JudikaturDSB

K121.507/0011-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 24. Juli 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Helfried L*** (Beschwerdeführer) aus A***, vertreten durch die J***, H*** E**** Rechtsanwaltspartnerschaft in H***, vom 29. Jänner 2009 gegen die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten in Folge erkennungsdienstlicher Behandlung am 16. Oktober 2008 wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen : § 1 Abs. 1 und 2, §§ 6 und 7 sowie 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm §§ 29 und 51, § 65 Abs. 1 und 6 und § 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 3. Februar 2009 bei der Datenschutzkommission eingegangenen Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass er im Auftrag der Beschwerdegegnerin am 16. Oktober 2008 im Zuge eines kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahrens beim Bezirkspolizeikommando (BPK) Grieskirchen erkennungsdienstlich behandelt worden sei (gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, Lucia B*** und dem gemeinsamen Sohn Guido B***, siehe die Beschwerdeverfahren Zlen K121.508 und K121.509 der Datenschutzkommission). Es seien biometrische Daten (Fingerabdrücke, Lichtbilder) ermittelt und verarbeitet worden, ohne dass die Voraussetzungen nach § 65 Abs. 1 SPG vorgelegen seien, da keine Gründe für die Annahme einer Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung (im Folgenden kurz auch: ED-Behandlung) zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe des Beschwerdeführers gegeben waren.

Die Beschwerdegegnerin , von der Datenschutzkommission zur Stellungnahme aufgefordert, brachte unter Vorlage von Aktenkopien und Datenausdrucken aus dem betreffenden Ermittlungsverfahren am 5. März 2009 vor, der Beschwerdeführer habe freiwillig an der ED-Behandlung mitgewirkt, jedenfalls sei diese ohne Anwendung oder Androhung von Befehls- oder Zwangsgewalt erfolgt. Der Beschwerdeführer sei unter Verdacht gestanden, über einen sehr langen Zeitraum von 14 Jahren Cannabisprodukte konsumiert zu haben. Weiters habe er im selben Zeitraum durch Anbau von Cannabispflanzen Cannabiskraut („Gras“) und (in kleinerer Quantität) Cannabisöl bzw. -harz erzeugt und an seine Lebensgefährtin und den gemeinsamen Sohn Guido weitergegeben. Mehrfach habe er auch Gras aus im Zeitpunkt der ED-Behandlung nicht näher bekannten Quellen zugekauft, konsumiert und weitergegeben (in einem Fall nachweislich an die Jugendlichen Guido B*** und Patrick T***). Diese Verdachtslage sei insbesondere durch ein umfassendes Geständnis des Beschwerdeführers am 7. September 2008 begründet. Daraus ergebe sich das Bild gewohnheitsmäßigen und unter ständiger Missachtung der einschlägigen Gesetze erfolgten Suchtgiftkonsums sowie der Suchtgifterzeugung, auf die sich die Prognoseentscheidung gründe, die Risikoschwelle des Beschwerdeführers, bei weiteren gefährlichen Angriffen betreten zu werden, müsse durch die Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten spürbar hinaufgesetzt werden, wobei es in Folge der Neufassung des § 65 Abs. 1 SPG vorrangig auf die deliktstypische Rückfallsgefahr und nicht mehr auf die Person des Betroffenen ankomme.

Der Beschwerdeführer replizierte auf dieses Vorbringen und die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach Parteiengehör mit Stellungnahme vom 31. März 2009. Er bestritt, einer Verwendung seiner Daten zugestimmt zu haben, bestätigte jedoch, keine Androhung oder Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt geltend zu machen. Er bestritt nachdrücklich und unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien die Auffassung der Beschwerdegegnerin, die durch BGBl. I Nr. 114/2007 erfolgte Neufassung von § 65 SPG habe eine inhaltliche Änderung der Rechtslage in dem Sinne bewirkt, dass keine konkrete, fallbezogene Prognoseentscheidung zur Begründung des Präventionszweckes einer ED-Behandlung mehr erfolgen müsse. Überdies fehle es an aussagekräftigen statistischen Daten, aus denen eine deliktstypische Rückfallswahrscheinlichkeit abgeleitet werden könnte. Die Praxis der Sicherheitsbehörden, in jedem Verdachtsfall eines Suchtmitteldeliktes erkennungsdienstliche Daten zu verarbeiten, widerspreche jedenfalls dem Gesetz, da dies in § 65 Abs. 1 SPG nur für die Fallgruppe des Tätigwerdens „im Rahmen einer kriminellen Verbindung“ vorgesehen sei. Für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Straftaten bestehe weder eine Rückfallsgefahr, noch sei ersichtlich, inwieweit zukünftige Verstöße durch die Verarbeitung von ED-Daten leichter aufgeklärt werden könnten.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war, am 16. Oktober 2008 erkennungsdienstliche Daten des Beschwerdeführers gemäß § 65 SPG zu verarbeiten.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Gegen den Beschwerdeführer wurde seit dem 6. September 2008 (im Zuge der Ermittlungen nach der Auffindung einer von Viktor S*** und Patrick T*** angelegten Outdoor-Pflanzung von Cannabisstauden) wegen des Verdachts des Besitzes, Konsums und der Erzeugung von Cannabis durch das BPK Grieskichen, Polizeiinspektion (PI) H***, kriminalpolizeilich ermittelt. Insgesamt zählt der vom 18. November 2008 datierende Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft Wels 11 Verdachtsfälle („Fakten“) des Erwerbs, Besitzes, Konsums, der Erzeugung sowie der Weitergabe von Cannabis-Produkten (hauptsächlich „Gras“ aus eigenem Anbau) auf, wobei sich der Zeitraum auf die Jahre 1984 (Beginn des Konsums) bis dato erstreckt, die Weitergabe jedoch auf den Familien- und Bekanntenkreis (Lebensgefährtin Lucia B***, Sohn Guido B***, sowie Patrick T*** und Viktor S***, Freunde des Guido B***, die letzten drei im relevanten Zeitraum minderjährig) beschränkte und kein Verdacht der Weitergabe in Erwerbs- oder Gewinnabsicht vorlag. Der Beschwerdeführer wird im erwähnten Abschluss-Bericht (GZ: B6/76**/2008-**) als verdächtig bezeichnet, neben den Vergehen nach § 27 Abs. 1 Z 1 und 2 SMG auch das Vergehen nach § 27 Abs. 4 Z 1 SMG (Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften – Ermöglichung des Gebrauchs von Suchtgift für Minderjährige) begangen zu haben (Höchststrafe: drei Jahre Freiheitsstrafe). Insbesondere soll der Beschwerdeführer zwischen 2003 und 2008 insgesamt 2400 bis 3000 Gramm Cannabiskraut durch eigenen Anbau erzeugt, konsumiert und teilweise weitergegeben haben.

Der Beschwerdeführer wurde am 7. September 2008 auf der PI H*** als Beschuldigter einvernommen. Er legte dabei ein umfassendes Geständnis ab, auf das sich die Verdachtsfälle im schon zitierten Abschluss-Bericht praktisch 1:1 stützen. Anlässlich dieser Vernehmung gab der Beschwerdeführer u.a. an, dass ihm ab einem gewissen Zeitpunkt bewusst gewesen sei, „dass Guido und zum Teil auch Patrick von unseren Pflanzen mitnaschten. Direkt erlaubt habe ich es den beiden nicht. Ich habe aber auch nicht verhindert, dass die beiden Zugang zu unserem Suchtgift haben.“ Darüber hinaus findet sich die Aussage „Die beiden haben gewusst, dass ich Cannabis ankaufen würde. Sie fragten mich, ob ich ihnen was mitnehmen würde. Ich zögerte vorerst, willigte jedoch ein. Guido und Patrick gaben mir das Geld mit und warteten im Auto. Für Guido kaufte ich 6 Gramm. Für Patrick 10 Gramm und ich kaufte mir ebenfalls 10 Gramm. Das Suchtgift wurde einzeln abgepackt. Ich habe 8 Euro bezahlt und nichts draufgeschlagen. Das war jedoch das einzige Mal.“

Weiters gestattete der Beschwerdeführer am 7. September 2008 freiwillig eine kriminalpolizeiliche Nachschau im Haus seiner Familie in 4*** H***, C*** 23, bei der mehrere Cannabispflanzen, Cannabiskraut, Cannabisblätter (Ausgangsstoff für die Cannabisöl- und Cannabisharzgewinnung) sowie diverse „Suchtgiftutensilien“ sichergestellt werden konnten.

Am 16. Oktober 2008 wurde der Beschwerdeführer nach vorheriger einvernehmlicher Terminvereinbarung auf dem BPK Grieskirchen erkennungsdienstlich behandelt. Die erkennungsdienstliche Behandlung wurde vom Beschwerdeführer geduldet und erfolgte ohne Androhung oder Anwendung von Befehls- oder Zwangsgewalt.

Verarbeitet (ermittelt und für Zwecke der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden gespeichert, EDV-Zl. 55;3**.4**, AFIS-Zl. 987****) wurden drei Lichtbilder (Profil, en face, Halbprofil) sowie Abdrücke aller zehn Finger.

In diesem Zeitpunkt war den ermittelnden Beamten neben den oben dargestellten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens bekannt, dass der Beschwerdeführer unbescholten war, und gegen ihn auch nie zuvor einschlägige Ermittlungen durchgeführt worden waren.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der von der Beschwerdegegnerin als Beilagen zur Stellungnahme vom 5. März 2009, Zl. Sich**-23*-2009, vorgelegten Aktenkopien und Ausdrucke. Die Feststellungen zu den Annahmen und Schlussfolgerungen der ermittelnden Kriminalbeamten stützen sich insbesondere auf den mehrfach zitierten Abschluss-Bericht an die Staatsanwaltschaft vom 18. November 2008, B6/76**/2008-**, sowie die Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers vom 7. September 2008, selbe GZ. Die Feststellungen zum Wissensstand der ermittelnden Beamten am 16. Oktober 2008 sind unstrittig, da die später erstellten und der Datenschutzkommission vorliegenden Auszüge aus dem Strafregister, der Personeninformation und dem kriminalpolizeilichen Aktenindex im Rahmen der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden (weitere Beilagen zur Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 5. März 2009, Abfragedatum 26. Februar 2009) nur Daten betreffend das gegenständliche Ermittlungsverfahren enthalten (Strafregisterauskunft überhaupt negativ). Die Feststellungen zum Umfang und zu den näheren Umständen der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten des Beschwerdeführers (Ausschluss von Befehls- und Zwangsgewalt) stützen sich auf das übereinstimmende Vorbringen beider Parteien, dem die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht widersprechen, sowie den vorliegenden Ausdruck aus der erkennungsdienstlichen Evidenz im Rahmen der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden vom 26. Februar 2009 (weitere Beilage zur Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 5. März 2009).

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 6 Abs, 1 und 2 DSG 2000 samt Überschrift lautet:

„Grundsätze

§ 6 . (1) Daten dürfen nur

(2) Der Auftraggeber trägt bei jeder seiner Datenanwendungen die Verantwortung für die Einhaltung der in Abs. 1 genannten Grundsätze; dies gilt auch dann, wenn er für die Datenanwendung Dienstleister heranzieht.“

§ 7 Abs. 1 und 3 DSG 2000 samt Überschrift lautet:

„Zulässigkeit der Verwendung von Daten

§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) ...

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, dass die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und dass die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 16 Abs. 2 SPG idF BGBl. I Nr. 100/2005 lautet unter der Überschrift „Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff;

Gefahrenerforschung“:

§ 16 . (1) [...]

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand

§ 29 SPG idF BGBl. I Nr. 85/2000 samt Überschrift lautet:

„Verhältnismäßigkeit

§ 29 . (1) Erweist sich ein Eingriff in Rechte von Menschen als erforderlich (§ 28a Abs. 3), so darf er dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlaß und zum angestrebten Erfolg wahrt.

(2) Insbesondere haben die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes

§ 51 SPG idF BGBl. I Nr. 104/2002 samt Überschrift lautet:

„Allgemeines

§ 51 . (1) Die Sicherheitsbehörden haben beim Verwenden (Verarbeiten und Übermitteln) personenbezogener Daten die Verhältnismäßigkeit (§ 29) zu beachten. Beim Verwenden sensibler und strafrechtlich relevanter Daten haben sie angemessene Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen zu treffen.

(2) Sofern nicht ausdrücklich Anderes angeordnet wird, finden auf das Verwenden personenbezogener Daten die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, Anwendung.“

§ 65 Abs.1, 5 und 6 SPG idF BGBl. I Nr. 114/2007 samt Überschrift lautet:

„Erkennungsdienstliche Behandlung

§ 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.

[...]

(5) Die Sicherheitsbehörden haben jeden, den sie erkennungsdienstlich behandeln, schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie lange erkennungsdienstliche Daten aufbewahrt werden und welche Möglichkeiten vorzeitiger Löschung (§§ 73 und 74) bestehen. In den Fällen des § 75 Abs. 1 letzter Satz ist der Betroffene über die Verarbeitung seiner Daten in einer den Umständen entsprechenden Weise in Kenntnis zu setzen.

(6) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, Namen, Geschlecht, frühere Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Namen der Eltern, Ausstellungsbehörde, Ausstellungsdatum und Nummer mitgeführter Dokumente, allfällige Hinweise über die Gefährlichkeit beim Einschreiten einschließlich sensibler Daten, soweit deren Verwendung zur Wahrung lebenswichtiger Interessen anderer notwendig ist und Aliasdaten eines Menschen (erkennungsdienstliche Identitätsdaten), den sie erkennungsdienstlich behandelt haben, zu ermitteln und zusammen mit den erkennungsdienstlichen Daten und mit dem für die Ermittlung maßgeblichen Grund zu verarbeiten. In den Fällen des Abs. 1 sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, eine Personsfeststellung vorzunehmen.“

§ 73 Abs. 1 SPG idF BGBl. I Nr. 104/2002 lautet samt Überschrift:

„Löschen erkennungsdienstlicher Daten von Amts

wegen

§ 73 . (1) Erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 ermittelt wurden, sind von Amts wegen zu löschen,

§ 75 SPG idF BG. I Nr. 114/2007 lautet samt Überschrift:

„Zentrale erkennungsdienstliche

Evidenz

§ 75 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, die von ihnen gemäß den §§ 65 Abs. 1, 65a, 66 Abs. 1 und 67 Abs. 1 erster Satz ermittelten erkennungsdienstlichen Daten, die allenfalls vorhandenen erkennungsdienstlichen Identitätsdaten (§ 65 Abs. 6) und den für die Ermittlung maßgeblichen Grund im Rahmen einer Zentralen erkennungsdienstlichen Evidenz zu verarbeiten. Personenbezogene Daten, die Sicherheitsbehörden nach anderen Bestimmungen rechtmäßig ermittelt haben, dürfen sie in der zentralen erkennungsdienstlichen Evidenz weiterverarbeiten, wenn deren Ermittlung und Verarbeitung für sicherheitspolizeiliche Zwecke zu dem Zeitpunkt zulässig wäre, in dem die Daten verwendet werden sollen.

(2) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, die von ihnen in der Zentralen erkennungsdienstlichen Evidenz gespeicherten Daten zu benützen. Übermittlungen der gemäß Abs. 1 verarbeiteten Daten sind an Behörden für Zwecke der Sicherheitspolizei, der Strafrechtspflege und in anderen Aufgabenbereichen der Sicherheitsverwaltung, soweit dies für Zwecke der Wiedererkennung erforderlich ist, zulässig. Im Übrigen sind Übermittlungen zulässig, wenn hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht.“

§ 90 SPG idF BGBl. I Nr. 104/2002 lautet unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:

§ 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“

§ 27 Abs. 1 bis 5 SMG idF BGBl. I Nr. 110/2007 lautet unter der Überschrift „Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften“

§ 27 . (1) Wer vorschriftswidrig

(2) Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer eine Straftat nach Abs. 1 Z 1 oder 2 gewerbsmäßig begeht.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer

(5) Wer jedoch an Suchtmittel gewöhnt ist und eine Straftat nach Abs. 3 oder Abs. 4 Z 2 vorwiegend deshalb begeht, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, ist nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) zur Zuständigkeitsfrage

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018) wurde ermittelt, ob gegen den Beschwerdeführer anlässlich der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt oder ihm die Ausübung solcher zumindest angedroht worden ist. Diesbezüglich liegt kein Vorbringen und kein in diese Richtung deutendes Ermittlungsergebnis vor. Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission, über die vorliegende Beschwerde zu entscheiden, ist daher gemäß § 90 SPG gegeben.

b) in der Sache selbst

Voraussetzung für die Durchführung der in Rede stehenden erkennungsdienstlichen Behandlungen ist nach § 65 Abs. 1 SPG, dass ein Mensch „im Verdacht“ steht, einen gefährlichen Angriff im Sinne des § 16 Abs. 2 SPG begangen zu haben. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. VwGH vom 19. 5. 1993, 92/09/0238).

Im Beschwerdefall stand im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung fest, dass der Beschwerdeführer begründet (auf Grund seines eigenen Geständnisses, des sichergestellten Suchtgifts sowie der Aussagen der anderen an den Suchtgiftdelikten des Beschwerdeführers Beteiligten) verdächtigt wurde, das Suchtgift Cannabis in einer nicht präzise feststehenden, aber jedenfalls keineswegs geringfügigen Menge (allein mindestens 2400 Gramm Cannabiskraut aus eigenem Anbau) über mehrere Jahre erworben, besessen, erzeugt, konsumiert und weitergegeben zu haben, wobei die Weitergabe auch wissentlich an Jugendliche erfolgte.

Der Beschwerdeführer war damit eines gefährlichen Angriffs nach § 16 Abs. 2 Z 4 SPG verdächtig.

Zu den weiteren Voraussetzungen für eine erkennungsdienstliche Behandlung „wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint“ ist Folgendes auszuführen:

Vor der SPG-Novelle, BGBl. I Nr, 114/2007, lautete § 65 Abs. 1 und 5 SPG wie folgt:

„§ 65. (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies sonst auf Grund von Umständen in der Person des Betroffenen oder nach der Art der begangenen mit Strafe bedrohten Handlung zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint.

(2) ...(4)

(5) Die Sicherheitsbehörden haben jeden, den sie erkennungsdienstlich behandeln, schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie lange erkennungsdienstliche Daten aufbewahrt werden und welche Möglichkeiten vorzeitiger Löschung (§§ 73 und 74) bestehen. In den Fällen des Abs. 1 ist der Betroffene außerdem darauf hinzuweisen, dass die erkennungsdienstliche Behandlung deshalb erfolgte, um der Begehung gefährlicher Angriffe durch sein Wissen um die Möglichkeit seiner Wiedererkennung entgegenzuwirken.“

Zu dieser Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine vor der SPG-Novelle 2002 im Erkenntnis vom 16. Juli 2003, 2002/01/0592, dargelegte Rechtsansicht folgendes ausgeführt:

„Für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs 1 SPG in der Fassung der SPG-Novelle 2002 ist es erforderlich, dass eine konkrete fallbezogene Prognose getroffen wird. Dabei hat sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl 2002/01/0320). Im Rahmen dieser so anzustellenden Überlegungen wird es - wie der neue Wortlaut des § 65 Abs 1 SPG ausdrücklich klarstellt - immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig ist, ankommen. Dass (auch) die aktuelle Textierung des § 65 SPG eine rein abstrakte Betrachtungsweise verbietet, steht insoweit mit den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur SPG-Novelle 2002 (1138 BlgNR 21. GP 33) im Einklang, als dort neben der Art des begangenen Delikts die konkreten Umstände bei der Tatbegehung als Maßstab für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe als Parameter genannt werden.“

Durch die am 1. Jänner 2008 in Kraft getretene SPG-Novelle, BGBl. I Nr. 114/2007, erfuhr § 65 Abs. 1 und 5 SPG insofern eine Änderung, als diese gesetzlichen Bestimmungen nunmehr lauten:

§ 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.

(2) .... (4)

(5) Die Sicherheitsbehörden haben jeden, den sie erkennungsdienstlich behandeln, schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie lange erkennungsdienstliche Daten aufbewahrt werden und welche Möglichkeiten vorzeitiger Löschung (§§ 73 und 74) bestehen. In den Fällen des § 75 Abs. 1 letzter Satz ist der Betroffene über die Verarbeitung seiner Daten in einer den Umständen entsprechenden Weise in Kenntnis zu setzen.“

Die Erläuternden Bemerkungen zu diesen geänderten Normtexten (vgl. GP XXIII RV 272) lauten wie folgt:

Zu Z 17 und 18 (§ 65 Abs. 1 und 5):

Mit der Änderung des § 65 Abs. 1 durch die SPG Novelle 2002 (vgl. die entsprechenden EB zur RV, 1138 BlgNR, XXI.GP) sollte erreicht werden, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung bei Verdacht einer Einzelstraftat nicht nur dann zulässig ist, wenn beim Betroffenen konkrete Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr oder der Gefahr der Begehung anderer gefährlicher Angriffe bestehen, sondern auch wenn eine für bestimmte Deliktsbereiche typische (statistische) Rückfallsgefahr vorliegt. Die Art des begangenen Delikts oder konkrete Umstände bei der Tatbegehung sollten Maßstab für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe darstellen. Zu dieser Fassung des § 65 Abs.1 hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen (etwa VwGH vom 16. Juli 2003, 2002/01/0592 oder VwGH vom 7. Oktober 2003, 2003/01/0191) festgehalten, dass die aktuelle Textierung des § 65 - insbesondere auch wegen des unverändert gebliebenen § 65 Abs. 5 letzter Satz - eine rein abstrakte Betrachtungsweise verbiete. Für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 sei es immer erforderlich, eine konkrete fallbezogene Prognose zu treffen, bei der sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer „Vorbeugung“ durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen habe. Im Rahmen dieser Überlegungen komme es „auch“ auf die Art des Delikts an. § 65 Abs. 5 zweiter Satz bezweckt, dass dem Betroffenen der vorbeugende Charakter der erkennungsdienstlichen Behandlung (entsprechend der sicherheitspolizeilichen Aufgabenstellung des § 22 Abs. 2) nochmals vor Augen geführt werden soll. Da dieser Satz für die Frage, ob die Maßnahme zur Vorbeugung künftiger gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint, keinen Mehrwert bringt, kann er gestrichen werden. Darüber hinaus soll durch die Neufassung von § 65 Abs. 1 klargestellt werden, dass – abgesehen von der Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Verbindung – konkrete Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung oder Begehung anderer gefährlicher Angriffe entweder in der Person des Betroffenen selbst oder in der Art oder Ausführung der Tat liegen können. Es genügt im zweiten Fall eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit, die an der verwirklichten Tat anknüpft und den Schluss rechtfertigt, dass die Tat nach der allgemeinen Lebenserfahrung kein Einzelfall bleiben wird.“

Aus diesen Darlegungen ist klar ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine von ihm gewollte Rechtslage (arg.: „sollte erreicht werden“) nicht entsprechend in einen Normtext gegossen hat, wodurch es zu der von ihm nicht intendierten Rechtsauslegung (Argument hiefür ist das unter Anführungszeichen gesetzte Wort „auch“) gekommen ist. Dazu kommt, dass nunmehr in den Erläuternden Bemerkungen zu § 65 Abs. 1 SPG von einem „Entweder ... oder“ die Rede ist und ausdrücklich davon die Sprache ist, dass „im zweiten Fall (Anm.: Art der Tat, vermutlich aber auch Ausführung der Tat mitgemeint) eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit, die an der verwirklichten Tat anknüpft und den Schluss rechtfertigt, dass die Tat nach der allgemeinen Lebenserfahrung kein Einzelfall bleiben wird“, genüge.

Weiterhin sind aber – soweit nicht ein Tätigwerden im Rahmen einer kriminellen Verbindung gegeben ist – insofern weitere Überlegungen notwendig, als § 65 Abs. 1 SPG die erkennungsdienstliche Behandlung nur dann zulässt, wenn dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint. Diese Erforderlichkeit kann sich - wie bereits oben aus den Erläuternden Bemerkungen abgeleitet – entweder aus der Persönlichkeit des erkennungsdienstlich zu Behandelnden oder aber aus der Art oder Ausführung der Tat ergeben, wobei diese einzelnen Tatbestandsmerkmale miteinander insofern verbunden sein können, als doch vielfach aus der Art oder der Ausführung der Tat auf die Persönlichkeit des Täters geschlossen werden kann.“

Nach dem Ermittlungsstand hatte der Beschwerdeführer über viele Jahre Cannabis angebaut und Suchtgift konsumiert. Die sehr lange Dauer der einschlägigen Tathandlungen lässt den Schluss auf gewohnheitsmäßiges Handeln zu. Dazu kommt noch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch Jugendlichen, darunter seinem eigenen Sohn, den Zugang zu Cannabisprodukten eröffnet hat, womit er nicht nur entgegen Wortlaut, Sinn und Zweck der einschlägigen Gesetze deren Gesundheit gefährdet, sondern auch durch diese deliktischen Handlungen – die Strafbarkeit derselben war ihm nach seinen eigenen Angaben durchaus bewusst – zu erkennen gegeben hat, dass er gegenüber den durch das Suchtmittelgesetz rechtlich geschützten Werten eher gleichgültig eingestellt ist. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass er durch sein Verhalten anderen ebenfalls zu gesetzwidrigem Verhalten „verholfen“ hat. Diese Gründe allein rechtfertigen nach § 65 Abs. 1 SPG idF BGBl. I Nr 114/2007 die vorgenommene erkennungsdienstliche Behandlung, ist doch auf Grund der Art der Tat und den Tatumständen der Schluss gerechtfertigt, dass das deliktische Verhalten des Beschwerdeführers kein Einzelfall gewesen ist und bleibt bzw. bleiben könnte. Daran vermag auch die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nichts zu ändern, ist diese doch von der Zufälligkeit getragen, dass gerade in der Suchtgiftkriminalität strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt wird, wie auch der vorliegende lange Tatzeitraum beweist.

Weiters war noch der Frage nach zu gehen, ob nicht aus bestimmten anderen Gründen die gesetzten erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen den in § 51 SPG normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen haben könnten. Hiezu stellt die DSK fest, dass sich diese Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer als einer Person gerichtet haben, von der mit Grund angenommen werden konnte, dass von ihr eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit anderer ausgeht. Dem evidenten öffentlichen Interesse an der effektiven Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität und dem damit insbesondere auch im Zusammenhang stehenden Schutz der Jugend vor gesundheitlichen, aber auch „sozialen“ Schäden und der Eindämmung der Verbreitung von Suchtgift in der Bevölkerung (insbesondere eben auch gegenüber meist jugendlichen Personen) steht das Datenschutzinteresse des Beschwerdeführers gegenüber. Bei dieser Abwägung hegt die DSK keinen Zweifel, dass das erstgenannte Interesse (sowohl für den Einzelnen als auch für die Allgemeinheit) das Datenschutzinteresse überwiegt. Dies auch unter dem Aspekt, dass gemäß § 73 Abs. 1 Z 4 SPG erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 leg. cit. ermittelt worden sind, von Amts wegen unter den dort näher genannten Voraussetzungen zu löschen sind. Der Gesetzgeber hat dadurch bewusst jene Fälle datenschutzrechtlich geregelt, in denen sich ein begründeter, die erkennungsdienstlichen Maßnahmen rechtfertigender Verdacht letztlich doch nicht als beweisbar herausgestellt hat.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der die Eignung des Mittels der Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten zur Prävention von Suchtgiftkriminalität ganz allgemein in Zweifel zieht, ist noch Folgendes zu entgegnen: § 65 Abs. 1 SPG nimmt zum einen, im Gegensatz zu § 67 Abs. 1 SPG für den Fall der Verarbeitung von DNA-Daten, keinen Bezug auf die Eignung des Mittels, sondern legt vielmehr die Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten als ein geeignetes Mittel für die sicherheitspolizeiliche Tatprävention fest. Zum anderen fordert das Gesetz auch im Fall der Verwendung von DNA-Daten nur die abstrakte Eignung des Mittels, nicht aber dessen erwiesene kriminalpolitische Effektivität über den Einzelfall hinaus (vgl dazu den Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Juli 2007, GZ: K120.925/0014-DSK/2007, RIS). Die Annahme, dass der Beschwerdeführer im Fall neuerlicher Delinquenz etwa an Hand seines Lichtbilds oder seiner Fingerabdrücke auf Verpackungsmaterial als Weitergeber, Besitzer oder Abnehmer von Suchtgift identifiziert werden könnte, ist jedenfalls plausibel und zulässig (vgl. dazu etwa VwGH Erkenntnis vom 19. September 2006, VwSlg 17006 A/2006). Damit war die Verarbeitung dieser Daten gemäß § 65 Abs. 6 SPG zulässig.

Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin stellte daher keine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten dar, weshalb die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen war.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof ( VwGH ) mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2009, Zl. 2009/17/0196-3, ohne vorherige Anhörung der Datenschutzkommission als bereits dem Inhalt nach unbegründet gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:

Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs, und des Bescheidinhalts führt der VwGH aus:

„Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 des Datenschutzgesetzes 2000, BGB1. 1 Nr. 165/1999, regelt das Grundrecht auf Datenschutz wie folgt:

“§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) ...“

Nach § 65 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (in der Folge: SPG), BGBl. Nr. 566/1991 in der Fassung durch BGBl. I Nr. 114/2007, sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.

Ein gefährlicher Angriff ist gemäß § 16 Abs. 2 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand nach (Z. 4) dem Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, handelt, es sei denn um den Erwerb oder Besitz eines Suchtmittels zum eigenen Gebrauch.

Nach § 27 Suchtmittelgesetz, BGBl. I Nr. 112/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2007 ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer (Abs. 1 Z. 1) Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt, befördert, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft oder (Z. 2) Opiummohn, den Kokastrauch oder die Cannabispflanze zum Zweck der Suchtgiftgewinnung anbaut.

Gemäß § 27 Abs. 2 leg. cit. ist derjenige, der die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist jedoch gemäß § 27 Abs. 4 SMG zu bestrafen, wer (Z. 1) durch eine Straftat nach Abs. 1 Z. 1 oder 2 einem Minderjährigen den Gebrauch von Suchtgift ermöglicht und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Novelle zum SPG, BGBl. I Nr. 114/2007, hätte eine inhaltliche Änderung des § 65 Abs. 1 SPG gebracht. Die Beschwerdeausführungen lassen sich dahin zusammenfassen, dass eine inhaltliche Änderung des SPG nicht erfolgt sei, sodass - wie dies auch in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck gekommen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Z1. 2007/21/0341) - im Falle des Verdachts einer mit Strafe bedrohten Handlung eine erkennungsdienstliche Behandlung nur dann zulässig wäre, wenn diese zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich erscheinen muss.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der hier allein entscheidungswesentlichen Frage einer inhaltlichen Änderung des § 65 SPG durch die Novelle BGBI. I Nr. 114/2007 in seinem Erkenntnis vom 18. Mai 2009, Zl. 2009/17/0053, auf das hier gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, ausgeführt, dass er im Hinblick auf den geänderten Gesetzestext seine bisherige, zur früheren Rechtslage ergangene Rechtsprechung nicht aufrecht zu erhalten vermöge; der Verwaltungsgerichtshof gehe daher davon aus, dass im zweiten Fall des § 65 Abs. 1 SPG bereits eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit, die an der verwirklichten Tat anknüpfe, für die Annahme ausreiche, die erkennungsdienstliche Behandlung sei zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers veranlassen den Verwaltungsgerichtshof nicht, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer über viele Jahre Cannabis angebaut und Suchtgift konsumiert habe; die sehr lange Dauer der einschlägigen Tathandlungen lasse den Schluss auf gewohnheitsmäßiges Handeln zu. Dazu komme noch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch Jugendlichen (darunter seinem eigenen Sohn) den Zugang zu Cannabisprodukten eröffnet habe, womit er nicht nur entgegen Wortlaut, Sinn und Zweck der einschlägigen Gesetze deren Gesundheit gefährdet habe, sondern auch durch diese deliktischen Handlungen, deren Strafbarkeit ihm durchaus bewusst gewesen sei, zu erkennen gegeben habe, dass er gegenüber den durch das Suchtmittelgesetz rechtlich geschützten Werten eher gleichgültig eingestellt sei. Diese Gründe rechtfertigten nach § 65 Abs. 1 SPG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 114/2007 die vorgenommene erkennungsdienstliche Behandlung, sei doch auf Grund der Art der Tat und den Tatumständen der Schluss gerechtfertigt, dass das deliktische Verhalten des Beschwerdeführers kein Einzelfall gewesen sei bzw. bleiben könne. Daran vermöge auch die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nichts zu ändern, sei diese doch von der Zufälligkeit getragen, dass gerade in der Suchtgiftkriminalität strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt werde, wie auch der hier gegebene lange Tatzeitraum beweise. Dem kann der Verwaltungsgerichtshof auch unter Berücksichtigung der Beschwerdeausführungen nicht entgegentreten.

Gegen die - zutreffenden - Ausführungen der belangten Behörde zur Frage der Abwägung nach § 51 SPG bringt die Beschwerde nichts weiter vor.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.“

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