JudikaturDSB

K121.379/0018-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
14. November 2008

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. ZIMMER, Mag. MAITZ-STRASSNIG. Mag. HUTTERER und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 14. November 2008 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Johann H*** (Beschwerdeführer) aus G***, vom 31. März 2008 gegen das Bundesministerium für Landesverteidigung (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung in Folge Ablehnung seines Löschungsbegehrens durch Schreiben des Heerespersonalamts vom 11. März 2008, GZ P***123/*0-HPA/2007, wird entschieden:

Rechtsgrundlagen: §§ 6 Abs. 1 Z 2, 3 und 5; 7 Abs. 1 und 3: 8 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 Z 1; 9; und 28 Abs. 1; 31 Abs. 2 und 40 Abs. 4 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, iVm §§ 10 Abs. 1 und 2; 12 und 55 Abs. 2 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) BGBl. I Nr.146/2001 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde vom 31. März 2008 eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass das Heerespersonalamt als für den Beschwerdegegner einschreitende Dienststelle sein begründetes Löschungsbegehren vom 2. Dezember 2007 abgelehnt habe. Er habe am 22. Oktober 2007 ein Auskunftsbegehren betreffend zu seiner Person verarbeitete personenbezogene Daten gestellt, das mit Schreiben vom 23. November 2007, GZ P***123/1*-HPA/2007 beantwortet worden sei. In seinem daraufhin gestellten Löschungsbegehren vom 2. Dezember 2007 habe er verlangt, aus der Datenanwendung „Allgemeine Personalverwaltung und Evidenz“ die Personendaten mit dem Inhalt „Religion: 01 KATH“ sowie „praktizierende: N“ zu löschen. Die weitere Verarbeitung ihn betreffender personenbezogener Daten sei zwar grundsätzlich zulässig, da er als Berufsoffizier im Ruhestand weiterhin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe. Hinsichtlich des sensiblen Datums „Religionsbekenntnis“ sehe er allerdings keine Rechtsgrundlage oder auch nur ein wichtiges öffentliches Interesse im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG 2000, auf das sich die Verarbeitung dieses Datums stützen könnte. Weiters verlangte er die Löschung sämtlicher ihn betreffender Daten aus der Datenanwendung mit der Bezeichnung „personelle Ergänzung“, da in Folge endgültigen Erlöschens seiner Wehrpflicht mit Vollendung des 65. Lebensjahrs im Mai 2005 seine Einberufung für den Zweck der „Ergänzung“ des Bundesheeres (iSv § 12 WG 2001) nicht mehr in Frage komme, und die schriftliche Dokumentation seiner dienstlichen Laufbahn durch die vorgesehene – und von ihm ausdrücklich nicht beeinspruchte – Archivierung seines „Grundbuches“, seines „Stellungsblattes“ und seines „Gesundheitsbuches“ im österreichischen Staatsarchiv im Bedarfsfall ausreichend gewährleistet sei. Bei den letzteren Unterlagen handle es sich nach Einschätzung des Beschwerdeführers um manuelle Dateien. Der Beschwerdegegner habe sein Löschungsbegehren im Schreiben vom 11. März 2008, GZ P***123/*0-HPA/2007, mit der (unzureichenden) Begründung abgelehnt, die Verarbeitung der betreffenden Daten sei in der Standard- und Musteranwendung 2004, BGBl. II Nr. 312/2004, vorgesehen, darüber hinaus sei die Datenverarbeitung für Dokumentationszwecke und diverse Auskunftspflichten des Ressorts (sowie für die Erfüllung der parlamentarischen Auskunftspflicht des Bundesministers) notwendig. Der Beschwerdeführer beantragte, a) die Gesetzmäßigkeit der Verweigerung der Löschung der sensiblen Daten „Religion“ und „praktizierend“ in der Datenanwendung „Allgemeine Personalverwaltung und Evidenz“ zu überprüfen, b) die Gesetzmäßigkeit der Verweigerung der Löschung aller in der Datenanwendung „Personelle Ergänzung“ verarbeiteten Daten zu überprüfen, c) festzustellen, dass er durch die Verweigerung der beantragten Löschung in seinem Recht auf Löschung verletzt worden sei und d) dem Beschwerdegegner durch Bescheid die Datenlöschungen gemäß Antragspunkten a) und b) aufzutragen.

Der Beschwerdegegner bestritt in seiner Stellungnahme vom 15. Mai 2008, GZ S909**/1**-Recht/2008, die Begründetheit der Beschwerde und brachte vor, die betreffenden Daten seien in der (technischen) Anwendung PS-NT gespeichert. Die Rechtsgrundlage dazu finde sich in der Standard- und Musteranwendung 2004, BGBl. II Nr. 312/2004, genauer: In der in der Anlage 1 zu besagter Verordnung definierten Standardanwendung SA013 Personalverwaltung des Bundes und der bundesnahen Rechtsträger. Dort sei die Verarbeitung von Daten zum Religionsbekenntnis eines Betroffenen (als laufende Nr. 36) unter der Datenart „Religionsbekenntnis (zur Abwesenheitsverwaltung) nach Angabe des Betroffenen“ vorgesehen. Die Notwendigkeit der Verarbeitung ergebe sich aus der Abwesenheitsverwaltung, da für Angehörige bestimmter Religionsbekenntnisse abweichend zusätzlich dienstfreie Tage gelten würden. Weiters habe der Beschwerdeführer durch Angabe seines Religionsbekenntnisses zumindest implizit der Verarbeitung zugestimmt. Die zusätzliche Datenart „Praktizierend J/N“ ergebe ich aus der Notwendigkeit, den (strenggläubigen) Anhängern bestimmter Religionsbekenntnisse im Dienstbetrieb die Einhaltung bestimmter religiöser Bräuche und Vorschriften (z.B. muslimischer Gebetszeiten und Speisevorschriften) zu ermöglichen. Eine Löschung dieser Daten würde auch das Erstellen entsprechender Statistiken oder die Beantwortung parlamentarischer Anfragen unmöglich machen. Die fortgesetzte Verarbeitung der Daten der Datenanwendung „Personelle Ergänzung“ werde auch dadurch begründet, dass sie im Interesse ehemaliger Wehrpflichtiger liege, da der Nachweis länger zurückliegender Präsenzdienstzeiten, etwa zum Nachweis von Pensionsansprüchen, nach Löschung der Daten nur mehr durch Recherchen im Staatsarchiv erfolgen könnte. Der Beschwerdegegner beantragte, die Anträge a) bis d) des Beschwerdeführers zurück-, in eventu abzuweisen.

Der Beschwerdeführer brachte mit Stellungnahme vom 4. Juni 2008 vor, dass die Datenwendung „Allgemeine Personalverwaltung und Evidenz“ nicht als statistische Grundlage für die Gewinnung von Daten zur Verteilung der Religionsbekenntnisse unter Heeresangehörigen geeignet sei, als darin nur die Daten der (öffentlich) Bediensteten des Ressortbereichs, nicht jedoch die Daten von Wehrpflichtigen im Präsenz- oder Ausbildungsdienst erfasst würden. Weiteres Vorbringen befasst sich mit der Aussagekraft der Daten zu seinem Religionsbekenntnis, um schließlich auszuführen, für statistische Zwecke würde auch eine nicht- bzw. nur indirekt personenbezogene (nicht auf den einzelnen Betroffenen rückführbare) Datenverarbeitung ausreichen.

Nach nochmaliger Aufforderung der Datenschutzkommission, zum einen die Rechtsgrundlagen eines überwiegenden berechtigten Interesses an der weiteren Datenverarbeitung und den Verarbeitungszweck der Datenanwendung „Personelle Ergänzung“ näher darzulegen, sich zum anderen zur Frage des möglichen Dokumentationszwecks dieser Daten und zur alternativen Verfügbarkeit der Daten zu äußeren, verwies der Beschwerdegegner in der Stellungnahme vom 16. Oktober 2008 zum ersten Punkt auf sein bisheriges Vorbringen. Zum zweiten Punkt brachte er vor, die Daten stünden nur in automationsunterstützter Form zur Verfügung, das „Karteimittel“ (inklusive Gesundheitskarte) werde nach Erlöschen der Wehrpflicht an das „Zentralarchiv“ abgegeben. Im Übrigen seien die automationsunterstützt verarbeiteten Daten durch den Vermerk „ZAR“ (= Zentralarchiv) gekennzeichnet und damit nicht mehr veränderbar, der Zugang unterliege denselben Berechtigung und Beschränkungen wie bei allen anderen Daten.

Der Beschwerdeführer hielt dem in seiner Stellungnahme vom 17. Oktober 2008 entgegen, dass auch archivierte „Karteimittel“ bei Bedarf noch entlehnt und eingesehen werden könnten.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner berechtigt war, die vom Beschwerdeführer am 2. Dezember 2007 verlangte Löschung der Daten zu seinem Religionsbekenntnis in der Datenanwendung „Allgemeine Personalverwaltung und Evidenz“ sowie sämtlicher in der Datenanwendung „personelle Ergänzung“ verarbeiteter Daten zu verweigern.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer, ein im Ruhestand befindlicher beamteter Berufsoffizier, richtete mit Schreiben vom 2. Dezember 2007 ein Löschungsbegehren an das dem Beschwerdegegner unterstehende Heerespersonalamt. Darin verlangte er unter Bezugnahme auf die ihm mit Schrieben vom 23. November 2007, GZ P***123/1*-HPA/2007, zugegangen Datenauskunft die Löschung sämtlicher ihn betreffender Daten des Aufgabengebiets „Ergänzungswesen“ mit der Begründung, seine Wehrpflicht sei in Folge Zeitablaufs gesetzmäßig erloschen, er selbst in Pension und die bestehenden schriftlichen Unterlagen (auch manuellen Dateien), gegen deren vorgesehene Übermittlung an das österreichische Staatsarchiv kein Einwand bestehe, wären zur Dokumentation seiner Laufbahn ausreichend. Weiters verlangte er die Löschung der sensiblen Daten „Religion: 01 KATH“ und „Praktizierend: N“ aus der Datenanwendung „Allgemeine Personalverwaltung und Evidenz“, da keiner der in § 9 DSG 2000 taxativ aufgezählten Gründe für diesen Eingriff in seine schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen vorläge.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des zitierten Schreibens, vorgelegt als Beilage 3 zur Beschwerde vom 31. März 2008. Gegen Echtheit, Richtigkeit und wirksame Zustellung dieses Schreibens wurde nichts vorgebracht und sind im Ermittlungsverfahren keine diesbezüglichen Bedenken entstanden.

In der Datenanwendung mit der Bezeichnung (laut offiziellem Ausdruck vom 14. 11. 2007 09:00 SEITE: 1) „Allg.

Personalverwaltung und Evidenz“ werden unter der Kategorie „PERSÖNLICHE DATEN“, Sub-Kategorie „Personendaten“ folgende Daten des Beschwerdeführers verarbeitet:

„Religion: 01 KATH

praktizierend: N“

In der Datenanwendung mit der Bezeichnung „Personelle Ergänzung“ (technische Bezeichnung auch ERGIS = Ergänzungsinformationssystem) werden vom Heerespersonalamt die in der Beilage./A zu diesem Beschied aufscheinenden Daten zur Person, zur militärischen und dienstlichen Laufbahn (u.a erworbene Dienstgrade und Titel) und zu den Qualifikationen (u.a. absolvierte Kurse und Waffenausbildungen, tw. mit Beurteilungen) des Beschwerdeführers verarbeitet.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des vom Beschwerdeführer als Beilage 2a („Allg. Personalverwaltung und Evidenz“) bzw. 2b („Personelle Ergänzung“) zu seiner Beschwerde vom 31. März 2008 vorgelegten Ausdrucks. Gegen die Echtheit und inhaltliche Richtigkeit dieser Datenausdrucke wurde nichts vorgebracht und sind im Ermittlungsverfahren keine diesbezüglichen Bedenken entstanden.

Mit Schreiben vom 11. März 2008, GZ P***123/*0-HPA/2007, wurde das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers vom Heerespersonalamt zur Gänze mit näherer Begründung abgelehnt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des zitierten Schreibens, vorgelegt als Beilage 4 zur Beschwerde vom 31. März 2008. Gegen Echtheit, Richtigkeit und wirksame Zustellung dieses Schreibens wurde nichts vorgebracht und sind im Ermittlungsverfahren keine diesbezüglichen Bedenken entstanden.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 bis 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grund-recht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.“

§ 4 Z 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“:

§ 4 . Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

§ 6 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundsätze“:

§ 6 . (1) Daten dürfen nur

(2) Der Auftraggeber trägt bei jeder seiner Datenanwendungen die Verantwortung für die Einhaltung der in Abs. 1 genannten Grundsätze; dies gilt auch dann, wenn er für die Datenanwendung Dienstleister heranzieht.“

§ 7 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“:

§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 8 Abs. 1 bis 3 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“

§ 8 . (1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn

(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung solcher Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten

§ 9 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung sensibler Daten“:

§ 9 . Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen werden bei der Verwendung sensibler Daten ausschließlich dann nicht verletzt, wenn

§ 28 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Widerspruchsrecht“:

§ 28 . (1) Sofern die Verwendung von Daten nicht gesetzlich vorgesehen ist, hat jeder Betroffene das Recht, gegen die Verwendung seiner Daten wegen Verletzung überwiegender schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, beim Auftraggeber der Datenanwendung Widerspruch zu erheben. Der Auftraggeber hat bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Daten des Betroffenen binnen acht Wochen aus seiner Datenanwendung zu löschen und allfällige Übermittlungen zu unterlassen.“

§ 40 Abs. 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Wirkung von Bescheiden der Datenschutzkommission und des geschäftsführenden Mitglieds“:

§ 40 . (1) [...]

(4) Wenn die Datenschutzkommission eine Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs festgestellt hat, so hat dieser mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen.“

§ 10 WG 2001 lautet unter der Überschrift “Dauer der Wehrpflicht“:

§ 10 . (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. Für Offiziere, Unteroffiziere sowie Spezialkräfte für eine in der Einsatzorganisation in Betracht kommende Funktion, insbesondere auf den Gebieten der Technik, des Sanitätswesens, des Seelsorgedienstes und der Fremdsprachen, endet die Wehrpflicht mit Ablauf des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden.

(2) Abweichend von Abs. 1 endet die Wehrpflicht für Personen, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören, mit dem Ausscheiden aus dem Dienststand oder der Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern dieses Ausscheiden oder diese Beendigung jeweils zu einem späteren Zeitpunkt als zu den Zeitpunkten nach Abs. 1 erfolgt.“

§ 12 WG 2001 lautet unter der Überschrift „Ergänzungsbereiche“:

§ 12 . Für die Erfassung, Stellung und Einberufung der Wehrpflichtigen (Ergänzung) ist das Bundesgebiet in Ergänzungsbereiche einzuteilen. Die Ergänzungsbereiche haben sich mit den Gebieten der Länder zu decken.“

§ 55 Abs. 1 und 2 WG 2001 lautet unter der Überschrift „Behördenzuständigkeit“

§ 55 . (1) Die Zuständigkeit zur Erlassung von Bescheiden nach diesem Bundesgesetz obliegt, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist,

(2) Die mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Behörden dürfen zur Wahrnehmung der ihnen jeweils übertragenen Aufgaben Daten verarbeiten.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) Löschungsbegehren hinsichtlich der den Beschwerdeführer betreffenden Eintragungen bei den Datenarten „Religion“ und „praktizierend“ in der Datenanwendung „Allgemeine Personalverwaltung und Evidenz“:

Der Beschwerdegegner hat sich hinsichtlich seiner Berechtigung zur Speicherung von Daten des Beschwerdeführers in den Datenarten „Religion“ und „praktizierend – ja/nein“ auf die Standardanwendung SA013 (Personalverwaltung des Bundes) berufen. Die Standardverarbeitung SA013 geht davon aus, dass nur die freiwillige Angabe eines Religionsbekenntnisses gegenüber der Dienstbehörde zu einer Datenermittlung führt:

(arg. Datenart 36: „Religionsbekenntnis (zur Abwesenheitsverwaltung), nach Angabe des Betroffenen“). Grund für die allfällige Speicherung dieses Datums für Zwecke der „Personalverwaltung“ ist die Ermöglichung der Abwesenheit vom Dienst zum Zweck der Religionsausübung (z.B. Einhaltung bestimmter religiöser Feiertage). In der freiwilligen Angabe dieses Datums durch den Betroffenen für den genannten Zweck kann grundsätzlich auch die ausdrückliche Zustimmung zur Verwendung dieses Datums für diesen Zweck gesehen werden. Davon dass diese Daten zulässigerweise ermittelt und verarbeitet wurden, wenn sie dem Dienstgeber nach Information über den Verwendungszweck „Abwesenheitsverwaltung“ vom Dienstnehmer freiwillig angegeben wurden, darf diesfalls ausgegangen werden.

Ob der Beschwerdeführer, der seine Zustimmung ausdrücklich bestreitet, dieses Datum ursprünglich selbst freiwillig angegeben hat, lässt sich angesichts des Umstands, dass der Beginn seines Dienstverhältnisses zum Bund lange vor Inkrafttreten des DSG (1978) gelegen ist, nicht mehr mit Sicherheit ermitteln; es kann diese Frage aber auch dahingestellt bleiben, da der Beschwerdeführer nicht eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung – wofür auch die Frage der ursprünglichen Zulässigkeit der Verarbeitung von Bedeutung wäre - sondern eine Verletzung im Recht auf Löschung geltend macht – diesbezüglich ist nur zu beurteilen, ob aus der Stellung eines Löschungsbegehrens an den Auftraggeber eine Pflicht zur Löschung entstanden ist.

Die Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten über das Religionsbekenntnis und die Religionsausübung stützen sich in der Standardanwendung SA013 „Personalverwaltung des Bundes und der bundesnahem Rechtsträger“ auf eine Interpretation des Begriffs der „ausdrücklichen Zustimmung“, wonach diese auch dann vorliegt, wenn Daten vom Betroffenen dem Auftraggeber zur Verwendung für einen bestimmten Zweck eigens zur Verfügung gestellt werden (- dies setzt entsprechende Information über den Zweck voraus). In diesem Fall ist eine zusätzliche Erklärung der Zustimmung nicht erforderlich, da die Zurverfügungsstellung der Daten schon die Ermächtigung zur Verwendung eindeutig zum Ausdruck bringt.

Vor diesem Hintergrund ist das Begehren des Beschwerdeführers rechtlich wie folgt zu werten: Für eine datenschutzrechtliche Zustimmung ist es wesensgemäß, dass sie jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden kann. Das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers ist daher im Falle einer in der Vergangenheit erteilten Zustimmung zur Datenverwendung durch Preisgabe seiner Daten als Widerruf zu begreifen, der als contrarius actus zur Zustimmung die sofortige Verpflichtung des Auftraggebers zur Löschung bewirkt. Diesbezüglich wurde der Beschwerdeführer somit durch die Verweigerung der Löschung in seinem Recht auf Löschung verletzt. Aber auch für den Fall, dass eine solche Zustimmung ursprünglich nicht erteilt worden wäre, ist dem Beschwerdeführer bezüglich des geltend gemachten Löschungsanspruches Recht zu geben. Da in diesem Fall die Verarbeitung der Religionsdaten an sich unzulässig war, da keiner der in § 9 Z 1 bis 13 DSG 2000 taxativ aufgezählten Eingriffstatbestände auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar war, hätte seinem Löschungsbegehren wegen unzulässiger Verarbeitung seiner Daten umgehend entsprochen werden müssen.

b) Löschungsbegehren betreffend die in der Datenanwendung „Personelle Ergänzung“ über den Beschwerdeführer gespeicherten Daten:

Die Datenanwendung „Personelle Ergänzung“ dient der militärischen Ergänzung, das ist gemäß § 12 WG 2001 „die Erfassung, Stellung und Einberufung der Wehrpflichtigen“. Gegen die Verarbeitung seiner Daten in dieser Datenanwendung führt der Beschwerdeführer ins Treffen, dass seine Wehrpflicht als Offizier im Ruhestand gemäß § 10 Abs. 1 und 2 WG 2001 jedenfalls mit Ablauf des Jahres, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet hat (unbestritten war dies der 31. Dezember 2005), geendet hat.

Richtig ist, dass § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 („Grundsätze“) die Regelung enthält, dass Daten nur solange in personenbezogener Form aufzubewahren sind, als dies „für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist“.

Die Lebenserfahrung zeigt, dass es sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich erforderlich ist, die Dokumentation von Vorgängen auch nach ihrem Abschluss aus Gründen vielfältiger Nachweispflichten (z.B. im Steuerrecht, im öffentlichrechtlichen Beschwerdefall oder im zivilrechtlichen Streitfall etc.) noch eine Zeit lang aufzubewahren. Im Bereich der staatlichen Verwaltung verlangt schon das Rechtsstaatsprinzip eine über das jeweilige Verfahren zeitlich hinausgehende Dokumentation des Verwaltungshandelns zwecks allfälliger nachgängiger Überprüfbarkeit. Darüber hinaus werden aber auch Interessen der Bürger die Nachvollziehbarkeit von Verwaltungshandeln erfordern, wenn es um die Möglichkeit des Nachweises des Entstehens oder Untergangs von Rechten oder Pflichten geht, die sich aus verwaltungsrelevanten Sachverhalten ergeben haben. Im Bereich der staatlichen Aufgabenerfüllung wird dieser Umstand seit langer Zeit durch die Festlegung sogenannter Skartierungsfristen bewältigt, die an die praktischen Erfahrungen der Verwaltung und der Gerichte anknüpfen.

Der Beschwerdeführer irrt daher, wenn er aus dem Umstand, dass er nicht mehr wehrpflichtig ist, folgert, dass sich daraus zwangsweise der Wegfall jeder weiteren Erforderlichkeit der Datenspeicherung ergibt und eine automatische Löschungsverpflichtung der Heeresverwaltung mit dem Tag der Erreichung seines 65. Lebensjahres ( - der im Übrigen weniger als drei Jahre zurückliegt -) entstanden ist. Diese Automatik kann, wie der Beschwerdegegner zu recht ausgeführt hat, deshalb nicht bestehen, weil für viele Betroffene die weitere Dokumentation von Ergänzungsdaten nach der Erreichung ihres 65. Lebensjahres z. B. aus versorgungsrechtlichen Gründen noch erheblich sein kann - durch sofortige automatische Löschung könnte die Rechtsverfolgung seitens der Betroffenen erheblich beeinträchtigt werden. Dass diese Wertung, die auf einer generellen Betrachtung beruht, die Rechtmäßigkeit der Speicherung auch in solchen Einzelfällen begründet, in welchen sich bei einer Betrachtung ex post letztendlich doch keine konkrete Notwendigkeit zur weiteren Speicherung manifestiert hat, ergibt sich aus einer Berücksichtigung überwiegender berechtigter Interessen des Auftraggebers: Diesem kann nicht zugemutet werden, im Falle einer Massenverarbeitung wie dem Ergänzungswesen in jedem Einzelfall ein Ermittlungsverfahren dahingehend durchzuführen, ob es im konkreten Einzelfall wahrscheinlich ist, dass Ergänzungsdaten nach Erlöschen der Wehrpflicht noch gebraucht werden oder nicht.

Nichts hindert aber, für den konkreten Einzelfall das Löschungsbegehren des Beschwerdeführers als Widerspruch im Sinne des § 28 Abs. 1 DSG 2000 zu werten: Eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Datenspeicherung, die die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 DSG 2000 im vorliegenden Fall ausschließen würde, besteht nicht, da es sich dabei um eine solche handeln müsste, die die Speicherung von Ergänzungsdaten nach Ende der Wehrpflicht ausdrücklich zwingend vorschreibt (- den archivgesetzlichen Verpflichtungen entspricht der Beschwerdegegner nach eigener Aussage jeweils durch Übermittlung von Ausdrucken der Ergänzungsdaten an das Staatsarchiv). Wenn nun der Betroffene für sich die Einschätzung vorgenommen hat (- und damit auch daraus resultierende Nachteile in Kauf nimmt -) , dass er eine weitere Speicherung seiner Ergänzungsdaten bis zum Ablauf der Skartierungsfrist für die allfällige Nachverfolgung seiner Rechte nicht benötigen werde, so stellt er mit seinem Löschungsbegehren auf seine spezielle Situation bzw. seine Einschätzung dieser speziellen Situation ab. Der Beschwerdegegner hat demgegenüber keine Einschätzung vorgenommen hat, aus der sich für den konkreten Fall ergeben hätte, dass aus besonderen Gründen mit der Notwendigkeit einer weiteren Heranziehung der Ergänzungsdaten zu rechnen sei. Die Datenschutzkommission folgt daher in Anbetracht des Gegenstandes der beschwerdegegenständlichen Datenanwendung der Ansicht des Beschwerdeführers, wonach eine weitere Speicherung seiner Ergänzungsdaten nicht erforderlich ist und daher eine Verletzung seiner schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen bedeuten würde.

Es waren daher die Feststellungen gemäß Spruchpunkt 1. zu treffen, die beim Beschwerdegegner die durch § 40 Abs. 4 DSG 2000 festgelegte Umsetzungspflicht auslösen.

c) Unzulässigkeit eines Leistungsauftrags an Auftraggeber des öffentlichen Bereichs

Angesichts des Umstands, dass Auftraggeber des öffentlichen Bereichs nicht mit zwangsweiser Vollstreckung belangt werden können, ginge die Erteilung eines Leistungsauftrags insofern ins Leere als die Leistung nicht wie gegenüber Auftraggebern des privaten Rechts rechtlich erzwingbar ist. Vielmehr sieht das DSG 2000 in § 40 Abs. 4 DSG 2000 ausdrücklich vor, dass Auftraggeber des öffentlichen Bereichs an die Rechtsauffassung der Datenschutzkommission unmittelbar gebunden sind, weshalb die Datenschutzkommission lediglich "Feststellungen" über die Verletzung von Rechten nach dem DSG 2000 durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs trifft (vgl. hiezu den Wortlaut des § 40 Abs. 4 DSG 2000, weiters das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/06/0366).

Das Begehren, dem Bundesministerium für Landesverteidigung als Beschwerdegegner die Löschung mit Bescheid aufzutragen, war daher wie im Spruchpunkt 2. als unzulässig zurückzuweisen.

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