JudikaturDSB

K120.857/0010-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2008

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 22.Oktober 2008 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Dipl. Ing. Heinrich O*** (Beschwerdeführer) aus H***, vertreten durch Dr. Josef Z***, Rechtsanwalt in **** H***, vom 9. März 2003 gegen die Bezirkshauptmannschaft Mödling (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Löschung wird im einzigen noch offenen Punkt (Löschung der Daten des Beschwerdeführers in der Eintragung zur Grundzahl P (0)*12 im Protokollbuch 2001 des damaligen Gendarmeriepostens A***) gemäß §§ 27 Abs. 1 und 4 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF entschieden:

- Die Beschwerde wird abgewiesen.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien, Verfahrensgang und Beschwerdegegenstand

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2002 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Mödling (Beschwerdegegnerin) die Löschung sämtlicher zu seiner Person automationsunterstützt oder konventionell im Zusammenhang mit § 209 StGB verarbeiteten Daten, insbesondere auch aus der zentralen Informationssammlung gemäß § 57 SPG. Von dieser Löschung sollten die Empfänger dieser Daten und auch der Beschwerdeführer selbst verständigt werden.

Nach Ablehnung bzw. Nichterfüllung dieses umfassenden Löschungsbegehrens erhob der Beschwerdeführer am 9. März 2003 Beschwerde an die Datenschutzkommission.

Nach einem außergewöhnlich komplizierten Beschwerdeverfahren, mehreren Beschwerden beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof, zweifacher Aufhebung von Bescheiden der Datenschutzkommission durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) sowie zweimaliger Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist noch offener Gegenstand dieser Verwaltungssache die Frage, ob die Beschwerdegegnerin verpflichtet ist, die auf den Beschwerdeführer bezogenen Daten zum Ermittlungsverfahren mit der Grundzahl P (0)*12 aus dem Protokollbuch für das Jahr 2001, aufbewahrt von der nunmehrigen Polizeiinspektion A***, zu löschen.

B. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Gegen den Beschwerdeführer wurde in der ersten Jahreshälfte 2001 vom damaligen Gendarmerieposten A*** zur Grundzahl P *12/01 Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz wegen Verdachts der 'Gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren' nach dem damals noch in Geltung stehenden § 209 StGB idF vor BGBl I Nr. 134/2002 geführt. Die betreffende Grundzahl wurde am 14. Februar 2001 ins Protokollbuch des Gendarmeriepostens eingetragen (Beginn des Verfahrens). Am 23. Mai 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien erstattet.

Eine auf den Beschwerdeführer bezogene Karteikarte mit Dateneintragungen existiert nicht mehr, da die Indexkartei des ehemaligen Gendarmeriepostens A*** im Zuge der Umstellung der Aktenverwaltung der nunmehrigen Polizeiinspektion A*** auf automationsunterstützte Datenverarbeitung vernichtet worden ist.

Die auf den Beschwerdeführer bezogene Eintragung im Protokollbuch wurde am 10. Oktober 2008 durch Schwärzen unleserlich gemacht. Der Beschwerdeführer wurde davon von der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 10. Oktober 2008, Zl. MDS3-S-0**/003, zu Handen seines ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreters verständigt.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen gründen sich auf den Inhalt der zitierten Urkunden (Protokollbucheintragung und Kopienakt, einliegend im Akt Zl. K120.969 der Datenschutzkommission und dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs dort zur Kenntnis gebracht). Die 'Stellungsanzeige' bezieht sich offenkundig auf eine nicht mehr im Akt einliegende vorläufige Anzeige anlässlich der Einlieferung des in Verwahrungshaft genommenen Beschwerdeführers ins Landesgericht für Strafsachen Wien, die Erledigung vom 23. Mai 2001 auf die Strafanzeige (auch 'Vollanzeige'), gerichtet laut Akt an die Staatsanwaltschaft Wien. Die Feststellungen zur Vernichtung der Indexkarteikarte des Beschwerdeführers stützen sich auf die Mitteilung des Beschwerdegegners vom 27. Juni 2006, Kz. MDS3-V-0**/003. Die Feststellung zur Löschung der Protokolldaten – die auf Betreiben der Datenschutzkommission erfolgte – und der erfolgten Verständigung des Beschwerdeführers stützen sich auf die vorliegende, der Zahl nach zitierte Mitteilung der Beschwerdegegnerin, sowie auf die Mitteilung (E-Mail) des Kommandanten der Polizeiinspektion A*** vom 10. Oktober 2008, einliegend in GZ: K120.857/0007-DSK/2008.

C. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z. 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell - d.h. ohne Automationsunterstützung - geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

Gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 ist eine Datei eine strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind.

§ 58 DSG 2000 bestimmt, dass manuelle Dateien für Zwecke solcher Angelegenheiten, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung Bundessache ist, als Datenanwendungen im Sinne von § 4 Z 7 DSG 2000 gelten.

§ 27 DSG 2000 enthält einfachgesetzliche Bestimmungen über das Richtigstellungs- und Löschungsrecht. § 27 Abs. 1 Z 2 zufolge hat jeder Auftraggeber unrichtige oder entgegen den Bestimmungen des DSG 2000 verarbeitete Daten richtig zu stellen oder zu löschen, sobald der Betroffene dies mit begründetem Antrag begehrt. Die Unvollständigkeit von aufgezeichneten Daten bewirkt dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt (§ 27 Abs. 1, dritter Satz, DSG 2000). Das Recht auf Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zulässt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken (§ 27 Abs. 3 DSG 2000).

§ 31 Abs. 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Beschwerde an die Datenschutzkommission“:

§ 31 . (1) [...]

(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Die Frage der Löschung der Protokollbucheintragung wurde kurz vor Entscheidung der Datenschutzkommission dahingehend geklärt, dass eine vollständige Löschung der Daten vorgenommen worden ist (zur Eignung des Unleserlichmachens, hier durch Schwärzung, als Löschungsvorgang bei manuellen Dateien vgl. bereits den Bescheid der Datenschutzkommission vom 25. Juni 2004, GZ K120.877/0017-DSK/2004, RIS).

Damit wurde dem Löschungsbegehren des Beschwerdeführers letztendlich entsprochen. Der rechtskonforme Zustand ist damit hergestellt worden.

Die Feststellung einer in der Vergangenheit liegenden, bereits beseitigten Rechtsverletzung (hier: verspätete Erfüllung eines Löschungsbegehrens) ist gemäß der Auslegung des § 31 Abs. 2 DSG 2000 durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

„Wenn der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 DSG 2000 von behaupteten Verletzungen u.a. des Rechtes auf Löschung von Daten spricht, weist diese Formulierung darauf hin, dass der Gesetzgeber damit aktuelle Verletzungen meint und nicht Verletzungen, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben und der begehrte Zustand, u.a. die Löschung der in Frage stehenden Daten, mittlerweile eingetreten ist. Im Zusammenhalt mit dem verfassungsgesetzlich verankerten Recht auf Löschung in § 1 Abs. 3 Z. 2 DSG 2000 und der in § 27 Abs. 1 DSG 2000 vorgesehenen Verpflichtung jedes Auftraggebers, unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtig zu stellen oder zu löschen, ergibt sich auch nach den Regelungen des DSG 2000, dass eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung des Rechtes auf Löschung nach den Intentionen des Gesetzgebers ausschließlich zum Ziel hat, dem Beschwerdeführer erforderlichenfalls durch eine Entscheidung der Datenschutzkommission und ihre "Vollstreckung" (siehe dazu § 40 Abs. 4 DSG 2000) zur Durchsetzung des Rechtes auf Löschung zu verhelfen. Daher kommt eine meritorische Entscheidung der Datenschutzkommission über eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung im Recht auf Löschung nur dann und solange in Betracht, als die vom Beschwerdeführer angestrebte Löschung noch nicht durchgeführt bzw. veranlasst wurde. Ist dies aber geschehen und der Anspruch des Beschwerdeführers dadurch erfüllt, so ist einer meritorischen Entscheidung der Datenschutzkommission der Boden entzogen (Hinweis auf das E VfGH vom 26. Juni 1991, VfSlg 12768/1991, zur früheren Rechtslage).“(Erkenntnis des VwGH vom 27. März 2006, Zl. 2004/06/0125, RS 1).

Da dem Beschwerdebegehren damit die inhaltliche Grundlage entzogen worden ist, war dabei spruchgemäß zu entscheiden.

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