K121.454/0005-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 24. April 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Christian H*** (Beschwerdeführer) aus N***, vertreten durch J***, G***, D*** Partner, Rechtsanwälte in A***, vom 27. Oktober 2008 gegen die Sicherheitsdirektion Oberösterreich (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten in Folge erkennungsdienstlicher Behandlung am 6. August 2008 sowie über den damit verbundenen Antrag auf Anordnung der Löschung dieser Daten wird entschieden:
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 1 und 2 sowie 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm §§ 16 Abs. 2, 65 Abs. 1, 74 Abs. 1, 76 Abs. 6 und 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 31. Oktober 2008 bei der Datenschutzkommission eingegangen Beschwerde vom 27. Oktober 2008, die sich auf § 90 SPG stützt, eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten dadurch, dass Beamte des Landespolizeikommandos Oberösterreich, deren Handeln der Beschwerdegegnerin als Sicherheitsbehörde und datenschutzrechtlicher Auftraggeberin zuzurechnen sei, am 6. August 2008 durch erkennungsdienstliche Behandlung seine entsprechenden Daten verarbeitet hätten. Er sei an diesem Tag in einem kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren als Beschuldigter zur Vernehmung geladen worden, habe aber zur Sache keine Aussage gemacht. Die erkennungsdienstliche Behandlung sei noch vor der Einvernahme erfolgt. Durch ein Gespräch mit seinem Rechtsvertreter, der wiederum vorab mit den ermittelnden Beamten in Kontakt getreten sei, sei ihm aber bereits bekannt gewesen, dass gegen ihn auf Grund der Aussagen von anderen Personen wegen nicht näher spezifizierter „Delikte nach dem Suchtmittelgesetz“ ermittelt wurde. Die nach erfolgter erkennungsdienstlicher Behandlung gewährte Akteneinsicht habe dann ergeben, dass der Vorwurf sich auf den Konsum von Kokain bezog. Da die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 SPG aber nicht gegeben wären, sei diese Datenverarbeitung jedoch rechtswidrig erfolgt. Der Erwerb, Besitz und Eigenkonsum eines Suchtmittels falle nämlich unter den Ausnahmetatbestand nach § 16 Abs. 2 Z 4 SPG und stelle keinen gefährlichen Angriff dar. Der Beschwerdeführer beantragte, die Verwendung von personenbezogenen Daten durch die von der Beschwerdegegnerin beauftragte erkennungsdienstliche Behandlung als Verletzung seiner Rechte festzustellen und die Löschung dieser Daten anzuordnen .
Die Beschwerdegegnerin , von der Datenschutzkommission entsprechend aufgefordert, brachte in der Stellungnahme vom 17. November 2008, Zl. P4/43**7/2008 (samt Ergänzung vom 10. Dezember 2008), vor, der Beschwerdeführer sei schon vor seiner – unbestrittenen (und durch vorgelegte Ausdrucke aus der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden belegten) – erkennungsdienstlichen Behandlung unter Verdacht gestanden, die Straftat nach § 27 Abs. 1 6. Fall SMG (Weitergabe von Suchtgift) begangen zu haben. Dazu sei ein Abschlussbericht des Landespolizeikommandos Oberösterreich, Landeskriminalamt (kurz: LKA OÖ), gemäß § 100 Abs. 2 Z 4 StPO am 26. März 2008 zu GZ B6/1**1/2008 an das Bezirksgericht A*** ergangen.
Dieses Ermittlungsverfahren sei aber ebenso wie dasjenige zu GZ B6/67**3/2008, im Rahmen dessen die erkennungsdienstliche Behandlung erfolgt sei, durch Zurücklegung des Verfahrens seitens der Anklagebehörde beendet worden. Hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens GZ B6/1**1/2008 sei dies am 1. Juli 2008 erfolgt (AZ: *3 BAZ 2*3/08h). Davon habe man aber erst im Zuge einer nunmehr erfolgten Evaluierung des Falles Kenntnis erlangt. Die erkennungsdienstliche Behandlung sei für Zwecke auch des ersten Ermittlungsverfahrens erfolgt, da der Beschwerdeführer vorher freiwillig keiner solchen zugeführt habe werden können.
Der Beschwerdeführer brachte dazu nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit Stellungnahme vom 5. Jänner 2009 (unter Vorlage weiterer Urkundenkopien) vor, das zweite Ermittlungsverfahren habe in jedem Fall keinen Verdacht eines gefährlichen Angriffs zum Gegenstand gehabt (Verdacht nach § 27 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG). Der Beschwerdegegnerin wäre es zu Gebote gestanden, den Beschwerdeführer schon wegen des im ersten Ermittlungsverfahren bestanden habenden Tatverdachts bescheidmäßig zur Duldung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu verpflichten, was aber nicht geschehen sei. Aus Sicht des Beschwerdeführers war die erkennungsdienstliche Behandlung am 6. August 2008 eine „Reaktion“ auf seine Ankündigung, von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch zu machen. Der Beschwerdeführer teilte auf Anfrage der Datenschutzkommission weiters mit, am 19. November 2008 bei der Beschwerdegegnerin einen Antrag auf Löschung der erkennungsdienstlichen Daten gestellt zu haben, der aber bisher noch ohne Reaktion geblieben sei.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war und ist, erkennungsdienstliche Daten des Beschwerdeführers zu verwenden; weiters, ob und wie die Datenschutzkommission über den Antrag auf Löschung dieser Daten zu entscheiden hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Gegen den Beschwerdeführer wurden im Jahr 2008 zwei kriminalpolizeiliche Ermittlungsverfahren wegen Verdachts von Straftaten gegen das SMG durchgeführt; in beiden Fällen führte das LKA OÖ (Suchtgiftgruppe) die Ermittlungen:
Das Verfahren GZ B6/1**1/2008 betraf den Verdacht, der Beschwerdeführer habe 18 bis 24 Gramm Kokain erworben und konsumiert bzw. an unbekannte Personen weitergegeben (§ 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 6. Fall SMG). Der Beschwerdeführer wurde dazu am 24. Jänner 2008 als Beschuldigter einvernommen, entschlug sich jedoch der Aussage.
Am 26. März 2008 erstattete das LKA OÖ gemäß § 100 Abs. 2 Z 4 StPO einen Abschluss-Bericht an das Bezirksgericht A*** (gemeint wohl sinngemäß: an die Staatsanwaltschaft A***, zu Handen des Bezirksanwalts beim Bezirksgericht A***). Die Staatsanwaltschaft A*** trat am 1. Juli 2008 zu AZ: *3 BAZ 2*3/08h unter Setzung einer Probezeit von zwei Jahren von der Strafverfolgung zurück.
Das Verfahren GZ B6/67**3/2008 betraf den Verdacht, der Beschwerdeführer habe eine nicht näher bekannte Menge an Kokain erworben und konsumiert (§ 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG). Der Beschwerdeführer wurde dazu am 6. August 2008 um 9:10 Uhr nach Ladung vom Vortag als Beschuldigter einvernommen, entschlug sich jedoch weitgehend der Aussage und machte nur Angaben zu seiner Bekanntschaft mit anderen, ihn belastenden Beteiligten, deren Lichtbilder ihm vorgehalten wurden. Nach dem Ende der Befragung um 9:12 Uhr wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen. Ohne dass von Seiten der Polizeibeamten Befehls- oder Zwangsgewalt angewendet oder angedroht wurde, gab der Beschwerdeführer seine Zustimmung und wurde um 9:23 Uhr in den Amtsräumen des LKA OÖ erkennungsdienstlich behandelt. Verarbeitet (ermittelt und für Zwecke der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden gespeichert, EDV-Zahl: 55,*32.9*1, AFIS-Zahl: 75***99) wurden drei Lichtbilder (Profil, en face und Halbprofil) sowie Abdrücke aller zehn Finger und der Handflächen.
Am 27. Oktober 2008 (Posteingang: 31. Oktober 2008) erhob der Beschwerdeführer die vorliegende datenschutzrechtliche Beschwerde, am 19. November 2008 beantragte er überdies bei der Beschwerdegegnerin die Löschung der sachgegenständlichen erkennungsdienstlichen Daten.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den von den Parteien vorgelegten Urkundenkopien aus den Ermittlungsverfahren (Ladung vom 5. August 2008 und Beschuldigtenvernehmung vom 6. August 2008, je Zl. B6/67**3/2008, Beilagen zur Beschwerde OZ 0001/2008; Abschluss-Bericht vom 26. März 2008, Zl. B6/1**1/2008, Beilage zu OZ 0003/2008). Die – unbestrittene – Feststellung zum bedingten Rücktritt der Anklagebehörde von der Strafverfolgung in der ersten Sache stützt sich auf die ergänzende Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 10. Dezember 2008. Die Feststellungen zur erkennungsdienstlichen Behandlung (verarbeitete Daten) und deren zeitlicher Abfolge stützt sich – neben den bereits angeführten Urkundenkopien – in der Hauptsache auf den Ausdruck aus der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden („EDE-Personenanfrage“, Beilage zu OZ 0003/2008) vom 13. November 2008. Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer gemachten Eingaben stützen sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers (Stellungnahme vom 5. Jänner 2009) nach einem entsprechenden Vorhalt der Datenschutzkommission.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:
„ § 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 16 Abs. 2 SPG lautet unter der Überschrift „Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung“:
„ § 16 . (1) [...]
(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand
Nr. 112/1997,
handelt, es sei denn um den Erwerb oder Besitz eines Suchtmittels zum eigenen Gebrauch.“
§ 65 SPG idF BGBl. I Nr. 114/2007 lautet unter der Überschrift „Erkennungsdienstliche Behandlung“:
„ § 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.“
§ 90 SPG lautete unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:
„ § 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“
§ 27 Abs. 1 und 2 SMG lautet unter der Überschrift „Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften“
„ § 27 . (1) Wer vorschriftswidrig
(2) Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
a) zur Zuständigkeitsfrage in Abgrenzung zum UVS (§ 90 SPG)
Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018) wurde ermittelt, ob gegen den Beschwerdeführer anlässlich der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt oder ihm die Ausübung solcher zumindest angedroht worden ist. Diesbezüglich liegt kein Vorbringen und kein in diese Richtung deutendes Ermittlungsergebnis vor. Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission, über die vorliegende Beschwerde zu entscheiden, ist daher gemäß § 90 SPG gegeben.
b) in der Sache selbst wegen Geheimhaltung
Im Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018, fasst der Verwaltungsgerichtshof seine Auslegung von § 65 Abs. 1 SPG folgendermaßen zusammen:
„Für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG in der Fassung der SPG-Novelle 2002 ist es erforderlich, dass eine konkrete fallbezogene Prognose getroffen wird. Dabei hat sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl 2002/01/0320). Im Rahmen dieser so anzustellenden Überlegungen wird es - wie der neue Wortlaut des § 65 Abs. 1 SPG ausdrücklich klarstellt - immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig ist, ankommen. Dass (auch) die aktuelle Textierung des § 65 SPG eine rein abstrakte Betrachtungsweise verbietet, steht insoweit mit den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur SPG-Novelle 2002 (1138 BlgNR 21. GP 33) im Einklang, als dort neben der Art des begangenen Delikts die konkreten Umstände bei der Tatbegehung als Maßstab für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe als Parameter genannt werden.“
Wie aus der Betonung des Begriffs der „Prognose“ und des Zeitpunktes in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu folgern ist (vgl. etwa VwSlg 14879 A/1998, wo auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbildes einer gerichtlich strafbaren Handlung abgestellt ist, für den die Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zu beurteilen ist), muss vom Stand des Sachverhalts und vom zur Verfügung stehenden Wissen über den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgegangen werden, um die Voraussetzungen für diese faktische Amtshandlung zu beurteilen. Weiters kommt es auf die sich in der rechtswidrigen Verwirklichung eines entsprechenden Tatbildes manifestierende Gefährlichkeit der betreffenden Person an, während weitere Voraussetzungen der gerichtlichen Strafbarkeit außer Betracht zu bleiben haben (VwSlg 14879 A/1998).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die geringfügige Änderung in der Textierung von § 65 Abs. 1 SPG Ersatz der Wortfolge „sonst auf Grund von Umständen in der Person des Betroffenen oder nach der Art der begangenen mit Strafe bedrohten Handlung“ durch „sonst wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen“) durch BGBl. I Nr. 114/2007 seit 1. Jänner 2008 die oben dargestellte Auslegung dieser Bestimmung durch den VwGH nicht entwertet hat. Weiterhin ist eine Prognoseentscheidung geboten, die darauf abzustellen hat, ob das Mittel der erkennungsdienstliche Behandlung zur Prävention weiterer gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint.
Der Beschwerdeführer wurde in der ersten Jahreshälfte 2008 im Ermittlungsverfahren B6/1**1/2008 eines gefährlichen Angriffs nämlich der Weitergabe des Suchtgifts Kokain verdächtigt. In diesem Verfahren bestand – im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdegegnerin (Stellungnahme vom 17. November 2008, Seite 1) – durchaus Gelegenheit, den Beschwerdeführer zu einer freiwilligen erkennungsdienstlichen Behandlung aufzufordern, nämlich im Zuge seiner Ladung zur Beschuldigtenvernehmung am 22. Jänner 2008. Dies geschah aber nicht.
Hätte sich etwa zu einem späteren Zeitpunkt der Verdacht der „Gefährlichkeit“ des Beschwerdeführers iSv § 16 Abs.2 und 3 SPG verstärkt, so hätte überdies die Möglichkeit bestanden, nach § 77 SPG vorzugehen (Aufforderung, in eventu bescheidmäßige Verpflichtung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, Ladung, Vorführung).
In der zweiten Jahreshälfte 2008 war der Beschwerdeführer im Ermittlungsverfahren B6/67**3/2008 keines gefährlichen Angriffs verdächtig, da gegen ihn von anderen beteiligten Personen nur ausgesagt worden war, er habe Kokain bezogen und konsumiert.
Damit kam dem Beschwerdeführer die Ausnahmebestimmung des § 16 Abs. 2 letzter Halbsatz SPG zugute. Der Beschwerdeführer war damit bei richtiger Würdigung der Ermittlungsergebnisse zwar einer strafbaren, vorsätzlichen Handlung, aber keines gefährlichen Angriffs gemäß § 16 Abs. 2 Z 4 SPG verdächtig.
Auf dieser Grundlage war eine konkrete, fallbezogene Prognoseentscheidung, der Beschwerdeführer müsse durch die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten von weiteren gefährlichen Angriffen abgehalten werden, nicht zu treffen. Der Wortlaut von § 65 Abs. 1 SPG lässt als Anlassfall zwar den Verdacht, „eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben“, genügen, aus dem logisch-systematischen Zusammenhang (arg „weiteren“) ist jedoch zu folgern, dass damit nicht jede gerichtlich strafbare Handlung (und schon gar nicht eine Verwaltungsübertretung, die dem Wortlaut nach ebenfalls eine „mit Strafe bedrohte Handlung“ wäre) gemeint sein kann, sondern nur die in § 16 Abs. 2 SPG als „gefährliche Angriffe“ qualifizierten gerichtlich strafbaren Vorsatztaten. Daraus folgt, dass aus dem Verdacht des Erwerbes und Besitzes eines Suchtgiftes für den Eigengebrauch (d.h. für den Eigenkonsum) kein Präventionsbedarf hinsichtlich weiterer gefährlicher Angriffe abgeleitet werden kann, da ein solches Delikt kraft gesetzlicher Definition schon rein begrifflich kein gefährlicher Angriff sein kann, dem weitere folgen könnten.
Ein Rückgriff auf frühere Verdachtslagen als Anlasstaten einer Datenermittlung durch erkennungsdienstliche Behandlung ist mit dem Sinngehalt der Gesetzesbestimmung nicht vereinbar. Demnach ist von einer im Augenblick der Datenermittlung (Aufforderung gemäß § 77 Abs. 1 SPG) gerade untersuchten Verdachtstat auszugehen, der nach Prognose der Sicherheitsbehörde mit gewisser Wahrscheinlichkeit weitere gefährliche Angriffe derselben Art folgen könnten. Das erste Ermittlungsverfahren (B6/1**1/2008) war seit dem 26. März 2008 (Abschlussbericht gemäß § 100 Abs. 2 Z 4 StPO) aus kriminalpolizeilicher Sicht abgeschlossen und lag zur rechtlichen Beurteilung in den Händen der Anklagebehörde. Ein schon mehrere Monate zurückliegender gefährlicher Angriff, der im Zuge der kriminalpolizeilichen Ermittlungen wegen dieser Sache zu keinen präventiven sicherheitspolizeilichen Maßnahmen (und – wenn dies auch der Beschwerdegegnerin damals noch nicht positiv bekannt war – auch zu keinem strafprozessualen Hauptverfahren) Anlass gegeben hatte, konnte hier jedoch im Rückgriff in Verbindung mit dem Verdacht eines „nicht-gefährlichen“ Angriffs gegen die Strafrechtsordnung bzw. die öffentliche Sicherheit (Ermittlungsverfahren B6/67**3/2008) nicht zur Anlasstat einer rechtmäßigen erkennungsdienstlichen Behandlung werden.
Dazu kommt, dass es der Beschwerdegegnerin auch ex post in diesem Beschwerdeverfahren nicht gelungen ist, jene Merkmale der gebotenen Prognose darzulegen, „bei der sie sich mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit der Art des dadurch verwirklichten Deliktes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen hat“ (siehe VwGH oben). Vielmehr hat die Beschwerdegegnerin in der Stellungnahme vom 17. November 2008 selbst zugestanden, dass die „erkennungsdienstliche Behandlung ex post betrachtet,...so nicht durchzuführen gewesen wäre.“
Der Beschwerde war daher im Hauptpunkt stattzugeben, und es waren die Feststellungen gemäß Spruchpunkt 1. zu treffen.
c) In der Sache selbst wegen Löschung
Der Beschwerdeführer hat weiters begehrt, die Datenschutzkommission möge der Beschwerdeführerin die Löschung der erkennungsdienstlichen Daten auftragen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass ein derartiger Leistungsauftrag gemäß § 40 Abs. 4 DSG 2000 nicht in Betracht kommt.
Im Übrigen werden die Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in § 40 Abs. 4 DSG 2000 ohnehin verhalten, den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen.