JudikaturDSB

K121.411/0003-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
21. Januar 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Dr. BLAHA, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 21. Januar 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Andreas R*** (Beschwerdeführer) aus D*** vom 23. Juli 2007 gegen 1. die Bezirkshauptmannschaft Lienz (Erstbeschwerdegegnerin) und 2. das Landespolizeikommando Tirol (Zweitbeschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird entschieden:

1. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Erstbeschwerdegegnerin teilweise stattgegeben und festgestellt, dass diese durch die E-Mail-Übermittlung des vollständigen Inhalts der Bescheide vom 6. und 26. März 2007, jeweils

GZ: FSE-1**/2007, an alle Polizeiinspektionen im Bezirk Lienz, Bundesland Tirol, den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt hat.

Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 1, 4 Z 12, 7 Abs. 1 bis 3, 8 Abs. 4 Z 2 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF iVm §§ 16 Abs. 3 Z 1, 16a Z 4 lit c und 29 Abs. 2 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptete unter Vorlage mehrere Ausdrucke und Kopien eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung bzw. eine allgemeine Verletzung des Datenschutzgesetzes dadurch, dass a) die Erstbeschwerdegegnerin als Führerscheinbehörde die automationsunterstützte, nämlich per E-Mail erfolgte Übermittlung zweier ihn betreffender Bescheide (einmonatige Entziehung der Lenkberechtigung, Mandatsbescheid und Vorstellungsentscheidung) an sämtliche Polizeiinspektionen des Bezirks veranlasst habe, und b) der Zweitbeschwerdegegner der Erstbeschwerdegegnerin Daten der „allgemeinen Einsatzdokumentation“ vorgelegt habe, wodurch er im Zuge einer Akteneinsichtnahme über die Betroffenen weiterer Amtshandlungen der Polizei informiert worden sei.

Die Erstbeschwerdegegnerin brachte in ihrer Stellungnahme vom 11. September 2008 vor, die Entziehung einer Lenkberechtigung sei auf Grund gesetzlicher Anordnung in „eine Führerscheindatei (FSR)“ einzutragen, welche den Behörden „als Arbeitsbehelf“ diene. Da die Daten des FSR aber „nicht immer den Tatsachen entsprechen“, habe es sich, „speziell in kleinen Bezirken“, bewährt, Polizeidienststellen, denen die Daten des FSR teilweise zur Verfügung stünden, die Daten von Führerscheinentziehungen auch direkt zu übermitteln. Überdies werde darauf verwiesen, dass eine Bestimmung des KFG 1955 sogar die Veröffentlichung von Führerscheinentziehungen in den Medien vorgesehen habe. Der Beschwerdeführer sei daher nicht in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden.

Der Zweitbeschwerdegegner brachte in seiner Stellungnahme vom 3. September 2008 vor, durch die gerügte Übermittlung und Einsichtgewährung in einen Auszug aus der „Allgemeinen Einsatzdokumentation“ der Bezirksleitstelle Lienz der Bundespolizei sei jedenfalls nicht der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden. Der entsprechende Auszug habe als Beweismittel im Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer Verwendung gefunden, weshalb seine Vorlage an die Erstbeschwerdegegnerin gesetzlich gedeckt gewesen sei. Betreffend die Bescheidübermittlung durch die Erstbeschwerdegegnerin merkte der Zweitbeschwerdegegner an, der Beschwerdeführer sei von einer Polizeidienststelle wegen Verdachts nach §§ 5 Abs. 1 iVm 99 Abs. 1b StVO (Lenken eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss) angezeigt worden, die Kenntnis von einer daraufhin erfolgenden Entziehung der Lenkberechtigung sei „für die Verkehrsüberwachung grundsätzlich von Bedeutung.“

Nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens gab der Beschwerdeführer die Stellungnahme vom 5. Oktober 2008 ab. Darin schwächte er sein Vorbringen ab und brachte wörtlich vor: „Die Weiterleitung meiner Personalien und den Tatbestand der FS-Abnahme an alle Polizeistationen Osttirols finde ich korrekt. Das habe ich nie bestritten!“ Weiters: „Natürlich wurde ich persönlich durch die Akteneinsicht der Allgemeinen Einsatzdokumentation datenschutzrechtlich nicht verletzt.“ Er finde es allerdings nicht korrekt, den vollständigen Bescheidinhalt mit allen (in den Bescheidbegründungen) wiedergegebenen Aussagen seinerseits und von Familienmitgliedern an die Polizei zu übermitteln. Dazu wäre nach Ansicht des Beschwerdeführers die Zustimmung der betreffenden Personen einzuholen gewesen.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob a) die Erstbeschwerdegegnerin berechtigt war, die vollständigen Bescheide (samt Begründungen) betreffend Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers an sämtliche Polizeiinspektionen des Bezirks Lienz zu übermitteln und b) der Zweitbeschwerdegegner berechtigt war, einen Auszug aus der „Allgemeinen Einsatzdokumentation“ der Bezirksleitstelle Lienz der Bundespolizei in einem gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren an die Erstbeschwerdegegnerin zu übermitteln.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende

Sachverhalt festgestellt:

Von der Polizeiinspektion Lienz wurde am 26. Februar 2007 zu

GZ: A1/0000**123*/**/2007 wegen eines Vorfalls am 23. Februar 2007 gegen den Beschwerdeführer Anzeige wegen Verdachts der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO (Lenken eines Fahrzeugs in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand) an die Erstbeschwerdegegnerin als örtlich zuständiger Verwaltungsstraf- und Führerscheinbehörde erstattet. Mit (Mandats ) Bescheid vom 6. März 2007, GZ: FSE-1**/2007, wurde dem Beschwerdeführer für einen Monat die Lenkberechtigung für die Führerscheinklasse B entzogen und ihm das Lenken von Motorfahrrädern, Leicht- und Invalidenkraftfahrzeugen sowie der Gebrauch ausländischer Lenkberechtigungen für den gleichen Zeitraum untersagt. Mit Bescheid vom 26. März 2007, GZ: FSE- 1**/2007, wurde der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge gegeben. Die Begründung des Vorstellungsbescheids gibt die verschiedenen Angaben des Beschwerdeführers, seiner Mutter und seines Vaters (insbesondere zur Frage eines so genannten Nachtrunks und des Zeitablaufs der Amtshandlungen) wieder und beruft sich in der Beweiswürdigung zur Feststellung eines sachverhaltsrelevanten Zeitpunkts auf das Allgemeine Einsatzprotokoll der Bezirksleitstelle Lienz der Bundespolizei vom 23. Februar 2007 (Seite 3), das für diesen Zweck als Beweismittel an die Erstbeschwerdegegnerin übermittelt worden ist.

Beide Bescheide wurden gemäß Zustellverfügung vollinhaltlich per E-Mail an sämtliche Polizeiinspektionen des Bezirks Lienz übermittelt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vom 23. Juli 2008 vorgelegten Kopien der zitierten Aktenstücke und Beweisurkunden, deren Echtheit und Richtigkeit unbestritten ist. Überhaupt war der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig und liegen auch keine Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vor, die dies in Frage stellen.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 4 Z 12 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“:

§ 4 . Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

[...]

12. "Übermitteln von Daten": die Weitergabe von Daten einer Datenanwendung an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen solcher Daten; darüber hinaus auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers;“

§ 7 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“:

§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:

§ 8 . [...]

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

§ 29 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, lautet samt Überschrift:

Besondere Verfahrensbestimmungen für die Entziehung

§ 29 . (1) Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung sind die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung kann ein Rechtsmittelverzicht nicht wirksam abgegeben werden.

(2) Von der vollstreckbaren Entziehung der Lenkberechtigung hat die Behörde zu verständigen:

(3) Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides ist der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern. Dies gilt auch für die Fälle des § 30, sofern sich der Lenker noch in Österreich aufhält.

(4) Wurde der Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen und nicht wieder ausgefolgt, so ist die Entziehungsdauer ab dem Tag der vorläufigen Abnahme zu berechnen.“

Die §§ 16 bis 16b des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 152/2005, lauten samt Überschriften auszugsweise:

Führerscheinregister – Allgemeines

§ 16 . (1) Verfahren und Amtshandlungen nach diesem Bundesgesetz, die Administration des Sachverständigenwesens, zu leistende Vergütungen für die Fahrprüfung sowie die Erfassung der Fahrschulen, sachverständigen Ärzte und verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen sind mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung in Form des Führerscheinregisters durchzuführen. Das Führerscheinregister ist als Informationsverbund (§ 50 DSG) zu führen. Auftraggeber im Sinne des § 4 Z 4 des Datenschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 165/1999, sind die Behörden, Betreiber ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hat das Führerscheinregister bei der Bundesrechenzentrum GmbH zu führen.

(2) Im Rahmen des Führerscheinregisters dürfen von den Behörden die in § 16a genannten personenbezogenen Daten der Parteien, Sachverständigen, Fahrschulen, sachverständigen Ärzte, Amtsärzte und verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen verarbeitet werden. Fahrschulen, Aufsichtspersonen, Fahrprüfer und das den Führerschein herstellende Unternehmen haben die in § 16b ihnen zugewiesenen Daten auf elektronischem Weg in die für ihre Anforderungen eingeschränkten Bereiche des Führerscheinregisters einzutragen. Zu diesem Zweck ist von der Bundesrechenzentrum GmbH die Einrichtung dieser eingeschränkten Bereiche des Führerscheinregisters zur Verfügung zu stellen.

Personenbezogene Daten der in § 16a Z 10 bis 14 genannten Dritten dürfen nur verarbeitet werden, wenn deren Auswählbarkeit aus der Gesamtheit der gespeicherten Daten nicht vorgesehen ist.

(3) Die Behörde hat Daten gemäß § 16a möglichst im Wege der Datenfernübertragung zu übermitteln an:

(4) Ändert sich die behördliche Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung oder Ausdehnung der Lenkberechtigung, so hat die nunmehr zuständige Behörde die bereits vorhandenen Registerdaten zu verwenden und weiterzuführen.

(5) Hat eine Person, die gemäß § 37 Abs. 3 Z 1 und 2, Abs. 4 Z 2 oder gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b, Abs. 2 lit. a, c und d StVO 1960 bestraft wurde, ihren Wohnsitz nicht innerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches der Behörde, die das Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt hat, so hat die Strafbehörde erster Instanz die Wohnsitzbehörde von der rechtskräftigen Bestrafung zu verständigen.

Führerscheinregister – Gespeicherte Daten

§ 16a . Zum Zwecke der Erteilung oder Ausdehnung der Lenkberechtigung oder zur Durchführung sonstiger behördlicher Verfahren sind folgende Daten zu verarbeiten:

[...]“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) Datenverwendung durch die Erstbeschwerdegegnerin

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde insoweit aufrecht erhalten, als er die Übermittlung des vollen Bescheidinhalts , insbesondere der Vorstellungsentscheidung betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, von der Erstbeschwerdegegnerin an sämtliche Polizeiinspektionen des Bezirks Lienz für rechtswidrig erachtet.

Zunächst ist zu prüfen, inwieweit überhaupt eine datenschutzrechtliche Übermittlung vorliegt. Eine solche kann nur bei Erfüllung eines der Tatbestände nach § 4 Z 12 DSG 2000 vorliegen (Hinzutreten eines neuen verantwortlichen datenschutzrechtlichen Auftraggebers oder Zweckänderung). Im vorliegenden Fall liegt eine Übermittlung jedenfalls infolge Zweckänderung (sinngemäß Änderung des Zweckes der Datenverwendung von „Führerscheinentziehungsverfahren“ auf „Aufgaben der Verkehrs- und Kraftfahrpolizei“) gemäß § 4 Z 12 3. Fall DSG 2000 vor („Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers“), unabhängig von der Frage, ob die Polizeiinspektionen im gegebenen Zusammenhang bloß Organe der Erstbeschwerdegegnerin oder selbständige Auftraggeber sind.

Der Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 1 und 2 DSG 2000 die Zulässigkeit der Datenverwendung an die gesetzlichen Befugnisse des datenschutzrechtlichen Auftraggebers gebunden. Diese sind für Daten betreffend Führerscheinentziehungen in zweierlei Weise geregelt. Zum einen wird ein gesetzliches und dem Dateninhalt (vgl. § 16a FSG) nach genau determiniertes Informationsverbundsystem, das Führerscheinregister (FSR), geschaffen, dessen Daten – für die die eintragende Behörde als Auftraggeber verantwortlich ist - „Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden“ bei aufgabenbezogenem Bedarf übermittelt erhalten können (besondere Ausformung der allgemeinen Amtshilfepflicht gemäß Art 22 B-VG). Eine Verwendung des vollständigen Dateninhalts von Führerscheinentziehungsbescheiden im Rahmen des FSR ist gesetzlich nicht vorgesehen, demnach sind solche Übermittlungen auch nicht von den gesetzlichen Befugnissen der Erstbeschwerdegegnerin gedeckt. Zum anderen decken auch die besonderen Verständigungspflichten des § 29 Abs. 2 FSG, sinngemäß weitere Ermächtigungen zu Datenübermittlungen außerhalb des FSR, diese Übermittlung nicht (vgl. dazu schon die Empfehlung der Datenschutzkommission vom 7. März 2007, GZ: K210.544/0004-DSK/2007, RIS).

Die Ausführungen der Erstbeschwerdegegnerin, die sich sinngemäß bloß auf die – unbewiesene – Verwaltungspraxis und längst außer Kraft getretene Gesetze beruft, vermag keine Rechtfertigung ihres Handelns aufzuzeigen. Gänzlich unverständlich wird deren Argumentation, wenn sie sinngemäß vorbringt, die Übermittlung sei notwendig gewesen, da die Daten des FSR „als Arbeitsbehelf“ zu verstehen seien und „nicht immer den Tatsachen entsprechen“ würden. Denkbare Mängel bei der Führung eines gesetzlichen Informationsverbundsystems können keinesfalls weitere, im Gesetz nicht vorgesehene Datenübermittlungen rechtfertigen.

Die Beschwerde erweist sich damit in Bezug auf die Übermittlung der vollständigen Bescheidinhalte (inklusive der in der Begründung wiedergegebenen Verfahrensergebnisse) durch die Erstbeschwerdegegnerin als berechtigt. Auch die Zurücknahme des Beschwerdevorbringens in Bezug auf die Basisdaten des führerscheinrechtlichen Verfahrens hat insoweit Sinn gemacht, als die Verwendung dieser Daten für verkehrs- und kraftfahrpolizeiliche Zwecke durch § 16 Abs. 1 und 3 Z 1 iVm § 16a Z 4 lit c FSG gedeckt scheint.

Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Datenverwendung durch die Erstbeschwerdegegnerin im Umfang laut Spruchpunkt 1 stattzugeben.

b) Datenverwendung durch die Zweitbeschwerdegegnerin

Hingegen vermag das weitere Vorbringen der Beschwerde keine Verletzung des Beschwerdeführers im subjektiven Recht auf Geheimhaltung aufzuzeigen, da er durch die Einsicht in die Daten Dritter nicht in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden sein kann. Die Beschwerde war daher hinsichtlich der Datenverwendung durch den Zweitbeschwerdegegner abzuweisen (Spruchpunkt 2).

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