K202.078/0006-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 24. April 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über den Antrag der K*** (Antragsteller) vom 5. Jänner 2009, verbessert am 28. Jänner 2009, auf Genehmigung der Übermittlung von Familiennamen aus dem Zentralen Melderegister für das Projekt „F***“ des Instituts J*** wird gemäß § 46 Abs. 3 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, entschieden:
Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idgF (BVwAbgV), haben Sie eine Verwaltungsabgabe in Höhe von
Euro 6,50
zu entrichten. Dieser Betrag ist gemäß § 2 Abs. 1 BVwAbgV mit Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides fällig.
B e g r ü n d u n g
Der Antragsteller begehrt für Zwecke des Projekts „F***“ des Instituts J*** die Übermittlung sämtlicher in Österreich vorkommender Familiennamen aus dem Zentralen Melderegister.
Der folgende Sachverhalt wird festgestellt:
Im Projekt „F***“ des Instituts J*** sollen Familiennamen linguistisch und etymologisch aufgearbeitet werden. Ein Familiennamenbuch existiert derzeit nicht in Österreich, wohl aber in Deutschland und der Schweiz. Das Institut verfüge über ein Archiv von ca. 30.000 österreichischen Familiennamen, die im Lauf von drei Jahrzehnten gesammelt wurden, laufend ergänzt werden und in neuer digitaler Publikationsform schrittweise zur Veröffentlichung gelangen. Um ein repräsentatives österreichisches Familiennamenbuch mit linguistischen Erläuterungen erarbeiten zu können, möchte man die Datenbank mit den im Zentralen Melderegister vorkommenden Familiennamen abgleichen.
Das Interesse der österreichischen Bevölkerung ist enorm, weil es kein gleichwertiges Buch der österreichischen Familiennamen gibt. Dies ist einerseits durch zahlreiche Anfragen aus der Bevölkerung, der „scientific community“ sowie von Printmedien belegt. Andererseits ist die wissenschaftliche Aufarbeitung des österreichischen Familiennamensschatzes prioritär.
Die Publikation erfolgt als anwachsende Online-Publikation und wird in populärwissenschaftlicher Form für die breite Bevölkerung zur Verfügung gestellt.
Das Institut J*** des Antragstellers verfügt über ein Team von ausgebildeten Sprachwissenschaftern in der Namensforschung und ist einzige institutionalisierte namenkundliche
Forschungsstelle in Österreich. Der Bearbeiter der Familiennamen ist durch die Abfassung einer Diplomarbeit zu Familiennamen ausreichend qualifiziert (eine Dissertation sei in Bearbeitung); die Endredaktion erfolgt durch ein Redaktionsteam des Instituts.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen im Antrag sowie im Schreiben des Antragstellers vom 28. Jänner 2009.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Gemäß § 4 Z 1 DSG 2000 sind personenbezogene Daten Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist.
Für die Verwendung von Daten für Zwecke der statistischen bzw. wissenschaftlichen Forschung enthält das DSG 2000 in seinem § 46 eine Sondervorschrift. Diese lautet:
„Wissenschaftliche Forschung und Statistik
§ 46. (1) Für Zwecke wissenschaftlicher oder statistischer Untersuchungen, die keine personenbezogenen Ergebnisse zum Ziel haben, darf der Auftraggeber der Untersuchung alle Daten verwenden, die
(2) Bei Datenanwendungen für Zwecke wissenschaftlicher Forschung und Statistik, die nicht unter Abs. 1 fallen, dürfen Daten, die nicht öffentlich zugänglich sind, nur
(3) Eine Genehmigung der Datenschutzkommission für die Verwendung von Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Statistik ist zu erteilen, wenn
1. die Einholung der Zustimmung der Betroffenen mangels ihrer Erreichbarkeit unmöglich ist oder sonst einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet und
2. ein öffentliches Interesse an der beantragten Verwendung besteht und
3. die fachliche Eignung des Antragstellers glaubhaft gemacht wird.
Sollen sensible Daten übermittelt werden, muß ein wichtiges öffentliches Interesse an der Untersuchung vorliegen; weiters muß gewährleistet sein, daß die Daten beim Empfänger nur von Personen verwendet werden, die hinsichtlich des Gegenstandes der Untersuchung einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen oder deren diesbezügliche Verläßlichkeit sonst glaubhaft ist. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, insbesondere bei der Verwendung sensibler Daten, notwendig ist.
(4) Rechtliche Beschränkungen der Zulässigkeit der Benützung von Daten aus anderen, insbesondere urheberrechtlichen Gründen bleiben unberührt.
(5) Auch in jenen Fällen, in welchen gemäß den vorstehenden Bestimmungen die Verwendung von Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Statistik in
personenbezogener Form zulässig ist, ist der direkte Personsbezug unverzüglich zu verschlüsseln, wenn in einzelnen Phasen der wissenschaftlichen oder statistischen Arbeit mit nur indirekt personenbezogenen Daten das Auslangen gefunden werden kann. Sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes vorgesehen ist, ist der Personsbezug der Daten gänzlich zu beseitigen, sobald er für die wissenschaftliche oder statistische Arbeit nicht mehr notwendig ist.“
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 und 2 Z 1 und Z 2 nicht vorliegen, sodass die geplante Datenübermittlung vom Zentralen Melderegister an den Antragsteller nur aufgrund einer Genehmigung durch die Datenschutzkommission gemäß § 46 Abs. 2 Z 3 iVm Abs. 3 DSG 2000 erfolgen kann.
Der Antragsteller hat ausreichend das öffentliche Interesse an der beantragten Verwendung (§ 46 Abs. 3 Z 2 DSG 2000) dargelegt sowie die fachliche Eignung (Z 3 leg. cit.) glaubhaft gemacht. Eine Einholung der Zustimmung der Betroffenen ist mangels ihrer Erreichbarkeit (Z 1 leg.cit.) schon aus dem Grund unmöglich, dass eine eindeutige Personenzuordnung nur bei Familiennamen möglich ist, die nur einmal in Österreich vorkommen und nur eine Person betreffen.
Dennoch war die Genehmigung mit Bescheid der Datenschutzkommission erforderlich. Im Hinblick auf die Ausführungen des Antragstellers, dass die Weglassung von ein- oder zweimalig vorkommenden Familiennamen dem wissenschaftlichen Wert des Projekts nicht abträglich ist, war im Spruch die Auflage zu erteilen, dass jene Familiennamen, die österreichweit nur ein- bzw. zweimal vorkommen (wo also Personenbezug gegeben ist), nicht verarbeitet werden dürfen.
Der Kostenpunkt des Spruchs stützt sich auf die zitierten Bestimmungen. Die Erteilung einer Genehmigung der Datenverwendung für wissenschaftliche Forschung und Statistik ist nicht von der Gebühren- und Abgabenbefreiungsklausel des § 53 Abs. 1 DSG 2000 umfasst.