[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. STAUDIGL sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2008 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Die Registrierung der am 5. Februar 2008 gemäß §§ 17 -19 DSG 2000 erstatteten und am 22. April 2008 verbesserten Meldung einer Datenanwendung „Videoüberwachung zum Zwecke des Eigentumsschutzes (bzw. zum Zwecke der Vorbeugung strafrechtsrelevanter Tatbestände) der Gänge und der Eingangshalle mit ausschließlicher Auswertung in dem durch die Zweckbezeichnung definierten Anlassfall“ der A***-Schule, wird gemäß § 7 Abs 1 DSG 2000 abgelehnt.
B e g r ü n d u n g
A. Vorbringen und Sachverhalt:
1. Der Schulleiter der A***-Schule hat am 5. Februar 2008 die Registrierung der Datenanwendung „Videoüberwachung zum Zwecke des Eigentumsschutzes (bzw. zum Zwecke der Vorbeugung strafrechtsrelevanter Tatbestände) der Gänge und der Eingangshalle mit ausschließlicher Auswertung in dem durch die Zweckbezeichnung definierten Anlassfall“ mit der Begründung beantragt, dass durch schulinterne Vorfälle eine latente Gefährdung von körperlicher Sicherheit und Leben der Schüler gegeben sei, die durch Gangaufsichten nicht zu verhindern seien.
2. Im Verbesserungsauftrag vom 4. April 2008 wurde seitens des Datenverarbeitungsregisters um Stellungnahme zur Verhältnismäßigkeit der gemeldeten Datenanwendung sowie um Rückmeldung zu etwaig bestehenden Vereinbarungen mit Schülern, Eltern, Lehrern und dem Reinigungspersonal ersucht.
3. In der am 20. April 2008 im Datenverarbeitungsregister eingelangten Stellungnahme des Antragstellers wurde eine „winzige Minderheit“ an Schülern als Verursacher der Schadensfälle an der Schule qualifiziert. Zudem wurde dargelegt, dass sich der Antragsteller ohne Videoüberwachung außerstande sehe, für Sicherheit und Eigentum der Schüler die Verantwortung zu übernehmen. Es wurde festgestellt, dass mit der geplanten Videoüberwachung einer dringenden Bitte des Reinigungspersonals entsprochen und alle Schulpartner von der geplanten Maßnahme informiert worden seien.
4. Der Elternverein der A***-Schule sprach sich in seiner Eingabe vom 23. Mai 2008 gegen die geplante Videoüberwachung aus, da durch diese Maßnahme ein negativer Einfluss auf das Schulklima befürchtet würde, und besser andere Maßnahmen (Vorschläge wurden vom Elternverein ausgearbeitet) zur Schulklimaverbesserung ergriffen werden sollten.
Das Vorbringen des Antragstellers wird zum Sachverhalt erhoben.
B. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 7 Abs. 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“:
„§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.“
§ 17 Abs. 1 DSG 2000, lautet unter der Überschrift „Meldepflicht des Auftraggebers“:
„§ 17. (1) Jeder Auftraggeber hat, soweit in den Abs. 2 und 3 nicht anderes bestimmt ist, vor Aufnahme einer Datenanwendung eine Meldung an die Datenschutzkommission mit dem in § 19 festgelegten Inhalt zum Zweck der Registrierung im Datenverarbeitungsregister zu erstatten. Diese Meldepflicht gilt auch für Umstände, die nachträglich die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit einer Meldung bewirken.“
Die §§ 20 und 21 DSG 2000 lauten wie folgt:
„Prüfungs- und Verbesserungsverfahren
§ 20. (1) Die Datenschutzkommission hat alle Meldungen binnen zwei Monaten zu prüfen. Kommt sie hiebei zur Auffassung, daß eine Meldung im Sinne des § 19 Abs. 3 mangelhaft ist, so ist dem Auftraggeber längstens innerhalb von zwei Monaten nach Einlangen der Meldung die Verbesserung des Mangels unter Setzung einer Frist aufzutragen.
(2) Liegt wegen wesentlicher Gefährdung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen durch die gemeldete Datenanwendung Gefahr im Verzug vor, so hat die Datenschutzkommission die Weiterführung der Datenanwendung mit Bescheid gemäß § 57 Abs. 1 AVG vorläufig zu untersagen.
(3) Bei Datenanwendungen, die gemäß § 18 Abs. 2 der Vorabkontrolle unterliegen, ist gleichzeitig mit einem allfälligen Auftrag zur Verbesserung darüber abzusprechen, ob die Verarbeitung bereits aufgenommen werden darf oder ob dies mangels Nachweises ausreichender Rechtsgrundlagen für die gemeldete Datenanwendung nicht zulässig ist.
(4) Wird einem Verbesserungsauftrag nicht fristgerecht entsprochen, so hat die Datenschutzkommission die Registrierung mit Bescheid abzulehnen; andernfalls gilt die Meldung als ursprünglich richtig eingebracht.
(5) Wird innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Meldung kein Auftrag zur Verbesserung erteilt, gilt die Meldepflicht als erfüllt. Bei Datenanwendungen, die der Vorabkontrolle gemäß § 18 Abs. 2 unterliegen, darf die Verarbeitung aufgenommen werden.
(6) Im Registrierungsverfahren haben Auftraggeber des öffentlichen Bereichs auch hinsichtlich der Datenanwendungen, die sie in Vollziehung der Gesetze durchführen, Parteistellung.
Registrierung
§ 21. (1) Meldungen gemäß § 19 sind in das Datenverarbeitungsregister einzutragen, wenn
1. das Prüfungsverfahren die Zulässigkeit der Registrierung ergeben hat oder
2. zwei Monate nach Einlangung der Meldung bei der Datenschutzkommission verstrichen sind, ohne daß ein Verbesserungsauftrag gemäß § 20 Abs. 1 erteilt wurde oder
3. der Auftraggeber die verlangten Verbesserungen fristgerecht vorgenommen hat.
Die in der Meldung enthaltenen Angaben über Datensicherheitsmaßnahmen sind im Register nicht ersichtlich zu machen.
(2) Bei Datenanwendungen, die gemäß § 18 Abs. 2 der Vorabkontrolle unterliegen, können auf Grund der Ergebnisse des Prüfungsverfahrens dem Auftraggeber Auflagen für die Vornahme der Datenanwendung durch Bescheid erteilt werden, soweit dies zur Wahrung der durch dieses Bundesgesetz geschützten Interessen der Betroffenen notwendig ist.
(3) Dem Auftraggeber ist die Durchführung der Registrierung schriftlich in Form eines Registerauszuges mitzuteilen.
(4) Jedem Auftraggeber ist bei der erstmaligen Registrierung eine Registernummer zuzuteilen.“
§ 51 Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 idgF, lautet wie folgt:
„§ 51. (1) Der Lehrer hat das Recht und die Pflicht, an der Gestaltung des Schullebens mitzuwirken. Seine Hauptaufgabe ist die dem § 17 entsprechende Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Er hat den Unterricht sorgfältig vorzubereiten.
(2) Außer den ihm obliegenden unterrichtlichen, erzieherischen und administrativen Aufgaben hat der Lehrer erforderlichenfalls die Funktionen eines Klassenvorstandes, Werkstätten- oder Bauhofleiters, Kustos, Fachkoordinators sowie eines Mitgliedes einer Prüfungskommission zu übernehmen, an den Lehrerkonferenzen teilzunehmen und erforderliche Fort- und Weiterbildungsangebote zu besuchen.
(3) Der Lehrer hat nach der jeweiligen Diensteinteilung die Schüler in der Schule auch 15 Minuten vor Beginn des Unterrichtes, in den Unterrichtspausen - ausgenommen die zwischen dem Vormittags- und dem Nachmittagsunterricht liegende Zeit - und unmittelbar nach Beendigung des Unterrichtes beim Verlassen der Schule sowie bei allen Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Schulhauses zu beaufsichtigen, soweit dies nach dem Alter und der geistigen Reife der Schüler erforderlich ist. Hiebei hat er insbesondere auf die körperliche Sicherheit und auf die Gesundheit der Schüler zu achten und Gefahren nach Kräften abzuwehren. Dies gilt sinngemäß für den Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen, wobei an die Stelle des Unterrichtes der Betreuungsteil tritt.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
a. Allgemeines:
a.1 Die Datenschutzkommission geht in ständiger Entscheidungspraxis davon aus, dass Videoüberwachung für hoheitliche Zwecke ausschließlich aufgrund einer ausdrücklichen, hinreichend determinierten gesetzlichen Ermächtigung zulässig ist. Videoüberwachung öffentlicher Stellen im Rahmen privatwirtschaftlicher Tätigkeiten für Zwecke des Eigenschutzes oder Verantwortungsschutzes ist hingegen u.U. auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zulässig, wenn sie als Antwort auf spezielle Gefährdungssituationen vom Hausrechtsberechtigten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorgenommen wird.
a.2 Die Hintanhaltung von Gefährdung der Schüler durch andere Schüler innerhalb der Schule ist Teil der Aufsichtspflicht, die den Lehrkräften durch § 51 Abs. 3 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) übertragen und Teil der von den Schulen zu leistenden Erziehungsarbeit ist.
Der Einsatz von technischen Überwachungsmaßnahmen im Rahmen der schulischen Unterrichts- und Erziehungsarbeit wäre als Überwachungsmaßnahme zur gesetzlichen Aufgabenbesorgung vom strengen Gesetzesvorbehalt des § 1 Abs. 2 DSG 2000 für „Eingriffe staatlicher Behörden“ mit umfasst. Der Einsatz von Videoüberwachung ist daher zur Zeit in diesem Bereich nicht zulässig, da eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung hiezu fehlt.
a.3 Anders wäre freilich Videoüberwachung in Schulen außerhalb der Unterrichtszeit zu beurteilen: Videoüberwachung zum Schutz vor Vandalismus oder Eigentumsdelikten innerhalb des Schulgebäudes etwa während der Nachtstunden wäre als Ausübung des Hausrechts und somit als privatwirtschaftliche Tätigkeit zu werten, die dann keine besonderen datenschutzrechtlichen Probleme aufwirft, wenn im Überwachungszeitraum der Zutritt zum Schulgebäude überhaupt untersagt ist, sodass keine berechtigten Datenschutzinteressen durch Videoüberwachung verletzt werden können (-wobei vorausgesetzt ist, dass die wenigen in diesem Zeitraum dennoch zutrittsberechtigten Personen, wie etwa der Schulwart oder der Direktor, ihrer allfälligen Erfassung durch Videoüberwachung zugestimmt haben).
b. Zum vorliegenden Antrag:
Die vom Antragsteller getroffenen Aussagen machen deutlich, dass die beabsichtigte Videoüberwachung zur Unterstützung der Aufsichtsführung im Rahmen von § 51 Abs 3 SchUG durchgeführt werden soll: Zum einen macht der Auftraggeber explizit eine Minderheit von Schülern für die Vorfälle an der Schule verantwortlich, zum anderen sollen „sämtliche Gänge mit Ausnahme des Ganges des Direktions- und Lehrerbereichs im 1. Stock“ überwacht werden.
Wie in Punkt a ausgeführt, ist Videoüberwachung in einer Schule zum Zweck der Aufsichtsführung über die Schüler als Datenverwendung zu qualifizieren, die gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 einem strengen Gesetzesvorbehalt unterliegt. Da eine ermächtigende gesetzliche Bestimmung nicht existiert, ist Videoüberwachung zur schulischen Aufsichtsführung nicht zulässig.
Mangels gesetzlicher Grundlage für die gemeldete Videoüberwachung war daher die Registrierung abzulehnen.
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