K121.502/0008-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Dr. BLAHA, Dr. HEISSENBERGER, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 10. Juli 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Dr. Viktor A*** (Beschwerdeführer), Rechtsanwalt in **** F***, vom 25. Jänner 2009 gegen die Bundespolizeidirektion Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Löschung in Folge Ablehnung eines Löschungsbegehrens betreffend Papierakten und PAD-Daten des Ermittlungsverfahrens Zl. B1/123**4/2007 der Bundespolizeidirektion Wien, Stadtpolizeikommando E***, durch Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 5. Juni 2008, GZ: P3/98**76/*5/2008, wird entschieden:
Rechtsgrundlagen : §§ 6 Abs. 1 Z 5, 8 Abs. 4 Z 1 und 2, 27 Abs. 1 und 3 sowie 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF in Verbindung mit § 13 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 25. Jänner 2009 datierenden und am 26. Jänner 2009 bei der Datenschutzkommission eingegangenen Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 5. Juni 2008, AZ: P3/98**76/*5/2008, ein von ihm gestelltes Löschungsbegehren (betreffend Löschung des Erhebungsaktes und der PAD-Daten) abgelehnt habe. Dieses bezog sich auf ein im Jahre 2007 anhängig gewesenes kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs (Polizeiinspektion D*** Straße, GZ: B1/123**4/2007), das durch Zurücklegung der Anzeige seitens der Staatsanwaltschaft Wien beendet worden sei. Die Beschwerdegegnerin habe sich bei Ablehnung der Löschung einerseits auf die Löschungssperre nach § 26 Abs. 7 DSG 2000 berufen, andererseits aber bereits vorab bekannt gegeben, dass die in den Allgemeinen Protokollen verarbeiteten Daten für Zwecke der Aktenverwaltung, insbesondere der Wiederauffindbarkeit einer Aktenkopie noch benötigt würden, und unstrukturierte Erhebungsakten nicht dem Löschungsrecht nach § 27 DSG 2000 unterliegen würden.
Die Beschwerdegegnerin brachte, von der Datenschutzkommission zur Stellungnahme aufgefordert, am 23. Februar 2009 unter Anschluss einer Kopie des sogenannten Kopienaktes sowie von Ausdrucken aus dem PAD vor, das fragliche Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts des Betrugs sei per 20. Oktober 2007 gemäß § 90 StPO beendet worden. Die Löschung der auf den Beschwerdeführer bezogenen KPA-Eintragung sei auf dessen Begehren hin veranlasst worden (Hinweis auf das ha. Beschwerdeverfahren Zl. K121.410). Betreffend des Ermittlungsverfahrens Zl. B1/123**4/2007 würden Protokolldaten (im Sinne der Praxis der Datenschutzkommission: „äußere Verfahrensdaten“) und elektronisch archivierte Aktenbestandteile (im Sinne der Praxis der Datenschutzkommission: „innere Verfahrensdaten“) mit Hilfe des Systems PAD gespeichert sowie ein Kopienakt (Papierakt) aufbewahrt. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers wäre eine Suche nach Namen oder Geburtsdaten im PAD entsprechend § 13 Abs. 2 SPG nicht möglich. Diese Datenanwendung erfolge für Zwecke der Aktenverwaltung und Verfahrensdokumentation während der Aufbewahrungsdauer eines Aktes, nicht jedoch als Evidenz sämtlicher kriminal- und sicherheitspolizeilicher Verfahren und schon gar nicht, wie vom Beschwerdeführer unterstellt, mit dem Zweck, den Eindruck zu erwecken, der Beschwerdeführer habe die ihm von dritter Seite zur Last gelegte Straftat doch begangen. Sicherheits- und kriminalpolizeilich könne es aber durchaus Abstufungen der Relevanz einer Verfahrensdokumentation je nach dem Grund für die Beendigung eines Strafverfahrens geben. Die Beschwerdegegnerin verwende seit 11. Dezember 2006 das System PAD (Version 2.0) im vollen Daten- und Funktionalitätsumfang, der sowohl die Datenanwendung „Allgemeine Protokolle“ laut Einlagebogen 040 als auch die Standardanwendung SA029 (Aktenverwaltung (Büroautomation)) umfasse. Die damit erfolgende elektronische Dokumentation von Aktenstücken sei auch zur Implementierung des elektronischen Daten- und Aktenaustausches mit den Staatsanwaltschaften gemäß Strafprozessreformgesetz notwendig. Eine nachträgliche Überprüfung und Löschung einzelner oder aller entsprechender Textdokumente und gar eine Änderung des Inhalts hinsichtlich einzelner von oft mehreren Betroffenen würde den Dokumentationscharakter der Datenanwendung ad absurdum führen. Hinsichtlich des Kopienaktes verweise die Beschwerdegegnerin auf die ständige Spruchpraxis der Datenschutzkommission zu dieser Frage.
Der Beschwerdeführer führte nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit Stellungnahme vom 11. April 2009 aus, die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin unterstreiche mehr als deutlich die Notwendigkeit der Datenlöschung und die Begründetheit der Beschwerde, da die Beschwerdegegnerin erkennbar von verschiedenen Graden der Unschuldsvermutung ausgehe. Eine derartige „Stigmatisierung“ sei für den Beschwerdeführer als zu besonderer Rechtstreue verpflichtetem Rechtsanwalt besonders schwerwiegend.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob dem Beschwerdeführer hinsichtlich des Erhebungsaktes und der PAD-Daten betreffend das Ermittlungsverfahren GZ: B1/123**4/2007 ein Löschungsrecht zukommt.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Gegen den Beschwerdeführer, der als Rechtsanwalt und Strafverteidiger praktiziert, wurde im Jahr 2007 von Seiten eines früheren Mandanten, der den Beschwerdeführer in Strafwie Zivilverfahren beauftragt und ihm Vollmacht erteilt hatte, nach Kündigung des Auftrags- und Vollmachtsverhältnisses Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwaltskammer mit der Behauptung erstattet, der Beschwerdeführer habe Akontozahlungen bzw. Honorarvorschüsse in Höhe von Euro 800,-- „verschwinden“ lassen bzw. nicht ordnungsgemäß abgerechnet. Mit Verfügung vom 7. September 2007 erteilte in dieser Sache das Bezirksgericht U*** entsprechend einem Antrag des öffentlichen Anklägers (Staatsanwaltschaft Wien, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht U***) vom 4. September 2007 der Beschwerdegegnerin (z.Hd. des Stadtpolizeikommandos Wien-E*** als der die folgenden Ermittlungen leitenden Dienststelle) den Auftrag, den Beschwerdeführer als Verdächtigen einzuvernehmen und einen Strafregisterauszug beizuschaffen. Der Beschwerdeführer wurde am 1. Oktober 2007 als Verdächtiger von Beamten der Polizeiinspektion (PI) D*** Straße zur Sache befragt. Die darüber aufgenommene Niederschrift wurde unter Anschluss eines Personalblattes mit den Daten des Beschwerdeführers, der von ihm anlässlich der Einvernahme vorgelegten Urkundenkopien (u.a. Honorarnoten, Aufträge und Vollmachten, Aktenvermerk, Schriftsatz an die Rechtsanwaltskammer vom September 2007) und eines Strafregister-, eines PI, EDE- und eines KPA-Auszugs (alle negativ) betreffend den Beschwerdeführer am 4. Oktober 2007 zu GZ: B1/123**4/2007 dem Bezirksgericht U*** „nach Entsprechung rückgemittelt“.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der der Datenschutzkommission vorliegenden Kopie des Kopienakts zu GZ: B1/123**4/2007, insbesondere der Kopie von Seite 1 des gerichtlichen Antrags- und Verfügungsbogens (AZ: *2 U *45/07g des BG U***, AZ: 1*4 BAZ **34/07i der Staatsanwaltschaft Wien), dem Strafregister-, PI, EDE- und KPA-Auszugs vom 1. Oktober 2007, der Niederschrift vom 1. Oktober 2007 mit angeschlossenem Personalblatt sowie den erwähnten, vom Beschwerdeführer zu seiner Entlastung vorgelegten Beweisurkunden. Alle diese Ermittlungsergebnisse stehen im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
Zu dem gegenständlichen kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren (in der Terminologie vor dem Strafprozessreformgesetz: sicherheitsbehördliche Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz) werden im Protokollier-, Anzeige- und Datensystem (kurz: PAD, eine technische Systembezeichnung, für deren Akronym mehrere Varianten von Klarbezeichnungen existieren) von der Beschwerdegegnerin folgende strukturierte äußere Verfahrensdaten (auch: Protokolldaten) betreffend den Beschwerdeführer verarbeitet (nur befüllte Datenarten):
Personen Daten:
Personen-Rolle: Beschuldigter
Familienname: A***
Vorname: Viktor
Geburtsdatum: **.**.19**
Geb. Ort/Bezirk: ****/N***
Geb. Bundesl./Staat: N***/Österreich
Staatsangehörigkeit: Österreich
Familienstand: ****
Vorname-Vater: Viktor
Vorname-Mutter: Paula
PLZ/Ort: ****/N***
Bezirk: N***
Bundesland: N***
Staat: Österreich
Straße: G***straße
ONr/Hausnr.: **
Stiege: **
Tür/Top: **
Art: Hauptwohnsitz
Telefon :
Vorwahl: +43**
Rufnummer: ******
Berufe :
Bezeichnung: Rechtsanwalt
Dokumente :
Dokumentenart: Dienstausweis [als unbedenkliche
Legitimation gekennzeichnet]
Nummer: R098**7
Ausstellungsbehörde: Rechtsanwaltskammer
Ausstellungsland: Österreich
Ausstellungsort: N***
ausgestellt am: **.**.19**
Weitere Angaben zur Person :
Nettoeinkommen: **00,00
Vermögen: ****
Sorgepflichten: ****
Mit diesen Daten sind folgende Vorfalls- bzw. deliktsbezogene Daten unter der Generalbezeichnung „Aktenliste“ und der Aktenzahl. B1/123**4/2007 verknüpft:
Schlagwort/Delikt : BETRUG
Rechtsmaterie: STGB
Paragraph: 146
Kategorie: Strafbare Handlungen gegen
fremdes Vermögen
[als „geklärt“ gekennzeichnet]
Zusatz: Einvernahme
Vorfallsort/Zeit :
Art: Tatort
Plz/Ort: ****/N***
Bez/Bld/Staat: Wien/Wien/Österreich
Straße: G****straße
ONr/HNr: ****
Stiege: *
Tür/Top: *
Tatort (EKIS): Wien D*** Str. PI
Tatzeit: 08.06.2007
Objekte und Sachen :
Bezeichnung: Bargeldbestände
Pfad: Objekte und Sachen\Kategorie
Vermögenswerte sonstige\Bargeldbestände\
Rolle: Unterschlagenes Objekt
Anzahl: 1
Kaufpreis p. Stk €: 800,00
Wert p.Stk €: 800,00
Modus Operandi, Tatmittel und Tatörtlichkeit :
Operandi: KAUTIONSBETRUG (637)
Tatörtlichkeit: BUERORAUM/BETRIEB (737)
Kurzsachverhalt :
Datum: 01.10.2007
Kurzsachverhalt für Sicherheitsmonitor: [positiv
gekennzeichnet]
Beschreibung: Der Geschädigte gibt an, dass sein
RA bei der Abrechnung von
Leistungen und Akontozahlungen
zuwenig rücküberwies.
Weiters erfasst sind Versandziele, bearbeitende Beamte und Daten weiterer Dritter (des Anzeigers/Geschädigten). Zu dem gegenständlichen kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren (in der Terminologie vor dem Strafprozessreformgesetz: sicherheitsbehördliche Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz) werden im PAD von der Beschwerdegegnerin weiters folgende innere Verfahrens- und Dokumentationsdaten verarbeitet:
Die übrigen Aktenteile liegen nur in Form eines Papieraktes (Kopienaktes) als Sammlung von Urkunden unter der GZ: B1/123**4/2007 vor.
Das gegen den Beschwerdeführer anhängig gewesene Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Wien nach Vorliegen der Ermittlungsergebnisse der Beschwerdegegnerin am 30. Oktober 2007 durch Zurücklegung der Strafanzeige gemäß § 90 StPO (alt) rechtskräftig beendet. Die Beschwerdegegnerin erfuhr davon durch Mitteilung der Polizeiabteilung bei der StA Wien vom 6. Juni 2008, GZ: E1/4***35/2008.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den Kopien und Ausdrucken, die die Beschwerdegegnerin als Beilagen zur Stellungnahme vom 23. Februar 2009, GZ: P3/154810/54/2008, vorgelegt hat, namentlich den Ausdrucken der äußeren Verfahrensdaten (Beilage 4) und der Dokumentationsdaten (Beilage 3) sowie der zitierten Mitteilung vom 6. Juni 2008, GZ: E1/4***35/2008.
Der Beschwerdeführer richtete am 25. Mai 2008 ein Löschungsbegehren an die Beschwerdegegnerin, in dem er forderte, „sämtliche“ zu seiner Person im Zusammenhang mit den gegenständlichen Ermittlungen „verarbeiteten Daten...insb. im KPA [Anmerkung: Löschung erfolgt, in diesem Verfahren nicht gegenständlich], in den Allgemeinen Protokollen und in den entsprechenden Erhebungsakten zu löschen“.
Am 5. Juni 2008 wurde dieses Löschungsbegehren von der Beschwerdegegnerin mit Schreiben GZ P3/98**76/*5/2008 begründet abgelehnt.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den Kopien der entsprechenden Schreiben, die der Beschwerdeführer als Beilage zur Beschwerde vom 25. Jänner 2009 vorgelegt hat.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundsätze“:
„ § 6 . (1) Daten dürfen nur
§ 8 Abs. 4 Z 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:
„(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 26 Abs. 7 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Auskunftsrecht“:
„(7) Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen darf der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten und im Falle der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens nicht vernichten.“
§ 27 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Recht auf Richtigstellung oder Löschung“:
„ § 27 . (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar
Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, daß ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und daß der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist; die Zulässigkeit der Weiterverwendung für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ergibt sich aus den §§ 46 und 47.“
§ 31 Abs. 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Beschwerde an die Datenschutzkommission“:
„(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.“
§ 13 SPG idF BGBl. I Nr. 151/2004 lautet unter der Überschrift „Kanzleiordnung“:
„ § 13 . (1) Die formale Behandlung der von den Sicherheitsdirektionen, den Bundespolizeidirektionen und den Polizeikommanden (§ 10) zu besorgenden Geschäfte ist vom Bundesminister für Inneres jeweils in einer einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen. Für die Bundespolizeidirektion Wien können, soweit dies wegen der Größe dieser Behörde erforderlich ist, Abweichungen von der sonst für die Bundespolizeidirektionen geltenden Kanzleiordnung vorgesehen werden.
(2) Der Bundesminister für Inneres, die Sicherheitsdirektionen, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden sind ermächtigt, sich bei der Wahrnehmung gesetzlich übertragener Aufgaben für die Dokumentation von Amtshandlungen und die Verwaltung von Dienststücken der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu bedienen. Zu diesen Zwecken dürfen sie Daten über natürliche und juristische Personen sowie Sachen verwenden, auf die sich der zu protokollierende Vorgang bezieht, wie insbesondere Datum, Zeit und Ort, Fahrzeugdaten, Betreff und Aktenzeichen samt Bearbeitungs- und Ablagevermerken sowie Namen, Rolle des Betroffenen, Geschlecht, frühere Namen, Aliasdaten, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnanschrift und andere zur Erreichbarkeit des Menschen dienende Daten. Soweit es erforderlich ist, dürfen auch sensible Daten (§ 4 Z 2 DSG 2000) sowie Daten im Sinne des § 8 Abs. 4 DSG 2000 verwendet werden. Die Auswählbarkeit von Daten aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nur nach dem Namen und nach sensiblen Daten darf nicht vorgesehen sein, vielmehr ist für die Auswahl ein auf den protokollierten Sachverhalt bezogenes weiteres Datum anzugeben.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
1) Die Frage, wann Daten des PAD (spätestens) zu löschen sind, stellt sich nach Meinung der Datenschutzkommission in identer Weise für die „äußeren“ Verfahrensdaten wie für die im PAD 2.0 auch enthaltenen elektronischen Textdokumente. Die folgenden Erwägungen beziehen sich daher gleichermaßen auf alle Eintragungen über den Beschwerdeführer im PAD-System der Beschwerdegegnerin.
2) Der Beschwerdeführer hat die Löschung aller Daten über die seinerzeit gegen ihn eingeleiteten kriminalpolizeilichen Ermittlungen mit der sinngemäßen Begründung verlangt, dass
1. diese nicht mehr benötigt würden, da sich seine Unschuld erwiesen habe (überdies sei das kriminalpolizeiliche Ermittlungsverfahren ohnehin im Gerichtsakt dokumentiert);
2. die weitere Verarbeitung dieser Daten geeignet sei, nach wie vor den Verdacht zu erwecken, er habe die ihm zur Last gelegten Straftaten doch begangen, und sein Ansehen als Angehöriger eines Standes, dem besondere Rechtstreue abverlangt werde, zu gefährden;
3. die Verwendung dieser Daten innerhalb des PAD eine besondere Gefährdung der zu 1. und 2. aufgezählten Interessen bedeute, da die Daten in diesem System leicht missbräuchlich abgefragt und verwendet werden könnten.
Die Frage der Geltung einer Löschungssperre nach § 26 Abs. 7 DSG 2000 spielt, obwohl von der Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer entgegen gehalten, hier keine entscheidende Rolle, da die Beschwerdegegnerin die Ablehnung des Löschungsbegehrens nicht tragend mit diesem Formalhindernis begründet hat.
a) Zur Zurechnung der PAD Daten bei gerichtlich beauftragten Ermittlungen:
Es stellt sich hier zunächst die Frage, wem die gegenständlichen Daten zuzurechnen sind, wurden doch die Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer nicht auf eigene Initiative der Beschwerdegegnerin als Sicherheitsbehörde, sondern noch auf Grund der Rechtslage vor Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes auf ausdrücklichen Auftrag des Bezirksgerichts U*** hin durchgeführt. Bei einer Zurechnung an das Gericht wäre die Datenschutzkommission gemäß §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 DSG 2000 zur Entscheidung unzuständig, da diesfalls ein „Akt der Gerichtsbarkeit“ vorläge.
Das Gericht hat jedoch nur den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens, keineswegs aber den genauen Inhalt der unter C) festgestellten Datenverwendung festgelegt. Wie bei der Datenschutzkommission amtsbekannt, ist das System PAD im gesamten Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (allen Bundespolizeibehörden und Polizeikommanden) in Gebrauch, wobei die Funktionalität und die Systemanforderungen zentral festgelegt worden sind. Folglich hat nicht ein Gericht - oder im neuen System der StPO: eine Staatsanwaltschaft -, das bzw. die einen Ermittlungsauftrag an kriminalpolizeiliche Dienststellen erteilt, (die Entscheidung über die Datenverarbeitung iSd § 4 Abs. 4 DSG 2000 getroffen) und kommen damit nicht ipso facto und im gesamten Umfang des Sachgegenstandes als datenschutzrechtliche Auftraggeber in Frage. Die Datenverwendung ist daher der Beschwerdegegnerin zuzurechnen.
b) Zur Zulässigkeit der Speicherung von Verfahrensdaten nach Verfahrensbeendigung durch Einstellung/Zurücklegung:
Der Beschwerdeführer bestreitet, dass nach Einstellung kriminalpolizeilicher Ermittlungen die weitere Speicherung von Verfahrensdaten für ihren Ermittlungszweck erforderlich sei, da er unbescholten sei. Er schließt daraus auf eine generelle Löschungsverpflichtung betr. alle aktenmäßigen Aufzeichnungen samt Aktensuchbehelfen über diese Ermittlungen; dies umso mehr, als aus der weiteren Datenspeicherung Gefahr für die Vermutung seiner Unschuld drohe.
Die Suche nach gesetzlichen Regelungen über die zulässige Dauer der Aktenspeicherung führt im vorliegenden Fall zunächst zur StPO, da die beschwerdegegenständlichen Daten für Zwecke der Kriminalpolizei ermittelt wurden: Die §§ 95 – 97 StPO enthalten unter der Überschrift „Protokollierung“ Regelungen betr. die Pflicht und Art und Weise der Dokumentation von „bedeutsamen Vorgängen“ im Verfahrensverlauf; darunter finden sich aber keine Anordnungen hinsichtlich der zulässigen Dauer der Aufbewahrung des Dokumentationsmaterials. Weiters enthält § 18 StPO unter der Überschrift „Kriminalpolizei“ in seinem Abs. 2 die Vorschrift, dass „die Kriminalpolizei den Sicherheitsbehörden (obliegt), deren Organisation und örtliche Zuständigkeit sich nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung richtet“. Die „Organisation der Sicherheitsverwaltung“ ist im 2. Hauptstück des SPG (§§ 2 – 15c) geregelt. Dort finden sich in § 13 Regelungen über das Kanzleiwesen bei den Sicherheitsbehörden, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden, die im Wege des § 18 StPO im vorliegenden Fall kriminalpolizeilicher Ermittlungen Anwendung zu finden haben. Hinsichtlich der erlaubten Dauer der Aufbewahrung von Daten in Akten und Kanzleisuchbehelfen enthält jedoch auch § 13 keine besondere Regelung.
Die §§ 51 ff des SPG (insbes. § 63 SPG) können im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, da sie nur die Verwendung von Daten für sicherheitspolizeiliche Zwecke, nicht aber für kriminalpolizeiliche Zwecke betreffen.
Hinsichtlich des § 13 SPG vertritt der VfGH in nunmehr ständiger Judikatur (vgl. die Erk. B1158/03, B1590/03, B3517/05 u.a.m.) die Rechtsansicht, dass „die Verarbeitung personenbezogener Daten über Personen, auf die sich sicherheitspolizeiliche Maßnahmen beziehen, nicht dem inneren Dienst zugerechnet werden können, soweit damit deren Rechtsposition gestaltet wird. Es sind damit die Regelungen des Sicherheitspolizeigesetzes über das Verwenden personenbezogener Daten anzuwenden“. Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um kriminalpolizeiliche Daten, sodass das Sicherheitspolizeigesetz schon deshalb – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Organisation und örtliche Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden (vgl. § 18 Abs. 1 StPO) - nicht zur Anwendung kommen kann, doch ist aus dem Verbot der Zurechnung von Aufzeichnungen von personenbezogenen Daten über Außenstehende zum „inneren Dienst“ zu folgern, dass Regelungen im Bereich der Aktenverwaltung, die die Rechtssphäre von Außenstehenden berühren, nicht durch interne Weisung mit rechtlicher Außenwirkung getroffen werden können, sondern nur durch gesetzliche Anordnung. Skartier- oder Kanzleiordnungen mit dem Charakter interner Organisationsvorschriften kommen daher als relevante Regelungen über die zulässige Speicherdauer von Akten/Aktensuchbehelfen nicht in Betracht.
Somit kann nur auf die allgemeinen Grundsätze des § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 über die zulässige Speicherdauer von personenbezogenen Daten zurückgegriffen werden: Nach § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 dürfen „Daten nur solange in personenbezogener Form aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist; eine längere Aufbewahrungsdauer kann sich aus besonderen gesetzlichen, insbesondere archivrechtlichen Vorschriften ergeben“.
Die Datenschutzkommission ist der Ansicht, dass es im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 einer „besonderen gesetzlichen Vorschrift“ über die Aufbewahrungsdauer jedoch im vorliegenden Fall nicht bedarf, da schon „die Erreichung der Zwecke, für die (die Daten) ermittelt wurden“ eine Aufbewahrung der Verfahrensdokumentation über die Verfahrensdauer hinaus erfordert.
Entscheidend ist hiebei, dass auch Verfahren, die zur Einstellung oder zum Freispruch geführt haben, unter Umständen nach ihrem Abschluss wieder eröffnet werden können (vgl. insbes. das XX. Hauptstück der StPO „Von der Wiederaufnahme und der Erneuerung des Strafverfahrens sowie der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ und auch das 10. Hauptstück über die „Einstellung, Abbrechung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens“). Schon dies setzt augenfällig voraus, dass eine Dokumentation über den bisherigen Verfahrensverlauf in jedem Fall auch nach dem Verfahrensabschluss noch vorhanden sein muss.
Auch würde die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach das bloße Vorhandensein von Verfahrensdokumentation die Geltung der Unschuldsvermutung für ihn gefährde – konsequent durchdacht – dazu führen müssen, dass nicht nur die Akten über kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei den Sicherheitsbehörden, sondern auch alle Akten nach Einstellungen oder Freisprüchen bei den Strafgerichten oder der Staatsanwaltschaft umgehend zu vernichten wären. Damit ginge aber auch jeder Nachweis eines erfolgten Freispruchs oder einer Verfahrenseinstellung durch die Anklagebehörde verloren. Diese Nachweisbarkeit der „Unschuld“ ist vom Zweck des Strafverfahrens mit umfasst, da hiebei ja nicht nur alles zu berücksichtigen ist, was die Schuld des Verdächtigen nachweisen könnte, sondern auch alles, was seine Unschuld beweist. Tatsache ist jedenfalls, dass eine Vorgangsweise, wonach etwa Gerichtsakten im Falle eines Freispruchs des Angeklagten sofort zu vernichten wären, der österreichischen Rechtspraxis völlig fremd ist.
Vielmehr ist es – ganz abgesehen von einer möglicherweise notwendigen neuerlichen Verfahrensdurchführung – für einen Rechtsstaat unerlässlich, dass Dokumentation über staatliches Handeln in Aktenform mindestens so lange vorhanden ist, als die unterschiedlichen, zur Prüfung der Rechtmäßigkeit außerhalb von Rechtsmittel- und fristgebundenen Beschwerdeverfahren berufenen Institutionen ihre Prüfkompetenz ausüben dürfen. Diese Aufbewahrung der Dokumentation über staatliches Handeln zum Zweck der Nachprüfbarkeit seiner Rechtmäßigkeit ist als vom „Zweck der Ermittlung“ mitgetragen anzusehen. Die Annahme einer Pflicht zur sofortigen Vernichtung der Verfahrensdokumentation nach Verfahrensbeendigung würde demgegenüber die Gefahr der Förderung von Rechtswillkür und Korruption in sich bergen, da Organwalter – und von ihnen begünstigte Außenstehende – die nachgängige Kontrolle von staatlichem Handeln auf seine Rechtmäßigkeit hin in weit geringerem Maße fürchten müssten als bisher. Gerade im Zusammenhang mit kriminalpolizeilichen Ermittlungen ist aber die nachgängige Überprüfbarkeit der Vorgangsweise der kriminalpolizeilichen Organwalter für die Effektivität eines Rechtsstaates von besonderer Bedeutung. Dass eine Pflicht zur Aufbewahrung von Akten auch nach Verfahrensbeendigung in der österreichischen Rechtsordnung ganz generell als selbstverständliches Erfordernis in einem Rechtsstaat vorausgesetzt wird, ergibt sich im Übrigen auch aus zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen. So wird etwa in den §§ 5 ff des Bundesarchivgesetzes, BGBl I Nr. 162/1999 idgF, auf die Skartierung von Akten ausdrücklich Bezug genommen, d.h. auf die Praxis, dass Akten während einer gewissen, mehrere Jahre dauernden „Skartierfrist“ jedenfalls aufzubewahren sind, und erst dann darüber entschieden wird, ob sie vernichtet oder infolge Archivwürdigkeit dem Staatsarchiv zur dauernden Aufbewahrung übergeben werden. Auch sämtliche gesetzlichen Vorschriften über die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungshandelns außerhalb von Rechtsmittel- oder fristgebundenen Beschwerdeverfahren, wie etwa die Tätigkeit der Volksanwaltschaft oder des Rechnungshofs – aber auch der Datenschutzkommission –, setzen voraus, dass Verfahrensdokumentation auch nach Abschluss von Verwaltungsverfahren für einen bestimmten Zeitraum noch vorhanden ist.
c) Die vorstehenden Erwägungen über die Erforderlichkeit der Aufbewahrung von Verfahrensakten stehen nur scheinbar im Widerspruch zu dem Anliegen des Beschwerdeführers:
Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass die Aufbewahrung der Verfahrensdokumentation nach Verfahrensbeendigung nicht mehr erforderlich sei, sobald sich die Unschuld eines Verdächtigten herausgestellt habe, wird von ihm vorrangig aus Sorge vor der Präjudizierung künftiger Meinungsbildung über seine Person durch allfälligen Rückgriff (von Polizeiorganen) auf die bereits bestehende Verfahrensdokumentation im Falle der Untersuchung später eingetretener neuer Sachverhalte. Tatsächlich sind derartige Befürchtungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Die besondere Eingriffsintensität einer derartigen Verwendung von Daten in die Grundrechtssphäre des Betroffenen, insbesondere in die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte, gebietet es, den „Zweck der Ermittlung“ nach § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 bei strafrelevanten Daten eng zu ziehen und daher das Erheben von Daten zur Aufklärung eines bestimmten strafrelevanten Sachverhalts nicht gleichzusetzen mit dem generellen Zweck der Aufklärung von strafrelevanten Sachverhalten schlechthin.
Das Anliegen des Beschwerdeführers betrifft daher im Kern die Weiterverwendung von Verfahrensdaten für einen neuen – vom ursprünglichen Ermittlungszweck verschiedenen – Zweck , nämlich die Aufklärung anderer strafrelevanter Sachverhalte: Was der Beschwerdeführer unterbinden will, ist die Heranziehung der Dokumentation über bestimmte frühere Ermittlungsergebnisse zur Informationsgewinnung im Hinblick auf spätere, neue Vorfälle, die denselben Beschuldigten betreffen – eine Verwendung, die im Folgenden als „Informationsrückgriff“ bezeichnet werden soll.
Dass es tatsächlich notwendig sein sollte, zur Vermeidung eines derartigen Informationsrückgriffs die Dokumentation der Verfahrensdaten nach Verfahrensbeendigung umgehend zu löschen und dabei in Kauf zu nehmen, dass dadurch die Möglichkeit einer Wiedereröffnung oder der nachprüfenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Verfahrens vereitelt wird, wird von der Datenschutzkommission bestritten: Gerade seitdem das Handeln staatlicher Organe nahezu ausschließlich elektronisch dokumentiert wird, ist jeder Zugriff auf Verfahrensdokumentationsdaten kontrollierbar. Eine vom Gesetz nicht vorgesehene Weiterverwendung kann daher mit vernünftigem technischem und organisatorischem Aufwand unterbunden werden, sodass die Löschung generell nicht mehr als der einzige verlässliche Weg zur Vermeidung einer unerwünschten Weiterverwendung von Daten angesehen werden kann.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eine Äußerung der Beschwerdegegnerin, die er als abgestufte Geltung der verfassungsrechtlichen Unschuldsvermutung interpretiert, sinngemäß als Nachweis einer Gefährdung seines Geheimhaltungsrechts und damit als Begründung seines Löschungsanspruchs gelten müsste, kann nicht gefolgt werden. Aus einer mehrdeutigen Äußerung in einem Verfahren kann kein zwingender Grund abgeleitet werden, der eine Gefährdung des Grundrechts auf Datenschutz durch bevorstehenden „Informationsrückgriff“ belegt. Dass eine missbräuchliche Verwendung der PAD-Daten nicht ausgeschlossen werden kann, zeigt zwar eine denkmögliche Gefährdung seines Grundrechts auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1 DSG 2000) auf, vermag aber keinen Grund darzulegen, warum die Verarbeitung der Daten an sich unrechtmäßig und ein darauf gestützter Löschungs anspruch rechtmäßig sein sollte.
d) Im Übrigen hat auch der VfGH ausschließlich im Zusammenhang mit Verfahren betr. den wegen Grundrechtswidrigkeit aufgehobenen § 209 StGB eine generelle Löschungsverpflichtung elektronischer Dokumentationsdaten ausgesprochen. Außerhalb des Problembereichs des aufgehobenen § 209 StGB hat der VfGH die Zulässigkeit der Aufbewahrung strafrelevanter Daten für Zwecke des späteren Informationsrückgriffs bei neuerlichen strafrechtlichen Ermittlungen nicht generell verneint, sondern jeweils an eine vorhergehende Prüfung im Einzelfall unter Vornahme einer Interessensabwägung gebunden (vgl. etwa VfSlg 16149).
Dass die bei der Beschwerdegegnerin noch vorhandene Dokumentation von der Beschwerdegegnerin für den Zweck des Rückgriffs auf kriminalpolizeiliche Vorinformation über den Beschwerdeführer tatsächlich verwendet worden wäre und dadurch der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden wäre, hat der Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet. Die Frage, ob überhaupt und wenn ja, unter welchen Kautelen eine solche Weiterverwendung zulässig wäre, musste daher im vorliegenden Bescheid nicht abschließend beurteilt werden.
e) Hinsichtlich des Papieraktes wird auf die ständige Spruchpraxis beider Höchstgerichte des öffentlichen Rechts und der Datenschutzkommission verwiesen (VwGH Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086; VfGH Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, Zl. B1590/03), wonach ein Papierakt, der nicht die Merkmale einer manuellen Datei gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 aufweist, nicht dem Löschungsrecht gemäß § 27 DSG 2000 unterliegt. Aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist zu folgern, dass der Papierakt über das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer keine solche manuelle Datei ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.