JudikaturDSB

K121.477/0009-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HEILEGGER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Dr. KOTSCHY, Dr. BLAHA und Dr. STAUDIGL sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 05. Juni 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Karl P*** (Beschwerdeführer) aus H***, vertreten durch die R*** L*** Rechtsanwaltspartnerschaft in Z***, vom 3. Dezember 2008, modifiziert am 23. Februar 2009, gegen die Bezirkshauptmannschaft Kufstein (Beschwerdegegnerin) als Sicherheitsbehörde erster Instanz wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Verarbeitung erkennungsdienstlicher Daten wird entschieden:

- Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer durch die Verarbeitung (Ermittlung und Speicherung) seiner Lichtbilder und Fingerabdrücke vom 24. November 2008 bis zum 10. Februar 2009 in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt hat.

Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 1 und 2 sowie 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm §§ 16 Abs. 2, 65 Abs. 1 und 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 9. Dezember 2008 bei der Datenschutzkommission eingegangenen Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass er sich im Zuge eines kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts von Straftaten wider das Suchtmittelgesetz auf Aufforderung der ermittelnden Beamten am 24. November 2008 einer erkennungsdienstlichen Behandlung (Abnahme der Fingerabdrücke und Anfertigung von Lichtbildern) unterziehen musste. Die Aufforderung dazu sei „mit Duldungsanspruch“ jedoch ohne Anwendung oder Androhung von Befehls- oder Zwangsgewalt ausgesprochen worden. Der Beschwerdeführer sei jedoch lediglich unter Verdacht gestanden, von einem Kollegen namens Kurt V*** eine geringe Menge Cannabiskraut erhalten und konsumiert zu haben. Davon, dass Kurt V*** zu Hause Cannabispflanzen gezüchtet hatte, habe er nichts gewusst. Damit stand der Beschwerdeführer nicht im Verdacht, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, der gemäß § 65 SPG für eine erkennungsdienstliche Behandlung Anlass hätte geben können.

Die Beschwerdegegnerin brachte in ihrer Stellungnahme vom 15. Jänner 2009 unter Vorlage mehrerer Kopien aus den Akten der Bezug habenden kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren vor, der Beschwerdeführer sei im Amtshilfeweg auf Ersuchen der Polizeiinspektion T***, Bezirk Vöcklabruck, Oberösterreich im Zuge der Ermittlungen gegen Kurt V*** am 24. November 2008 zur Beschuldigtenvernehmung auf der Polizeiinspektion H*** erschienen. Er habe zu dem ihm vorgehaltenen Verdacht ausgesagt und den Konsum von ca. 1 Gramm Cannabiskraut gestanden, das er von Kurt V*** erhalten und geraucht habe, weiteren unregelmäßigen Konsum von Cannabisprodukten sowie das Faktum einer gemeinsamen Reise mit V*** nach Deutschland (Berlin bzw. Neustrelitz). Wegen dieser Verdachtslage (gestandener Eigenkonsum sowie Beteiligung an einer Schmuggelfahrt als Lenker – V*** habe die Einfuhr von Cannabiskraut, Cannabisharz und „Speed“ im Zuge der Rückreise von Deutschland nach Österreich gestanden), sei die erkennungsdienstliche Behandlung gerechtfertigt gewesen, wenn auch der Verdacht eines gefährlichen Angriffs im Sinne des SPG nach dem Ergebnis des Verfahrens nachträglich nicht erhärtet habe werden können. Daher sei, wie die Beschwerdegegnerin mit Schreiben (E-Mail) vom 10. Februar 2009 ergänzend mitteilte, die Löschung der erkennungsdienstlichen Daten veranlasst worden.

Nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahren brachte der Beschwerdeführer mit Äußerung vom 23. Februar 2009 vor, er habe erst nachträglich erfahren, dass V*** auf der Rückreise von Deutschland im Auto des Beschwerdeführers Suchtgift nach Österreich transportiert habe. Bereits im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung habe kein „vertretbarer Verdacht“ eines Wissens von der Einfuhr einer geringen Menge Suchtgifts für den Eigenkonsum durch V*** bestanden, überdies wäre auch ein solches Wissen kein ausreichender Grund gewesen, daraus Bedarf für eine erkennungsdienstliche Behandlung zur Prävention weiterer strafbarer Handlungen abzuleiten. Gleichzeitig schränkte der Beschwerdeführer sein Begehren darauf ein, die Rechtswidrigkeit der Verarbeitung (Ermittlung und Speicherung) erkennungsdienstlicher Daten vom 24. November 2008 bis zum 10. Februar 2009 festzustellen.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war, erkennungsdienstliche Daten des Beschwerdeführers vom 24. November 2008 bis zum 10. Februar 2009 zu verarbeiten.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Am 5. November 2008 wurde Kurt V*** im Zuge des zu GZ:B6/***12/2008-** geführten kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahrens der Polizeiinspektion (kurz: PI) T*** als Beschuldigter unter dem Verdacht des Vergehens nach § 28 Abs. 1 SMG einvernommen, nachdem im Zuge einer von V*** gestatteten freiwilligen Nachschau in seiner Wohnung bzw. im dazu gehörenden Kellerabteil Cannabispflanzen, Cannabisharz, Cannabiskraut sowie eine kleine Menge „Speed“ (Amphetamine) sichergestellt werden konnten. V*** gab an, das konsumfertige Suchtgift (6-7 Gramm Cannabisharz und 12 Gramm Cannabiskraut sowie „Speed“ in nicht näher bekannter Menge) auf einer im September 2008 gemeinsam mit dem Beschwerdeführer in dessen Pkw unternommenen Deutschlandreise in Berlin erworben und ohne dessen Wissen im Gepäck nach Österreich transportiert zu haben. Außerdem habe er dem Beschwerdeführer per Post einen Teil seiner „Ernte“ (2 Cannabisblüten) übersendet.

Der in H*** (Amtssprengel der Beschwerdegegnerin) wohnhafte Beschwerdeführer wurde am 24. November 2008 zu GZ: E1/98**1/2008-** auf Amtshilfeersuchen unter dem Betreff „Verd d Verg n d SMG“ (wohl: Verdacht des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz) als Beschuldigter vernommen. Er bestätigte die Angaben des V*** zu der gemeinsamen Reise nach Deutschland, sagte also ebenfalls aus, während der Reise keine Kenntnis von der Suchgifteinfuhr V***s gehabt und davon erst später erfahren zu haben. Weiters gestand er den Erhalt von ca. einem Gramm Cannabiskraut von V***, das er geraucht habe, sowie den früheren gelegentlichen Besitz und Konsum von Cannabisprodukten während der letzten vier Jahre.

Im Anschluss an seine Beschuldigtenvernehmung (24. November 2008, 16:08 bis 16:35 Uhr) wurde der Beschwerdeführer zwecks Verarbeitung der Daten für Zwecke der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden unter der auftraggeberischen Verantwortung der Beschwerdegegnerin ohne Androhung oder Anwendung von Befehls- und Zwangsgewalt erkennungsdienstlich behandelt (Abnahme der Fingerabdrücke sowie Anfertigen mehrerer Lichtbilder). Diese Daten wurden auf Grund eines parallel zur vorliegenden datenschutzrechtlichen Beschwerde bei der Sicherheitsdirektion für Tirol gestellten Löschungsantrags spätestens am 10. Februar 2009 gelöscht.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den vorliegenden Kopien aus den Akten der Bundespolizei (GZ: B6/***12/2008-** der PI T*** sowie E1/98**1/2008-** der PI H***) sowie ergänzend auf der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 15. Jänner 2009 (ohne Zahl) samt Ergänzung vom 17. Februar 2009. Sachverhaltsmäßig besteht kein Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers, lediglich die Feststellungen zur Verdachtslage betreffend Suchtgifteinfuhr wurden auf Grundlage der vorliegenden Aktenkopien klar im Sinne des Beschwerdevorbringens getroffen.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 16 Abs. 2 SPG lautet unter der Überschrift „Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung“:

§ 16 . (1) [...]

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand

§ 65 SPG idF BGBl. I Nr. 114/2007 lautet unter der Überschrift „Erkennungsdienstliche Behandlung“:

§ 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.“

§ 90 SPG lautete unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:

§ 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“

§ 27 Abs. 1 und 2 SMG lautet unter der Überschrift „Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften“

§ 27 . (1) Wer vorschriftswidrig

(2) Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) zur Zuständigkeitsfrage in Abgrenzung zum UVS (§ 90 SPG)

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018) wurde ermittelt, ob gegen den Beschwerdeführer anlässlich der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt oder ihm die Ausübung solcher zumindest angedroht worden ist. Diesbezüglich liegt kein Vorbringen und kein in diese Richtung deutendes Ermittlungsergebnis vor. Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission, über die vorliegende Beschwerde zu entscheiden, ist daher gemäß § 90 SPG gegeben.

b) in der Sache selbst wegen Geheimhaltung

Im Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018, fasst der Verwaltungsgerichtshof seine Auslegung von § 65 Abs. 1 SPG folgendermaßen zusammen:

„Für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG in der Fassung der SPG-Novelle 2002 ist es erforderlich, dass eine konkrete fallbezogene Prognose getroffen wird. Dabei hat sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl 2002/01/0320). Im Rahmen dieser so anzustellenden Überlegungen wird es - wie der neue Wortlaut des § 65 Abs. 1 SPG ausdrücklich klarstellt - immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig ist, ankommen. Dass (auch) die aktuelle Textierung des § 65 SPG eine rein abstrakte Betrachtungsweise verbietet, steht insoweit mit den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur SPG-Novelle 2002 (1138 BlgNR 21. GP 33) im Einklang, als dort neben der Art des begangenen Delikts die konkreten Umstände bei der Tatbegehung als Maßstab für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe als Parameter genannt werden.“

Wie aus der Betonung des Begriffs der „Prognose“ und des Zeitpunktes in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu folgern ist (vgl. etwa VwSlg 14879 A/1998, wo auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbildes einer gerichtlich strafbaren Handlung abgestellt ist, für den die Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zu beurteilen ist), muss vom Stand des Sachverhalts und vom zur Verfügung stehenden Wissen über den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgegangen werden, um die Voraussetzungen für diese faktische Amtshandlung zu beurteilen. Weiters kommt es auf die sich in der rechtswidrigen Verwirklichung eines entsprechenden Tatbildes manifestierende Gefährlichkeit der betreffenden Person an, während weitere Voraussetzungen der gerichtlichen Strafbarkeit außer Betracht zu bleiben haben (VwSlg 14879 A/1998).

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die geringfügige Änderung in der Textierung von § 65 Abs. 1 SPG (Ersatz der Wortfolge „sonst auf Grund von Umständen in der Person des Betroffenen oder nach der Art der begangenen mit Strafe bedrohten Handlung“ durch „sonst wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen“) durch BGBl. I Nr. 114/2007 seit 1. Jänner 2008 die oben dargestellte Auslegung dieser Bestimmung durch den VwGH nicht entwertet hat. Weiterhin ist eine Prognoseentscheidung geboten, die darauf abzustellen hat, ob das Mittel der erkennungsdienstliche Behandlung zur Prävention weiterer gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint.

Bei richtiger Würdigung der im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung vorliegenden Ergebnisse der Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer und Kurt V*** hätte die Beschwerdeführerin als Sicherheitsbehörde bzw. hätten die in Vollziehung des SPG als ihre Organe handelnden Beamten der Bundespolizei nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beschwerdeführer eines gefährlichen Angriffs im sicherheitspolizeilichen Sinne verdächtig war.

Da der Beschwerdeführer durch Kurt V*** am 5. November 2008 nur mit dem Besitz (Erhalt) von ein, maximal zwei Gramm Cannabiskraut belastet wurde, während nach Aussage des V*** der Beschwerdeführer von der Suchtgifteinfuhr aus Deutschland nichts gewusst habe, lag gegen den Beschwerdeführer kein über den Besitz von Suchtgift in kleiner Menge hinausreichender Anfangsverdacht vor. Dieser Verdacht konnte durch das glaubwürdige Geständnis des Beschwerdeführers am 24. November 2008 auch soweit erhärtet werden, als dieser den Besitz und Eigenkonsum eines „Joints“ (und einer nicht näher spezifizierten Menge anderer Cannabisprodukte über vier Jahre hin) gestand. Damit stand der Beschwerdeführer bei richtiger Würdigung des Sachverhalts im Verdacht der privilegierten Tatbegehungsform nach § 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 SMG.

Damit kam dem Beschwerdeführer die Ausnahmebestimmung des § 16 Abs. 2 letzter Halbsatz SPG zugute. Der Beschwerdeführer war damit bei richtiger Würdigung der Ermittlungsergebnisse zwar einer strafbaren, vorsätzlichen Handlung aber keines gefährlichen Angriffs nach § 16 Abs. 2 Z 4 SPG verdächtig.

Auf dieser Grundlage war eine konkrete, fallbezogene Prognoseentscheidung, der Beschwerdeführer müsse durch die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten von weiteren gefährlichen Angriffen abgehalten werden, nicht zu treffen. Der Wortlaut von § 65 Abs. 1 SPG lässt als Anlassfall zwar den Verdacht, „eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben“, genügen, aus dem logisch-systematischen Zusammenhang (arg „weiteren“) ist jedoch zu folgern, dass damit nicht jede gerichtlich strafbare Handlung (und schon gar nicht eine Verwaltungsübertretung, die dem Wortlaut nach ebenfalls eine „mit Strafe bedrohte Handlung“ wäre) gemeint sein kann, sondern nur die in § 16 Abs. 2 SPG als „gefährliche Angriffe“ qualifizierten gerichtlich strafbaren Vorsatztaten. Daraus folgt, dass aus dem Verdacht des Besitzes eines Suchtgiftes für den Eigengebrauch kein Präventionsbedarf hinsichtlich weiterer gefährlicher Angriffe abgeleitet werden kann, da dieses Delikt kraft gesetzlicher Definition schon rein begrifflich kein gefährlicher Angriff sein kann , dem weitere folgen könnten (Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. November 2008, GZ: K121.397/0015-DSK/2008, RIS).

Die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten war somit unzulässig, und der Beschwerdeführer wurde durch sie spruchgemäß in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt.

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