K202.069/0007-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. ZIMMER, Mag. MAITZ-STRASSNIG. Mag. HUTTERER und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 14. November 2008 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über den Antrag des Bundesministeriums für Inneres, Bundeskriminalamt (Büro **, M***) (Antragsteller), vom 28. Mai 2008, eingelangt bei der Datenschutzkommission am 5. Juni 2008, verbessert am 26. September 2008, auf Genehmigung der Verarbeitung von Daten aus dem Computersystem PAD in einer Studie zum Themenkreis „I***“ wird gemäß § 46 Abs. 3 und 4 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, entschieden:
Gemäß § 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 1, 3 Abs. 1 und TP 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr. 24 idgF (BVwAbgV), haben Sie eine Verwaltungsabgabe in Höhe von
Euro 6,50
zu entrichten. Dieser Betrag ist gemäß § 2 Abs. 1 BVwAbgV mit Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides fällig.
B e g r ü n d u n g
Der Antragsteller begehrt für Zwecke einer Studie zum Themenkreis „I***“ zunächst eine bundesweite Zugangsberechtigung zur Einsichtnahme in das Computersystem PAD (Protokollieren; Anzeigen; Daten), die er später mit Schreiben vom 26. September 2008 in eine Zugangsberechtigung in den PAD für Wien einschränkt. Die ursprünglich begehrten Abfragen im Elektronischen kriminalpolizeilichen Informationssystem (EKIS) wurden mit selben Schreiben ebenfalls nicht mehr verlangt.
Der folgende Sachverhalt wird festgestellt:
Der Antragsteller möchte zur Verbesserung des polizeilichen Vorgehens eine Studie zum Thema „I***“ durchführen und in diesem Zusammenhang Abfragen aus dem PAD für Wien (Auftraggeber Bundespolizeidirektion Wien) durchführen.
Insbesondere sollen untersucht werden:
Ziel ist die quantitative Auswertung der polizeilichen Amtshandlungen in diesem Bereich sowie die Erstellung einer Gefährdungsprognose von TäterInnen.
Dazu sollen aus dem PAD folgende Daten statistisch erfasst werden:
Die Daten werden von Anfang an anonymisiert festgehalten. Die Einholung der Zustimmung der Betroffenen ist teils faktisch unmöglich, teils mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden.
Die die Studie durchführende Sachbearbeiterin hat ein Studium der Psychologie absolviert.
Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen im Antrag sowie im Schreiben des Antragstellers vom 26. September 2008. Die Angaben zum Datenfeld „Anzeigenerstatter“ stammen aus einem Telefonat des zuständigen Sachbearbeiters mit dem Antragsteller vom 24. Oktober 2008.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Gemäß § 4 Z 1 DSG 2000 sind personenbezogene Daten Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist. Gemäß § 4 Z 2 DSG 2000 sind sensible Daten ua. Daten über das Sexualleben.
Für die Verwendung von Daten für Zwecke der statistischen bzw. wissenschaftlichen Forschung enthält das DSG 2000 in seinem § 46 eine Sondervorschrift. Diese lautet:
„Wissenschaftliche Forschung und Statistik
§ 46. (1) Für Zwecke wissenschaftlicher oder statistischer Untersuchungen, die keine personenbezogenen Ergebnisse zum Ziel haben, darf der Auftraggeber der Untersuchung alle Daten verwenden, die
(2) Bei Datenanwendungen für Zwecke wissenschaftlicher Forschung und Statistik, die nicht unter Abs. 1 fallen, dürfen Daten, die nicht öffentlich zugänglich sind, nur
(3) Eine Genehmigung der Datenschutzkommission für die Verwendung von Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Statistik ist zu erteilen, wenn
1. die Einholung der Zustimmung der Betroffenen mangels ihrer Erreichbarkeit unmöglich ist oder sonst einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet und
(4) Rechtliche Beschränkungen der Zulässigkeit der Benützung von Daten aus anderen, insbesondere urheberrechtlichen Gründen bleiben unberührt.
(5) Auch in jenen Fällen, in welchen gemäß den vorstehenden Bestimmungen die Verwendung von Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Statistik in personenbezogener Form zulässig ist, ist der direkte Personsbezug unverzüglich zu verschlüsseln, wenn in einzelnen Phasen der wissenschaftlichen oder statistischen Arbeit mit nur indirekt personenbezogenen Daten das Auslangen gefunden werden kann. Sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes vorgesehen ist, ist der Personsbezug der Daten gänzlich zu beseitigen, sobald er für die wissenschaftliche oder statistische Arbeit nicht mehr notwendig ist.“
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 und 2 Z 1 und Z 2 DSG 2000 nicht vorliegen, sodass die geplante Datenübermittlung von der Bundespolizeidirektion Wien an den Antragsteller nur aufgrund einer Genehmigung durch die Datenschutzkommission gemäß § 46 Abs. 2 Z 3 iVm Abs. 3 DSG 2000 erfolgen kann.
Die zu übermittelnden Daten sind zum Teil sensibler Natur, da Gewalttaten in der Familie durchaus auch Straftaten aus dem Sexualbereich sein können. Es muss daher gemäß § 46 Abs. 3 DSG 2000 ein wichtiges öffentliches Interesse an der Untersuchung vorliegen. Dies hat der Antragsteller glaubhaft nachgewiesen (siehe oben angeführte Ziele der Untersuchung). Auch die fachliche Eignung (Psychologiestudium) der die Untersuchung durchführenden Sachbearbeiterin wurde glaubhaft gemacht (§ 46 Abs. 3 Z 3 DSG 2000). Schließlich ist auch die Einholung der Zustimmung der Betroffenen mangels Kenntnis derselben für den Antragsteller unmöglich (§ 46 Abs. 3 Z 1 leg.cit.).
Angesichts der Tatsache, dass die Daten von Anfang an in der Untersuchung nicht personenbezogen verwendet werden, kann die Genehmigung für die geplante Verwendung erteilt werden, allerdings nur unter den im Spruch genannten Auflagen, die insbesondere der Sicherstellung der nicht-personenbezogenen Verwendung der Daten sowie der Gewährleistung der technischen Datensicherheit dienen.
Der Kostenpunkt des Spruchs stützt sich auf die zitierten Bestimmungen. Die Erteilung einer Genehmigung der Datenverwendung für wissenschaftliche Forschung und Statistik ist nicht von der Gebühren- und Abgabenbefreiungsklausel des § 53 Abs. 1 DSG 2000 umfasst.