K120.983/0014-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Dr. STAUDIGL, Dr. BLAHA und Mag. HEILEGGER sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 05. Juni 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Heribert A*** in Wien (Beschwerdeführer), vertreten durch ***, Rechtsanwalt in Wien, vom 21. Juli 2004, gegen das Landespolizeikommando (ehemals: Landesgendarmeriekommando) für Niederösterreich (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten durch die Weigerung des Beschwerdegegners, im Zusammenhang mit sicherheitsbehördlichen Ermittlungen (Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz) verarbeitete Daten (insbesondere in Protokollbüchern, Erhebungsakten und Indexkarteien), zu löschen, wird nach teilweiser Aufhebung des ursprünglichen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 2008, Zl. 2005/06/0301-5, im dadurch wieder offenen Umfang betreffend die Protokollbuch-Eintragungen mit der Grundzahl 00* und 00* des Gendarmeriepostens F*** sowie die Eintragung zur Zl. 00**/20** in der elektronischen Datenanwendung AVNT (nunmehr: PAD) des Gendarmeriepostens Y***, entschieden:
Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 3 Z 2 iVm § 27 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 sowie §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer richtete am 19. Juni 2004 ein Löschungsbegehren an das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich betreffend sämtliche Daten (insbesondere in Protokollen, Erhebungsakten und Indexkarteien), die im Zusammenhang mit sicherheitsbehördlichen Ermittlungen wegen § 209 StGB am 7. August 2001 zur Erstattung einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft V*** geführt hatten.
Das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich als Beschwerdegegner hat diesem Löschungsbegehren mit Schreiben vom 14. Juli 2004 entgegen gehalten, dass zum einen die in Papierakten enthaltenen Daten mangels Datenanwendungs- bzw. Dateiqualität der Akten nicht dem Löschungsrecht unterliegen und zum anderen hinsichtlich der in Protokollen und Steckzetteln enthaltenen Daten der Dokumentationszweck dieser Dateien nach § 27 Abs. 3 DSG 2000 eine Löschung ausschließe.
2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 21. Juli 2004 Beschwerde an die Datenschutzkommission mit der Begründung, dass er durch die Weigerung des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich, seinem Löschungsersuchen vom 19. Juni 2004 nachzukommen, in seinem Recht auf Löschung verletzt sei.
3. Den über diese Beschwerde ergangenen (gänzlich) abweisenden Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Mai 2005, GZ K120.983/0009-DSK/2005, hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. November 2008, Zl. 2005/06/0301-5, ha. eingelangt am 12. Jänner 2009, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, soweit er die Protokollbuch-Eintragungen mit der Grundzahl 00* und 00** des Gendarmeriepostens F*** sowie die Eintragung zur Zl. 00**/20** in der elektronischen Datenanwendung AVNT des Gendarmeriepostens Y*** betrifft. Im Übrigen wurde die Beschwerde vom VwGH als unbegründet abgewiesen.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob das Landespolizeikommando (vormals: Landesgendarmeriekommando) für Niederösterreich den Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt durch die Eintragungen im Protokollbuch der Polizeiinspektion F*** unter den Grundzahlen ***/0* und ***/0* sowie durch die Eintragung im PAD (vormals: AVNT) der Polizeiinspektion Y*** zur Zahl 00**/20** in seinem Recht auf Löschung verletzt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
In dem von der Datenschutzkommission im Gefolge der (teilweisen) Aufhebung ihres Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof wieder eröffneten erstinstanzlichen Verfahren hat sich Folgendes ergeben:
1. Die Eintragungen im PAD (vormals: AVNT) der Polizeiinspektion Y*** zur Zahl 00**/20** sind bereits gelöscht.
2. Die Eintragungen im Protokollbuch der Polizeiinspektion F*** unter den Grundzahlen ***/0* und ***/0* wurden geschwärzt bis auf
3. Die Ermittlungsergebnisse wurden dem Beschwerdeführer im Parteiengehör mitgeteilt, wobei auch darauf hingewiesen wurde, dass die laufende Nummer der Eintragung selbst bei Schwärzung nicht „geheim“ gehalten werden könne, da die jeweils vorhergehende sowie die jeweils nachfolgende Eintragung im Protokollbuch mit der jeweils vorhergehenden bzw. nachfolgenden laufenden Nummer versehen sei, sodass sich daraus die dazwischenliegende laufende Eintragungsnummer auch bei Schwärzung eindeutig ergebe.
Der Beschwerdeführer hat als Ergebnis des Parteiengehörs seine Beschwerde gegen das Landespolizeikommando dahingehend aufrecht erhalten, dass er dennoch die zusätzliche Schwärzung der beiden laufenden Nummern „***“ und „***“ im Protokollbuch begehrt.
4. Trotz Kenntnis der u.a. vom Beschwerdeführer selbst herbeigeführten ständigen Judikatur des VfGH, wonach nur die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde Auftraggeber von personenbezogenen Eintragungen in den Kanzleibehelfen von Polizeikommanden sein kann, hat der Beschwerdegegner seine Beschwerde nach wie vor gegen das Landesgendarmerie(nunmehr: - polizei-)kommando für Niederösterreich gerichtet.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem unbestrittenen Beschwerdevorbringen und auf dem Akteninhalt des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Gemäß der Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuellen , d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten (Hervorhebungen durch die Datenschutzkommission).
Gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 ist eine Datei eine strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich ist.
Gemäß § 4 Z 4 DSG 2000 ist Auftraggeber einer Datenverwendung u. a. das Organ einer Gebietskörperschaft, wenn es allein oder gemeinsam mit anderen die Entscheidung getroffen hat, Daten für einen bestimmten Zweck zu verarbeiten (Z 9), und zwar unabhängig davon, ob es die Verarbeitung selbst durchführt oder hiezu einen anderen heranzieht….“
Gemäß § 27 Abs. 1 DSG 2000 hat jeder Auftraggeber unrichtige oder entgegen den Bestimmungen des DSG 2000 verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar
[1. ....]
2. auf begründeten Antrag des Betroffenen.
2. rechtliche Schlussfolgerungen:
In einem anderen vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der DSK Zl. K121.234/0005-DSK/2007 angestrengten Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof betr. die Löschung von Daten aus dem PAD eines Gendarmeriepostens hat dieser mit Erk 16. Juni 2008, B 494/07-16 den zitierten Bescheid der DSK wegen Willkür aufgehoben und unter Hinweis auf seine nunmehr ständige Judikatur Folgendes begründend ausgeführt:
"Generelle Regelungen zur Ordnung des Aktenbestandes und damit auch solche über das Anlegen von Karteien nach bestimmten Ordnungskriterien zur Auffindung von Akten sind - wie andere Regelungen über den Geschäftsgang innerhalb einer Behörde auch - dem Bereich der inneren Organisation zuzuordnen (vgl. zB auch Pernthaler, Raumordnung und Verfassung, 2. Bd., 1978, S 182ff.). Wird jedoch ein konkreter Name mit entsprechenden weiteren Angaben in das Protokoll(buch) oder in die Indexkartei aufgenommen, so kann keinesfalls mehr von einer Angelegenheit des inneren Dienstes gesprochen werden. Hier hat der Gesetzgeber subjektive Rechtspositionen der Betroffenen geschaffen (vgl. Adamovich-Funk-Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, 2. Bd., 1998, S 116). Damit erweist sich aber die Bezirkshauptmannschaft [...] als zutreffender Adressat der Löschungs- und Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers."
Trotz Kenntnis dieser für die Datenschutzkommission maßgebenden Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht etwa gegen die nach Auffassung des VfGH allein zuständige Auftraggeberin, nämlich die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft als Sicherheitsbehörde gerichtet, indem er die Bezeichnung des Beschwerdegegners geändert hätte. Die Beschwerde richtet sich vielmehr nach wie vor gegen eine Institution (Landespolizeikommando für Niederösterreich), die nach ständiger Judikatur des VfGH als Auftraggeber für die in Rede stehenden Daten nicht in Frage kommt. Da der Beschwerdeführer somit seine Beschwerde nach wie vor gegen den falschen Beschwerdegegner gerichtet hat, obwohl ihm die Rechtsmeinung des VfGH wohlbekannt sein musste, war die Beschwerde abzuweisen.