JudikaturDSB

K121.535/0004-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Dr. BLAHA, Dr. HEISSENBERGER, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 10. Juli 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Mag. Hartmut S*** in H*** (Beschwerdeführer), vertreten durch M*** Rechtsanwälte GmbH, vom 2. Juni 2009, gegen die Parlamentsdirektion in Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird z u r ü c k g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, iVm Art. 33 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl Nr. 1/1930 idgF, iVm § 21 Abs. 3 und § 22 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 (GOG-NR), BGBl Nr. 410/1975 idgF.

B e g r ü n d u n g

Der Beschwerdeführer behauptete mit Schreiben vom 2. Juni 2009 (ha. eingelangt am 5. Juni 2009) eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die Beschwerdegegnerin dadurch, dass er seit Jahresbeginn 2008 wiederholt in mehreren parlamentarischen Anfragen des Abgeordneten zum Nationalrat O*** im Zusammenhang mit verschiedenen Vorgängen im *** mit vollem Namen genannt worden sei. Diese Anfragen seien auch auf der Website www.parlament.gv.at veröffentlicht und enthielten Tatsachen und Behauptungen, welche seine eindeutig erkennbaren Geheimhaltungsinteressen (und die seiner Familie und des ***) verletzen. Einige Behauptungen seien objektiv unrichtig. Nach Ersuchen an die erste Präsidentin des Nationalrates seien die Veröffentlichungen anonymisiert worden, nunmehr seien aber unter den Anfragen *** XXIV.GP neuerlich Anfragen (diesmal an die Präsidentin des Nationalrates wegen der Anonymisierung) veröffentlicht worden. Darin werde dem Beschwerdeführer unterstellt, die Anonymisierung vom Sommer 2008 mittels politischer Interventionen herbeigeführt und damit eine Zensur erwirkt zu haben.

Der Beschwerdeführer beantragt daher – weil hinsichtlich evidenter Verletzungen des § 1 Abs. 1 DSG 2000 durch die Veröffentlichung parlamentarischer Anfragen im Internet ein Rechtsschutzdefizit bestehe –, über die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 aufgrund der nicht anonymisierten Veröffentlichung der parlamentarischen Anfragen (Anfragen *** XXIV. GP) auf der Website www.parlament.gv.at bescheidmäßig abzusprechen.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.

Gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 ist zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.

Zur Staatsfunktion „Gesetzgebung“ sind nach Adamovich/Funk/Holzinger , Österreichisches Staatsrecht, Band 2: Staatliche Organisation; Rz 26014, alle Verhaltensweisen von gesetzgebenden Organen zu verstehen. Dazu gehören Akte der parlamentarischen Versammlung selbst (zB Gesetzesbeschlüsse) und von Ausschüssen, aber auch von Organen (zB dem Präsidenten des Nationalrates und der Parlamentsdirektion) oder von Abgeordneten bei Ausübung ihres Berufes. Zur Gesetzgebung gehören insbesondere auch jene Tätigkeiten gesetzgebender Organe, die das B-VG unter dem Titel „Mitwirkung an der Vollziehung“ behandelt (Art. 50 bis 55 B-VG). Dem Bereich der Staatsfunktion Gesetzgebung sind auch die parlamentarischen Hilfsdienste zuzuordnen ( Adamovich/Funk/Holzinger , aaO, Rz 26015).

Schriftlich eingebrachte Anfragen von Mitgliedern des Nationalrates an einen Bundesminister oder die Präsidenten des Nationalrates selbst zählen zu jenen Angelegenheiten, die der Mitwirkung des Nationalrates an der Vollziehung zugehören. Weiters steht außer Zweifel, dass die Verteilung von schriftlichen Anfragen an die Abgeordneten, das Verfassen, Drucken lassen und Herausgeben der Stenografischen Protokolle wie auch der Anfragen selbst ebenso wie das Veröffentlichen dieser Anfragen zu den parlamentarischen Hilfsdiensten zählt.

Damit ist aber die verfahrensgegenständliche Angelegenheit als ein Akt der Gesetzgebung im Sinn des § 1 Abs. 5 DSG 2000 anzusehen, der von der Entscheidungsbefugnis der Datenschutzkommission ausgenommen ist.

Die Beschwerde war somit spruchgemäß zurückzuweisen.

Es wird darauf hingewiesen, dass im Entscheidungszeitpunkt der Name des Beschwerdeführers in keiner der genannten, auf der Website www.parlament.gv.at veröffentlichten Anfragen (mehr) vorkommt.

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