrechte, insbesondere online-Zugriffsrechte, durch geeignete besondere Garantien gegen Missbrauch wirksam abgesichert sein müssen (§ 14 Abs. 2 Z 5 DSG 2000).

Davon ausgehend, dass die Ermittlung von Daten im Wege der Benützung des Online-Zugriffs auf Versicherungsdaten beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger infolge mangelnder geeigneter Garantien gegen Missbrauch dieser an den Dienstleister übertragenen Berechtigung rechtswidrig erfolgte, sind derart ermittelte Daten, falls sie beim Dienstleister noch vorhanden sein sollten, umgehend zu löschen.

Hinsichtlich der Dokumentation der Ermittlungshandlungen und der Ergebnisse kann dem Dienstleister kein Recht zur selbständigen und dauernden Aufbewahrung zukommen. Diese wären vielmehr dem Auftraggeber zu übergeben, sobald die beauftragte Dienstleistung erbracht wurde.

Infolge dieser Erwägungen waren die Empfehlung unter Pkt. 3 und 4 auszusprechen.

c) Die Einschreiterin hat auch einen Löschungsantrag gestellt.

Soweit sich die Datenermittlung auf § 8 Abs. 3 Z 5 DSG 2000 stützen kann, also bei der Allgemeinen Fachgruppe Gewerbe der Erhebung von Beweismitteln für Klagen oder Anzeigen dient, kann dem Löschungsbegehren der Einschreiterin nicht gefolgt werden, da die Datenspeicherung einem erlaubten Zweck dient.

Soweit das Löschungsbegehren jedoch die Speicherung von Daten beim Dienstleister („Der Handakt verbleibe beim Pfuschererhebungsorgan unter Verschluss“) betrifft, besteht das Löschungsbegehren zu recht, da dem Dienstleister eine Rechtsgrundlage für die dauernde – und offenbar selbständige – Speicherung von Daten fehlt (siehe oben).

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