[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HEILEGGER, Dr. KOTSCHY, Mag. HUTTERER, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 25. Februar 2009 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
I. Der V**** GmbH in Wien, wird aufgrund ihres Antrags vom 8. September 2008, modifiziert am 4. Februar 2009, gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des Datenschutzgesetzes 2000 - DSG 2000, die Genehmigung erteilt, die folgenden Daten an die E****Company, USA, zum Zweck der Wartung der Datenanwendung zu überlassen:
I.a Alle Datenarten aus der Standardanwendung SA001 "Rechnungswesen und Logistik" dürfen überlassen werden.
I.b Von Interessenten (potentiellen Kunden der Auftraggeberin) dürfen folgende Datenarten aus der Standardanwendung SA022 "Kundenbetreuung und Marketing für eigene Zwecke" überlassen werden:
01 Ordnungsnummer
02 Name (Titel, akad. Grad) bzw. Bezeichnung
03 Anrede/Geschlecht
04 Anschrift
05 Telefon- und Faxnummer und andere zur Adressierung erforderliche Informationen, die sich durch moderne Kommunikationstechniken ergeben
06 Sperrkennzeichen für Werbeaktionen des Auftraggebers 07 Untersagung der Übermittlung der Daten an Adressverlage 08 Berufs-, Branchen- und Geschäftsbezeichnung
09 Firmenbuchdaten
10 Korrespondenzsprache, sonstige Vereinbarungen und Schlüssel zum Datenaustausch
11 Geburtsdatum, wenn vom Betroffenen angegeben
12 Familienstand, wenn vom Betroffenen angegeben
13 Nachfrageinteressen (auf Grund bisherigen Nachfrageverhaltens oder eigener Angaben des Kunden gegenüber dem Auftraggeber) 14 Kaufkraftklassifizierung
15 Betreuungsdaten (wie: zugesandtes Werbematerial, Besuchsrythmus etc.)
16 Kaufverhalten (Frequenz und Volumen)
17 Sonstiges Antwortverhalten zu Werbeaktivitäten des Auftraggebers 18 Bonus- und sonstige Vorteilsdaten, die sich aus der Kunden- oder Interessenteneigenschaft ergeben
I.c Von Arbeitnehmern der Auftraggeberin dürfen folgende Datenarten aus der Standardanwendung SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" überlassen werden:
01 Personalnummer
02 Vor- und Familienname, akad. Grad / Titel
12 Organisatorische Zuordnung im Betrieb einschließlich Beginn und Ende
13 Telefon- und Faxnummer und andere zur Adressierung im Betrieb erforderliche Informationen, die sich durch moderne Kommunikationstechniken ergeben
16 Kostenstelle(n)
Jede Verwendung der überlassenen Daten für eigene Zwecke des Dienstleisters oder anderer Konzerngesellschaften ist ausgeschlossen.
II. Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idF. BGBl I Nr. 65/2002, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 i.d.F. BGBl II Nr. 460/2002 (BVwAbgV), hat die Antragstellerin eine Verwaltungsabgabe in Höhe von
Euro 6,50
zu entrichten.
B e g r ü n d u n g
1. Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 8. September 2008 hat die V**** GmbH (in weiterer Folge "Antragstellerin") bei der Datenschutzkommission einen Antrag gemäß § 13 DSG 2000 auf Überlassung von personenbezogenen Daten gestellt.
Der Antrag umfasst die Überlassung der im Spruch genannten Daten von Kunden und Lieferanten sowie von Mitarbeitern. Diese personenbezogenen Daten sind in den beiden Standardanwendungen SA001 "Rechnungswesen und Logistik" und SA002 "Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" enthalten. Im Zuge der Bearbeitung des Antrages stellte sich heraus, dass auch Daten von potentiellen Kunden überlassen werden sollten, die nicht von der Standardanwendung SA001 umfasst sind. Durch eine Erweiterung des Antrages am 4. Februar 2009 wurden auch Daten von Interessenten aus der Standardanwendung SA022 "Kundenbetreuung und Marketing für eigene Zwecke" in den Antrag aufgenommen, womit dieser Mangel behoben wurde.
Der Dienstleister soll die Datenanwendung warten.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
§ 10 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Zulässigkeit der Überlassung von Daten zur Erbringung von Dienstleistungen":
" § 10. (1) Auftraggeber dürfen bei ihren Datenanwendungen Dienstleister in Anspruch nehmen, wenn diese ausreichende Gewähr für eine rechtmäßige und sichere Datenverwendung bieten. Der Auftraggeber hat mit dem Dienstleister die hiefür notwendigen Vereinbarungen zu treffen und sich von ihrer Einhaltung durch Einholung der erforderlichen Informationen über die vom Dienstleister tatsächlich getroffenen Maßnahmen zu überzeugen."
§ 11 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Pflichten des Dienstleisters":
" § 11. (1) Unabhängig von allfälligen vertraglichen Vereinbarungen
haben Dienstleister bei der Verwendung von Daten für den Auftraggeber jedenfalls folgende Pflichten:
§ 12 DSG 2000 lautet unter der Überschrift "Genehmigungsfreie Übermittlung und Überlassung von Daten in das Ausland":
" § 12. (1) Die Übermittlung und Überlassung von Daten an Empfänger
in Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist keinen Beschränkungen im Sinne des § 13 unterworfen. Dies gilt nicht für den Datenverkehr zwischen Auftraggebern des öffentlichen Bereichs in Angelegenheiten, die nicht dem Recht der Europäischen Gemeinschaften unterliegen.
(2) Keiner Genehmigung gemäß § 13 bedarf weiters der Datenverkehr mit Empfängern in Drittstaaten mit angemessenem Datenschutz. Welche Drittstaaten angemessenen Datenschutz gewährleisten, wird unter Beachtung des § 55 Z 1 durch Verordnung des Bundeskanzlers festgestellt. Maßgebend für die Angemessenheit des Schutzes ist die Ausgestaltung der Grundsätze des § 6 Abs. 1 in der ausländischen Rechtsordnung und das Vorhandensein wirksamer Garantien für ihre Durchsetzung.
(3) Darüberhinaus ist der Datenverkehr ins Ausland dann genehmigungsfrei, wenn
[...]
(5) Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Übermittlung oder Überlassung in das Ausland ist die Rechtmäßigkeit der Datenanwendung im Inland gemäß § 7. Bei Überlassungen ins Ausland muß darüber hinaus die schriftliche Zusage des ausländischen Dienstleisters an den inländischen Auftraggeber - oder in den Fällen des § 13 Abs. 5 an den inländischen Dienstleister - vorliegen, daß er die Dienstleisterpflichten gemäß § 11 Abs. 1 einhalten werde. Dies entfällt, wenn die Dienstleistung im Ausland in Rechtsvorschriften vorgesehen ist, die im innerstaatlichen Recht den Rang eines Gesetzes haben und unmittelbar anwendbar sind."
§ 13 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lauten unter der Überschrift "Genehmigungspflichtige Übermittlung und Überlassung von Daten ins Ausland" wie folgt:
" § 13. (1) Soweit der Datenverkehr mit dem Ausland nicht gemäß § 12
genehmigungsfrei ist, hat der Auftraggeber vor der Übermittlung oder Überlassung von Daten in das Ausland eine Genehmigung der Datenschutzkommission (§§ 35 ff) einzuholen. Die Datenschutzkommission kann die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen binden.
(2) Die Genehmigung ist unter Beachtung der gemäß § 55 Z 2 ergangenen Kundmachungen zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 vorliegen und wenn, ungeachtet des Fehlens eines im Empfängerstaat generell geltenden angemessenen Datenschutzniveaus,
3. Rechtlich war zu erwägen:
Die beantragte Überlassung von Daten ist gemäß § 13 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000, genehmigungspflichtig , da die USA nicht zu den Staaten mit angemessenem Datenschutzniveau im Sinne des § 12 Abs. 2 DSG 2000 zählt und auch kein Fall des gemäß § 12 Abs. 3 DSG 2000 genehmigungsfreien Datenverkehrs vorliegt.
Bedingung für die Erteilung einer Genehmigung für genehmigungspflichtige Datentransfers ins Ausland ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 DSG 2000 und der Nachweis des Bestehens eines angemessenen Datenschutzniveaus beim ausländischen Datenempfänger.
3.1 Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12 Abs. 5 DSG 2000:
Der Antrag bezieht sich auf Daten, die in Österreich rechtmäßig verarbeitet werden. Die Daten stammen aus Datenanwendungen, deren Umfang von den Standardanwendungen "SA001 Rechnungswesen und Logistik", "SA002 Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse" und SA022 "Kundenbetreuung und Marketing für eigene Zwecke" der Standard- und Muster-Verordnung 2004 (StMV 2004), BGBl. II Nr. 312/2004, abgedeckt ist.
Die Überlassung von Daten an einen Dienstleister ist gemäß § 10 DSG 2000 zulässig, sofern für den Auftraggeber kein Anlass besteht daran zu zweifeln, dass der Dienstleister ausreichende Gewähr für die rechtmäßige und sichere Datenverwendung bietet. Ein Grund für solche Zweifel liegt im Antragsfall nicht vor.
Die Antragstellerin hat auch den von § 10 Abs. 1 DSG 2000 verlangten Dienstleistervertrag in Form von Standardvertragsklauseln (2002/16/EG) vorgelegt. Der im Antrag genannte Umfang von Überlassungszwecken ist vom vorgelegten Dienstleistervertrag (vgl. Appendix 1 "processing operations") gedeckt.
3.2. Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes
Zur Glaubhaftmachung des angemessenen Datenschutzes beim Empfänger im Ausland haben der Auftraggeber und der Empfänger einen Vertrag abgeschlossen, der den durch Entscheidung der Europäischen Kommission geschaffenen Standardvertragsklauseln für die Übermittlung (in österreichischer Terminologie: "Überlassung") personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter (in österreichischer Terminologie: "Dienstleister") in Drittländern (2002/16/EG) entspricht. Gemäß Artikel 1 dieser Entscheidung gelten die Standardvertragsklauseln als angemessene Garantien hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre, der Grundrechte und der Grundfreiheiten der Personen sowie hinsichtlich der Ausübung der damit verbundenen Rechte für die Überlassung personenbezogener Daten durch österreichische Auftraggeber an Dienstleister außerhalb der europäischen Gemeinschaft. Der Nachweis ausreichenden Datenschutzes bei den ausländischen Datenempfängern gilt daher als erbracht im Sinne des § 13 Abs. 2 Z 2 DSG 2000.
3.3. Die Verwaltungsabgabe war gemäß § 78 Abs. 1 AVG iVm §§ 13, 53 Abs. 1 DSG 2000 vorzuschreiben. Demnach ist für Anträge nach § 13 DSG 2000 keine Befreiung von Verwaltungsabgaben normiert.
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